Polyeder
Ein (dreidimensionales) Polyeder [polyˈeːdər] (auch Vielflach, Vielflächner oder Ebenflächner; von gr. πολύς polýs, „viel“ und ἕδρα hedra, „Sitz(fläche)“) im engeren Sinne ist eine Teilmenge des dreidimensionalen Raumes, welche ausschließlich von geraden Flächen (Ebenen) begrenzt wird, beispielsweise ein Würfel oder ein Oktant eines dreidimensionalen Koordinatensystems.
Der Begriff wird vielfach (vor allem in der Topologie) auch im weiteren Sinne gebraucht und so auf höhere Dimensionen verallgemeinert. Man spricht im Zusammenhang mit geometrischen Fragestellungen auch vom Begriff des Polytops. Im weitgefassten Sinne nennt man eine Teilmenge des $ \mathbb {R} ^{n} $ ein Polyeder, wenn sie triangulierbar ist, wenn sie also als Vereinigung der Simplexe eines simplizialen Komplexes $ {\mathcal {K}}\subseteq 2^{\mathbb {R} ^{n}} $ gebildet werden kann[1][2]. Das homöomorphe Bild eines solchen allgemeinen Polyeders bezeichnet man als krummes Polyeder und die Bilder der beteiligten Simplexe als krumme Simplexe [3].
Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit dem dreidimensionalen Polyeder
Beispiele für Polyeder aus dem Alltag sind (in ihrer üblichen Bauweise) Schränke, Pyramiden, Häuser, Kristalle oder Spielwürfel. Keine Polyeder sind Kugeln, Kegel, Flaschen, Tortenstücke, da sie krumme Randflächen besitzen. Die wichtigsten Polyeder in der geometrischen Anwendung sind Quader, Prismen, Pyramiden und Spate (Parallelepipede).
Ein Polyeder heißt beschränkt, wenn es eine Kugel gibt, in der das Polyeder vollständig enthalten ist. Unbeschränkte Polyeder mit nur einer Ecke werden Polyederkegel genannt.
Ein Polyeder heißt konvex, wenn für je 2 Punkte des Polyeders die Verbindungsstrecke zwischen diesen Punkten vollständig im Polyeder liegt.
Für konvexe und beschränkte Polyeder gilt der eulersche Polyedersatz:
- $ E+F-K=2. $
Dabei ist $ E $ die Anzahl der Ecken, $ F $ die Anzahl der Flächen und $ K $ die Anzahl der Kanten.
Gegenbeispiel: Die Punkte des dreidimensionalen Raumes mit den (rechtwinkligen kartesischen) Koordinaten (x,y,z), wobei der Absolutbetrag von x, y und z jeweils kleiner oder gleich 2 ist, bilden einen Würfel der Kantenlänge 4. Wenn wir aus ihm die Punkte entfernen, deren Koordinaten alle vom Betrag <1 sind, entsteht ein nichtkonvexes Polyeder, nämlich ein Würfel, aus dessen Innerem ein kleinerer Würfel ausgebohrt ist, mit 16 Ecken, 24 Kanten und 12 Flächen, in dem der eulersche Polyedersatz nicht gilt.
Für zusammenhängende Polyeder (zu denen das obige Beispiel nicht gehört) gilt allgemein
- $ E+F-K=\chi $
mit der Euler-Charakteristik $ \chi $. Für einen Torus zum Beispiel ist $ \chi =0 $. Das rechts abgebildete Polyeder ist ein Beispiel dafür. Es hat 24 Ecken, 72 Kanten und 48 Flächen: $ E-K+F=24-72+48=0 $.
Regelmäßige Polyeder
Bekannt sind auch Polyeder, die sich durch eine hohe Regelmäßigkeit auszeichnen, wie die platonischen Körper (oder auch regulären Polyeder) – die einzigen fünf konvexen Polyeder, die sich nur aus kongruenten (deckungsgleichen) Vielecken zusammensetzen und deren Ecken alle identisch sind. Wird im Gegensatz dazu die Kongruenz der Seitenflächen nicht erfüllt und es sind mehrere Flächentypen vorhanden, ist der Körper entweder ein Prisma, Antiprisma oder einer der 13 archimedischen Körper. Die konvexen Polyeder, die durch regelmäßige Vielecke begrenzt sind und nicht in eine der vorherigen Kategorien fallen, sind die 92 Johnson-Körper.
Eine weitere Gruppe regelmäßiger konvexer Polyeder sind die 13 catalanischen Körper, deren nicht regelmäßige Flächen alle kongruent sind und gleichermaßen im Körper auftauchen.
Wichtige spezielle Polyeder
Pyramiden
Orthogonale Polyeder
Die Flächen eines orthogonalen Polyeders treffen sich im rechten Winkel. Seine Kanten verlaufen parallel zu den Achsen eines kartesischen Koordinatensystems. Mit Ausnahme des Quaders sind orthogonale Polyeder nicht konvex. Sie erweitern die zweidimensionalen orthogonalen Polygone in die dritte Dimension. Orthogonale Polyeder kommen in der algorithmischen Geometrie zum Einsatz. Dort bietet ihre eingeschränkte Struktur Vorteile beim Bewältigen ansonsten ungelöster Probleme (beliebiger Polyeder). Ein Beispiel ist das Entfalten der Polyederflächen in ein polygonales Netz.
Literatur
- John M. Lee: Introduction to Topological Manifolds (Graduate Texts in Mathematics 202). Springer-Verlag, Darmstadt New York NY [u. a.], ISBN 0-387-98759-2.
- Egbert Harzheim: Einführung in die kombinatorische Topologie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1978, ISBN 3-534-07016-X.
Weblinks
- Polyedergarten Bilder, Animationen, VRML-3D-Modelle; mit ästhetischem Anspruch
- Formeln für reguläre und semireguläre Polyeder
- Paper Models of Polyhedra Schablonen zum Basteln von Polyedern
- Polyeder aus Flechtstreifen Polyedermodelle durch Verflechten von Papierstreifen ohne Klebstoff herstellen