Olivingruppe

Olivingruppe

Olivingruppe
Olivin-mt-erebus hg.jpg
Olivin vom Mount Erebus, Ross Insel, Antarktis
Andere Namen

Olivin

Chemische Formel

(Mg,Mn,Fe)2[SiO4]

Mineralklasse Inselsilikate (Nesosilikate)
9.AC.05 nach Strunz
51.03.01.00 nach Dana
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m (D2h)
Farbe hellgrün bis dunkelgrün, gelbbraun bis schwarz
Strichfarbe weiß
Mohshärte 6,5 bis 7
Dichte (g/cm3) 3,2 bis 4,4
Glanz Glasglanz bis Fettglanz
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch muschelig, spröd
Spaltbarkeit gut nach {001}, deutlich nach {010}
Habitus prismatisch, dicktafelig
Häufige Kristallflächen {110}, {120} in Kombination mit {021}, {101}, {111} u. {010}
Kristalloptik
Brechungsindex α=1,630-1,650 β=1,650-1,670 γ=1,670-1,690
Doppelbrechung
(optischer Charakter)
Δ=0,040 ; zweiachsig positiv

Als Olivingruppe (kurz Olivin) wird eine Gruppe von Mineralen ähnlicher Zusammensetzung aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ bezeichnet. Definitionsgemäß gehören dieser Gruppe Inselsilikate mit der allgemeinen Zusammensetzung A22+[SiO4] an, wobei A als Platzhalter für die chemischen Elemente Blei, Calcium, Cobalt, Eisen, Magnesium, Mangan und Nickel dient.[1]

Alle Olivine kristallisieren im orthorhombischen Kristallsystem (einzige Ausnahme Laihunit) und entwickeln meist durchsichtige bis durchscheinende Kristalle mit starkem Glasglanz und tafeligem bis prismatischem Habitus. Die Farbe variiert meist zwischen hell- und dunkelgrün, kann aber auch gelbbraun bis schwarz sein. Auf der Strichtafel hinterlässt Olivin allerdings immer einen weißen Strich.

Etymologie und Geschichte

Die Kurzbezeichnung Olivin stammt aus dem Lateinischen oliva für Olive. Abraham Gottlob Werner wählte 1790 diesen Namen aufgrund der überwiegend oliv- bis flaschengrünen Farbe dieser Mineralgruppe.[2]

Die Edelsteinvarietät Peridot wird schon seit dem 15. Jahrhundert v. Chr. auf der Insel Zebirget (Zabargad) im Roten Meer abgebaut. Er wurde in Europa hauptsächlich durch die Kreuzzüge bekannt. Erst im Jahre 1772 wurden normale Olivine als eigenständige Minerale erkannt – ausgerechnet in einem Meteoriten.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte die Olivingruppe zur allgemeinen Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“, trägt die System-Nr. VIII/A.04 und bestand aus den Mitgliedern Fayalit, Forsterit, Laihunit, Liebenbergit und Tephroit.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet die Olivingruppe ebenfalls in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen und der Koordination der beteiligten Kationen, so dass die Olivingruppe mit der System-Nr. 9.AC.05 entsprechend der Zusammensetzung der Mitglieder Fayalit, Forsterit, Glaukochroit, Kirschsteinit, Laihunit, Liebenbergit und Tephroit in der Unterabteilung „Inselsilikate ohne weitere Anionen; Kationen in oktahedraler [6] Koordination“ zu finden ist.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet die Olivingruppe in die Abteilung der „Inselsilikatminerale“ ein. Hier trägt sie die System-Nr. 51.03.01, besteht aus den Mitgliedern Olivin, Fayalit, Forsterit, Liebenbergit, Tephroit und Laihunit und ist innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen mit allen Kationen nur in oktahedraler [6]-Koordination“ zu finden.

Einzelminerale und Varietäten

Im engeren Sinne wird als Olivin zwar überwiegend ein Mischkristall der Reihe Forsterit–Fayalit gesehen, allerdings bilden diese Minerale auch mit Tephroit Mischkristalle, so dass die Olivinreihe eigentlich aus drei Endgliedern besteht[3]:

  • dem dichteren eisenhaltigen Fayalit Fe2[SiO4] (Molmasse 203,78; Schmelzpunkt 1490 K)
  • dem magnesiumhaltigen Forsterit Mg2SiO4 (Molmasse 140,71; Schmelzpunkt 2163 K)
  • dem manganhaltigen Tephroit Mn2SiO4

Benannte Zwischenglieder sind Hyalosiderit und Hortonolith, die aber keine eigenständigen Minerale darstellen. Klare und große Olivinkristalle sind geschätzte Schmucksteine und werden als Peridot oder Chrysolith bezeichnet.

Bildung und Fundorte

Olivinbasalt, vergrößert
Grüner Olivinsand auf Hawaii

Olivine sind die häufigsten Silikate und gesteinsbildende Minerale. Sie bilden den Hauptbestandteil des oberen Erdmantels, wo die Magnesium- und Eisenanteile des Olivin etwa im Verhältnis 9:1 stehen, und entstehen in basischen intrusiven magmatischen Gesteinen wie Gabbro und Peridotit, aber auch in extrusiven wie dem Basalt. Dunit ist ein intrusives Gestein, das fast ausschließlich aus Olivin besteht und in dem bis zu 15 cm große Forsteritkristalle gefunden wurden.

Durch Metamorphose entsteht Olivin als Forsterit aus dolomitreichem Kalkstein; umgekehrt bilden sich durch Verwitterungsprozesse und durch Kontakt mit mineralreichen hydrothermalen Lösungen Serpentine aus Olivin. Die Erosion von Basaltlava führt an manchen Stellen zur Entstehung dunkelgrüner Olivinsande. Schließlich kommt Olivin auch in einer Gruppe der Stein-Eisen-Meteorite, den Pallasiten und den meisten Chondriten, sowie einigen Steinmeteoriten, wie den Ureiliten vor. Die Olivinkristalle sind hier in eine Nickel-Eisen-Matrix eingebettet.

Anfang März 2007 wurde berichtet, dass im Bereich der Fifteen-Twenty Fracture Zone (FTFZ) des Mittelatlantischen Rückens, auf halbem Wege zwischen Barbados und Teneriffa, ein ungewöhnliches Loch in der Erdkruste entdeckt wurde, durch das man direkt auf den Fels des Erdmantels aus grün schimmerndem Olivin sehen könne[4][5]

Im April 2011 meldete ein US-amerikanisches Forscherteam die Entdeckung von Olivinkristallen (Forsterit) in der protostellaren Wolke des Protosterns HOPS-68 mit Hilfe des Spitzer-Weltraumteleskops. Die Wissenschaftler nehmen an, dass das zunächst amorphe Material nahe dem Protostern getempert wird und dabei kristallisiert, bevor es durch Transportvorgänge in den kühleren äußeren Bereich der Staubhülle befördert wird.[6] Auch in zahlreichen weiteren kosmischen Umgebungen wurde Olivin mit Methoden der Infrarot-Spektroskopie nachgewiesen: in mehreren Kometen, in den Staubhüllen pulsierender Roter Riesensterne, in Planetarischen Nebeln sowie in protoplanetaren Scheiben.[7]

Kristallstruktur

Kristallstruktur von Olivin
a-Achse = waagerecht
b-Achse = senkrecht
c-Achse = zeigt aus dem Bild heraus
Magmatisches Gestein Gabbro mit einem Detail eines Olivin-Korns. Mikrofotografie

Die Struktur der Olivine ähnelt der einer hexagonal dichtesten Kugelpackung, bei der die Sauerstoffatome die Packungsebenen darstellen. Das Silicium füllt dabei die entstehenden Tetraederlücken, Magnesium und Eisen entsprechend die Oktaederlücken.

Im oberen Mantel durchlaufen Olivine aufgrund des steigenden Drucks und steigender Temperatur zwei Phasenumwandlungen. In etwa 410 km Tiefe (410-km-Diskontinuität) entsteht die Hochdruck-Modifikation Wadsleyit („modifizierter Spinell“, oft mit β bezeichnet) und ab etwa einer Tiefe von 520 km (520-km-Diskontinuität) geht dieser in Ringwoodit („Spinell“, oft mit γ bezeichnet) über[8].

Die Bezeichnung „Spinell“ bezieht sich hier nur auf die Kristallstruktur und ist nicht mit dem eigentlichen Mineral Spinell zu verwechseln. An der Grenze zwischen oberem und unterem Mantel in 660 km Tiefe zerfällt Ringwoodit schließlich in Perovskit (Mg,Fe)SiO3 und Magnesiowüstit (Mg,Fe)O. Insbesondere die Phasengrenzen bei 410 und 660 km werden mit markanten seismischen Diskontinuitäten, an denen Erdbebenwellen reflektiert bzw. gebrochen werden, in Verbindung gesetzt und definieren somit die Mantelübergangszone.

Verwendung

Die besonders reine, transparent-grüne Variante des Olivins, der Peridot und der Chrysolith, finden als Schmucksteine Verwendung. Normaler Olivin wird bei der Herstellung hitzeresistenter Gläser genutzt, ferner für die Herstellung von Eisenerzpellets. Außerdem dient es als Katalysator bei Holzvergasungsprozessen, etwa in der Pilotanlage in Güssing, Österreich.

Zusätzlich eignet sich Olivin als Wärmespeicher. Im August 2009 wurde olivines Lithium-Ferrophosphat (LiFePO4) erstmalig als Kathodenmaterial für Lithium-Ionen-Akkus verwendet, diese erhalten dadurch ein erhöhtes (theoretisches) Leistungsgewicht und können bei höheren Temperaturen eingesetzt werden als herkömmliche Akkus.[9] Olivin eignet sich auch sehr gut als Aufgussstein für die Sauna.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 454-460.
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 654.
  • Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise, München 2002. ISBN 3-921656-17-6

Weblinks

Commons: Olivine – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Vorlage:Commonscat/WikiData/Difference

Einzelnachweise

  1. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 454.
  2. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 285.
  3. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 455.
  4. Spiegel Online - Forscher entdecken riesiges Loch in der Erdkruste.
  5. Drilling the Mid-Atlantic Ridge: RRS James Cook cruise JC007, 5 March 2007 – 17 April 2007.
  6. Charles A. Poteet, S. Thomas Megeath, Dan M. Watson, Nuria Calvet, Ian S. Remming, Melissa K. McClure, Benjamin A. Sargent, William J. Fischer, Elise Furlan, Lori E. Allen, Jon E. Bjorkman, Lee Hartmann, James Muzerolle, John J. Tobin, Babar Ali: A Spitzer-IRS Detection of Crystalline Silicates in a Protostellar Envelope, accepted to Astrophysical Journal Letters, 19 April 2011.
  7. Thomas Henning: Astromineralogy. 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-13258-2.
  8. Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. vollständige überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 420–421.
  9. Sony präsentiert Lithium-Ferrophosphat-Akku