Mullit
Mullit | |
Weißer, faseriger Mullit vor dicktafeligem Osumilith (Bildgröße: 1,5 mm) Fundort: Wannenköpfe, Ochtendung, Eifel, Deutschland | |
Chemische Formel |
Al2Al2+2xSi2-2xO10-x mit x = Sauerstoffleerstellen pro Elementarzelle |
Mineralklasse | Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen 9.AF.20 (8. Auflage: VIII/B.02) nach Strunz 52.02.02a.02 nach Dana |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | orthorhombisch-dipyramidal $ 2/m\ 2/m\ 2/m $ [1] |
Raumgruppe (Raumgruppen-Nr.) | Pbam (Raumgruppen-Nr. 55) |
Farbe | farblos, weiß, gelb, rot, violett |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | 6 bis 7 |
Dichte (g/cm3) | 3,1 bis 3,26 [2] |
Glanz | Glasglanz |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Bruch | |
Spaltbarkeit | deutlich nach {010} |
Habitus | kleine, prismatische Kristalle |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | α=1,642 bis 1,653 β=1,644 bis 1,655 γ=1,654 bis 1,679 [3] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
Δ=0,012 bis 0,026 [3] ; zweiachsig positiv |
Optischer Achsenwinkel | 2V = 20° bis 50° [3] |
Pleochroismus | farblos-farblos-rosa |
Weitere Eigenschaften | |
Schmelzpunkt | peritektische Zersetzung bei 1830 °C |
Chemisches Verhalten | unlöslich in Säuren, inkl. Flusssäure [2] |
Mullit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Silikate, genauer ein Inselsilikat mit tetraederfremden Anionen. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Formel Al2Al2+2xSi2-2xO10-x mit x = Sauerstoffleerstellen pro Elementarzelle und entwickelt meist kleine, prismatische Kristalle in weißer, gelber, roter oder violetter Farbe. Auch farblose Mullit-Kristalle sind bekannt.
Besondere Eigenschaften
Die Wärmeausdehnung von Mullit mit hohem Reinheitsgrad zeigt bei etwa 1100 °C eine Änderung des Wärmeausdehnungskoeffizienten, die auf eine Phasenumwandlung und das Ausheilen von Fehlstellen zurückzuführen ist.[4] Mullit ist aufgrund dieser Wärmedehnung ein die feuerfeste Struktur zerstörender Anteil, der beim Brennen der Schamotteziegel aus dem Bindemittelanteil an Ton entsteht.
Bei Temperaturen über 250 bis 300 °C hat Mullit eine höhere Mikrohärte als Korund[5].
Kommerziell erhältlicher Mullit hat einen Glasphasenanteil (in REM-Aufnahmen durch feine Linien in einem 120° Winkel zueinander erkennbar), durch den der Schmelzpunkt herabgesetzt wird. Nach dem Herstellungsverfahren bezeichnet man synthetischen Mullit der Zusammensetzung 3Al2O3 • 2SiO2 als Sintermullit und Mullit der Zusammensetzung 2Al2O3 • 1SiO2 als Schmelzmullit.
Mullit ist dem chemisch ähnlichen Sillimanit in allen physikalischen und optischen Eigenschaften äußerst ähnlich.[6]
Etymologie und Geschichte
Erstmals gefunden und beschrieben wurde Mullit 1924 auf der schottischen Insel Mull, nach der das Mineral auch benannt wurde.
Weitere Unterscheidungen in der Namensgebung hängen mit den Bildungsbedingungen des Mullits zusammen. So wird in fester Phase gebildeter körniger Mullit als Schuppenmullit bezeichnet, während sich in Gegenwart einer Schmelze Nadelmullit bildet. Bei niedrigen Temperaturen gebildeter Mullit wird auch als Primärmullit und den aus diesem bei hohen Temperaturen neugebildeten bzw. rekristallisierten Mullit als Sekundärmullit bezeichnet.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Mullit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen (Neso-Subsilikate)“, wo er zusammen mit Andalusit, Kanonait, Kyanit, Sillimanit, Topas und Yoderit die unbenannte Gruppe VIII/B.02 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Mullit ebenfalls in die Klasse „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen sowie der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung der „Inselsilikate mit zusätzlichem Anionen; Kationen in [4]er, [5]er und/oder nur [6]er-Koordination“ zu finden ist, wo es zusammen mit Krieselit die unbenannte Gruppe 9.AF.20 bildet
Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Mullit ebenfalls in die Klasse der Silikate, dort allerdings in die Abteilung der „Inselsilikate mit SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [4] und >[4]-Koordination“, wo er zusammen mit Sillimanit und Boromullit die „Al2SiO5 (Sillimanit-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 52.2.2a bildet.
Modifikationen und Varietäten
Von Mullit gibt es eine metastabile, pseudotetragonale Modifikation, die auf die Bildung von Domänen und/oder Verzwillingung zurückgeführt wird.[7] Diese geht oberhalb 1000 °C in die orthorhombische Modifikation über.
Bildung und Fundorte
Mullit entsteht durch Metamorphose aus Kaolinit bei etwa 1200 °C oder als Zerfallsprodukt aus Sillimanit bei über 1000 °C (Sillimanit→Mullit+SiO2).[6]
Fundorte sind unter anderem Pechbrunn, Wiesau und die Eifel in Deutschland, Le Puy-en-Velay in Frankreich, Marrubiu in Italien, Isle of Mull in Schottland, Radvanice (Okres Trutnov) in Tschechien, Celldömölk in Ungarn, sowie in New Jersey in den USA.[8]
Kristallstruktur
Kristallsystem | orthorhombisch |
Raumgruppe | $ \ Pbam $ |
Gitterparameter (Elementarzelle) |
a = 7,5785 Å ; b = 7,6817 Å c = 2,8864 Å |
Zahl (Z) der Formeleinheiten |
Z = 1 |
Mullit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pbam mit den Gitterparametern a = 7,5785 Å, b = 7,6817 Å und c = 2,8864 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.
Verwendung
Durch das Ausgangsmineral Kaolinit entsteht Mullit als wesentlicher Bestandteil bei der Herstellung von Porzellan und Ziegeln sowie Schamottesteinen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Webmineral - Mullite (englisch)
- ↑ 2,0 2,1 Mineraldatenblatt Mullite (PDF, 68 KB; engl.)
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 MinDat - Mullite (englisch)
- ↑ 4,0 4,1 G. Brunauer: "Hochtemperatur-Strukturforschung mittels Beugungsmethoden an den oxidischen Materialien Mulit und Zirkonia" Dissertation, Universität München
- ↑ Jonathan Margalit: Thermische Ausdehnung von Mullit bis 1500 °C. 1. Aufl. Technische Hochschule Aachen, Dissertation, Wissenschaftsverlag Aachen 1993, ISBN 3-925714-96-0
- ↑ 6,0 6,1 Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 676
- ↑ H. Schneider, T. Rymon-Lipinski: Occurance of pseudotetragonal mullite. In: J. Am. Soc. 71 C-162-C-164 (1988)
- ↑ MinDat - Localities for Mullite (englisch)
Literatur
- H. Schneider und S. Komarneni: Mullite. Wiley-VCH, Weinheim 2005, ISBN 978-3-527-30974-0
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2002, ISBN 3-921656-17-6
Weblinks
- Mineralienatlas:Mullit (Wiki)
- Mineraldatenblatt Mullite (PDF, 68 KB; engl.)