Mifepriston

Mifepriston

Strukturformel
Struktur von Mifepriston
Allgemeines
Freiname Mifepriston
Andere Namen

17β-Hydroxy-11β-(4-dimethylamino-phenyl)- 17α-(1-propinyl)estra-4,9-dien-3-on

Summenformel C29H35NO2
CAS-Nummer 84371-65-3
PubChem 55245
ATC-Code

G03XB01

DrugBank DB00834
Kurzbeschreibung

hellgelber Feststoff[1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse
  • Antigestagen
  • Progesteron-Rezeptor-Antagonist
Wirkmechanismus

Antagonist am Progesteron-Rezeptor, wodurch es zur Degeneration der Uterusschleimhaut und zur Störung der Plazentafunktion kommt[2]

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 429,60 g·mol−1
Schmelzpunkt

192–196 °C[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
08 – Gesundheitsgefährdend

Gefahr

H- und P-Sätze H: 360
P: 201-​308+313 [1]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3][1]

T
Giftig
R- und S-Sätze R: 60-61
S: 22-36/37/39-45-53
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Mifepriston ist der Wirkstoff in der so genannten Abtreibungspille RU-486 (Handelsname: Mifegyne). Mifepriston ist ein Progesteron-Rezeptorantagonist. Es hemmt die Wirkung des Gestagens Progesteron dadurch, dass es eine fünfmal höhere Affinität für die Rezeptoren dieses Hormons hat. Des Weiteren blockiert es die Rezeptoren für Glukokortikoide durch eine dreifach höhere Affinität gegenüber Dexamethason. Mifepriston wird weiterhin zur Behandlung des selten vorkommenden Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom) entwickelt.

Die Abtreibungspille darf nicht mit der Pille danach verwechselt werden.

Wirkung

Die Einnahme von Mifepriston in der Schwangerschaft führt innerhalb von 48 Stunden zum Öffnen des Muttermundes und zur Ablösung der Gebärmutterschleimhaut. Nach 36 bis 48 Stunden wendet die Schwangere ein Prostaglandin an, beispielsweise Gemeprost oder Misoprostol. Die Prostaglandintabletten werden entweder eingenommen oder in die Scheide eingeführt. Dies bewirkt, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht, es wird ein künstlicher Abort ausgelöst und die Frucht wird ausgestoßen. Mifepriston ist während der ganzen Schwangerschaft wirksam, hat laut Studien jedoch die höchste Erfolgsrate bei der Einnahme vor dem 49. Tag. Die Wirkung auf den Muttermund ist auch bei nicht schwangeren Frauen gegeben und wird vor bestimmten gynäkologischen Eingriffen genutzt.

In der Behandlung des Cushing-Syndroms soll Mifepriston als Glucocorticoid-Rezeptorantagonist wirken. Die Blockade des Rezeptors unterdrückt die Anbindung des natürlichen Liganden Cortisol und in Folge dessen Wirkung.

Entwicklung und Zulassung

Mifepriston wurde in den 1980er Jahren vom Hoechst-Tochterunternehmen Roussel-Uclaf entwickelt. Bereits vor der Zulassung erregte es Aufsehen – Teile der Frauenbewegung begrüßten die Entwicklung des Wirkstoffes, Abtreibungsgegner liefen Sturm dagegen. Zunächst erfolgte die Zulassung unter dem Handelsnamen Mifegyne 1988 in Frankreich. Bereits einen Monat nach Markteinführung musste es aus politischen Gründen wieder zurückgezogen werden, erst auf ausdrücklichen Wunsch des Gesundheitsministers wurde es wieder freigegeben. 1991 folgte die Zulassung in Großbritannien, 1992 in Schweden. Die Zulassung in Deutschland sollte erst beantragt werden, wenn ein gesellschaftlicher Konsens gefunden war.

Im Jahr 1997 übertrug Hoechst die Rechte an dem Wirkstoff unentgeltlich an den Erfinder Edouard Sakiz. Bald darauf folgte die Zulassung in weiteren Ländern; in Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern ist Mifepriston seit 1999 zugelassen.

Die Einnahme für den Schwangerschaftsabbruch wurde ursprünglich bis zur 7. Schwangerschaftswoche (49. Tag) nach Beginn der letzten Menstruation zugelassen, in Großbritannien und Schweden bis zum 63. Tag. 2007 ordnete die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten eine Zulassungsänderung an, mit der das Anwendungsgebiet auf den Schwangerschaftsabbruch bis zur 9. Woche (63. Tag) – bei anschließender Verwendung eines Prostaglandinanalogs – EU-weit vereinheitlicht wurde.[4] In der Schweiz gilt die Zulassung immer noch bis zum 49. Tag. Für medizinisch notwendige Abbrüche ist Mifepriston auch später in der Schwangerschaft zugelassen und derzeit (in Kombination mit Misoprostol) die effizienteste Methode. Es gibt jedoch viele sogenannte Off-label Anwendungen: Bis zur 12. Woche, andere Dosierung, andere Indikationen wie Endometriose (Wucherung der Gebärmutterschleimhaut) oder als „Pille danach“.

Nach § 47a des deutschen Arzneimittelgesetzes darf dieses Arzneimittel nur direkt an bestimmte Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, und nur auf Verschreibung eines dort behandelnden Arztes abgegeben werden. Es darf nicht über die Apotheke in Verkehr gebracht werden.

Politische Debatte

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Vertreter der Lebensrechtsbewegung (Pro-life-Bewegung) lehnen die Abtreibungspille gleichermaßen wie andere Abtreibungsmethoden ab, weil sie vom Beginn des menschlichen Lebens mit der Empfängnis ausgehen. Aus Sicht von Vertretern des „Pro-Choice“ hat das Präparat gegenüber dem chirurgischen Schwangerschaftsabbruch verschiedene Vorteile. Namentlich die sehr früh in der Schwangerschaft mögliche Anwendung und die Vermeidung von zwar seltenen, aber nicht völlig auszuschließenden Risiken eines instrumentellen Eingriffs und der Anästhesie. Nachdem die betroffenen Frauen, wenn sie die Wahl haben, immer öfter der medikamentösen Methode den Vorzug geben, sind feministische Stimmen, die sich zu Beginn der Debatte teilweise auch gegen Mifegyne äußerten, verstummt.

Nebenwirkungen

Die meisten Nebenwirkungen sind nicht Mifegyne, sondern dem Prostaglandin zuzuschreiben: Als leichte Nebenwirkungen können Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Hitzewallungen auftreten. Häufig bewirken die Uterus/(Gebärmutter)-Kontraktionen mehr oder weniger starke Schmerzen. Starke Blutungen treten in etwa 5 % der Fälle auf und können in bis zu 1,4 % der Fälle eine Kürettage erforderlich machen. Über Infektionen wurde bei weniger als 5 % der Frauen berichtet. Während der Einleitung eines Schwangerschaftsabbruchs im zweiten Trimester oder der Einleitung von Wehen wegen Tod des Fetus in utero während des dritten Trimesters wurde in seltenen Fällen eine Uterusruptur nach der Prostaglandin-Aufnahme berichtet. Das betraf insbesondere Mehrfachgebärende oder Patientinnen mit Kaiserschnitt-Narbe. Misserfolgsrate: 1,3 % bis 7,5 %. Eine teratogene Wirkung von Mifegyne (Schädigung des Embryos) kann nicht völlig ausgeschlossen werden. Bei Misoprostol (Cytotec) wird sie angenommen. Deshalb wird Frauen in den ca. 1 % der Fälle, in welchen die Schwangerschaft sich weiter entwickelt, dringend ein chirurgischer Abbruch empfohlen.[5]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Datenblatt Mifepristone bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 10. April 2011.
  2. Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Schäfer-Korting, Mutschler Arzneimittelwirkungen, 8. Auflage, 2001, ISBN 3-8047-1763-2.
  3. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  4. Mifegyne (Wirkstoff Mifeproston): Die EU-Kommission beschließt Änderungen der Produktinformationen des Arzneimittels, BfArM 10. März 2008.
  5. Fachinformation des Arzneimittel-Kompendiums der Schweiz.

Weblinks

  • Die Abtreibungspille – Vergleich chirurgische Abtreibung und Abtreibungspille auf der Seite der Schweizerischen Vereinigung für Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs
  • profamilia.de – Informationen bei pro familia
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