Massenwirkungsgesetz
Das Massenwirkungsgesetz (oder kurz „MWG“) beschreibt das Verhältnis der Aktivitäten der Produkte und der Edukte einer (chemischen) Reaktion im chemischen Gleichgewicht. Das Verhältnis ist konstant. Es gilt für jede Reaktion, die reversibel ist und bereits ihren Gleichgewichtszustand erreicht hat. Die resultierende Konstante hat unter gegebenen Bedingungen einen festen, für die betrachtete Reaktion spezifischen Wert, der einzig über die äußeren Bedingungen (z. B. die Temperatur) beeinflusst werden kann. Die thermodynamische Erklärung hierfür ist, dass es immer einen energetisch niedrigsten und damit günstigsten Zustand gibt. Im chemischen und damit thermodynamischen Gleichgewicht kommt die Reaktion nicht zum Stillstand: sowohl die Hin- wie die Rückreaktion halten sich die Waage, das heißt, sie verlaufen gleich schnell.
Exakte Formulierung
Die allgemeine Formulierung lautet:
- $ K=\prod _{i=1}^{n}a_{i}^{{\nu }_{i}} $
Hierbei sind :
- Π Produkt
- a Aktivitäten
- ν Stöchiometrischer Koeffizient (ist für Edukte < 0 und die Produkte > 0)
- K Gleichgewichtskonstante
Die Gleichgewichtskonstante K gibt die Lage des Gleichgewichts an, beschreibt also, auf wie viele Produktmoleküle wie viele Eduktmoleküle kommen.
Statt mit der Aktivität wird das Massenwirkungsgesetz häufig mit der Konzentration (in Lösung), dem Partialdruck (Reaktionen in der Gasphase) oder dem Stoffmengenanteil aufgestellt, wodurch sich im Allgemeinen der Zahlenwert von K ändert. Das Massenwirkungsgesetz kann auch durch eine Kombination dieser Größen (Druck, Konzentration ...) ausgedrückt werden. Zur Unterscheidung fügt man im Index von K die Angabe der Größe, mithilfe derer K berechnet wurde (Kc für Konzentration, Kp für den Partialdruck, Kx für den Stoffmengenanteil), hinzu. Die verschiedenen Ks lassen sich durch einfache Beziehungen ineinander umrechnen. Für Reaktionen in verdünnter Lösung wird normalerweise die Konzentration benutzt. Für konzentriertere Lösungen kann der Aktivitätskoeffizient jedoch stark von 1 abweichen, so dass diese Näherung mit Vorsicht zu verwenden ist. Das Massenwirkungsgesetz wird zum Beispiel für die Reaktion:
- $ \mathrm {a\,A+b\,B\ \rightleftharpoons \ c\,C+d\,D} $
wie folgt formuliert:
$ K_{c}={\frac {c^{\mathrm {c} }(\mathrm {C} )\cdot c^{\mathrm {d} }(\mathrm {D} )}{c^{\mathrm {a} }(\mathrm {A} )\cdot c^{\mathrm {b} }(\mathrm {B} )}} $
Dabei sind c(A), c(B), c(C), c(D) die molaren Gleichgewichtskonzentrationen der Edukte bzw. Produkte. Sie werden auch häufig als [A], [B], [C] und [D] notiert. Im Exponenten finden sich die stöchiometrischen Koeffizienten, also die Anzahl der Teilchen dieser Spezies, die für einen Formelumsatz benötigt werden.
Eine exakte Herleitung des Gesetzes, die unabhängig vom Reaktionsweg ist, erfolgt in der Thermodynamik mit Hilfe des chemischen Potentials.
Das Massenwirkungsgesetz wurde zuerst im Jahre 1864 von den norwegischen Chemikern Cato Maximilian Guldberg und Peter Waage formuliert, es ist jedoch unter Guldberg 1867 angegeben. Sie hatten das Massenwirkungsgesetz noch aus der so genannten „aktiven Masse“ hergeleitet (ein veralteter Ausdruck für die Aktivität) statt aus der Konzentration.
Verständnis des MWG
Hier einige der zu beachtenden Punkte:
- Das MWG gilt für jede einzelne Teilreaktion. Häufig erscheint es in der Summe, als bestehe eine Reaktion aus nur einem Reaktionsschritt, setzt sich aber tatsächlich aus vielen Einzelschritten mit mehr Spezies, als denen, die in der Reaktionsgleichung auftauchen, zusammen. Diese müssen auch berücksichtigt werden (z. B. alle Kettenreaktionen).
- Das MWG beschreibt nur den thermodynamisch günstigsten Zustand. Faktoren wie hohe Aktivierungsenergien können dazu führen, dass der tatsächliche Gleichgewichtszustand nicht erreicht wird (Diamant ist unter Normalbedingung nur eine metastabile Modifikation von Kohlenstoff. Die Aktivierungsenergie für eine Umlagerung zu Graphit ist jedoch so hoch, dass die Reaktion im Allgemeinen nicht stattfindet).
- Alle verwendeten Aktivitäten sind Gleichgewichtsaktivitäten, deren Bestimmung häufig schwierig durchzuführen ist.
- Bei einer gegebenen Reaktion ist die Gleichgewichtskonstante K von der Temperatur und dem Druck abhängig.
Das MWG in der Halbleiterelektronik
Das Massenwirkungsgesetz besagt, dass in Halbleitern im thermischen Gleichgewicht das Produkt aus den Ladungsträgerdichten aus Valenz- und Leitungsband konstant ist.
- $ n_{0}p_{0}={n_{i}}^{2} $
mit der intrinsischen Ladungsträgerdichte $ n_{i} $ und den Dichten der freien Elektronen und Löcher im thermischen Gleichgewicht $ n_{0},p_{0} $. Das Massenwirkungsgesetz gilt in intrinsischen, d.h. undotierten, sowie in dotierten Halbleitern.[1]
Verwandte Größen und Prinzipien
KL | Löslichkeitsprodukt |
KS | Säurekonstante (auch Säure-Dissoziationskonstante) |
KB | Basenkonstante (auch Basen-Dissoziationskonstante) |
KW | Ionenprodukt des Wassers |
pH-Wert | |
pOH-Wert | |
Prinzip vom kleinsten Zwang (Henry Le Chatelier) | |
Puffer |
Literatur
- Charles E. Mortimer: Chemie. 7. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-13-484307-2.
- Peter W. Atkins: Physikalische Chemie. Wiley-VCH, ISBN 3-527-30236-0.
Weblinks
- Berechnung von chemischen Gleichgewichtszuständen (Version vom 4. Juni 2007 im Internet Archive) (engl.)
- Prof. Blume über: Massenwirkungsgesetz (MWG) - ausführliche Beispiele und Herleitungen
Einzelnachweise
- ↑ Stefan Goßner, Grundlagen der Elektronik. Halbleiter, Bauelemente und Schaltungen, 8. ergänzte Aufl., Shaker, 2011. Gesamttext.pdf