Lapislazuli
Lapislazuli, auch Lapis Lazuli (Lapis lazuli), Lasurstein oder kurz Lapis genannt, ist ein blauglänzendes Mineralgemisch, das je nach Fundort aus unterschiedlichen Anteilen der Minerale Lasurit, Pyrit, Calcit, sowie geringeren Beimengungen an Diopsid, Sodalith und anderen bestehen kann. Als feste, natürlich auftretende, mikroskopisch heterogene Vereinigung von Mineralen gehört Lapislazuli definitionsgemäß eher zu den Gesteinen und wird teilweise auch als solches bezeichnet.[1][2][3]
Etymologie und Geschichte
Das Wort Lapis entstammt der lateinischen Sprache und bedeutet „Stein“. Lazuli, Genitiv des mittellateinischen Wortes lazulum für „blau“, leitet sich über das Arabische von persischen لاژورد / lāžward /‚himmelblau‘ ab. Synonyme Bezeichnungen sind unter anderem Azur d'Acre, azurum ultramarinum, Bleu d'Azur, Lapis lazuli ultramarine, Las(z)urstein, Lazurium, Oltremare, Orientalischblau, Outremer lapis, Pierre d'azur, Ultramarin echt, Ultramar ino/verdadero, Ultramarine natural; des Weiteren nach Plinius und Theophrast coeruleum scythium.
Lapislazuli war bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. ein Handelsgut, das in Form von unbearbeiteten Blöcken und geschliffenen Schmuckperlen über weite Strecken transportiert wurde. Von den Fundstätten in der nordostafghanischen Provinz Badachschan wurden Blöcke von Lapislazuli nach Schahr-e Suchte im heutigen Osten Irans transportiert. Strukturanalysen ergaben, dass es sich bei dem im Tal des Kokcha-Flusses in Badachschan auf 1500 bis 5000 Meter Höhe gefundenem Material um dasselbe wie in Schahr-e Suchte handelte. Auch Tepe Hissar in Nordiran war am Steinhandel beteiligt. In beiden Orten wurden Werkstätten aus der Mitte des 3. Jahrtausends ausgegraben, in denen neben Lapislazulistücken auch Werkzeuge für die Bearbeitung gefunden wurden: Bohrer und Klingen aus Feuerstein, sowie Stößel und Glätter aus Jaspis. Das in Mesopotamien gefundene Lapislazuli stammte ebenfalls aus Afghanistan. Der assyrische König Šamši-Adad I. (18. Jahrhundert v. Chr.) erwähnte Lapislazuli unter den kostbaren Materialien, die er aus anderen Ländern bezogen habe. Das Mineral gelangte von hier nach Syrien, wo in Ugarit Perlen für kostbare Gewänder aus Lapislazuli und Karneol gefunden wurden, und durch Vermittlung von in Syrien lebenden Völkern bis nach Ägypten.[4]
Chemie und Farbe
Die erste chemische Analyse des Hauptbestandteils von Lapislazuli, dem Lasurstein, gelang 1806 dem französischen Chemiker Nicolas Clément-Désormes mit einer aus heutiger Sicht schon guten Genauigkeit (Silice: 35,8 %, Alumine: 34,8 %, Soude: 23,2 %, Soufre: 3,1 %, Chaux carbonatee: 3,1 %). Davon ausgehend wurde in der Folgezeit nach Wegen zur Herstellung von künstlichem Ultramarin, das möglichst dem natürlichen Lasurit entsprechen sollte, gesucht und in den 1820er Jahren fast gleichzeitig von dem französischen Chemiker Jean Baptist Guimet und dem deutschen Chemiker Christian Gottlob Gmelin entwickelt. Untersuchungen von natürlichem und künstlichem Ultramarin sowie der verwandten Mineralien Sodalith, Nosean und Hauyn mit physikalischen Methoden (ab 1929 mit der Röntgenstrukturanalyse) führten zu der Erkenntnis, dass diese Stoffe zur Gruppe der Alumosilikate gehören.[5] Begehrte Schmucksteine sind von intensiver, ultramarinblauer Farbe, die auf •S3− Radikalanionen des Schwefels in der idealisierten Formel Na6[Al6Si6O24]SxCa (mit x>1) zurückzuführen ist. Fein verteilter Pyrit gilt als Echtheitsnachweis. Flecken oder kleine goldfarbene Pyritadern werden ebenfalls geschätzt, jedoch sollte der Pyritanteil nicht zu groß sein, da die Farbe sonst in ein unschönes Grün umschlägt. Steine, bei denen das Calcit stark hervortritt, sind weniger wertvoll.
Die verschiedenen Lagerstätten bringen Farbnuancen hervor. Tadschikische Lapislazuli sind eher marineblau, die am Baikalsee gefundenen weisen blauviolette Töne und besonders starke Calcitanteile auf.
Bildung und Fundorte
Lapislazuli bildet sich vorwiegend durch Metamorphose bzw. metasomatische Vorgänge unter anderem in Amphiboliten, Gneis, Marmor, Peridotiten und Pyroxeniten. Des Weiteren können neben den bereits genannten Mineralen noch Afghanit, Apatit, Dolomit, Hauyn, Nephelin, Schwefel, Tremolit und andere assoziiert sein.
Die bekanntesten Fundstätten liegen im westlichen Hindukusch, in der Provinz Badakhshan in Afghanistan. Im afghanischen Bürgerkrieg spielte die Beherrschung des Pandschir-Tals, neben seiner strategischen Bedeutung, als Lieferant des teuren Lapislazulis eine wichtige Rolle als Einnahmequelle zum Kauf von Waffen. Die Gewinnungsstellen bei Sar-é Sang vom Kokscha-Tal in Badakhshan, in der noch heute Lapislazuli gewonnen wird, war schon zu Zeiten des alten Ägypten in Betrieb. Um den Stein zu gewinnen, wurde er in der Mine mit Feuer gesprengt: Man erhitzte die Steine durch örtliche intensive Holzfeuer und kühlte sie dann mit Wasser plötzlich ab, worauf sie Risse bekamen und herausgeklopft werden konnten. Heute wird in Badakhshan mit Sprengstoff gearbeitet.
Weitere wichtige Fundstätten befinden sich in Russland. Die farblich besten Varietäten stammen von der Lagerstätte Malobystrinskoye am Baikalsee. Weniger ergiebig erwiesen sich die Lokalitäten Talskoye und Sljudjanskoye in der Baikalregion. Die Fundstelle am Fluss Sljudjanka entdeckte Erich G. Laxmann in den Jahren 1784–1785, als er im Auftrag der Akademie der Wissenschaften des Zaren am Baikalsee naturwissenschaftliche Erkundungen betrieb. Katharina die Große sandte 1787 eine geologische Expedition in diese Region, um genauere Informationen über nutzbare Edelsteine und Minerale zu erhalten. Im Ergebnis gelangten auch Proben von Lasurit nach St. Petersburg.[6]
Weitere Fundstätten befinden sich in Tadschikistan bei Ljadschwar-Dara im Pamir (Berg-Badachschan / Schachdarja-Kette).
Ferner existieren Fundorte bei Ovalle in Chile, im Iran sowie im Cascade Canyon von Kalifornien und am Magnet Cove in Arkansas (USA).
Verwendung
Schmuckstein
Als Edel- oder besser Schmuckstein hat Lapislazuli eine Geschichte, die etwa 7.000 Jahre zurückreicht. Lapislazuli war das Kostbarste, was die alten Ägypter besaßen und ihren Pharaonen auf die Reise in das Jenseits mitgaben (siehe Mumienmaske des Tutanchamun). Da Lapislazuli allerdings bereits in dieser Zeit zu den teuersten Edelsteinen gehörte, gehörten die Ägypter auch zu den ersten, die neben Türkis auch den Lapis unter anderem mit blau gefärbtem Glas imitierten. Auch in Mesopotamien war Lapislazuli bei den Sumerern sehr begehrt. Schmuckstücke aus den Königsgräbern bei der großen Ziggurat in Ur, ausgestellt im Vorderasiatischen Museum in Berlin und in London, zeigen die reichliche Verwendung. Es gab nachweislich bereits 2000 vor Christus Handelsbeziehungen zwischen Ägypten, Mesopotamien und dem Norden Afghanistans (Lapislazuli-Straße, später Seidenstraße).
Pigment
Lapislazuli spielte als Pigment in der Kunst eine große Rolle. Aus diesem Stein wurden die leuchtend blauen Farben gewonnen, mit denen insbesondere im Mittelalter beispielsweise Madonnengewänder gemalt wurden. Ein besonders schönes Beispiel für dessen Verwendung als Farbgrundstoff befindet sich auch in der Handschrift Das Stundenbuch des Herzogs von Berry, einem der wichtigsten Werke der Buchmalerei. So sind auf dem Kalenderblatt Januar zum Beispiel die Gewänder des Herzogs aus dieser Farbe hergestellt. Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für die Verwendung von gemahlenem Lapislazuli als Pigment ist Giottos Freskenzyklus in Padua, wo es für die Gestaltung des Himmels Verwendung fand. Die Farbe Blau wurde in der mittelalterlichen Malerei wohl auch deshalb so selten verwendet, weil blaue Pigmente wie Lapislazuli außerordentlich teuer und rar waren und von „jenseits der See“ - daher auch die Bezeichnung „Ultramarin“ - bezogen werden mussten.
Manipulationen und Imitationen
Blasser Lapislazuli wird geölt oder gewachst, um ihn dunkler erscheinen zu lassen. Eine ungleichmäßige Farbgebung lässt sich mit farbigem Öl vereinheitlichen, dies ist aber leicht mit Aceton nachweisbar. [3]
Lapislazuli von geringer Qualität und/oder in kleinen Bruchstücken wird zusammen mit Kunstharz zu größeren Steinen rekonstruiert.
Imitationen von Lapislazuli werden vor allem durch Einfärbung der Quarzvarietät Jaspis mit Berliner Blau hergestellt. So wird der sogenannte „Deutsche Lapis(lazuli)" [3] (auch „Swiss Lapis“ [3], „Blauer Onyx“ oder „Nunkirchener Lapislazuli“) in Nunkirchen (Stadt Wadern) aus Jaspis hergestellt. Behandelt man solcherart minderwertige Edelsteinimitationen im Ultraschallbad oder mit Salmiakgeist, treten auf der Steinoberfläche Flecken auf, die sich nicht mehr entfernen lassen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ GeoMuseum TU Clausthal - Lapis Lazuli
- ↑ Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2005, ISBN 3-540-23812-3, S. 125.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Neue Erde Verlag, 1998, ISBN 3-89060-025-5
- ↑ Horst Klengel: Handel und Händler im alten Orient. Köhler & Amelang, Leipzig 1979, S. 25 f, 70, 93, 149
- ↑ Fritz Seel, Gisela Schäfer, Hans-Joachim Güttler, Georg Simon: Das Geheimnis des Lapis Lazuli. In: Chemie in unserer Zeit. 8, Nr. 3, 1974, ISSN 0009-2851, S. 65-71, doi:10.1002/ciuz.19740080302.
- ↑ P. Kolesar, J. Tvrdý: Zarenschätze. Haltern (Bode Verlag) 2006. S. 567
Literatur
- Hugo Blümner: Sapphir. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I A,2, Stuttgart 1920, Sp. 2356–2357.
- Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. 13. Auflage. BLV Buchverlag., München 1989, ISBN 3-405-16332-3.
- Gerd Weißgerber: Schmucksteine im Alten Orient - Lapislazuli, Türkis, Achat, Karneol. in T. Stöllner: Persiens antike Pracht. Dt. Bergbau-Museum, Bochum 2004, S. 64 - 76, ISBN 3-937203-10-9
- GeoMuseum TU Clausthal
- E.E. Kuzmina: "The Prehistory of the Silk Road". Hrsg. von Victor H. Mair, University of Pennsylvania Press, 2008
Weblinks
- Mineralienatlas:Lapislazuli (Wiki)
- Leopold Rössler: Lapis Lazuli, Lasurstein. In: Edelstein-Knigge. 19. März 2010, abgerufen am 19. März 2010.
- Thomas Seilnacht: Lapislazuli, Lasurit. 1. März 2010, abgerufen am 19. März 2010 (deutsch).
- Thomas Krassmann: Lapislazuli - Vorkommen, Gewinnung und Marktpotential eines mineralischen Blaupigments. 6. März 2010, abgerufen am 19. März 2010 (PDF 2MB).