Kohärenter Zustand
Kohärente Zustände (vgl. auch kohärente Strahlung) sind quantenmechanische Zustände unbestimmter Teilchenzahl, meist bei Bosonen.
Wie R.J. Glauber 1963 zeigte, lässt sich die elektromagnetische Welle einer Laser-Mode am besten durch kohärente Zustände beschreiben.
Kohärente Zustände kommen klassischen elektromagnetischen Wellen sehr nahe, weil der Erwartungswert der elektrischen Feldstärke die Form einer klassischen elektromagnetischen Welle hat, unabhängig vom Erwartungswert der Teilchenzahl.
Misst man in einem kohärenten Zustand die Teilchenzahl jeweils in einem festen Zeitintervall, so erhält man Messwerte, die einer Poisson-Verteilung genügen.
Beschreibung im Fockraum
Ein idealer kohärenter Zustand bei der quantenfeldtheoretischen Behandlung der Photonen, Elektronen, etc. ist stets eine Überlagerung von Zuständen verschiedener Teilchenzahl, er enthält sogar (verschwindend geringe) Anteile beliebig hoher Teilchenzahl. In Fock-Raum-Schreibweise (nach Wladimir Alexandrowitsch Fock) ergibt sich der kohärente Zustand
Dabei ist
Die Verteilung entspricht also der Poisson-Verteilung. Demnach ist
Dabei sind
Eigenschaften
Wichtige Eigenschaften eines
kohärenten Zustandes
- Normierung: Der Vorfaktor des kohärenten Zustandes dient also der Normierung.
- Orthogonalität: Kohärente Zustände sind nicht orthogonal.
- Der kohärente Zustand ist ein "rechtsseitiger" Eigenzustand des Vernichtungsoperators
. Es gilt: .
- Der Bra-Vektor ist ein linksseitiger Eigenzustand des Erzeugungsoperators mit komplex-konjugiertem Eigenwert:
- Der Vernichtungsoperator kann im Gegensatz zum Erzeugungsoperatortatsächlich Eigenzustände (Rechtseigenzustände) besitzen. Der Erzeugungsoperator erhöht die minimale Teilchenzahl eines Zustandes im Fockraum um eins; der damit entstandene Zustand kann also nicht der ursprüngliche sein. Dagegen verringert der Vernichtungsoperator die maximale Teilchenzahl um eins; da ein Zustand im Fockraum aber Komponenten aller Teilchenzahlen beinhalten kann (wie es beim kohärenten Zustand zutrifft), ist damit nicht verboten, dassEigenzustände besitzt.
- Kohärente Zustände besitzen minimale Unschärfe:
- In einer wechselwirkungsfreien Theorie (im harmonischen Oszillator) bleiben kohärente Zustände kohärent. Sie sind jedoch nicht Eigenzustände des freien Hamilton-Operators. Vielmehr rotiert die Phase von
mit der Oszillatorfrequenz , d.h. ein kohärenter Zustand geht in einen anderen kohärenten Zustand über.
In der Quantenelektrodynamik ist der kohärente Zustand ein Eigenzustand des Operators des Vektorfeldes
Geschichte
Der o.g. kohärente Zustand wurde von Erwin Schrödinger entdeckt, als dieser nach einem Zustand des quantenmechanischen harmonischen Oszillators suchte, der dem des klassischen harmonischen Oszillators entspricht [1], und wurde von Roy J. Glauber auf den Fockraum übertragen. Der kohärente Zustand entspricht demnach einem gaußschen Wellenpaket das im harmonischen Potential hin- und herläuft, ohne Orts- oder Impulsunschärfe zu verändern.
Herleitung
Im Folgenden wird gezeigt, dass die kohärenten Zustände Eigenzustände des Vernichtungsoperators sind:
Die Fockzustände
Nun betrachtet man die linke Seite der Eigenwertgleichung, wobei
Das Vertauschen von
Die rechte Seite der Eigenwertgleichung:
Aus der Gleichheit beider Seiten gewinnt man eine Rekursionsbeziehung
Nun nutzt man die Normierungsbedingung der kohärenten Zustände aus, um
Radizieren liefert
Dies ergibt eingesetzt in obige Entwicklung die Darstellung der kohärenten Zustände:
Nutzt man noch aus, dass die Fockzustände
Mit der Baker-Campbell-Hausdorff-Formel
Somit
Kohärente Zustände in der Quantenmechanik
In der 1-Teilchen-Quantenmechanik versteht man unter einem kohärenten Zustand ein Gaußsches
Wellenpaket mit reeller Varianz
Der entsprechende Ket-Vektor
Quasiklassische Eigenschaften
Die Unschärfen von Ort und Impuls sind beim Gaußschen Wellenpaket gegeben durch
Das Unschärfeprodukt nimmt also den minimalen Wert an:
Auch umgekehrt folgt aus einem minimalen Unschärfeprodukt, dass die Wellenfunktion ein Gaußsches Wellenpaket ist [2].
Im Limes
Die Fehler sind von der Größenordnung der Unschärfen, denn als Maß für die Abweichung von der Eigenwertgleichung können gerade die Ausdrücke gelten, die die Unschärfen definieren (s.o.).
Vollständigkeitsrelation
Jedes Wellenpaket lässt sich als Superposition von Gaußschen Wellenpaketen darstellen. Als Operatorgleichung formuliert (Zerlegung der Eins):
Dies kann man zeigen, indem man auf beiden Seiten das Matrixelement
Das Plancksche Wirkungsquantum wird auf diese Weise zur Bezugsgröße für klassische Phasenvolumina.
Anwendung: Klassische Zustandssumme
Mit Hilfe der Vollständigkeitsrelation kann die klassische 1-Teilchen-Zustandssumme für die kanonische Gesamtheit in einfacher Weise aus der quantenmechanischen Zustandssumme [3]
hergeleitet werden. Wenn nämlich die Unschärfen von Ort und Impuls vernachlässigbar und somit die kohärenten Zustände gemeinsame Eigenzustände von Ort, Impuls und Hamiltonoperator sind, gilt
wobei
Einzelnachweise
- ↑ E. Schrödinger, Der stetige Übergang von der Mikro- zur Makromechanik, Die Naturwissenschaften 14 (1926) 664-666
- ↑ C. Cohen-Tannoudji, B. Diu, F. Laloë, Quantenmechanik, Band 1, de Gruyter-Verlag, Abschnitt 3.8
- ↑ B. H. Bransden, C. J. Joachain, Quantum Mechanics, Prentice Hall, section 14.4
- ↑ J. R. Klauder, B.-S. Skagerstam, Coherent States --- Applications in Physics and Mathematical Physics, World Scientific, 1985, Abschnitt I.6
Literatur
- R.J. Glauber, Phys. Rev. 131, 2766, 1963