Infrarotstrahlung
Als Infrarotstrahlung (kurz IR-Strahlung, auch Ultrarotstrahlung) bezeichnet man in der Physik elektromagnetische Wellen im Spektralbereich zwischen sichtbarem Licht und der längerwelligen Terahertzstrahlung. Als Infrarot wird der Spektralbereich zwischen 10−3 m und 7,8×10−7 m (1 mm und 780 nm) bezeichnet, was einem Frequenzbereich von 3×1011 Hz bis ca. 4×1014 Hz (300 GHz bis 400 THz) entspricht.
Einteilung des Spektralbereichs
Eine Einteilung des Spektralbereiches beruht auf den Arten der Molekülschwingungen, die sich auf die Anwendungen auswirken. Die Begriffe sind nicht so eindeutig wie im sichtbaren Bereich definiert und werden teils durch die Anwendungen oder spezielle physikalische Phänomene bestimmt, weshalb es mehrere unterschiedliche Bezeichnungen gibt. Das International Commission on Illumination (CIE) und DIN[1] schlagen die Einteilung in drei Bänder vor: IR-A, IR-B und IR-C (MIR und FIR).
Benennung | Kurzzeichen | Wellenlänge in μm |
Temperatur nach Wien |
Einsatzbereiche/Bemerkungen | |
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nahes Infrarot | NIR | IR-A | 0,78…1,4 | 3700 K… |
|
IR-B | 1,4…3,0 |
| |||
mittleres Infrarot | MIR | IR-C | 3…50 | 1000…60 K |
|
fernes Infrarot | FIR | 50…1000 | …3 K |
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Eine andere Unterteilung, die häufig im angloamerikanischen Raum sowie bei der Spezifikation von Erderkundungskameras angewandt wird:
- nahes Infrarot (englisch: near infrared, NIR) ist kurzwellige IR-Strahlung, die sich direkt an den sichtbaren (roten) Bereich anschließt von 780 nm bis 1400 nm.
- kurzwelliges Infrarot (englisch: short wavelength, SWIR) 1,4 bis 3,0 µm
- mittleres Infrarot (englisch: mid wavelength, MWIR) schließt daran an bei Wellenlängen von 3,0 µm bis 8 µm.
- langwelliges Infrarot (englisch: long-wavelength, LWIR) 8 bis 15 µm
- fernes Infrarot (englisch: far infrared, FIR) ist langwellige IR-Strahlung von 15 µm bis 1 mm und überschneidet sich mit dem Bereich der Terahertzstrahlung.
Geschichte
Die IR-Strahlung wurde um 1800 vom deutsch-britischen Astronomen, Techniker und Musiker Friedrich Wilhelm Herschel bei dem Versuch entdeckt, die Temperatur der verschiedenen Farben des Sonnenlichtes zu messen. Er ließ dazu Sonnenlicht durch ein Prisma fallen und platzierte ein Thermometer in den einzelnen Farbbereichen. Dabei bemerkte er, dass jenseits des roten Endes des sichtbaren Spektrums das Thermometer die höchste Temperatur anzeigte. Aus dem beobachteten Temperaturanstieg schloss er, dass sich das Sonnenspektrum jenseits des Roten fortsetzt.
Infrarot-Quellen
Umgangssprachlich wird IR-Licht oft mit Wärmestrahlung gleichgesetzt, auch wenn sowohl Mikrowellen als auch sichtbares Licht, wie der ganze elektromagnetische Spektralbereich, zur Wärmestrahlung beitragen. Breitbandige IR-Quellen sind thermische Strahler wie beispielsweise Glühlampen und Heizstrahler (s. a. Keramischer Infrarotstrahler). Unterschiedliche Infrarotstrahler wurden entwickelt, um damit die Vielfalt der Anwendungen der Infrarotstrahlung spezifischer abzudecken, beispielsweise Globar und Nernst-Stift.
Nachweis der Strahlung
Zum Nachweis von IR-Strahlung aller Wellenlängen eignen sich thermische Detektoren (Thermoelemente oder Bolometer). Im kurzwelligen Bereich werden halbleiterbasierte Detektoren verwendet (siehe auch unter: innerer photoelektrischer Effekt), wobei auch Digitalkameras geeignet sind, wenn ihr IR-Sperrfilter nicht zu stark ausgelegt ist. Zur Aufnahme von IR-Bildern im nahen Infrarotbereich eignen sich weiterhin spezielle fotografische Filme und bei längeren Wellenlängen (mittleres Infrarot) werden gekühlte Halbleiterdetektoren oder pyroelektrische Sensoren (Anwendung z. B. im PIR-Bewegungsmelder) verwendet.
Anwendungen
Heizung
Eine wesentliche Anwendung ist die Heizung durch Strahlung. Jeder Heizkörper sendet auch infrarote Strahlung aus, insbesondere bei Temperaturen deutlich über 100 °C. Darunter überwiegt meist die Wärmeabgabe an die Luft; allerdings steigt die Behaglichkeit durch den Strahlungsanteil. Komplette Hausheizungen[2] oder Übergangsheizung im Bad werden mittels Infrarot-Panels ausgeführt; die Raumstation Mir wurde seit 1986 auf diese Art beheizt.
Chemische Analytik und Verfahrenstechnik
Infrarotstrahlung regt Moleküle zu Schwingungen und Rotationen an. Die Infrarotspektroskopie ist ein physikalisch-chemisches Analyseverfahren. Die Absorption von infrarotem Licht definierter Wellenlängen wird zur Strukturaufklärung unbekannter Substanzen eingesetzt. Durch quantitative Bestimmung lässt sich die Reinheit von bekannten Substanzen bestimmen. Bei der Abfalltrennung lässt sich die Infrarotspektroskopie zur Erkennung und Trennung von Kunststoffen einsetzen.
Die Absorptionszentren der Molekülschwingungen sind direkt mit der Brechzahl der Materialien und somit ihrem Reflexionsverhalten verknüpft. Im infraroten Bereich wird dies unter anderem bei der Infrarotreflektographie ausgenutzt.
Kunstwissenschaft
Die Infrarotreflektographie ist eine hauptsächlich in der Kunstwissenschaft angewandte Untersuchungsmethode, mit der sich über die unterschiedlichen Reflexionseigenschaften der auf einem Malträger aufgebrachten Farben Zeichnungselemente aus stärker reflektierenden Stoffen sichtbar machen lassen. Mit dieser berührungs- und zerstörungsfreien Technik ist es zum Beispiel möglich, die obere Malschicht eines Gemäldes zu durchdringen und die sonst nicht sichtbare Unterzeichnung zu dokumentieren.
Astronomie
In der Infrarotastronomie beobachtet man „kühle“ Objekte (kälter als 1000 K), die in anderen Spektralbereichen kaum zu sehen sind, oder Objekte, die in oder hinter einer interstellaren Wolke liegen.
Zusätzlich hilft die IR-Spektroskopie bei der Analyse der betrachteten Objekte. Hierbei werden wie in der Chemie mittels Infrarotspektroskopie Banden bestimmter Substanzen nachgewiesen, so z. B. Methangas auf dem Exoplaneten bei Fixstern HD 189733.
Elektronik und Computertechnik
Infrarotfernbedienungen, Optokoppler und die meisten Lichtschranken arbeiten im nahen Infrarot bei 880 bis 950 nm Wellenlänge, da hier Silicium-Photodioden und Phototransistoren ihre höchste Empfindlichkeit haben. Infrarotschnittstellen von Computern arbeiten ebenfalls in diesem Wellenlängenbereich und ermöglichen eine drahtlose Kommunikation mit Peripheriegeräten. Die optische Datenübertragung mittels IR-Laser durch die Atmosphäre wird durch die optische Freiraumübertragung charakterisiert.
Dabei war die Firma Hewlett Packard eines der ersten Unternehmen, das die Infrarottechnik mit der EDV verbunden hat. Im Jahre 1979 integrierte man dort erstmals eine IR-Schnittstelle in einen Taschenrechner, um so eine Verbindung zu einem Drucker herzustellen. Im Jahre 1990 wurde dann erstmals eine IR-Schnittstelle in einen Personal Computer integriert. Diese Schnittstelle wurde zu einem ersten Standard. Da sie seriell arbeitete, wurde sie Serial Infrared (Serielles Infrarot), abgekürzt SIR benannt. Aus Geschwindigkeitsgründen ist dieser Standard heutzutage durch das abwärtskompatible Fast-IR abgelöst, welches bei PCs jedes Desktop-Mainboard ab ungefähr Baujahr 2002 unterstützt (bzw. für den Anschluss eines solchen Senders/Empfängers vorbereitet ist). PDAs und Notebooks (bis ungefähr Baujahr 2006) haben ein solches Infrarotgerät eingebaut, ebenso wie einige Mobiltelefone (hier gilt für die neueren dasselbe wie für Notebooks). Die Infrarotschnittstellen werden zunehmend durch Bluetooth ersetzt.
In der Telekommunikation wird IR-A aufgrund der geringen Absorption und Dispersion in Lichtwellenleitern bevorzugt verwendet. Die Standardwellenlänge liegt bei 1550 nm.
Mittels Wärmebildsensoren kann auch die Bewegungserkennung einer Infrarotstrahlungsquelle erfolgen. Dies wird beispielsweise für die Steuerung der Spielekonsole Wii von Nintendo genutzt, vgl. Artikel Wii-Fernbedienung.[3]
Vegetation
Im nahen Infrarot besitzt die grüne Vegetation eine ungefähr sechsfach höhere Reflexion als im sichtbaren Spektralbereich, da frisches Blattgewebe ein gutes Reflexionsvermögen aufweist und die übrigen Wellenlängen vom Chlorophyll und den begleitenden Karotinoiden absorbiert werden. Dieser Effekt wird zur Erkennung von Vegetationsflächen genutzt. Es werden von einer Szene zwei Bilder genommen, eines im sichtbaren, das andere im nahen infraroten Bereich. Häufig werden Multispektralkameras verwendet. Durch Division beider Bilder wird die Vegetation deutlich sichtbar und kann leicht segmentiert werden.
Die auf diese Weise erkannte Vegetation wird von einem Fahrzeug oder Flugzeug vermessen. Die Vergleichsmessung von Vegetation in Innenräumen beobachtet eine Pflanze über einen längeren Zeitraum. Die Vermessung der Vegetation von Fahrzeugen aus gibt eine Aussage über die lokal vorherrschenden Bedingungen. Die Bestimmung des Flächenanteils der Vegetation zur gesamten Grundfläche aus der Luft aufgenommener Bilder ist ein häufiger Fall. Das Vegetationsvolumen innerhalb eines vordefinierten Raumes wird bestimmt. Diese Volumenvermessung von Vegetation ist für Autobahn- und Straßenmeistereien sowie Betreiber von Schienennetzen von Bedeutung. Vegetation die in das Lichtraumprofil von Fahrzeugen hineinragt wird automatisch erkannt und der Rückschnitt kann veranlasst werden.
Über die spektrale Reflexion insbesondere im nahen bis fernen Infrarot von grüner Vegetation werden Vegetationstypen unterschieden, der jeweilige Gesundheitszustand der Vegetation wird erkannt. Der Gesundheitszustand der Pflanzen hängt in erster Linie von ihrer Wasserversorgung ab. Gemessen wird die Trockenheit, Pilz- und Insektenbefall ist zu erkennen.
Medizin
Heizlampen strahlen im Infraroten und sind schon seit langem für medizinische Zwecke im Einsatz.
Wärmestrahlung von Heizstrahlern (keramische Infrarotstrahler mit langwelliger IR-Strahlung, Rotlichtlampen, die vorrangig nahes IR emittieren) wird zur örtlichen Behandlung von Entzündungen (Nasennebenhöhlen) eingesetzt. Für die Ganzkörper-Behandlung siehe Infrarotwärmekabine. Infrarotstrahlung wird in der Medizin auch häufig in Form von Lasern genutzt. Die Einsatzgebiete umfassen dabei insbesondere die Haut-, Augen- und Zahnheilkunde (Messen, Veröden, Schneiden, Koagulieren, Lichttherapie). Weiterhin wird mit IR nach den eigentlichen Entzündungsherden gesucht, um diese effektiver behandeln zu können.
Nahes Infrarot dringt tief in und unter die Haut ein, während insbesondere MIR bereits an der Oberfläche der Haut und der Hornhaut des Auges absorbiert wird. Nahes Infrarot hoher Intensität (Laserstrahlung) ist daher besonders gefährlich für Augen und Haut, da es im Auge unbemerkt bis zur Netzhaut gelangt, dort fokussiert wird und Zerstörungen verursacht. Am Körper wird es in Regionen absorbiert, in denen sich keine Temperatursensoren befinden und kann daher dort ebenfalls oft unbemerkt Schäden verursachen.
Zur Fiebermessung werden Pyrometer verwendet, die die Temperatur im Ohr anhand der Wärmestrahlung im mittleren Infrarot messen.
Zum Auffinden lokaler Entzündungsherde wird Thermografie eingesetzt.
Zur Messung der Sauerstoffsättigung roter Blutkörperchen dient die Pulsoxymetrie.
Polizei und Militär
Polizei und Militär nutzen tragbare Nachtsichtgeräte und Restlichtverstärker im Nahen Infrarot (zentrales Bauteil: Bildverstärker), um in der Dunkelheit sonst unsichtbare Objekte erkennen zu können, wobei auch zusätzliche Infrarotbeleuchtung eingesetzt werden kann. Hubschrauberpiloten (der Polizei und des Militärs) fliegen nachts mit Hilfe einer am Helm befestigten Nachtsichtbrille, bei der vor jedem Auge ein einfarbiges Abbild der Wärmeabstrahlung von Objekten am Boden erzeugt wird. Außen am Helikopter kann eine bewegliche Kamera montiert werden, die im sichtbaren wie auch im infraroten Lichtspektrum Videobilder liefert. Diese werden zum Beispiel bei der Suche nach vermissten oder flüchtigen Personen auch in der Dunkelheit benutzt.[4]
Viele Typen selbständig zielsuchender Lenkflugkörper finden ihr Ziel über Wärmestrahlung, wie sie z. B. von Flugzeugtriebwerken ausgesandt wird. Zur Abwehr verfügen neuere Kampfflugzeuge und Militärschiffe über Einrichtungen, die Täuschkörper (Flares) ausstoßen, um diese Waffen vom Flugzeug bzw. Schiff wegzuleiten.
Thermografie
Mit Hilfe der Thermografie lassen sich „Wärmebilder“ erzeugen, für die die Infrarotstrahlung der Wärme von Gegenständen genutzt wird. Eine bekannte Anwendung ist die Bauthermografie zur Qualitätssicherung und Visualisierung von Wärmebrücken und Wärmeverlusten an Gebäuden. Im Ergebnis können dann wärmedämmende Maßnahmen gezielt eingesetzt werden.
In der Diagnose und Instandhaltung von elektrischen, elektronischen und mechanischen Baugruppen, Anlagen oder Maschinen wird die Thermografie als ergänzende Messmethode zur präventiven Mängel- und Schadenserkennung eingesetzt. Berührungslos können damit kritische Zustände („Hot Spots“) von Maschinen, Anlagen und Installationen während des Betriebes ermittelt werden. Dadurch können bereits frühzeitig Maßnahmen zum Begrenzen der Wirkungen getroffen und somit ggf. Ausfälle und Schäden vermieden werden.
Die Thermografie wird bei der Schwingungsanalyse und Festigkeitsprüfung eingesetzt. Risse und lose Verbindungen verraten sich durch ihre Wärmeentwicklung.
Mit Infrarot-Pyrometern werden berührungslos Prozesstemperaturen und Temperaturen von Bauteilen und Kühlkörpern gemessen und kontrolliert.
Die Feuerwehr benutzt tragbare Wärmebildkameras zum Aufspüren von Brandherden und Glutnestern oder zu rettenden Personen in verrauchten Innenräumen.
Materialbearbeitung
Viele thermische Verfahren in der Industrie werden durch Infrarotstrahlung vorgenommen. Neben dem Einsatz beim Trocknen können Materialien aushärten.
Kunststoffe werden erweicht und verformt. Mit Infrarotlasern werden Kunststoffe verschweißt, beschriftet und geschnitten, Metalle auch gehärtet.
Warenbahnen werden mit Infrarotstrahler getrocknet, die mit Gas oder elektrisch beheizt sind. Solche Zusatzeinrichtungen sind an Papiermaschinen vorhanden.
Sicherheitsdokumente
Sicherheitsmerkmale in Pässen und Geldscheinen werden ebenfalls mit Infrarotstrahlern überprüft. So kann bei Euroscheinen neben anderen Merkmalen die Infrarotabsorption bestimmter Materialien bei definierten Wellenlängen geprüft werden. Auch die Infrarotfluoreszenz von Methylenblau im britischen Reisepass ist solch ein Merkmal.
Weblinks
Siehe auch
- Nondispersiver Infrarotsensor
- Wassergefiltertes Infrarot A
Literatur
- S1-Leitlinie Arbeit unter Einwirkung von Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) – Gefährdungen und Schädigungen von Augen und Haut der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM). In: AWMF online (Stand 2012)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): Strahlungsphysik im optischen Bereich und Lichttechnik; Benennung der Wellenlängenbereiche. In: DIN. 5031 Teil 7, 1984-01.
- ↑ Peter Kosack (TU Kaiserslautern): Bericht zum Forschungprojekt „Beispielhafte Vergleichsmessung zwischen Infrarotstrahlungsheizung und Gasheizung im Altbaubereich“, Oktober 2009.
- ↑ AT-Mega Projekt: Mit der Infrarotkamera den Hotspots auf der Spur. In: ComputerClub². 18. September 2008, abgerufen am 16. Dezember 2009 (Beitrag in einer TV-Sendung; Folge 23).
- ↑ Rettungsaktion: Polizeihubschrauber im Einsatz. Bayerischer Rundfunk, abgerufen am 13. März 2009 (Video-Beispiel)