Herbst-Zeitlose

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Herbst-Zeitlose
Herbst-Zeitlose (Colchicum autumnale)

Herbst-Zeitlose (Colchicum autumnale)

Systematik
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Monokotyledonen
Ordnung: Lilienartige (Liliales)
Familie: Zeitlosengewächse (Colchicaceae)
Gattung: Zeitlose (Colchicum)
Art: Herbst-Zeitlose
Wissenschaftlicher Name
Colchicum autumnale
L.

Die Herbst-Zeitlose oder Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) ist eine Pflanzenart, die zur Familie der Zeitlosengewächse (Colchicaceae) gehört. Die Herbst-Zeitlose ist weit verbreitet. Ihr Gift wird in Medizin und Pflanzenzucht verwendet. Sie wurde 2010 zur Giftpflanze des Jahres gewählt.

Beschreibung

Illustration aus Otto Wilhelm Thomé: Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz (1885).

Die Herbst-Zeitlose ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 8 bis 30 Zentimetern erreicht. Es handelt sich um einen Geophyten, was bedeutet, dass die Teile der Pflanze, die ungünstige Jahreszeiten überdauern, unterirdisch liegen. Während des Winters wird die ursprüngliche Sprossknolle abgebaut und darüber eine neue angelegt. Gleichzeitig wächst der Seitenspross zu einer neuen Knolle heran. Im Sommer bildet die Herbst-Zeitlose eine braunschuppige Sprossknolle mit einem Durchmesser von 2,5 bis 5 Zentimetern und einer Länge bis zu 7 Zentimeter. Die in einer grundständigen Rosette stehenden, schmalen, länglich-lanzettlichen Laubblätter erscheinen zusammen mit dem Fruchtstand im Frühjahr und sind bis 40 Zentimeter lang.

Es werden ein bis drei Blüten pro Pflanze gebildet. Die zwittrigen, radiärsymmetrischen Blüten sind dreizählig. Die sechs gleichgestaltigen, meist blassrosa bis violett, selten weiß gefärbten Blütenhüllblätter sind zu einer langen Röhre verwachsen. Es sind sechs Staubblätter vorhanden. Der aus drei Fruchtblättern verwachsene Fruchtknoten befindet sich tief in der Erde. Die drei Griffel sind bis zum Grund frei.

Die Bestäubung erfolgt durch Insekten (Entomophilie), zum Beispiel durch Bienen und Fliegen; diese Art ist selbstfertil. Die Blütezeit reicht von September bis Oktober, selten auch im Frühjahr.

Die länglich-eiförmige Kapselfrucht wird erst zur Reifezeit im Frühsommer (Mai bis Juni) mit den Blättern über die Erde geschoben; bei Reife ist die Kapselfrucht blasig aufgeschwollen und braun. Die kleinen, schwarzbraunen Samen besitzen ein weißes, klebriges Anhängsel, das die Verbreitung durch Ameisen (Myrmekochorie) sichert; auch Windausbreitung ist möglich.

Vorkommen

Die Herbst-Zeitlose ist ein submediterran-subatlantisches Florenelement.[1] Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Süd-Irland, der Südhälfte Großbritanniens, Frankreich und der nördlichen Iberischen Halbinsel über das südliche Mitteleuropa und das nördliche Italien ostwärts bis zur nördlichen Balkanhalbinsel und in die westliche Ukraine. Weiter im Norden (Schottland, Dänemark, Süd-Skandinavien) fehlt sie oder kommt nur eingeschleppt vor.[2][3]

Die Herbst-Zeitlose wächst vor allem auf feuchten, nährstoffreichen Wiesen und an Böschungen, hier bevorzugt an sonnigen oder halbschattigen Standorten, an denen es relativ warm ist und die nicht ungeschützt dem Wind ausgesetzt sind. Diese Art tritt an manchen Standorten massenhaft auf.

Inhaltsstoffe

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Giftigkeit

Es kommt immer wieder zu Vergiftungsfällen durch Verwechslung mit dem Bärlauch. Die Blüten der Herbst-Zeitlose lassen sich ziemlich leicht als solche erkennen. Diese leichte Erkennbarkeit trifft aber nicht auf die Blätter der Herbst-Zeitlose zu. Erschwerend kommt hinzu, dass man – anders als bei vielen anderen Pflanzen – bei der Herbst-Zeitlose die Blätter und die Blüten nie gleichzeitig sieht. Im Herbst sieht man die Blüten – aber ohne Blätter, wogegen man im Frühjahr die Blätter sieht – aber stets ohne Blüten.

Alle Teile der Herbst-Zeitlosen enthalten das giftige Alkaloid Colchicin, ein Kapillar- und Mitosegift. Der höchste Gehalt findet sich in der Blüte mit bis zu 1,8 %. Aber auch die Samen (0,5 %), die Knolle (0,2 %) und die Blätter (0,03 %) enthalten genug Colchicin, um Vergiftungen bewirken zu können.[4] Der Gehalt schwankt im Jahresverlauf und nimmt mit der Samenreifung zu. Auch in getrockneten Pflanzenteilen bleibt das Alkaloid erhalten.

Samen der Herbst-Zeitlose mit 1mm-Skala

Als Pharmazeutische Droge zur Gewinnung von Arzneimitteln dient der Samen der Herbst-Zeitlosen (lat. Semen Colchici), wobei nach Arzneibuch ein Gehalt von mindestens 0,4% Gesamtalkaloide gefordert wird, berechnet als Colchicin.[5] Ein bekanntes Präparat ist Colchicum-Dispert®. Dieses enthält je Dragee einen Trockenextrakt von Semen Colchici zu 15,6mg mit einem Colchicin-Gehalt von 0,5mg.[6]

Vergiftungserscheinungen treten meist erst mit zwei bis sechs Stunden Verzögerung ein. Die Symptome äußern sich zunächst in einem Brennen im Mund. Es folgen Schluckbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen mit oft blutigen Durchfällen. Je nach Dosis kann es vor allem bei Kindern bis zum Tod durch Atemlähmung oder Kreislaufversagen kommen, häufig beobachtet man auch Nierenschädigungen. In der Literatur wird eine Sterblichkeit von 90 Prozent angegeben. Als tödliche Dosis gelten bei Erwachsenen etwa 0,8 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Etwa 60 Gramm frische Blätter können einen 80 Kilogramm schweren Menschen töten.[7] Neben dem Colchicin sind in der Pflanze noch Demecolcin und etwa 20 weitere Alkaloide sowie Colchicosid, Inulin und Asparagin enthalten.

Eine besondere Gefahr von Colchicin geht für Kinder aus, die in ländlichen Gegenden z. B. beim Einsammeln von Heu im beginnenden Herbst leicht in Kontakt mit den dann blühenden Pflanzen kommen können, gerade auch in Anbetracht der schon beim Erwachsenen geringen tödlichen Dosis von Colchicin, die bei Kindern noch tiefer liegt. Außerdem gibt es Berichte über Vergiftungen durch die Milch von Schafen oder Ziegen, die zuvor Herbst-Zeitlose gefressen haben sollen. Aber nicht nur für Kinder, auch für Erwachsene kann die Herbst-Zeitlose gefährlich sein. Vor allem, wenn man ihre Zwiebeln mit Küchenzwiebeln verwechselt oder die Blätter mit Bärlauch oder anderem Wildsalat und so größere Mengen der giftigen Pflanze zu sich nimmt. Darüber hinaus ähnelt die Herbst-Zeitlose ziemlich stark einigen verbreiteten Zierpflanzen wie dem Krokus, was ebenfalls zu gefährlichen Verwechslungen führen kann (vgl. Namen).

Die Herbst-Zeitlose ist auch giftig für viele Tierarten wie Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen, Hunde, Katzen, Kaninchen, Hasen, Meerschweinchen, Hamster und auch für Vögel. Bei den Großtieren sind insbesondere Pferde und Schweine gefährdet. Rinder und Schafe reagieren nicht ganz so empfindlich. Laktierende Tiere geben das Gift über die Milch ab, können dabei selbst aber keine Vergiftungserscheinungen zeigen.[8]

Erste Hilfe

Bei Verdacht einer Vergiftung ist unbedingt ärztliche Hilfe empfohlen. Die lange Latenzzeit der Giftwirkung erschwert eine rechtzeitige Behandlung. Wegen der langen Latenzzeit ist eine Magenspülung nur bei Verdacht oder Frühfällen sinnvoll. Im Vordergrund steht daher die Elementarhilfe, in Form von Kreislaufaufrechterhaltung, Aufrechterhaltung des Wasser-Elektrolyt-Haushaltes (durch Tropfinfusion mit Vollelektrolytlösung).

Dexamethason wird bei erhöhten Liquordruck gegeben. Abdominalspasmen werden mit Atropin behandelt. Es sind Antidote gegen das Alkaloid Colchicin in Erprobung, aber noch nicht zugelassen.[9]

Anwendung

Neben dieser toxischen Wirkung findet Colchicin aber auch Anwendung in der Medizin und bei der Pflanzenzucht.

Colchicin hat auch in der heutigen Zeit noch einen hohen Stellenwert in der Behandlung der akuten Gicht (Podagra). Demecolcin wird u. a. in der Krebstherapie eingesetzt.

In der Homöopathie wird aus den zerkleinerten und in Alkohol angesetzten frischen Zwiebelknollen (im Herbst gesammelt) der Herbst-Zeitlosen das Homöopathikum Colchicum autumnale, (Kurzform: Colch, auch colch) hergestellt, welches zum Beispiel bei Gicht, Gastroenteritis, Rheuma, Katarakt, Perikarditis und Schwangerschaftsübelkeit verabreicht wird. In Deutschland ist Colchicum autumnale verschreibungspflichtig bis einschließlich D3 Potenz.

In der Pflanzenzucht verwendet man Colchicin zur Polyploidisierung und damit zur Vergrößerung von Zuchtpflanzen, wie zum Beispiel bei Erdbeeren. Diese Wirkung wird erzielt, da Colchicin die Mitose unterbricht, so dass sich die DNA-Menge im Zellkern bei jeder unterbrochenen Teilung verdoppelt, wodurch jede einzelne Zelle weitaus größer wird.

Dioscurides beschrieb schon Colchicum-Arten in seiner De materia medica. Er warnt jedoch vor der innerlichen Anwendung wegen der Giftigkeit der Pflanze. Eher dürfte der Wirkstoff zu Giftmorden benutzt worden sein. Auch im Mittelalter nutzte man die Wirkungen der Herbst-Zeitlosen aus demselben Grund noch nicht zur Gichtbehandlung. Als Heilmittel gegen Pest, wenn auch ohne den gewünschten Erfolg, wurden die unterirdischen Pflanzenteile um den Hals getragen. Hieronymus Bock schrieb über Colchicum, er warnt aber eindringlich vor ihrem Gebrauch. Tabernaemontanus berichtet, dass die Herbst-Zeitlose auch von Apothekern mit anderen Arten verwechselt wurden: „… welches ein grosser Irrthum und Verderben der Krancken / weil diese Wurzel im Leib gifftig / die den Menschen tödtet/ …

Bilder

Taxonomie und Namensherkunft

Die Herbst-Zeitlose wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum erstveröffentlicht.[10] Synonyme für Colchicum autumnale L. sind unter anderem Colchicum commune Neck. und Colchicum crociflorum Sims.[3]

Ursprung

Der deutsche Trivialname Herbst-Zeitlose leitet sich davon ab, dass die Pflanze im Herbst bis in den Oktober hinein und damit außerhalb der Blütezeit anderer Pflanzen blüht.

Der wissenschaftliche Gattungsname Colchicum leitet sich hingegen von einer Landschaft am Schwarzen Meer ab, der Kolchis im heutigen Georgien. Dort soll auch die Heimat der sagenhaften Medea sein, ihres Zeichens Giftmischerin und Zauberin. Vermutlich besteht ein Zusammenhang zwischen den Sagen um eine Giftmischerin in dieser Region und dem dortigen Vorkommen der Zeitlosenart Colchicum variegatum.

Das Artepitheton autumnale ist ein Verweis auf die Blütezeit im Herbst und leitet sich vom lateinischen autumnus = Herbst ab.

Weitere Namen

Andere deutsche Trivialnamen für die Herbst-Zeitlose sind Giftkrokus, Butterwecken, Giftblume, Hahnenklöten, Henne, Hennegift, Herbstblume, Herbstlilie, Herbstvergessene, Hundsblume, Hundshode(n), Hundsknofel, Käsestäuber, Kokokköl, Kuckucksweck, Kühe, Kuhditzen, Kuheuter, Läuseblume, Leichenblume, Michelsblume, Michelwurz, Mönchskappen, Nacktarsch, Nackte Hur, Nackte Jungfer, Ochsen, Ochsenpinsel, Spindelblume, Spinnblume, Teufelsbrot, Teufelswurz, Wiesenlilie, Wiesensafran, Wildsafran, Wilde Zwiebel, Winterhaube, Winterhauch und Zeitlose. Schweizerdeutsch: Blutts Mäitli (Schweizerdeutsch für Nacktes Mädchen),[11] Säulöichrut, Tüfelswurzle, Zitlose.

Quellen

Literatur

  • Pedanius Dioscurides aus Anazarba: Fünf Bücher über die Heilkunde. (übersetzt von Max Aufmesser). In: Altertumswissenschaftliche Texte und Studien. Band 37, Olms-Weidmann, Hildesheim 2002, ISBN 3-487-11604-9, S. 248.
  • Homöopathisches Repertorium, Deutsche Homöopathie Union (DHU).
  • Norbert Enders: Bewährte Anwendung der homöopathischen Arznei 2. Die Arznei und ihre Anwendung. Haug 2005, ISBN 3-8304-7214-5.
  • Andrew Lockie: Das große Lexikon der Homöopathie. Dorling Kindersley 2000, ISBN 3-8310-0005-0.
  •  Werner Rothmaler (Begr.), Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Band 4. Gefäßpflanzen: Kritischer Band. 10., bearb. Auflage. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München/Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1496-2.
  • Duden. Bd. 7, Etymologie. Mannheim 1963, Stichwort "Zeit", ISBN 3-411-00907-1.

Einzelnachweise

  1.  Erich Oberdorfer, Angelika Schwabe (Mitarb.), Theo Müller (Mitarb.): Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8., stark überarb. und erg. Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5.
  2. Hermann Meusel, Eckehart J. Jäger, Erwin Weinert: Vergleichende Chorologie der zentraleuropäischen Flora. Band 1. Karten. Gustav Fischer, Jena 1965, S. 90.
  3. 3,0 3,1 Rafael Govaerts, Karin Persson: World Checklist of Colchicaceae. The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew 2007, Colchicum autumnale online, Zugriff am 22. Juli 2011.
  4. www.gifte.de
  5. Egon Stahl, Werner Schild: Pharmazeutische Biologie, 4: Drogenanalyse II: Inhaltsstoffe und Isolierungen. Gustav Fischer, Stuttgart/New York 1981, ISBN 3-437-20209-X.
  6. Gustav Kuschinsky (Begr.), Hasso Scholz, Ulrich Schwabe (Hrsg.): Taschenbuch der Arzneibehandlung: Angewandte Pharmakologie. 13., überarbeitete und aktualisierte Auflag. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2005, ISBN 3-540-20821-6.
  7. Julia Grupe, Julia Kruse, Julia Matlachowsky, Friederike Mayenfels, Lisa Suhrenbrock: Giftpflanzen in Deutschland. Was der Apotheker/in wissen sollte. Vortragsskript, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, PDF-Datei.
  8. Herbstzeitlose, Colchicum autumnale, Liliengewächse Informationsseite auf botanikus.de, abgerufen am 27. November 2012.
  9. ROTE LISTE®. Arzneimittelverzeichnis für Deutschland (einschließlich EU-Zulassungen und bestimmter Medizinprodukte). Zugriff am 13. Oktober 2009.
  10. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 1, Impensis Laurentii Salvii, Holmiae 1753, S. 341, Digitalisat
  11. Karl Imfeld: Obwaldner Mundart-Wörterbuch. Brunner, Kriens 2000, ISBN 3-905198-55-X, S. 63.

Weblinks

 Commons: Herbst-Zeitlose – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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