Hemimorphit
Hemimorphit | |
Hemimorphit aus dem Bergwerk „Ojuela“ bei Mapimi, Mexiko (Größe: 14,4 x 6,5 x 3,9 cm) | |
Andere Namen |
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Chemische Formel |
Zn4[4][(OH)2|Si2O7]·H2O[1] |
Mineralklasse | Silikate und Germanate - Gruppensilikate 9.BD.10 (8. Auflage: VIII/C.07) nach Strunz 56.01.02.01 nach Dana |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | orthorhombisch-pyramidal; mm2[2] |
Raumgruppe (Raumgruppen-Nr.) | Imm2 (Raumgruppen-Nr. 44) |
Farbe | farblos, weiß, hellblau, hellgrün, grau, braun |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | 4,5 bis 5 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,475 ; berechnet: 3,484[3] |
Glanz | Glasglanz bis Diamantglanz; auf Spaltflächen Perlmuttglanz |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Bruch | uneben |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {110}, undeutlich nach {101}, selten nach {001}[3] |
Habitus | tafelig Kristalle; traubige, radialstrahlige, körnige, massige Aggregate |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nα = 1,614 ; nβ = 1,617 ; nγ = 1,636[4] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,022[4] ; zweiachsig positiv |
Optischer Achsenwinkel | 2V = 46° (gemessen), 44° (berechnet)[4] |
Hemimorphit, veraltet auch als Kieselzinkerz bezeichnet, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Zn4[4][(OH)2|Si2O7]·H2O[1], ist also chemisch gesehen ein wasserhaltiges Zink-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen, dass strukturell zu den Gruppensilikaten gehört.
Hemimorphit entwickelt vorwiegend tafelige Kristalle bis zu 10 Zentimetern Länge, die nach der c-Achse gestreift sind und einen glas- bis diamantähnlichen Glanz aufweisen. Bekannt sind aber auch garbenförmige und radialstrahlige sowie traubige, körnige oder derbe Mineral-Aggregate.
In reiner Form ist er farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine hellblaue, hellgrüne, graue oder braune Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt. Die Strichfarbe ist jedoch immer weiß.
Besondere Eigenschaften
Beim Erhitzen von Hemimorphit bis auf 550 °C entweicht die Hälfte des Kristallwassers gleichmäßig, wodurch die Kristalle zwar trübe werden, die Kristallstruktur jedoch noch erhalten bleibt.[5] Erst wenn auch das Konstitutionswasser, das heißt die Hydroxidionen beim Erhitzen auf 650 °C entweicht, zerfällt das Kristallgitter.[6]
Hemimorphit ist pyroelektrisch, baut also bei periodischer Veränderung der Temperatur eine elektrische Ladung auf.[6]
Etymologie und Geschichte
Das Wort Hemimorphit ist eine Zusammensetzung der altgriechischen Worte ἡμι- hémi für halb (ursprünglich ἥμισυς [ʰɛ̌ːmisys] für halb bzw. τὸ ἥμισυ die Hälfte) und μορφή [morpʰɛ̌] morphé für Gestalt, zusammengesetzt also halbe Gestalt. Der Begriff nimmt bezug auf die in der Natur oft vorzufindenden hemimorphen (halbgestaltigen) Kristallform, welche am einen Ende andere Kristallflächen besitzt als am anderen. Geprägt wurde dieser Begriff 1853 von Gustav Adolf Kenngott.[7]
Unter der bergmännischen Bezeichnung Kieselzinkerz war das Mineral allerdings bereits mindestens seit 1823 durch J. F. August Breithaupt bekannt und zuvor auch unter der irreführenden Bezeichnung Galmei. Zur Unterscheidung vom Edlen Galmei Smithsonit führte James L. M. Smithson allerdings 1802 die Bezeichnung Kieselgalmei ein.[5]
Als Typlokalität gilt der Bergbaubezirk Băița (ungarisch: Rézbánya) im Kreis Bihor in Rumänien.[8]
Klassifikation
Bereits in der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Hemimorphit zur Abteilung der „Gruppensilikate (Sorosilikate)“, wo er zusammen mit Bertrandit und Junitoit die unbenannte Gruppe VIII/C.07 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Hemimorphit ebenfalls in die Abteilung der „Gruppensilikate“ ein. Diese ist allerdings jetzt weiter unterteilt nach der Art der Silikatbaugruppen, der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen und der Koordination der Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Si2O7-Gruppen mit zusätzlichen Anionen; Kationen in tetraedrischer [4] und/oder anderer Koordination“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.BD.10 bildet.
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana sind bereits die Abteilungen nach Art der Gruppenbildung und möglichen zusätzlichen Anionen unterteilt. Hier ist der Hemimorphit entsprechend als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 56.01.02 innerhalb der Unterabteilung „Gruppensilikate: Si2O7-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [4]-Koordination“ bildet.
Bildung und Fundorte
Hemimorphit bildet sich vorwiegend sekundär in den Oxidationszonen von Galenit-Sphalerit-Verdrängungslagerstätten.[5] Als Begleitminerale treten neben Galenit und Sphalerit unter anderem noch Anglesit, Aurichalcit, Calcit, Cerussit, Chrysokoll, Hydrozinkit, Rosasit und Smithsonit.[3]
Weltweit konnte Hemimorphit bisher (Stand: 2012) an über 1400 Fundorten nachgewiesen werden.[4] Neben seiner Typlokalität Băița trat das Mineral in Rumänien noch bei Dolea im Kreis Bihor sowie bei Dognecea und Ocna de Fier im Kreis Caraș-Severin auf.
In Deutschland fand sich Hemimorphit an vielen Orten im Schwarzwald und Odenwald in Baden-Württemberg; an mehreren Orten in Nieder- und Oberbayern; an vielen Orten im niedersächsischen Harz; bei Stolberg, in der Eifel, im Niederbergischen und Sauerland in Nordrhein-Westfalen; an einigen Orten in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt; im sächsischen Erzgebirge und Vogtland sowie bei Gräfenroda in Thüringen.
In Österreich wurde das Mineral vor allem in Kärnten (Bleiberg, Gurktaler Alpen, Hohe Tauern, Karawanken), Niederösterreich, Salzburg (Hohe Tauern), der Steiermark (Fischbacher Alpen), Nordtirol und Vorarlberg gefunden.
In der Schweiz konnte Hemimorphit bisher vor allem in den Kantonen Graubünden und Wallis gefunden werden, trat aber auch in Seltisberg (Basel-Land), Malcantone (Tessin) und Bex (Waadt) auf.
Die bisher größten bekannten Kristalle von bis zu 10 Zentimetern Länge wurden in Bisbee (Arizona) entdeckt.[9]
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Ägypten, Algerien, Angola, Argentinien, Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, der Demokratischen Republik Kongo und der benachbarten Republik Kongo, Finnland, Frankreich, Griechenland, Grönland, Guatemala, Indien, Iran, Irland, Italien, Japan, im Jemen, Kanada, Kasachstan, Korea, Marokko, Mexiko, Namibia, Neukaledonien, Norwegen, Peru, Polen, Portugal, Russland, Sambia, Schweden, Simbabwe, der Slowakei, in Slowenien, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Thailand, Tunesien, Tschechien, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien), den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und Vietnam.[10]
Kristallstruktur
Hemimorphit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Imm2 (Raumgruppen-Nr. 44) mit den Gitterparametern a = 8,37 Å; b = 10,73 Å und c = 5,12 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Die Kristallstruktur besteht aus Doppeltetraedern [Si2O7]6-, die über gemeinsame Ecken miteinander verknüpft sind, sowie aus Zn2O6OH-Doppeltetraedern, die über ein gemeinsam genutztes Hydroxidion (OH)- verbunden sind. In den von den Tetraedern gebildeten, größeren Hohlräumen ist das Kristallwasser H2O eingelagert.[5]
Verwendung
Hemimorphit wird bei örtlicher Anhäufung als Zinkerz genutzt.
Siehe auch
Literatur
- Friedrich Klockmann, Paul Ramdohr, Hugo Strunz (Hrsg.): Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978 (Erstausgabe: 1891), ISBN 3-432-82986-8, S. 690-691.
Weblinks
- Mineralienatlas:Hemimorphit (Wiki)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 573.
- ↑ Webmineral - Hemimorphite
- ↑ 3,0 3,1 3,2 John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols: Hemimorphite, in: Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 73,3 kB)
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Mindat - Hemimorphite (englisch)
- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 718-719.
- ↑ 6,0 6,1 Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1979, ISBN 3-342-00288-3, S. 498-500.
- ↑ Adolf Kenngott: Hemimorphit, in: Das Mohs’sche Mineralsystem, Verlag und Druck Wien (1853), S. 67-68 (PDF 120 kB)
- ↑ Mindat - Typlokalität: Băiţa Mining District (Baita Bihor; Rézbánya), Nucet, Bihor Co., Romania
- ↑ Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 212 (Dörfler Natur).
- ↑ Mindat - Localities for Hemimorphite