Gleichdruckprozess

Gleichdruckprozess

Der Gleichdruckprozess ist ein Vergleichsprozess für Maschinen, bei denen der größte Teil der Wärmezufuhr bei ungefähr gleichem Druck (isobar) stattfindet. Dazu im Gegensatz steht der Gleichraumprozess (auch Otto-Kreisprozess genannt), bei dem der größte Teil der Wärmezufuhr oder Verbrennung bei ungefähr konstantem Volumen erfolgt.

Joule-Kreisprozess

Joule-Prozess im p-v-Diagramm
Joule-Prozess im T-s-Diagramm

Ein typischer Anwendungsfall für einen Gleichdruckprozess ist der Joule-Kreisprozess oder der Brayton-Kreisprozess bei der Gasturbine.

Unter Verwendung des Gasgesetzes pV=nRT sind die 4 Prozessschritte im Einzelnen:

  • 1 - 2 isentrope Kompression (dQ=0; dp>0, dv<0),
    • Durch adiabaten Verdichter
    • Zufuhr der Verdichterarbeit wt12
      • Druck und Temperatur steigen im gleichen Verhältnis von p1 auf p2 und von T1 auf T2
      • Spezifische Volumen sinkt von v1 auf v2 und die spezifische Entropie bleibt konstant
  • 2 - 3 isobare Wärmezufuhr (dp=0, dQ>0, dv>0),
    • Durch Wärmetauscher (Brennkammer)
    • Zufuhr der spezifischen Wärme q23
      • Druck bleibt konstant
      • Temperatur und Volumen steigen im gleichen Verhältnis von T2 auf T3 und von v2 auf v3. Die spezifische Entropie steigt von s2 auf s3
  • 3 - 4 isentrope Expansion (dp<0, dQ=0, dv>0),
    • Durch adiabate Turbine
    • Entzug der Turbinenarbeit wt34
      • Druck und Temperatur sinken im gleichen Verhältnis von p3 auf p4 und von T3 auf T4
      • Spezifische Volumen steigt von v3 auf v4 und die spezifische Entropie bleibt konstant
  • 4 - 1 isobare Wärmeabfuhr (dp=0, dQ<0, dv<0),
    • Durch Wärmetauscher (Kühler)
    • Entzug der spezifischen Wärme q41
      • Druck bleibt konstant
      • Temperatur und Volumen sinken im gleichen Verhältnis von T4 auf T1 und von v4 auf v1. Die spezifische Entropie sinkt von s4 auf s1

Die vom Linienzug (1 - 2 - 3 - 4) umschlossene Fläche entspricht der spezifischen Prozessarbeit w.

Im Gegensatz zum geschlossenen Joule-Prozess entfällt im offenen die Kühlung, da kontinuierlich kaltes Gas angesaugt und verdichtet wird.

Die Wärmezufuhr, die hier nur schematisch dargestellt ist, wird tatsächlich durch die Verbrennung eines fossilen Energieträgers realisiert. In Strahltriebwerken wird hierzu in der Regel Kerosin verwendet, das bei der Erdöldestillation eine Zwischenfraktion von Benzin und Diesel darstellt.

Wirkungsgrad Jouleprozess

ηthGleichdruckJoule=1(p41p23)ϰ1ϰ
κ; Isentropenkoeffizient Cp/Cv des Arbeitsgases
p23; Verdichtungs- bzw. Maximaldruck
p41; Anfangs- bzw. Enddruck

Je höher der Isentropenkoeffizient und das Druckverhältnis (großer p23, kleiner p41), desto höher der Wirkungsgrad.

Diesel-Kreisprozess

Zustandsdiagramme für den Gleichdruckprozess
Diesel-Prozess im p-v-Diagramm (Isentropen punktiert gezeichnet)
Diesel-Prozess im T-s-Diagramm (Isobaren punktiert gezeichnet)

Ein Kolbenmotor könnte prinzipiell auch mit dem Gleichdruckprozess (Diesel-Kreisprozess) betrieben werden. Er unterscheidet sich vom Jouleprozess durch das limitierte Ausdehnungsvolumen (ε) des Arbeitsgases. Die vier Prozessphasen beim Verbrennungsmotor (2- oder 4-Takter) sind:

  1. Verdichten: 1 → 2
  2. Verbrennen: 2 → 3
  3. Arbeiten und Expandieren: 3 → 4
  4. Ausstoßen der Abgase: 4 → 1

Im Gegensatz zum Jouleprozess ist beim Dieselprozess der vierte Prozessschritt:

  • 4 - 1 isochore Wärmeabfuhr (dp<0, dQ<0, dv=0),
    • Entzug der spezifischen Wärme q41
      • Volumen bleibt konstant
      • Temperatur und Druck sinken im gleichen Verhältnis und die spezifische Entropie sinkt von s4 auf s1

Die vom Linienzug (1 → 2 → 3 → 4) umschlossene Fläche entspricht der spezifischen Arbeit.

Wirkungsgrad Dieselprozess

Der Wirkungsgrad des Gleichdruckprozesses (Dieselprozess) ist abhängig von:

ε=V1V2; geometrisches Verdichtungsverhältnis (Hubraum + 1 / Kompressionsraum)
ψ=V3V2; Volldruck- oder Gleichdruck- oder Einspritzverhältnis
κ=CpCV=cpcV; Isentropenkoeffizient des Arbeitsgases. Dieser Koeffizient ist für Luft bei Normaltemperatur 1,4. Abgas bzw. Brenngas hat wegen veränderter Zusammensetzung und hoher Temperatur einen Wert von etwa 1,3. C ist die Wärmekapazität in J/K und c ist die Spezifische Wärmekapazität in J/kgK.
ψ=HumHcpT1εκ1+1; Das Gleichdruckverhältnis ist abhängig von der Wärmezufuhr. Je größer die Wärmemenge, desto geringer der Wirkungsgrad!
T1 : Grundtemperatur (K). Zum Beispiel 400 K (ca. 127 °C) vor dem Verdichtungstakt.
Hu : zugeführte spezifische Heizenergie (J/kg). Zum Beispiel 42 MJ/kg für Diesel.
mH : spezifische Heizmasse pro Brennstoffmasse (kg/kg). Zum Beispiel 21 kg Luft und Restabgas pro kg Diesel.

Die Ableitung für die Wirkungsgradformel lautet folgendermassen:

Die zugeführte isobare Wärmemenge in Joule ist:

Q23=Cp(T3T2) oder in Newtonmeter κp23(V3V2)=Qzu

Die abgeführte isochore Wärmemenge ist:

Q41=CV(T4T1) oder (p4p1)V41=Qab

Der Energieverlustfaktor ist:

QabQzu=1κ(p4p1)V41p23(V3V2)=εκ(ψ1)p4p1p23

Unter Verwendung der Polytropengleichung pVκ=const folgt:

p4p1p23=(V3V41)κ(V2V41)κ=(ψε)κ(1ε)κ=ψκ1εκ

Der thermische Wirkungsgrad ist:

1QabQzu=1εκ(ψ1)ψκ1εκ
ηthGleichdruckDiesel=11εκ1ψκ1κ(ψ1)

Der erste Teil der Formel entspricht dem Wirkungsgrad des Gleichraumprozesses. Der zweite Teil ist der Effizienzverminderungsfaktor für den Gleichruckprozess. Der Gleichraumprozess hat theoretisch den besseren Wirkungsgrad als der Gleichdruckprozess.

Der reale Dieselmotor

Die Abweichung des Gleichdruckprozesses vom realen Prozess im Dieselmotor ist groß, weil die reale isochore Wärmezufuhr (Höchstdruck erreicht das mehrfache des Verdichtungsdruckes) nicht berücksichtigt wird. Der Dieselmotor muss wie der Ottomotor durch den Seiliger-Kreisprozess beschrieben werden. Um zu hohe Temperaturen und Drücke zu vermeiden, wird beim Dieselmotor durch zeitgesteuerte Brennstoffeinspritzung die Wärmezufuhr in die beginnende Expansionsphase verlegt. Dieselmotoren mit Turbo und Ladeluftkühlung haben Wirkungsgrade im Bestpunkt bei PKWs über 42 %, bei LKWs über 45 % und bei Schiffen über 50 %. Der Hauptverlust entsteht, wie beim Otto-Motor, durch die nicht genutzte Abgaswärme und den nicht genutzten Abgasdruck. Die Kühlwasserwärme ist kleiner als die prozessbedingte Abgaswärme. Beide Wärmeströme lassen sich bei stationären Anlagen für Heizzwecke nutzen (Blockheizkraftwerk).

Siehe auch

Literatur

  • Literatur zur Technischen Thermodynamik
  • Wolfgang Kalide: Kolben und Strömungsmaschinen. 1. Auflage, Carl Hanser Verlag, München/Wien 1974, ISBN 3-446-11752-0.
  • Jan Trommelmans: Das Auto und seine Technik. 1. Auflage, Motorbuchverlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-613-01288-X.
  • Karl-Heinz Dietsche, Thomas Jäger, Robert Bosch GmbH: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch. 25. Auflage, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-23876-3.

Weblinks

Einzelnachweise