Ettringit
Ettringit | |
Ettringit aus der N'Chwaning Mine, Kuruman, Kalahari Manganfelder, Provinz Nordkap, Südafrika | |
Chemische Formel |
Ca6Al2[(OH)12|(SO4)3]·26 H2O |
Mineralklasse | wasserhaltige Sulfate mit fremden Anionen 7.DG.15 (8. Auflage: VI/D.13) nach Strunz 31.10.02.01 nach Dana |
Kristallsystem | trigonal, pseudohexagonal |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | ditrigonal-skalenoedrisch $ {\bar {3}}\ 2/m $ [1] |
Farbe | gelblich, weiß, farblos |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | 2 bis 2,5 [2] |
Dichte (g/cm3) | 1,8 |
Glanz | Glasglanz, Seidenglanz |
Transparenz | durchsichtig |
Bruch | uneben |
Spaltbarkeit | vollkommen |
Habitus | kleine, prismatische oder nadelige Kristalle, faserige Aggregate |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | ω=1,491 ε=1,470 [2] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
Δ=0,021 [2] ; einachsig negativ |
Weitere Eigenschaften | |
Ähnliche Minerale | Sturmanit |
Ettringit (auch Woodfordite) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der wasserhaltigen Sulfate mit fremden Anionen. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung
- Ca6Al2[(OH)12|(SO4)3]·26 H2O [3]
und entwickelt meist gut ausgeprägte, prismatische oder nadelige, pseudohexagonale Kristalle, die von gelblicher bis fast ins grünliche spielender Farbe, aber auch sehr weiß sein können. Als synthetisch gefälltes Produkt ist es auch als Satinweiß und „Casul“ bekannt. Nach der in der Bauchemie üblicheren Schreibweise lautet die oxidische Summenformel:
- 3CaO · Al2O3 · 3CaSO4 · 32H2O
Besondere Eigenschaften
Ettringit ist mit einem Anteil von etwa 46 Gewichtsprozent Wasser eines der Mineralien mit dem höchsten Kristallwassergehalt und daher relativ voluminös und leicht. Ein Teil des Kristallwassers entweicht ab einer Temperatur von 80 °C. Bei einer Temperatur von 250 °C ist eine weitgehende Dehydratation (Kalcination) erreicht, ab 500 °C eine vollständige. Ettringit zerfällt bei der Kalcination in Calciumaluminat, Calciumoxid und Calciumsulfat-Anhydrit. In Verbindung mit Wasser bildet sich aus den Dehydraten wieder Ettringit.
Ettringit gehört mit einer Mohshärte von 2 bis 2,5 zu den weichen Mineralen, es ist noch mit dem Fingernagel ritzbar. Die Kristalle zeigen Glasglanz, faserige Aggregate dagegen eher Seidenglanz. Die Molmasse von Ettringit beträgt 1255,11.
Ettringit reagiert empfindlich mit Säuren und zerfällt bereits bei einem pH-Wert von unter 9. Grundsätzlich kann sich Ettringit nur im stark alkalischen Milieu (pH-Wert ca. 12) bilden.
Etymologie und Geschichte
Benannt wurde Ettringit nach seinem ersten Fundort Ettringen in der Eifel. Beschrieben wurde es 1874 von J. Lehmann in seinem Buch "Über den Ettringit, ein neues Mineral in Kalkeinschlüssen der Lava von Ettringen (Laacher Gebiet)".
Im Jahre 1890 identifizierten Candlot und Michaelis das Mineral erstmals als Tricalciumaluminat-trisulfathydrat. [4]
Klassifikation
In der alten (8. Auflage) und neuen Systematik der Minerale nach Strunz (9. Auflage) gehört der Ettringit zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate mit fremden Anionen“. Die neue Strunz'sche Mineralsystematik unterteilt hier allerdings präziser nach der Größe der beteiligten Kationen und das Mineral steht daher jetzt entsprechend in der Unterabteilung „Mit großen bis mittelgroßen Kationen; mit NO3, CO3, B(OH)4, SiO4 oder IO3“, wo er mit Bentorit, Birunit, Buryatit, Carrarait, Charlesit, Jouravskit, Korkinoit, Sturmanit und Thaumasit die Gruppe 7.DG.15 bildet.
Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ettringit ebenfalls in die Klasse der Sulfate, dort allerdings in die Abteilung der „Hydratisierte Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen“ und die Unterabteilung „Verschiedene hydratisierte Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen“, wo er mit Bentorit und Buryatit die unbenannte Gruppe 31.10.2 bildet.[5]
Bildung und Fundorte
Ettringit entsteht entweder durch Ausfällung einer hydrothermalen Lösung, oder durch Fällung aus Aluminiumsulfatlösung mit Kalkhydrat bzw. durch Fällung/Umkristallisation aus Calciumaluminathydrat und Gips, sowie durch Metamorphose zusammen mit dem sehr ähnlichen Sturmanit. Bekannt - und für die Aushärtung von Zementen wichtig - ist die Ettringitbildung bei der Hydratation von Zement aus den Bestandteilen Tricalciumaluminat, Gips und Wasser. Begleitminerale sind neben Afwillit, Gips, Hydrocalumit, Mayenit und Portlandit[6] unter anderem noch Calcit, Brucit, Hämatit, Hausmannit, Manganit und Oyelith[7]
Neben den vulkanischen Lagerstätten der Eifel konnte Ettringit weltweit bisher an rund 60 Fundorten nachgewiesen werden, so unter anderem bei Limburg und Lüttich in Belgien; Gera, Maroldsweisach, Oberwolfach und Richelsdorfer Gebirge in Deutschland; Clermont-Ferrand in Frankreich, Klöch und Brixlegg in Österreich, Kuruman in Südafrika, sowie Franklin/New Jersey und Crestmore/Riverside County in den USA.[8]
Im Beton-Gefüge kommt es in der Regel zuerst zur Bildung von Monosulfat, der sich dann zu Ettringit umkristallisiert. Dieser Vorgang ist mit einer dreifachen Volumenvergrößerung verbunden und wird als Ettringittreiben oder Sulfattreiben bezeichnet. Ausgelöst wird dieses häufig auch durch Eindringen von sulfathaltigem Wasser in Betonbauwerken. Ettringit kann auch synthetisch als Calciumaluminatsulfat hergestellt werden. Unreiner Ettringit entsteht aus sulfathaltigen Abwässern durch Zugabe von Aluminaten und Kalk. [9]. Darum können Sulfate aus Abwasser durch Zugabe von Zement-Aufschlämmungen entfernt werden („Ettringit-Fällung“).
Kristallstruktur
Ettringit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe P31c mit den Gitterparametern a = 11,26 Å und c = 21,48 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle. [10]
Verwendung
Ettringit-Feststoff (Granulat/Pulver) wird in der Baustoffindustrie als Zusatz zu Quellzementen oder Brandschutzputzen eingesetzt.
Ettringit-Slurry (Satinweiß/Casul) wird vorzugsweise als Weißpigment zum Beschichten von Papier (gestrichene Papiere) verwendet. Die mit Satinweiß/Casul gestrichenen Papiere zeichnen sich vor allem durch hohe Weiße, Opazität und Glanz aus. Sie werden als Kunstdruckpapiere mit exzellentem Druckbild und für hochwertige Lebensmittelverpackungen eingesetzt. Eine weitere Anwendung ist der Einsatz in Dispersionsfarben und Flüssig-Putze.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Webmineral - Ettringite (engl.)
- ↑ 2,0 2,1 2,2 MinDat - Ettringite (engl.)
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2002, ISBN 3-921656-17-6
- ↑ H. Eick: Über die Calciumaluminatsulfathydrate; Zement-Kalk-Gips 5/1964
- ↑ New Dana Classification of Sulfate Minerals
- ↑ Handbook of Mineralogy - Ettringite (englisch, PDF 63,9 kB)
- ↑ siehe Bilder auf Wikimedia Commons
- ↑ Mindat - Localities for Ettringite
- ↑ Umwandlung von gelösten Sulfaten aus Prozess- und Abwässern zu Sekundärrohstoffen; WLB 6/1996
- ↑ Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 410.
Literatur
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (Übersetzt von Werner Horwath), Dörfler, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8 (= Dörfler Natur).
- Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage, Springer, Berlin / Heidelberg / New York, NY 2005, ISBN 978-3-540-23812-6.
Weblinks
- Mineralienatlas:Ettringit (Wiki)
- Mineralien-Lexikon - Ettringit
- Ettringit - Volumenvergrößerung beim Aushärten von Beton
- Ettringit aus Ettringen