Aristolochiasäuren
Aristolochiasäuren sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in einer Vielzahl von Arten der Gattungen Aristolochia (Pfeifenblumen), Asarum (Haselwurzen), Saruma und Thottea, alle zur Familie der Aristolochiaceae (Osterluzeigewächse) gehörig, nachgewiesen wurden. Biogenetisch leiten sie sich von Aporphin-Alkaloiden ab[1], wie an der Strukturähnlichkeit mit z. B. den Aporphin-Alkaloiden Apomorphin oder Bulbocapnin zu erkennen ist.
Vertreter
Als Aristolochiasäuren werden verschiedene Derivate der gleichen Grundstruktur bezeichnet. Die drei Reste (R1, R2 und R3) können dabei Wasserstoff-, Hydroxy- oder Methoxygruppen sein.[2] Der wichtigste Vertreter ist Aristolochiasäure I.[3]
Aristolochiasäuren | ||||||||||
Name | Aristolochiasäure I | Aristolochiasäure Ia | Aristolochiasäure II | Aristolochiasäure III | Aristolochiasäure IVa | Aristolochiasäure IV | Aristolochiasäure E | |||
andere Namen | Aristolochiasäure A | Aristolochiasäure B | Aristolochiasäure C | Aristolochiasäure D | ||||||
Strukturformel | ||||||||||
R1 | –H | –H | –H | –OH | –OH | –OCH3 | –H | |||
R2 | –H | –H | –H | –H | –H | –H | –OCH3 | |||
R3 | –OCH3 | –OH | –H | –H | –OCH3 | –OCH3 | –OH | |||
CAS-Nummer | 313-67-7 | 38965-71-8 | 475-80-9 | 4849-90-5 | 17413-38-6 | ? | 107259-48-3 | |||
PubChem | 2236 | 148297 | 108168 | 165274 | 161218 | 167493 | 147113 | |||
Summenformel | C17H11NO7 | C16H9NO7 | C16H9NO6 | C16H9NO7 | C17H11NO8 | C18H13NO8 | C17H11NO8 | |||
Molare Masse | 341,27 g·mol−1 | 327,25 g·mol−1 | 311,25 g·mol−1 | 327,25 g·mol−1 | 357,27 g·mol−1 | 371,30 g·mol−1 | 357,27 g·mol−1 | |||
Aggregatzustand | fest | |||||||||
Kurzbeschreibung | gelbes Pulver[4] | |||||||||
Schmelzpunkt | 269–270 °C[4] | |||||||||
Löslichkeit | löslich in DMSO und Ethanol[4] | |||||||||
GHS- Kennzeichnung |
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H- und P-Sätze | 301 | |||||||||
keine EUH-Sätze | ||||||||||
301+310 | ||||||||||
Gefahrstoff- kennzeichnung |
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R-Sätze | 25 | |||||||||
S-Sätze | 7-35-45 | |||||||||
LD-50 | Gemisch aus I, II und III: 190 mg·kg−1 (Ratte, oral)[6] |
Vorkommen
Das Vorkommen von Aristolochiasäuren außerhalb der Familie der Aristolochiaceae ist bei Pflanzen nicht dokumentiert. In den Wurzeln der Osterluzei (Aristolochia clematitis) sind bis zu einem Prozent Aristolochiasäuren enthalten, während der Gehalt in den Blättern unter 0,1 % liegt.
Verwendung
Verschiedene Aristolochiasäuren waren früher in einigen verbreiteten, vor allem aus der chinesischen Medizin stammenden, Schlankheitsmitteln sowie im Stärkungs-Tonikum Frauengold enthalten. Das Präparat Tardolyt® enthielt Aristolochiasäure als Natriumsalz und wurde bei Infektionen als Phagozytose-Aktivator eingesetzt.[7]
Toxikologie
Aristolochiasäuren besitzen ein hohes toxisches Potenzial. Die Verbindungen wurden in in-vitro- sowie in-vivo-Tests als genotoxisch befundet und wirkten darüber hinaus im Tierversuch kanzerogen. Zudem wirken sie nephrotoxisch (nierenschädigend). Die Balkan-Nephropathie ist eine endemisch in einigen Regionen des Balkan auftretende chronisch-toxische Nierenerkrankung, die hauptsächlich durch Aristolochiasäuren verursacht ist.[8]
In Deutschland gelten aufgrund eines Stufenplanverfahrens (vom 3. Juni 1981) alle „Aristolochiasäure-haltigen Human- und Tierarzneimittel, einschließlich phytotherapeutischer und homöopathischer Arzneimittel, die unter Verwendung Aristolochiasäure-haltiger Pflanzen hergestellt werden“ als bedenklich. Ein Inverkehrbringen ist gemäß §5 AMG somit verboten. Die Anordnung betrifft darüber hinaus auch den Verkauf der entsprechenden Arzneidrogen selbst. Ausgenommen vom Stufenplanverfahren sind allerdings homöopathische Arzneimittel, die Zubereitungen von Pflanzen der Gattungen Aristolochia und Asarum ab der Potenzstufe D11 – bezogen auf das Fertigarzneimittel – enthalten.
Sonstiges
Die Raupen einiger Faltergattungen aus der Familie der Ritterfalter (Papilionidae) haben sich auf Pflanzenarten aus den oben genannten Gattungen spezialisiert. Sie sind immun gegen die enthaltenen Giftstoffe und schützen sich auf diese Weise vor potentiellen Fressfeinden.
Einzelnachweise
- ↑ Hesse, Alkaloidchemie, Georg Thieme Verlag 1978, ISBN 3-13-381801-5.
- ↑ PubChem: Aristolochiasäuren
- ↑ Römpp CD 2006, Georg Thieme Verlag 2006.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Datenblatt Aristolochic acid I bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 8. Februar 2010..
- ↑ Datenblatt Aristolochic acid I bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 26. April 2011.
- ↑ giftpflanzen.com
- ↑ Rote Liste 1969, Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (Hrsg.), Editio Cantor Verlag Aulendorf
- ↑ National Academy of Science 2007; 104: 12129–12134.
Weblinks
- Nephrotoxische Aristolochiasäure in traditionellen chinesischen Arzneimitteln, Deutsches Ärzteblatt, 21. Dezember 2007
- Toxische Inhaltsstoffe in chinesischen Arzneimitteln: Aristolochiasäure
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (erweitertes Stufenplanverfahren, 22. Juli 2010)
- Axel Wiebrecht: Aristolochia Nephropathy, Dt Ztschr f Akup 2000; 43: 187–197
- FDA Warns Consumers to Discontinue Use of Botanical Products that Contain Aristolochic acid, 11. April 2001
- FDA Concerned About Botanical Products, Including Dietary Supplements, Containing Aristolochic Acid, April 2001
- Health Canada advising not to use products labelled to contain Aristolochia, August 2001
- Internationale Agentur für Krebsforschung: Monographie über Aristolochiasäure, 2002