Gewöhnliche Osterluzei
Gewöhnliche Osterluzei | ||||||||||||
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Gewöhnliche Osterluzei (Aristolochia clematitis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Aristolochia clematitis | ||||||||||||
L. |
Die Gewöhnliche Osterluzei (Aristolochia clematitis, im Volksmund auch Wolfskraut oder Biberkraut[1]) ist eine Pflanzenart, die zur Familie der Osterluzeigewächsen (Aristolochiaceae) gehört.
Beschreibung
Die Gewöhnliche Osterluzei ist eine mehrjährige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 30 bis 100 Zentimeter erreicht. Die kriechende Sprossachse bricht leicht. Das Rhizom ist reich verzweigt und im Boden weithin kriechend. Die Pflanze verströmt einen merkwürdigen, leicht fruchtigen Geruch. Die Laubblätter sind langgestielt, tief ausgebuchtet und herzförmig.
Sie blüht zwischen Mai und Juni und ist in Europa ziemlich weit verbreitet, aber wahrscheinlich nicht ursprünglich (möglicherweise durch Weinbau eingeschleppt) und tritt stellenweise sehr häufig auf (Weinberge, Gebüsche, Hecken, Zäune, Feldränder.) In den Achseln der oberen Blätter stehen zwei bis acht Blüten zusammen. Die eigenartige Blütenform ist besonders auffallend. Die gestielten, zygomorphen, zwittrigen Blüten sind gelb. Sie sind oben tütenförmig, gehen in eine innen mit nach unten stehenden Haaren bedeckte Blütenröhre über, die sich dann unten zu einem Blütenkessel bauchig erweitert. Die Blüten sind eine Falle für besuchende Insekten, die durch die Behaarung der Blütenröhre gefangen gehalten werden. Nachdem die Blüte bestäubt wurde, erschlaffen diese Haare und die wiederum mit Blütenstaub beladenen Insekten können wieder entweichen.
Die vielsamige Frucht ist anfangs grün, später schwarz mit einem Durchmesser von 1 bis 2 Zentimetern.
Ökologie
Die Gewöhnliche Osterluzei ist ein Rhizom-Geophyt mit reich verzweigtem und weit kriechendem Rhizom.
Die Blüten sind Kesselfallen vom Typ der „Gleitfalterblumen“, sie sind vorweiblich und haben einen widerlichen Geruch. Das Perigon besteht aus dem basalen Kessel, der unter der Röhre steht und der oberseits eine durch Wachs glatte Lippe trägt. Besucher sind besonders kleine Zweiflügler, vor allem Zuckmücken der Gattung Ceratopogon, die abrutschen und über die nach unten gerichteten Reusenhaare in den Kessel fallen. Die Reusen welken erst nach Bestäubung der Narben, etwa nach 2 Tagen. Bis dahin werden die Insekten durch bereitgestellten Nektar am Leben gehalten. Auch spontane Selbstbestäubung ist möglich. Die Blütezeit erstreckt sich in Europa von Mai bis Juni.
Dir Früchte sind im reifen Zustand überhängende, sich mit Längsrissen öffnende Kapseln die als Windstreuer fungieren. Die schwammigen Samen haben eine häutige Außenschicht, die als schirmartiges Flugorgan zur Windausbreitung als Ballonflieger dient. Fruchtreife ist von September bis Oktober, aber der Fruchtansatz ist nur gering.
Vegetative Vermehrung erfolgt reichlich durch das Rhizom.
Vorkommen
Diese Art ist ursprünglich im Mittelmeerraum beheimatet und findet sich heute durch Verwilderungen in ganz Mitteleuropa an wärmeren Standorten, zum Beispiel im Bereich von Weinbergen, Böschungen und Auwäldern. In Österreich gilt die Art in den Bundesländern Burgenland, Wien, Niederösterreich, der Steiermark, Kärnten, Oberösterreich und Vorarlberg (in letzteren beiden nur sehr selten anzutreffen) als alteingebürgert. Im Rheintal, den Kärntner Bergen und dem nördlichen Alpenvorland gilt sie als gefährdet.[2] Die gewöhnliche Osterluzei steht in mehreren Bundesländern in Deutschland auf der roten Liste gefährdeter Arten.
Medizinische Bedeutung
Historische Verwendung als Heilpflanze
Die Osterluzeigewächse (Aristolochia spec.) dienten seit dem Altertum als Heilpflanzen. So empfahlen griechische und römische Ärzte unterschiedliche Aristolochia-Arten als Mittel gegen Schlangenbisse.[3] Auch die nordamerikanischen Indianer sollen die Pflanze zu diesem Zweck eingesetzt haben.
Der Gattungsname Aristolochia geht auf die griechischen Worte aristos (sehr gut, das Beste) und lockeius (zum Gebären gehörig) zurück und deutet auf die Anwendung im Altertum hin: Die Wirkstoffe der Pflanze sollen die Geburt erleichtern und beschleunigen. So schreibt der griechische Arzt Pedanios Dioscurides im 1. Jahrhundert in seiner „Arzneimittellehre“ (Die Aristolochia trägt ihren Namen daher, weil sie Wöchnerinnen helfen soll).[4] Aufgrund der Wehen einleitenden Wirkung galt die Pflanze auch als Abtreibungsmittel, jedoch war hierbei die Gefahr einer Vergiftung groß.
In der Homöopathie wurde die Pflanze nicht nur für verschiedene gynäkologische Indikationen, sondern auch als innerliches und äußerliches Wundheilmittel eingesetzt. Weiters wurden damit chronische Geschwüre behandelt.[5]
In Deutschland wurden im Zuge eines Stufenplanverfahrens (vom 3. Juni 1981) alle „Human- und Tierarzneimittel, die unter Verwendung Aristolochiasäure-haltiger Pflanzen hergestellt werden“ als bedenklich eingestuft und deren arzneimittelrechtliche Zulassung wurde widerrufen. Dies gilt auch für Registrierungen Homöopathischer Arzneimittel bis zur Potenzstufe D10. Damit sind Arzneimittel mit Osterluzei nicht mehr verkehrsfähig.[6]
Inhaltsstoffe
Die Wurzeln der Osterluzei enthalten bis zu einem Prozent flüchtiger, wasserunlöslicher, giftiger Aristolochiasäuren, der Gehalt in den Blättern liegt unter 0,1 Prozent[7] und auch die Samen enthalten nicht unbeträchtliche Mengen der Säuren. Die Aristolochiasäuren gelten als nierenschädigend und als krebserzeugend. Weitere Inhaltsstoffe sind: 0,4 % ätherische Öle, Gerbstoffe und Clematinin. Alkaloide und Saponine sind nicht vorhanden.
Vergiftungen
In Labor- und epidemiologische Studien konnte die Giftigkeit pflanzlicher Zubereitungen, die Bestandteile von Pflanzen des Genus Aristolochia enthalten, nachgewiesen werden. So hat die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) solche Präparate als für den Menschen karzinogen (krebserregend) eingestuft[8] (Karzinogen der Kategorie 1). Darüber hinaus konstatierte die IARC eine nierenschädigende Wirkung von Aristolochia-Mixturen, die nicht unerhebliche Mengen der giftigen Aristolochiasäuren enthalten können. In Tierversuchen, bei denen hohe Dosen dieser Substanzen verabreicht wurden, erlitten die Tiere neben schwerwiegenden Nephrosen auch Atrophien der Milz und des Thymus, Magengeschwüre, gefolgt von Hyperplasien und Hyperkeratosen. Außerdem ist Aristolochiasäure ein ausgesprochenes Kapillargift und verursacht im Magendarmkanal, und zwar auch nach parenteraler Zufuhr ähnliche Wirkungen wie Colchicin. Zudem führt es zu Hyperämie im kleinen Becken, zu Menorrhagie und es kann bei Trächtigkeit bzw. Schwangerschaft auch Abort herbeiführen. Resoptiv wirkt Aristolochiasäure zentral erst erregend, dann lähmend. Vergiftungserscheinungen (bei Tieren beobachtet) sind Erbrechen, Gastroenteristis, Krämpfe, Pulsbeschleunigung, Blutdrucksenkung, Tod im Koma durch Atemlähmung.
Mit Aristolochiasäure verunreinigtes Mehl gilt heute als der seit vielen Jahren gesuchte Auslöser der 1956 in Bulgarien erstmals beschriebenen Balkan-Nephropathie, einer ausschließlich in ländlichen Gegenden des Balkans vorkommenden Krankheit, die zu einer typischen Form des Nierenversagens führt. In den betroffenen Regionen findet sich die Osterluzei als häufiges Unkraut in den Getreidefeldern. Vermutlich werden die ebenfalls giftigen Samen der Pflanze zusammen mit den Getreidekörnern geerntet und gemeinsam mit diesen zu Mehl verarbeitet, was häufig noch in den Dorfmühlen geschieht. Von diesen beziehen die meist bäuerlichen Familien das mit der Aristolochiasäure kontaminierte Mehl, welches sie zu Brot und Ähnlichem weiterverarbeiten. Durch den Verzehr der verunreinigten Backwaren entsteht eine schleichende Vergiftung, die sich schließlich in dem beschriebenen Krankheitsbild äußert, welches durch ein fortschreitendes Nierenversagen ohne den damit sonst meist einhergehenden Bluthochdruck gekennzeichnet ist. Darüber hinaus haben die Betroffenen ein ungewöhnlich hohes Risiko an Krebserkrankungen der oberen Harnwege zu erkranken.[9][10][11]
Bilder
Gewöhnliche Osterluzei (Aristolochia clematitis):
Brauchtum
Die Osterluzei ist regional Bestandteil eines Pflanzengebindes bei der Kräuterweihe, die in manchen katholischen Gegenden an Mariä Himmelfahrt in der Kirche gefeiert wird.
Einzelnachweise
- ↑ Verunreinigte Weizenernte. Osterluzei im Mehl verursacht Nierenkrankheit. In: Allgemeine BäckerZeitung. 23. August 2007.
- ↑ Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. Bestimmungsbuch für alle in der Republik Österreich, im Fürstentum Liechtenstein und in der Autonomen Provinz Bozen/Südtirol (Italien) wildwachsenden sowie die wichtigsten kultivierten Gefäßpflanzen (Farnpflanzen und Samenpflanzen) mit Angaben über ihre Ökologie und Verbreitung. 3. verb. Auflage. Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S. 260.
- ↑ Heinrich Diehl, Hans Moser: Die Osterluzei als Wundheilmittel. In: Münchenener medizinische Wochenschrift. 81 (1934), S. 473f.
- ↑ Arzneimittellehre des Pendanius Dioskurides, Cap. 4. (In: Heilpflanzen-Welt)
- ↑ Siehe: Julius Metzger: Homöopathische Arzneimittellehre. Haug Verlag, Saulgau 1951, DNB 577283316.
- ↑ Stufenplanbescheid des BfArM, erweitert 22. Juli 2010.
- ↑ http://www.giftpflanzen.com/ www.giftpflanzen.com(pendium)
- ↑ IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans, Volume 82
- ↑ A. P. Grollmann u. a.: Aristolochic acid and the etiology of endemic (Balkan) nephropathy. In: Proc. Natl. Acad. Sci. USA, Band 10. 1073/pnas.0701248104 (online Published before print July 9, 2007)
- ↑ Warum auf dem Balkan Mehl die Nieren krank macht. auf: wissenschaft.de, 11. Juli 2007.
- ↑ Der Tod aus dem Getreidefeld. auf: derstandard.at, 9. Juli 2007. (über die Entdeckung der Balkanendemischen Nephropathie)
Literatur
- R. Düll, H. Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. 7. Auflage. Quelle & Meyer-Verlag, 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
- Ingrid und Peter Schönfelder: Das neue Handbuch der Heilpflanzen. Franckh-Kosmos Verlagsgesellschaft, 2011, ISBN 978-3-440-09387-0.
- Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen Pflanzengifte. 6. Auflage. Nikol, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-009-6.