Amantadin

Amantadin

Strukturformel
Strukturformel
Allgemeines
Freiname
  • Amantadin
Andere Namen
  • IUPAC: 1-Tricyclo[3.3.1.13,7]decylamin
  • Latein: Amantadinum
  • 1-Adamantanamin
  • 1-Adamantylazan
  • Tricyclo[3.3.1.13,7]decan-1-ylazan
Summenformel C10H17N
CAS-Nummer
PubChem 2130
ATC-Code

N04BB01

DrugBank DB00915
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse
Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 151,25 g·mol−1
Schmelzpunkt

180 °C [2]

Löslichkeit

wenig löslich in Wasser (6,29 g·l−1 bei 25 °C) [2]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze [3]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [4][3]

Xn
Gesundheits-
schädlich
R- und S-Sätze R: 22
S: keine S-Sätze
LD50

900 mg·kg−1 (Ratte p.o.) (Amantadin) [2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Amantadin ist ein Derivat des Adamantan. Es wird als Arzneimittel zur Behandlung der durch Influenza-A-Viren verursachten Grippe und zur Behandlung des Parkinson-Syndroms eingesetzt.

Klinische Angaben

Amantadin ist ein Arzneistoff, der zur Behandlung der vom Influenza-A-Virus ausgelösten Influenza geeignet ist. Amantadin kann in therapeutischer Dosis die Fieberdauer einer Grippeerkrankung des Typ-A-Virus um etwa einen Tag verkürzen. Auf Grund häufig auftretender Nebenwirkungen, wie z. B. Durchfall, Depression, epileptische Anfälle, Tachykardie und peripherer Ödeme, wird dieses Medikament nur noch selten angewendet.

Amantadin wird auch in der Parkinson-Therapie eingesetzt. Es schwächt die beim Morbus Parkinson auftretende Überaktivität acetylcholinerger striataler Interneurone ab und bremst als schwacher NMDA-Rezeptor-Antagonist[1] den Einfluss glutamaterger Projektionen aus dem Kortex. Außerdem wirkt Amantadin indirekt agonistisch an Dopamin-Rezeptoren im Gehirn (im Striatum) durch gesteigerte Dopaminfreisetzung sowie durch Hemmung der Dopamin-Wiederaufnahme in die präsynaptischen Nervenzellen. Es stellt sich laut Befürwortern des Mittels als bewegungs- und antriebsfördernd dar und ist nach ihrer Ansicht eine gute Ergänzung zu anderen Pharmaka (insbesondere L-Dopa) in der Behandlung.[5] Es ist das Mittel der Wahl in der sogenannten akinetischen Krise, einem lebensbedrohlichen Zustand mit einer Stunden bis Tage dauernden Bewegungsblockade, hohem Fieber und starkem Schwitzen. Vertreter der evidenzbasierten Medizin halten eine über Placebo hinausgehende, positive Wirkung bei Morbus Parkinson für unzureichend belegt.[6][7] Meist wird Amantadin in fortgeschrittenen Stadien des Morbus Parkinson eingesetzt. Es sind mittlerweile zahlreiche generische Präparate auf dem Markt.

Weiterhin ist eine möglicherweise positive Wirkung bei der Behandlung von Entzugserscheinungen Kokainabhängiger im Gespräch. Eindeutige - wissenschaftlich fundierte - Evidenz für diese These kann jedoch bis dato nicht gewährt werden.[8][9]

Daneben wurde Amantadin zur Behandlung des Fatigue-Syndroms bei Multipler Sklerose eingesetzt, allerdings erklärte der G-BA es im Mai 2011 bei Fatigue für unwirksam.

Das Medikament unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht.

Pharmakologische Eigenschaften

Wirkmechanismus

Amantadin wirkt hemmend auf das uncoating, d. h. auf die Freisetzung der viralen Erbinformation in das Cytoplasma der Wirtszelle. Dabei blockiert Amantadin das in der Hülle enthaltene Ionenkanal-Protein M2. Allerdings wird dieser Effekt bei therapeutischer Dosierung des Wirkstoffs nur bei Influenza-A-Viren erreicht. Eine Inhibition von Influenzaviren Typ B und anderen behüllten Virusformen wird erst bei Konzentrationen jenseits der therapeutischen Breite erreicht.[10]. Bei einigen RNA-Viren verhindert Amantadin-Hydrochlorid das Eindringen und 'uncoating'[11], dh. die Freisetzung der viralen Nukleinsäure.[12] Amantadin bindet in therapeutischen Konzentrationen an die PCP-Bindungsstelle des NMDA-Rezeptors und führt damit zu einer niederaffinen nonkompetitiven Hemmung des NMDA-Rezeptors.[1]

Nebenwirkungen

  • Wahrnehmungs- und Stimmungsbeeinträchtigungen, z. B. Depressionen, Euphorie, Verwirrungszustände, Halluzinationen und Albträume (gelegentlich)
  • Konzentrationsstörungen (gelegentlich)
  • Störungen beim Wasserlassen (Miktionsstörungen) (gelegentlich)
  • Schlafstörungen (gelegentlich)
  • Störung der Blutdruckregulation (gelegentlich)
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall (gelegentlich)

Sonstige Informationen

Im Jahr 2005 wurde der Wirkstoff in Südostasien – im Glauben damit gegen Influenza-A-Virus H5N1 schützen zu können – in großen Mengen Geflügel verabreicht (ca. 2,6 Millionen Dosen). Die dortigen Virenstämme sind aber gegenüber Amantadin resistent. In westlichen Ländern ist eine Verwendung von Amantadin im veterinärmedizinischen Bereich unzulässig.[13]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Kornhuber J, Bormann J, Hübers M, Rusche K, Riederer P. "Effects of the 1-amino-adamantanes at the MK-801-binding site of the NMDA-receptor-gated ion channel: a human postmortem brain study". Eur.J.Pharmacol.Mol.Pharmacol.Sect. 206:297-300, 1991. PMID 1717296
  2. 2,0 2,1 2,2 Amantadin bei ChemIDplus.
  3. 3,0 3,1 3,2 Datenblatt Amantadine hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 20. März 2011.
  4. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  5. Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Extrapyramidal-motrische Erkrankungen. Parkinson-Syndrome. In: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. 3. überarbeitete Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag 2005, ISBN 3-13-132413-9, AWMF online - S2-Leitlinie Neurologie: Parkinson-Syndrome.
  6. Crosby, NJ. et al. (2003): Amantadine in Parkinson's disease. Cochrane Database Syst Rev. (1): CD003468, PMID 12535476.
  7. Crosby, NJ. et al. (2003): Amantadine for dyskinesia in Parkinson's disease. Cochrane Database Syst Rev. (2): CD003467, PMID 12804468.
  8. Kampman, KM. et al. (2000): Amantadine in the treatment of cocaine-dependent patients with severe withdrawal symptoms. Am J Psychiatry 157(12): 2052–4; PMID 11097979; PDF (freier Volltext, engl.).
  9. Gawin, FH. et al. (1989): Double-blind evaluation of the effect of acute amantadine on cocaine craving. Psychopharmacology (Berl) 97(3): 402–3; PMID 2497490.
  10. [Aktories et al.: Pharmakologie und Toxikologie. Urban & Fischer Bei Elsevier 2006, 9. Auflage, ISBN 3-437-44490-5].
  11. Viren und Allgemeine Virologie.
  12. [Saunders Comprehensive Veterinary Dictionary, 3 ed. © 2007 Elsevier, Inc.].
  13. Bird Flu Drug Rendered Useless, von Alan Sipress in der Online-Ausgabe der Washington Post vom 18. Juni. 2005; S. A01.

Handelsnamen

Monopräparate

Amant (A), Amixx (D), Hofcomant (A), PK-Merz (D, A, CH), Symmetrel (CH), tregor (D), zahlreiche Generika (D, A)

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