109. Margarine - Künstliches Fett?
Die Erfindung der Margarine
Die Initiative zur Erfindung der Margarine ging von Napoleon III. aus, der ein haltbares Ersatzprodukt für Butter suchte, das zur Verpflegung seiner Truppen gedacht war. 1869 war der Chemiker Hippolyte Mège-Mouriès mit seiner Erfindung erfolgreich, die er zunächst beurre économique (französisch „preiswerte Butter“) und später margarine Mouriès nannte.
Für die ersten Margarinen wurden Milch, Wasser, Nierenfett und das später nicht mehr verwendete Lab oder zerstoßenes Kuheuter vermischt. Mège-Mouriès selbst hatte wenig wirtschaftliches Geschick und veräußerte sein Patent 1871.
Beginn der industriellen Produktion
Im selben Jahr gründete der Apotheker Benedikt Klein in Köln-Nippes die Benedikt Klein Margarinewerke, die erste Margarinefabrik Deutschlands, die die Marken Overstolz und Botteram produzierte. Ebenfalls 1871 begannen die Unternehmen Jurgens und van den Berg, in der niederländischen Stadt Oss Margarine zu produzieren und vermarkteten sie auch in Deutschland.
In einer Abhandlung zur Lebensmittelproduktion heißt es im Jahr 1906:
„Die Kunstbutter, für die durch ein besonderes Reichsgesetz der Name «Margarine» vorgeschrieben ist, stellt das beste und am meisten verbreitete Ersatzmittel der Kuhbutter dar. Wenn wir die Margarine das beste Buttersurrogat nennen, so ist dabei stillschweigende Voraussetzung, daß als Rohmaterial nur durchaus gesunde Fette verwertet werden. “
Lebenwichtige Verbindungen - die Fette
Fette sind im Tier- und Pflanzenreich allgegenwärtig. Fette und Öle sind die kalorienreichsten Grundnahrungsstoffe. Sie haben einen Nährwert (besser: Energiegehalt) von rund 40 kJ/g, was ungefähr doppelt so viel ist wie bei anderen Nährstoffen. Fette sind ideale Reserve- und Betriebsstoffe, da energiereiches Fett, das vom Körper nicht verbrannt wird, im Körper deponiert wird. In der Ernährung haben Fette eine große Bedeutung als Träger von fettlöslichen Vitaminen, die ohne Fett vom Körper nicht aufgenommen werden könnten.
Bei der Gewinnung der Fette wendet man je nach Vorkommen verschiedene Verfahren an. Tierische Fette erhält man durch Ausschmelzen (»Auslassen«) des Fettgewebes, während pflanzliche Öle durch Auspressen und Herauslösen (»Extrahieren«) mit organischen Lösungsmitteln gewonnen werden.
Fetthärtung
Fetthärtung ist ein Verfahren, bei dem fette Öle verfestigt werden. Dabei werden durch Hydrierung die Doppelbindungen der ungesättigten Fettsäuren-Reste mit Wasserstoff – in Gegenwart geeigneter Katalysatoren (Nickel) – abgesättigt.
Aus den (mehrfach) ungesättigten Fettsäureglycerinestern (z. B. in Pflanzenölen) bilden sich Glycerinester gesättigter Fettsäuren. Dabei werden Öle in feste Fette verwandelt. Aus relativ preiswerten und leicht verfügbaren Pflanzenölen werden Produkte gewonnen, die bessere technische Eigenschaften als natürliche feste Fette, wie Butter oder Schmalz, aufweisen. Neben der Verfestigung (höherer Schmelzpunkt) wird eine bessere Lagerfähigkeit und ein erhöhter Rauchpunkt erreicht. Die Fetthärtung wurde 1901 von Wilhelm Normann erfunden.
$ \left. \begin{array}{rrr} \mathrm { H_3C \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \ CH \ = \ CH \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \!\!\!\!\!\!\! {\overset { \qquad \ \quad { \Large O}} {\overset {\quad \ \diagup \!\! \diagup \!\! } C }} \!\!\!\!\!\!\! – O \ – CH_2 } \\ \Huge \mid \; \\ \mathrm { H_3C \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \ CH \ = \ CH \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \!\!\!\!\!\!\! {\overset { \qquad \ \quad { \Large O}} {\overset {\quad \ \diagup \!\! \diagup \!\! } C }} \!\!\!\!\!\!\! – O \ – CH } \\ \Huge \mid \; \\ \mathrm { H_3C \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \ CH \ = \ CH \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \!\!\!\!\!\!\! {\overset { \qquad \ \quad { \Large O}} {\overset {\quad \ \diagup \!\! \diagup \!\! } C }} \!\!\!\!\!\!\! – O \ – CH_2 } \\ \end{array} \ \right\rbrace $ Triölsäureglycerinester ist flüssig
$ \mathrm { \huge + {3 \ H_2 \quad \xrightarrow [180° \ 5 \ bar] {\lbrack \ Ni \ \rbrack} \quad } }$
$ \left. \begin{array}{rrr} \mathrm { H_3C \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \ CH_2 \ – \ CH_2 \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \!\!\!\!\!\!\! {\overset { \qquad \ \quad { \Large O}} {\overset {\quad \ \diagup \!\! \diagup \!\! } C }} \!\!\!\!\!\!\! – O \ – CH_2 } \\ \Huge \mid \; \\ \mathrm { H_3C \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \ CH_2 \ – \ CH_2 \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \!\!\!\!\!\!\! {\overset { \qquad \ \quad { \Large O}} {\overset {\quad \ \diagup \!\! \diagup \!\! } C }} \!\!\!\!\!\!\! – O \ – CH } \\ \Huge \mid \; \\ \mathrm { H_3C \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \ CH_2 \ – \ CH_2 \ – \ {(CH_2)}_7 \ – \!\!\!\!\!\!\! {\overset { \qquad \ \quad { \Large O}} {\overset {\quad \ \diagup \!\! \diagup \!\! } C }} \!\!\!\!\!\!\! – O \ – CH_2 } \\ \end{array} \ \right\rbrace $ Tristearinsäureglycerinester ist fest
Typische Lebensmittel, bei denen gehärtete Fette verwendet werden, sind die Margarine, Fette zum Frittieren, viele Kekssorten und abgepackte Kuchen, Fertiggerichte, wie panierter Fisch und Brotaufstriche, wie Erdnussbutter. Gehärtete Fette werden auch zur Seifenherstellung verwendet.
Fettgehalt | Nährwert | Gesättigte Fettsäuren |
Essentielle Fettsäuren |
Cholesterin | Vit. A | Vit. D | Vit.E | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
% | kJ | % | % | mg% | IE/kg | IE/kg | mg/kg | |
Talg | 96 | 3854,80 | 54 (47-61) |
2 (1-3) |
100 (70-140) |
1650 bis 18000 |
0 | 13 (0-25) |
Schmalz | 99 | 3854,80 | 43 (38-45) |
10 (5-12) |
100 (50-120) |
0 | 0 | 22 (20-24) |
Pflanzliches Öl |
100 | 3854,80 | 15 (10-20) |
50 (10-70) |
0 | 0 | 0 | 500 (200-1200) |
Butter | 82 | 3142,50 | 60 (49-68) |
3 (2-5) |
280 (200-300) |
10000 bis 30000 |
80-1600 | 15 (10-20) |
Margarine | 80 | 3142,50 | 40 (30-50) |
25 (20-50) |
0 | 15000 | 1000 | 200 (150-500) |
Herstellung der Margarine
Margarine ist eine Emulsion aus gehärteten und ungehärteten Fetten sowie Wasser oder Magermilch. Die Zutaten werden in Schnellkühlern vermischt, so dass man nach wenigen Minuten eine butterähnliche, streichfähige Emulsion erhält.
Der Fettgehalt muss zwischen 80 % und 90 % liegen. Zur Aromatisierung werden Säuerungsmittel wie Milchsäure, Zitronensäure, Sauermolke oder auch Joghurtkulturen beigemischt. Die gelbliche Farbe der Margarine stammt meist von zugesetztem Beta-Carotin. Verbreitet ist außerdem die nachträgliche Zugabe der fettlöslichen Vitamine A, D und E, da während der Herstellung die meisten natürlichen Vitamine zerstört werden. Der Energiegehalt ist mit rund 3000 kJ je 100 Gramm etwa so hoch wie bei Butter.
Gesetzliche Vorgaben [2]
Gemäß der europäischen Gesetzgebung (Verordnung Nr. 2991/94 des Rates vom 5. Dezember 1994 mit Normen für Streichfette) ist die Art und Zusammensetzung der zu verwendenden Öle und Fette nicht festgelegt. Sie dürfen sowohl pflanzlichen als auch tierischen Ursprungs sein. In der Regel sind 90 % der Fette pflanzlich, beispielsweise Erdnussöl, Sonnenblumenöl, Palmöl, Rapsöl, Sojaöl oder Weizenkeimöl. Zu den verwendeten tierischen Fetten gehören Rindertalg, Milchfett und Fischöl. Wird das Produkt als „Pflanzenmargarine“ bezeichnet, muss sein Fettanteil zu 97 % aus Pflanzenfetten bestehen und mindestens 15 % Linolsäure enthalten. Entsprechend muss der Fettanteil einer „Sonnenblumenmargarine“ zu 97 % aus Sonnenblumenöl bestehen. Für die Zusatzbezeichnung „reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren“ werden mindestens 30 % Linolsäure verlangt, bei „besonders reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren“ sind es sogar 50 %.
[1] Barfaut, O. , Delfs, W. , Hümme, G. 1978. Margarine - Ein Unterrichtsentwurf für die Arbeitslehre. Margarine-Institut
[2] Wikipedia: Margarine