89. Die Veredlung der Erdöldestillate in der Raffinerie
Kohlenwasserstoffe enthalten nach der fraktionierten Destillation von Erdöl noch unerwünschte schwefel-, sauerstoff- und stickstoffhaltige Substanzen sowie andere unerwünschte Stoffe, beispielsweise Alkene. Dies entspricht nicht den Qualitätsanforderungen des Marktes, denn diese Verunreinigungen können bei Schmierstoffen schon nach kurzer Anwendung zu Alterungserscheinungen wie Dunkelfärbung, Zunahme der Viskosität, Entstehung von Säuren bzw. Ölschlamm führen. Um die geforderte Qualität zu erzielen, wurden von der Erdölindustrie zahlreiche Veredlungsverfahren entwickelt.
Die Raffination
Unter Raffination versteht man allgemein einen Veredlungsprozeß: ein technisches Verfahren zur Reinigung, Trennung und/oder Konzentration von Rohstoffen. Um Umweltschäden durch SO2-haltige Heiz- und Auspuffgase oder Korrosionsschäden im Motor oder in Heizungsanlagen möglichst gering zu halten, werden die Destillationsprodukte des Rohöls entschwefelt. Durch katalytische Hydrierung (Wasserstoffzuführung unter Anwesenheit eines Katalysators) werden schwefelhaltige Substanzen aus der jeweiligen Stoffgemischfraktion abgetrennt. Dabei verbindet sich der Wasserstoff mit dem Schwefel zu Schwefelwasserstoff, der in einem mehrstufigen Verfahren abgetrennt und zu Schwefel verarbeitet wird.
$ \mathrm { R \ – \ {\overset H {\overset | {\underset H {\underset |{C}}}}} \ – \ S \ – \ H + H_2 \ \xrightarrow{[Kat. ]} \ R \ – \ {\overset H {\overset | {\underset H {\underset |{C}}}}} \ – \ H + H_2S}$
Abtrennung des gebundenen Schwefels
$ \mathrm {2 \ H_2S + O_2 \ \longrightarrow \ 2 \ S + H_2O } $
Schwefelgewinnung aus Schwefelwasserstoff
Bei der Raffination mit Schwefelsäure können viele Verunreinigungen ausgefällt und vom Öl abgetrennt werden. Andere unerwünschte Bestandteile der Rohöldestillate, etwa aromatische Kohlenwasserstoffe, können teilweise durch Extraktion mit Lösungsmitteln abgetrennt werden. Die raffinierten Erdölfraktionen können nun weiteren Verfahren zugeführt werden.
Cracken
Rohöl besteht hauptsächlich aus langkettigen und ringförmigen Alkanen. Aber auch organische Schwefelverbindungen und Stoffe wie das Benzol und seine Abkömmlinge finden sich darin. Bei der Raffination wird das Rohöl durch fraktionierte Destillation in verschiedene Fraktionen aufgeteilt, die bei der Destillation je nach Siedetemperatur der einzelnen Inhaltsstoffe entstehen. Welche Fraktionen bei der Rohöldestillation in welchen Mengen anfallen, hängt also von der Zusammensetzung des jeweiligen Erdöls ab. Deshalb ist die Erzeugung von Motorenbenzin durch Destillation des Rohöls immer mit dem Anfall leichterer und schwererer Kohlenwasserstoffe verbunden. Dies bezeichnet man als Kuppelproduktion: man kann aus einem bestimmten Erdöl keinen größeren Anteil an einer besonders erwünschten Fraktion erhalten.
Nun ist es aber eine Tatsache, dass man stets mehr niedere Kohlenwasserstoffe benötigt, als in den Fraktionen vorhanden sind. Oder anders gesagt: Die Nachfrage nach leichteren Produkten ist in der Regel größer als nach den schwereren Destillaten. Chemisch gesehen heißt dies, der Anteil an kleineren Molekülen sollte den der größeren Moleküle in den Erdöldestillaten übersteigen. Dieses Ziel kann man durch ein spezielles Verfahren erreichen, das man entwickelte, um höhere Kohlenwasserstoffe aufzuspalten. Diese Verfahren nennt man Cracken (von engl. to crack = knacken, zerbrechen). Bei höheren Temperaturen geraten nämlich die großen Moleküle in so starke Schwingungen, dass ihre Atombindungen aufbrechen.
Heute wird meist katalytisch gecrackt. In Versuch 2 wurde ein Modellversuch zum katalytischen Cracken durchgeführt. Dabei werden längerkettige Alkane mit 11 bis 14 Kohlenstoffatomen in kurzkettige Moleküle mit drei bis fünf Kohlenstoffatomen gespalten. In einem zweiten Schritt verbinden sich diese Moleküle neu zu kurzen Ketten mit 7 bis 10 Kohlenstoffatomen. Durch die Wahl der Reaktionsbedingungen kann man den Crackverlauf so steuern, dass die Ausbeute an den erwünschten Spaltprodukten möglichst groß wird. So sind kettenförmige Moleküle mit etwa acht Kohlenstoffatomen ideal für die Verwendung als Benzin.
Reformieren
Nach der Entschwefelung ist das Benzin immer noch kein hochwertiger Kraftstoff. Es enthält vorwiegend unverzweigte Kohlenwasserstoffe, die in den Motoren zur frühzeitigen Zündung des Benzin-Luft-Gemischs führen können. In einem weiteren Prozeß werden deshalb in der Raffinerie die unverzweigten Verbindungen in in kompaktere, verzweigte Alkane (Isoalkane) umgewandelt. Diesen Vorgang der Erdölveredlung nennt man Reformieren.