108. Aufbau und Eigenschaften der Fette
Fette
Fette bestehen ausschließlich aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Fette kann man unterschiedlich einordnen, beispielsweise in pflanzliche und tierische Fette oder in feste und flüssige Fette (=Öle). Man kann sie aber auch in Organ- und Depotfette einteilen, da sie als Energiereserven für Lebewesen dienen können. Mit der Nahrung aufgenommenes Fett, das vom Körper nicht verbrannt wird, wird deponiert.
Fette sind mit einem Energieinhalt von 38,9 kJ (9,3 kcal) pro Gramm der wichtigste Energiespeicher für Menschen, Tiere und auch einige Pflanzen. In Pflanzen findet man Fette vornehmlich in Samen oder Keimen, im tierischen Organismus im Fettgewebe. Fette und fette Öle finden Verwendung als Nahrungsmittel (Speisefette und Speiseöle) und werden auch technisch zum Beispiel als Schmierstoff (Schmierfette, Schmieröle) eingesetzt.
Ester des Glycerins (Glycerol) mit mittleren und höheren Fettsäuren
Fette sind Ester zwischen Fettsäuren und Glycerol (Fettsäureglycerolester, Fettsäureglyceride). In den meisten natürlich vorkommenden Fetten findet man nur unverzweigte Fettsäuren mit gerader Anzahl von Kohlenstoffatomen. Sehr häufig findet man die Palmitin- , Stearin- und die Ölsäure. Bei natürlichen Fetten sind alle drei Hydroxygruppen des Glycerols verestert. (Triglyceride, Triacylglycerole).
Jedes natürliche Fett besteht aus einer Vielzahl verschiedener Triglyceride (oft als Glyceride bezeichnet), die an einem Glycerinrest verschiedene Säurereste enthalten. In der folgenden Formel können R1, R2 und R3 entweder identisch, teilweise identisch oder unterschiedlich sein:
$\mathrm { CH_2(O—CO—R^1)—CH(O—CO—R^2)—CH_2(O—CO—R^3) }$
So findet man z. B. in der Butter den Stearinsäure-ölsäure-palmitin-säure-glycerinester (Siehe Fettmolekül unten).
Natürliche Fette enthalten meist unterschiedliche Fettsäuren. Sie stellen ein Gemisch verschiedener klar definierter Ester mit einheitlicher molekularer Struktur dar und weisen keinen scharfen Schmelzpunkt, sondern einen Schmelzbereich auf.
Aus der Tabelle unten) geht hervor, dass der Schmelzbereich um so tiefer liegt, je höher der Anteil an ungesättigten Fettsäuren ist (siehe Versuch 2) .
Aus diesem Grund kann man für tierische und pflanzliche Fette keine bestimmte Formel angeben. Mit steigender Kettenlänge und abnehmender Anzahl an Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen der Kette steigt die Schmelztemperatur. Die festen Produkte enthalten hohe Anteile langer und gesättigter Fettsäuren, wohingegen die Fettsäuren in den flüssigen Ölen überwiegend einfach oder mehrfach ungesättigt sind. Beim Erhitzen zersetzen sich Fette zum Teil bereits unterhalb ihres Siedepunktes.
Butter | Schweine- schmalz |
Kokosfett | Olivenöl | Leinöl | |
---|---|---|---|---|---|
gesättigt | |||||
Buttersäure C3H7COOH |
3-4 | — | — | — | — |
Laurinsäure C11H23COOH |
2-3 | — | 44-51 | — | — |
Palmitinsäure C15H31COOH |
26-28 | 25-30 | 7-11 | 8-12 | 5-7 |
Stearinsäure C17H35COOH |
9-11 | 11-18 | 1-3 | 2-4 | 2-4 |
ungesättigt | |||||
Ölsäure C17H33COOH |
28-34 | 45-50 | 5-8 | 70-85 | 20-23 |
Linolsäure C17H31COOH |
4-5 | 7-11 | 0-3 | 5-10 | 15-16 |
Linolensäure C17H29COOH |
— | — | — | — | 49-53 |
Iodzahl | 30-35 | 60-68 | 8-10 | 80-95 | 175-200 |
Schmelzbereich °C | 30 bis 36 | 27 bis 29 | 20 bis 23 | -2 bis 0 | -27 bis -16 |
Feststellung des Fettgehalts
Eine Kenngröße zur chemischen Unterscheidung von Fetten ist die Verseifungszahl. Sie gibt jenen Anteil der Inhaltsstoffe eines Fettes an, die verseifbar sind. Die Verseifungszahl ist in der Lebensmittelchemie - neben der Iodzahl - ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Fetten. Die Iodzahl ist ein Maß für den Gehalt eines Fettes an ungesättigten Verbindungen. Es ist die Menge in Gramm Iod, die formal an 100 g Fett addiert werden kann. Je mehr olefinische Doppelbindungen es in einem Fett gibt, desto mehr Iod kann formal addiert werden und desto höher ist somit die Iodzahl.
Eigenschaften
Fette sind hydrophob (wasserabstoßend) oder anders ausgedrückt lipophil (fettliebend). Denn Fette bestehen zum größten Teil aus langen, apolaren Kohlenstoffketten, die wir bereits von den Alkanen kennen (Beispiel: der Stearinsäurerest - C17H35). Als Naturstoffe werden Fette den Lipiden zugeordnet und sind in lipophilen organischen Lösungsmitteln wie Petrolether, Ether und Benzol löslich.
Fette haben einen Dichte von 0,9 - 0,97 g/cm³, womit ihre Dichte geringer als die des Wassers ist (1 g/cm³). Folglich schwimmt Fett an der Wasseroberfläche. Bei Anwesenheit von Emulgatoren können Fette in Form feiner Tröpfchen haltbare Emulsionen mit Wasser bilden, z. B. Milch.
Fette sind meist geruchs- und geschmacklos, wirken aber als Aromaträger. Durch Einwirkung von Sauerstoff, Wärme und bestimmten Mikroorganismen werden viele Fette allmählich unter Wasseraufnahme gespalten (Hydrolyse) und sie werden ranzig. Der dabei auftretende unangenehme Geruch stammt von kurzkettigen, freigesetzten Fettsäuren wie zum Beispiel Buttersäure, die für den menschlichen Organismus giftig sind.
Fette mit einem hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Säuren, z. B, Linolensäure (Kapitel 105), vermögen zu polymerisieren und gehören zu den trocknenden Ölen. Diese werden durch die Reaktion mit Sauerstoff fest und finden Verwendung bei der Herstellung von Linoleum, Firnissen und Ölfarben.