81. Halogenderivate der Alkane
Darstellung und Eigenschaften von Bromethan (Ethylbromid)
Treten in Kohlenwasserstoffe Halogene ein, spricht man von Halogenkohlenwasserstoffen, oder wie beim Chlormethan (CH3Cl), von Halogenalkanen. Da Halogene die Bindungselektronen sehr stark anziehen, kommt es zur Polarisation, also zu einer Elektronenverschiebung innerhalb des Moleküls. Bromethan ist bei Raumtemperatur eine farblose bis gelbliche Flüssigkeit, deren Dämpfe schwerer als Luft sind. Mit Luft bilden Bromethan-Dämpfe entzündbare explosionsfähige Gemische. Bei Erhitzung zersetzt Bromethan sich unter Bildung von Ethen und Bromwasserstoff. Durch das elektronegative Brom ist das benachbarte Kohlenstoffatom positiv polarisiert.
Diese Polarisation der Atombindungen ist der Grund für die ionenartige Reaktionsfähigkeit der Halogenalkane und erklärt auch die Ablenkung des Bromethanstrahls durch einen aufgeladenen PVC-Stab. Das Bromatom, das ins Ethan eingetreten ist, ist also für neue Eigenschaften des Moleküls verantwortlich. Bromethan fungiert somit in vielen chemischen Reaktionen als elektrophiles Reagenz.
Da es das chemische Verhalten (»Funktion«) der Verbindung bestimmt, nennt man das Brom den funktionellen Teil - die funktionelle Gruppe - des Moleküls.
Weitere Unterschiede zum Ethan sind wegen stärkerer Anziehungskräfte und aufgrund der größeren Molekülmasse höherer Schmelz- und Siedepunkt. Ethan liegt unter Normalbedingungen gasförmig, Ethylbromid flüssig vor. Wegen des Alkylrestes bleiben jedoch Wasserunlöslichkeit und Alkanlöslichkeit erhalten.
Wichtige Halogenide
Bei der Substitution des Methans stießen wir schon auf das Trichlormethan oder Chloroform (CHCl3). Chloroform erzeugt Bewustlosigkeit und galt deshalb lange als wichtigstes Narkotikum. Als gutes Lösungsmittel für Fette und Harze hat es technische Bedeutung.
Tetrachlormethan oder Tetrachlorkohlenstoff (CCl4) findet wegen seiner guten Lösungsmitteleigenschaften als Fleckenentfernungsmittel Anwendung. Da im Molekül kein Wasserstoff vorliegt, ist es unbrennbar und wird (wegen seiner Atombindungen) als Nichtleiter besonders bei Bränden in elektrischen Anlagen gebraucht. Seine hohe Giftigkeit ist aber zu berücksichtigen.
Iodoform , Triiodmethan (CHI3) ist ein gelber, safranartig riechender Halogenkohlenwasserstoff. Früher wurde in Diethylether gelöstes Iodoform (Iodoformether) in der Zahnmedizin zur Desinfektion von Wunden verwendet, da es mit der Wundfeuchtigkeit eine kleine, desinfizierend wirkende Iodmenge abgibt. Zugleich trocknete es auch die Wunde, stillte kleinere Blutungen und verminderte die Wundschmerzen. Wegen seines charakteristisch intensiven Geruchs, des hohen Preises und der Schädlichkeit bei hohen Dosierungen wird Iodoform medizinisch kaum mehr verwendet. Wegen seiner keimtötenden Wirkung dient es als Antiseptikum.
Das ungiftige, geruchlose, unbrennbare und nicht explosive Dichlordifluormethan (CF2Cl2) fand früher neben anderen halogenierten Kohlenwasserstoffen als Treibmittel in Sprühdosen Anwendung. Die weltweite Verwendung von Flourkohlenwasserstoffen (FCKW's) als Treibgas in Spraydosen ist 1987 im Montreal-Protokoll verboten worden, da diese Stoffe zu einer Gefährdung der schützenden Ozonschicht führen. In der Stratosphäre werden Chlorradikale freigesetzt, die das Ozon in einer Reihe von Reaktionen abbauen. Im Jahr 2007 wurden drei FCKWs (Fluorchlorkohlenwasserstoffe) mit untypischen Eigenschaften - sehr reaktiv und giftig - in der Atmosphäre nachgewiesen. Die Ozonschicht schützt vor einer zu starken UV-Bestrahlung die Erde.
Chlorethan oder Ethylchlorid (CH3CH2Cl) wird wegen der schwierigen Handhabung praktisch nur industriell genutzt, etwa als Ethylierungs-, Löse- und Extraktionsmittel. Da es rasch verdampft erzeugt es Kälte und wird in der Medizin zur Lokalanästhesie (Schmerzunempfindlichkeit durch Vereisung) verwenden. Industriell war Chlorethan ein wichtiger Ausgangsstoff zur Herstellung des Antiklopf-Additivs Tetraethylblei für Kraftstoffe. .