118. Traubenzucker = Glucose - ein Kohlenhydrat
Entdeckung des Traubenzuckers
In der Chemie bezeichnet man den Traubenzucker als Glucose. Traubenzucker kommt nicht nur in Weintrauben, sondern auch in anderen reifen Früchten vor. Im Jahre 1792 wurde er von Johann Tobias Lowitz entdeckt, der auch erkannte, dass Traubenzucker etwas anderes ist als Rohrzucker (Saccharose).
Im Jahr 1838 prägte Jean Baptiste Dumas den Begriff Glucose, der sich schließlich in der chemischen Literatur durchgesetzt hat.
Wenn man Glucose chemisch untersucht, so stellt sich heraus, dass sie aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff aufgebaut ist. Auf ein Kohlenstoffatom treffen zwei Wasserstoffatome und ein Sauerstoffatom - das Atomzahlenverhältnis lautet also:
$ \mathrm { C \ : \ H \ : \ O \ = \ 1 \ : \ 2 \ : \ 1 }$
Versuch 2 bestätigt, dass Wasserstoff und Sauerstoff im gleichen Verhältnis wie im Wasser vorliegen, denn konz. Schwefelsäure entzieht der Glucose Wasser, so dass Kohlenstoff als schwarze Masse zurück bleibt.
Früher dachte man fälschlicherweise, dass an jedes Kohlenstoffatom ein Wassermolekül hydratartig gebunden sei, weshalb Carl Schmidt 1844 den Begriff Kohlenhydrate prägte. Die chemischen Bezeichnungen der einzelnen Kohlenhydrate enden mit -ose.
Mit der Erkenntnis, dass in Kohlenhydraten (auch Saccharide genannt) oft die allgemeine Formel Cn(H2O)n vorherrscht, war aber die Summenformel der Glucose noch keinesfalls geklärt, denn auch CH2O oder C2H4O2 entsprechen diesem Verhältnis. Die Lösung findet man, indem man die Molekülmasse der Glucose bestimmt. Sie beträgt 180 und deshalb lautet die Summenformel:
$ \mathrm { C_6H_{12}O_6 }$ oder $ \mathrm { C_6{(H_2O)}_6 }$
Will man schließlich eine Strukturformel aufstellen, muß man sich erst über die funktionellen Gruppen der Glucose klar werden.
Nachweis der funktionellen Gruppen
Den süßen Geschmack und die gute Löslichkeit in Wasser (siehe Glycerin, Kapitel 99) sowie den positiven Ausfall der Tollensprobe kann man mit der Anwesenheit von Hydroxygruppen im Zuckermolekül erklären. Dies führt zu der Frage, ob die Glucose möglicherweise ein mehrwertiger Alkohol ist. Dem widerspricht Versuch 5, bei dem der sechswertige Alkohol Mannit mit der Fehling-Probe keine Reaktion zeigt.
Da die Glucose mit Fehling positiv reagiert, muß es auch eine Aldehydgruppe geben. Bei genauen Untersuchungen fand man heraus, dass das Glucosemolekül 5 Hydroxygruppen und 1 Aldehydgruppe enthält. Daraus lässt sich folgende Struktur aufstellen:
$ \mathrm {
CH_2OH \ – \ CHOH \ – \ CHOH \ – \ CHOH \ – \ CHOH \ – \
\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!
{\overset { \qquad \qquad { \Large O}} {\overset {\qquad \ \diagup \!\! \diagup } {\underset {\qquad \qquad {\Large H} } {\underset {\qquad \diagdown }C }}}}
}$
Traubenzucker (Glucose)
Eine scheinbar widersprüchliche Beobachtung
Die bei Aldehyden positiv verlaufende Schiffsche Probe (Kapitel 101) versagt bei der Glucose, obwohl dieser Zucker ebenfalls eine Aldehydgruppe enthält.
Diese im ersten Moment widersprüchliche Beobachtung können Chemikerinnen und Chemiker jedoch mit der Annahme einer Ringstruktur des Glucosemoleküls erklären:
Die Ringstruktur steht mit der Aldehydform im Gleichgewicht, das allerdings so stark auf die Seite der Ringmoleküle verschoben ist, dass einige Aldehydreaktionen bei der Glucose ausbleiben.
Die Glucose - ein lebenswichtiger Zucker
Biochemie
Für die meisten Organismen ist Glucose das Brennstoffmolekül überhaupt - es wird hauptsächlich von Pflanzen mithilfe der Photosynthese aus Sonnenlicht, Wasser und Kohlenstoffdioxid produziert. Glucose ist der biologisch bedeutsamste und häufigste Zucker. Bei ihrer Oxidation wird ein großer Energiebetrag freigesetzt:
$ \mathrm { C_6H_{12}O_6 + 6 \ O_2 \ \longrightarrow \ 6 \ CO_2 + 6 \ H_2O + 2824 \ kJ }$
Normalerweise kommt die Glucose nur in Form ihrer Polymere vor, beispielsweise Milchzucker, Rübenzucker, Stärke, Cellulose und andere. Glucose ist neben Fructose der wichtigste Zucker des Stoffwechsels. Beide sind Energieträger und dienen auch als Zellbausteine.
Blutzucker
Die Glucose im Blut wird Blutzucker genannt. Bei der Krankheit Diabetes (Zuckerkrankheit) produziert der Körper zu wenig oder gar kein Insulin, ein Hormon, das den Blutzuckergehalt regelt. Bei einem gesunden Menschen liegt dieser stets bei etwa 0,1 %. Ohne Insulin kann keine Glucose in den Zellen transportiert werden, weswegen der Zuckerhehalt im Blut steigt.
Bei bedrohlichen Erschöpfungszuständen oder Herzmuskelentzündungen wird vom Arzt Glucoselösung in das Blut gespritzt. Als Dextropur ist Traubenzucker in chemisch reinem Zustand im Handel; Dextro Energy enthält neben Glucose noch Fruchtsäuren.