110. Vom Fett zur Seife
Der tägliche Gebrauch von Seife ist für uns so normal geworden, dass viele sich nicht mehr bewußt sind, womit sie es eigentlich zu tun haben. Seife ist nämlich ein chemisches Produkt, und zwar das erste vom Menschen künstlich hergestellte Tensid.
Die Aufspaltung der Ester in Alkohol und Säure bezeichnet man als Verseifung, ein chemischer Vorgang, der die Voraussetzung für die Seifenbildung ist. In der technischen Chemie ist diese Reaktion die bedeutendste Esterspaltung, bei der aus Fetten Glycerin und Fettsäuren entstehen.
Als Rohstoffe für die Seifenherstellung verwendet man auch heute noch natürliche Fette. Kocht man diese Fette mit Laugen, werden sie in Glycerin und Fettsäure zerlegt. Durch die Reaktion der Lauge mit den freien Fettsäuren (Neutralisation) entstehen die Salze der Fettsäuren - unsere Seife.
Seifensieden ist eine alte Kunst
Erste Hinweise auf Seifenherstellung finden sich bei den Sumerern. Sie erkannten, dassPflanzenasche (al-qalya, der Ursprung des Wortes alkalisch) vermengt mit Ölen besondere Eigenschaften hat, und schufen die Basis einer Seifenrezeptur. Es ist ein detailliertes Rezept überliefert, in welchem Verhältnis Holzasche und Öl vermischt werden müssen. Dabei handelt es sich gleichzeitig um die ersten Aufzeichnungen von chemischen Reaktionen. Man vermutet, dass sie den reinigenden Effekt des alkalischen Gemisches übersahen und es als Heilmittel für Verletzungen verwendeten. Sie kochten die Mischung und erhielten das, was wir heute als Seife bezeichnen. Im Grunde hat sich dieses Verfahren bis heute nicht verändert.
Beispiel:
$ \underbrace { \begin{array}{lll} \mathrm { CH_2 \ – \ O \ – \ C \ – \ C_{17}H_{35} } \\ \mathrm { {\huge {\mid }} \qquad \qquad \ \ {\overset {\large \mid \mid} O} } \\ \mathrm { CH \ \ – \ O \ \ – \ C \ – \ C_{17}H_{35} + 3 \ NaOH \ \longrightarrow \ } \\ \mathrm { {\huge {\mid }} \qquad \qquad \ \ {\overset {\large \mid \mid} O} } \\ \mathrm { CH_2 \ – \ O \ – \ {\underset {\Large O} {\underset {\Large \mid \mid} C}} \ – \ C_{17}H_{35} } \\ \end{array}}_{\Large \mathrm {Tristearinglycerinester \ + \ Natronlauge}} \quad \underbrace { \begin{array}{lll} \mathrm { CH_2 \ – \ OH } \\ \mathrm { {\huge {\mid}} \qquad \qquad \qquad \qquad \quad \ {\overset {\Large O} {\mid \mid} } }\\ \mathrm { CH \ \ – \ OH + 3 \ C_{17}H_{35}C \ – \ ONa } \\ {\huge {\mid}} \\ \mathrm { CH_2 \ – \ {\underset {\Large \color{#ffffff}O} {\underset {\Large \color{#ffffff} {\mid \mid} } OH }} } \\ \end{array}}_{\Large \mathrm {Natriumstearat \ (Natronseife)}} $
Seifen sind also die Alkalisalze der höheren Fettsäuren.
Moderne Seifenherstellung [1]
Bei dem oben beschriebenen Verfahren bereitet die Abtrennung des Glycerins - heute ein begehrter Rohstoff - Schwierigkeiten, außerdem entspricht die Qualität der dabei gewonnenen Seife heute nicht mehr den Qualitätsansprüchen. Die Herstellung erfolgte früher in offenen Kesseln. Heute werden Seifen bei großtechnischer Herstellung in geschlossenen Anlagen im kontinuierlichen Betrieb gewonnen.
Die beim Sieden entstandene zähflüssige Emulsion wird Seifenleim genannt. Dieser wird mit Natriumchloridlösung versetzt, wodurch sich die die Emulsion (Aussalzen) in den aufschwimmenden Seifenkern, der hauptsächlich die Natriumsalze der Fettsäuren enthält und in die Unterlauge trennt, die hauptsächlich überschüssige Lauge, Glycerin und gelöstes Kochsalz enthält. Der Seifenkern wird durch Abscheidung von der Unterlauge getrennt und mit reichlich Wasser und etwas Lauge aufgekocht, um die restlichen Verunreinigungen herauszulösen. Erneute Aussalzung führt dann zur Kernseife.
Alternativ lassen sich Seifen direkt aus freien Fettsäuren herstellen (Laugenverseifung), indem sie mit Laugen zu ihren Salzen umgesetzt werden. Geeignete Fettsäuren sind beispielsweise Laurinsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure, Ölsäure und Ricinolsäure.
Die Konsistenz eines Seifenprodukts hängt von der Kettenlänge der Fettsäuren ab. Langkettige gesättigte Fettsäuren, wie Stearinsäure oder Palmitinsäure, führen zu einer eher festen Konsistenz. Entscheidend ist jedoch, ob Kalium- oder Natriumsalze der Fettsäuren gewonnen wurden. Wird aus dem Seifenleim durch Zusatz von Natriumchlorid der Seifenkern gewonnen, bildet sich tendenziell eine festere Seife, die Kernseife. Wird hingegen mit Kalilaugen und Kaliumsalzen gearbeitet, bilden sich Kaliumsalze der Fettsäuren, die weich bis schmierig und gut mischbar mit Wasser sind. Man erhält Schmierseifen.
Kernseife wird in Blöcke geformt und getrocknet. Zur Herstellung von Toiletteseifenstücken werden die Blöcke entweder zu Quadern aufgeschnitten oder grob gemahlen, die Stücke mit Farbstoffen, Duftstoffen und Füllstoffen angeteigt, auf Walzenstühlen kalandriert (um Luft einzuschließen und schönen Glanz zu erzeugen) und ausgewalzt, die Bänder anschließend in einer Heißpresse stranggepresst bzw. extrudiert und aus dem Strang Formen gestanzt und gleichzeitig zu Seifenstücken gepresst.
[1] Aus Wikipedia: Seife