Westfalen AG
Westfalen AG | |
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Westfalen-AG-Logo.svg | |
Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Sitz | Münster, Deutschland |
Leitung |
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Mitarbeiter | 1.246 (2010/Konzern)[1] |
Umsatz | 1.667,6 Mio. € (2010/Konzern)[2] |
Branche | Chemie, Energie |
Produkte | Technische Gase, Flüssiggas als Wärme und Antriebsenergie, Betrieb von Tankstellen |
Website | www.westfalen-ag.de |
Die Westfalen AG mit Sitz im westfälischen Münster ist als Familienunternehmen der chemischen Industrie in den Geschäftsfeldern Technische Gase, Westfalengas und Tankstellen aktiv.
Unternehmensgeschichte
1923 – 1945
Am 11. Oktober 1923 wurde die Sauerstoffwerke AG von Wilhelm Albert in Münster gegründet. Erster Betriebszweig war die Erzeugung von Sauerstoff für autogenes Schweißen und Schneiden. Im Folgejahr begann die Sauerstoffproduktion mit einer eigenen Luftzerlegungsanlage.
Der zweite Betriebszweig Westfalen Kraft- und Schmierstoffe wurde 1925 gegründet. Zwei Jahre später eröffnete die erste Westfalen-Tankstelle am Albersloher Weg in Münster. Zu Beginn der 1930er wurde das eigene Tankstellennetz weiter ausgebaut, sodass 1938 rund 100 Westfalen-Tankstellen existierten.
1936 begann die Bebauung des Betriebsgeländes am Industrieweg, wo zwei Jahre darauf eine neue Luftzerlegungsanlage, ein Großtanklager und ein Verwaltungsgebäude in Betrieb genommen wurden. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bis zum Kriegsende wurde der Tankstellenbereich vom Berliner Zentralbüro für Mineralöl GmbH verwaltet.
Anfang Oktober 1943 wurden Sauerstoffanlagen und Gasometer durch einen Luftangriff schwer beschädigt. Am 30. November 1943 starb Firmengründer Wilhelm Albert, woraufhin sein Schwiegersohn Josef Fritsch und sein Sohn Herbert Albert die Nachfolge im Vorstand übernahmen.
1945 – 2000
Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau der zerstörten Luftzerlegungsanlage. Ab 1946 leiteten die Söhne des Gründers das Unternehmen für die nächsten 30 Jahre: Herbert Albert als kaufmännischer Direktor und Vorstandsvorsitzender, August-Wilhelm Albert als Vorstandsmitglied und technischer Direktor.
Der dritte Betriebszweig Flüssiggas (Westfalengas) wurde 1954 gegründet. Die Umfüllung des Flüssiggases in Flaschen erfolgte im Werk Münster-Gremmendorf, wo zwei Jahre später ein neues Flüssiggas-Umfüllwerk und eine Acetylen-Produktion in Betrieb genommen wurden.
Der Neubau eines Tanklagers mit Ölhafen am Dortmund-Ems-Kanal in Münster-Gelmer wurde 1966 fertiggestellt. Mit dem Ausbruch der Ölkrise 1973/74 kam es zu starken Einbrüchen im Mineralöl-Geschäft.
Am 20. Juni 1974 starb Herbert Albert, die Unternehmensleitung übernahmen Wolfgang Fritsch-Albert und August-Wilhelm Albert. Letzterer starb drei Jahre darauf. Damit übernahm Wolfgang Fritsch-Albert den Vorstandsvorsitz.
1988 wurde der Begriff Sauerstoffwerk aus dem Firmenregister gestrichen, der Firmenname im Handelsregister lautete nun Westfalen AG. Ein Jahr später folgten die Übernahmen der KDE Kälte Zubehör Handelsgesellschaft, der Wannenwetsch GmbH und mit der Ernst Rückwarth GmbH & Co. KG die bis heute größte Akquisition der Firmengeschichte. Im gleichen Jahr wurde die erste Auslandsgesellschaft in den Niederlanden gegründet, 1995 in Polen, 1999 in Belgien und in Frankreich.
Entwicklung seit 2000
Im Jahr 2000 wurde eine Wasserstoffproduktionsanlage in Kooperation mit der SRS Schmierstoffraffinerie Salzbergen GmbH in Betrieb genommen. Im Folgejahr wurde die Auslandstochter Westfalen Gas Schweiz GmbH gegründet. 2005 folgte die Gründung der österreichischen Tochtergesellschaft.
2006 übernahm die Westfalen AG die unter der Marke Markant firmierenden Tankstellen der Kuwait Petroleum Deutschland GmbH.
Die sechste Auslandsgesellschaft folgte 2010 in Tschechien. Im gleichen Jahr kam es zur bisher größten Auslandsinvestition der Westfalen-Gruppe: Die Luftzerlegungsanlage in Le Creusot, Frankreich, nahm die Produktion auf.
Für das Jahr 2010 führte die FAZ die Westfalen AG im Ranking der großen deutschen Familienunternehmen auf Platz 102 (2009: 109; 2008: 112).[3]
Geschäftsfelder
Geschäftsbereich Technische Gase
Seit der Gründung 1923 hat sich die Westfalen AG vom regionalen zum europäisch ausgerichteten Anbieter für technische Gase entwickelt, mit Niederlassungen, Vertriebsbüros, Lägern und Werken sowie Tochtergesellschaften in Frankreich, Benelux, Österreich, Schweiz und Tschechien. Das Lieferprogramm umfasst über 300 standardisierte Gase und Gasgemische – dazu zählen Industriegase, Kältemittel, Laborgase, Lebensmittelgase, Gase für Medizin, Pharma, Inhalation, Prüf- und Messgase, Lasergase sowie Schweiß- und Schweißschutzgase.[4]
In einem Sondergasezentrum werden zudem Analysegase nach von den Anwendern vorgegebenen Rezepturen hergestellt. Das Sondergasezentrum ist seit 2006 als Prüf- und Kalibrierlabor akkreditiert.
Das Sortiment der Industriegase umfasst Argon, Kohlendioxid, Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Druckluft in gängigen Reinheiten.[5] Als Sondergase werden in hochreinen Qualitäten Argon, Helium, Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff, synthetische Luft, Distickstoffmonoxid (Lachgas), Methan und Propan angeboten.[6] Als Gase für Medizin, Pharma, Inhalation kommen flüssiger und gasförmiger Sauerstoff zur Beatmung sowie Distickstoffmonoxid zur Narkose zum Einsatz.[7] In der Lebensmittelindustrie werden Gase zum Kühlen, Frosten, Hydrieren, Aufschäumen oder Verpacken eingesetzt.[8]
Produziert wird mittels Luftzerlegung im westfälischen Hörstel, in Laichingen und im französischen Le Creusot. In Hörstel befindet sich außerdem das Sondergasezentrum der Westfalen AG, dort werden Reinst- und Sondergase einschließlich Helium abgefüllt. Wasserstoff wird in Salzbergen mittels Steam-Reforming erzeugt, Acetylen wird in Münster-Gremmendorf produziert und abgefüllt.
Geschäftsbereich Westfalengas
Seit 1954 ist Flüssiggas der Marke Westfalengas (DIN 51622) auf dem deutschen Markt erhältlich. Es besteht aus mindestens 95 Volumenprozent Propan und Propen, sowie fünf Volumenprozent der Bestandteile Ethan, Butan und Butanisomeren.[9] Gewonnen wird es bei der Förderung von Rohöl und Erdgas, sowie als Veredelungsprodukt von Raffinerien.
Westfalengas wird in privaten Haushalten und Unternehmen zur Wärmeerzeugung eingesetzt; in Industrie, Handwerk und Landwirtschaft kommt es als Energieträger zur Anwendung. Schon unter geringem Druck (etwa 8 bar) wird aus 260 Litern gasförmigem Gas ein Liter flüssiges Gas.[10] So können große Mengen platzsparend gelagert und transportiert werden. Wohnkomplexe oder Siedlungen können mit einem eigenen Versorgungsnetz ausgestattet werden.
Als Autogas und Treibgas dient Westfalengas dem Antrieb von Motoren. Da das Gasgemisch nahezu rückstandsfrei verbrennt, können Fahrzeuge wie Gabelstapler damit auch in Gebäuden betrieben werden.
Westfalen-Autogas ist an rund 900 öffentlichen Tankstellen unterschiedlicher Marken und Gesellschaften verfügbar. Damit ist das Unternehmen deutscher Marktführer.[11] Westfalen-Autogas unterscheidet sich von Brenngas zu Heizzwecken durch einen höheren Butangehalt: Im Sommer beträgt das Mischungsverhältnis 40 Prozent Propan und 60 Prozent Butan, im Winter ist das Verhältnis genau umgekehrt.[12]
Geschäftsbereich Tankstellen
Die Westfalen AG betreibt rund 260 Markentankstellen in Deutschland – überwiegend in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Neben Kraft- und Schmierstoffen bieten die Westfalen-Tankstellen zahlreiche weitere Produkte und Serviceleistungen, wie Autowäsche, KFZ- und Reifenservice. Viele Stationen sind mit Compact-Markt, Bistro oder weiteren Angeboten für Reisende ausgestattet.
Kraftstoffe bezieht Westfalen ausschließlich aus deutschen Raffinerien. Neben den Kraftstoffen Super plus, Super 95 E5, Super 95 E10 und Diesel bietet das Unternehmen an vielen Stationen Autogas, Erdgas, E85 Biopower und Ladestrom als Antriebsenergien. Alternative Antriebsenergien nehmen also einen breiten Raum an den Westfalen-Tankstellen ein. Motorenöle für Otto- und Dieselmotoren sind unter eigener Marke sowie von Castrol verfügbar.
Die Flottenkarte der Westfalen AG heißt Westfalen Service Card. Diese Tankkarte wird an über 5.000 Tankstellen der Marken Westfalen, Agip, Aral, Markant, OMV und Total akzeptiert.[13]
Sonstiges
Unternehmenslogo
Zentraler Bestandteil der Bild-/Wortmarke der Westfalen AG ist ein springendes, weißes Pferd auf rotem Grund. Seit der Gründung des Unternehmens 1923 bis ins Jahr 2001 sprang das Pferd im Logo nach links, das Gesamtbild war heraldisch geprägt.[14] Kritiker haben visuelle Parallelen zu den Wappentieren Westfalens und Niedersachsens gesucht, die es jedoch nie gegeben hat. Bei Neugestaltung der Bild-/Wortmarke 2001 wurde die Linienführung des Pferdes stark reduziert, die heraldischen Elemente wurden entfernt, das deutlich verschlankte Pferd springt nun nach rechts.
Literatur
- Armin Berninghaus: Genutzte Chancen. Die 85-jährige Erfolgsgeschichte der Westfalen AG. Philippka Verlag, Münster 2010, ISBN 978-3-89417-197-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Westfalen AG: Geschäftsbericht 2010. S. 10.
- ↑ Westfalen AG: Geschäftsbericht 2010. S. 20.
- ↑ Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. Juli 2011.
- ↑ Westfalen AG: Gase, Service und Know-how. S. 2ff.
- ↑ Westfalen AG: Gase, Service und Know-how. S. 6.
- ↑ Westfalen AG: Gase, Service und Know-how. S. 6.
- ↑ Westfalen AG: Gase, Service und Know-how. S. 7.
- ↑ Westfalen AG: Gase, Service und Know-how. S. 13.
- ↑ Westfalen AG: Westfalengas: Weiter denken, weiter kommen. S. 3.
- ↑ Westfalen AG: Westfalengas: Weiter denken, weiter kommen. S. 2.
- ↑ Dr. Martin Steffan: Westfalen AG bleibt Marktführer beim Autogas.. In: Das Autogas Journal, 22. Juli 2010. Abgerufen am 27. Oktober 2011.
- ↑ Armin Berninghaus: Genutzte Chancen. S. 171.
- ↑ Armin Berninghaus: Genutzte Chancen. S. 145.
- ↑ Armin Berninghaus: Genutzte Chancen. S. 36.