Werner Heisenberg

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Werner Heisenberg 1933, im Jahr zuvor war er mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet worden.
Unterschrift Werner Heisenbergs

Werner Karl Heisenberg (* 5. Dezember 1901 in Würzburg; † 1. Februar 1976 in München) war ein deutscher Wissenschaftler, der zu den bedeutendsten Physikern des 20. Jahrhunderts und Nobelpreisträgern zählt. Er formulierte 1927 die nach ihm benannte Heisenbergsche Unschärferelation, die eine der fundamentalen Aussagen der Quantenmechanik trifft – nämlich, dass bestimmte Messgrößen eines Teilchens (etwa sein Ort und Impuls) nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmt werden können.

Leben

Werner Heisenberg wurde 1901 in Würzburg in einer Professorenfamilie geboren. Sein Vater war der Byzantinist August Heisenberg. Heisenberg war Neupfadfinder. Er besuchte das Münchner Maximiliansgymnasium.

Er wollte eigentlich Mathematik studieren und hatte bereits vor seinem Studium Kurse an der Münchner Universität besucht, darunter auch über mathematische Methoden in der damals aufkommenden modernen Physik. Er strebte an, das Mathematik-Grundstudium zu überspringen. Dazu sprach er bei dem bekannten Mathematikprofessor Ferdinand von Lindemann vor, der jedoch der Anwendung der Mathematik in der Physik äußerst kritisch gegenüberstand. In seiner Autobiographie Der Teil und das Ganze beschrieb Heisenberg das Treffen als Desaster: Nachdem Lindemanns kleiner Hund ihn schon beim Eintritt wütend ankläffte, fragte der schwerhörige Professor nach Heisenbergs Lektüre. Als er von Hermann Weyls Raum, Zeit, Materie (ein Buch über Allgemeine Relativitätstheorie) erfuhr, beendete er das Gespräch mit der unwirschen Bemerkung: „Dann sind Sie für die Mathematik sowieso schon verdorben.“[1]

Sein Studium der Physik in München unter Arnold Sommerfeld schloss er in der Mindeststudienzeit von drei Jahren ab, promovierte über Stabilität und Turbulenz von Flüssigkeitsströmen, wurde 1924 Assistent von Max Born in Göttingen und arbeitete mit Niels Bohr in Kopenhagen. In den folgenden Jahren begründete er mit Max Born und Pascual Jordan die theoretische Quantenmechanik.

Friedrich Hund, Werner Heisenberg und Max Born anlässlich Hunds siebzigstem Geburtstag 1966 in Göttingen

Mit nur 26 Jahren wurde Heisenberg 1927 als Professor an die Universität Leipzig berufen, die er mit Friedrich Hund zu einem Zentrum der theoretischen Physik machte, insbesondere für Kernphysik; 1932 erhielt er den Nobelpreis für Physik. Das Seminar „Heisenberg mit Hund“ erlangte Weltgeltung und zog Schüler aus vielen Ländern an. Hund war mit Heisenberg befreundet und verteidigte ihn wie andere führende deutsche Physiker auch gegen die bedrohliche, von Johannes Stark entfachte Kampagne, die sich auch gegen die moderne theoretische Physik richtete.[2] Heisenberg war Patenonkel von Hunds jüngstem Sohn. Zu den Besuchern am Leipziger Institut in den 1930er Jahren zählen bekannte Physiker wie Victor Weisskopf, Shinichirō Tomonaga, Lew Landau, Ugo Fano, Markus Fierz, Gian-Carlo Wick, John C. Slater, George Placzek und Ettore Majorana.[3]

Von 1942 bis 1945 leitete Heisenberg das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin-Dahlem und lehrte zudem als Professor an der Berliner Universität, wo er führend am Uranprojekt des Heereswaffenamtes beteiligt war. Diese Zeit ist ihm später insbesondere von vielen amerikanischen und exilierten deutschen Physikern verübelt worden.

Von 1945 bis 1946 war Heisenberg mit den anderen führenden Forschern des Uranprojektes der Nationalsozialisten in Farm Hall in England interniert. Im Nachkriegsdeutschland wurde er 1946 Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik in Göttingen (bis 1958), von 1958 bis 1970 war er Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik (heute auch Werner-Heisenberg-Institut genannt) in München. Heisenberg war zudem Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung und auch als Regierungsberater für Wissenschaftspolitik einflussreich. 1949 wurde er korrespondierendes Mitglied der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1959 zum ordentlichen Mitglied gewählt.

Zu seinen Assistenten und Doktoranden zählen Felix Bloch, Rudolf Peierls, Hans Euler, Erich Bagge, Guido Beck, Șerban Țițeica, Kurt Symanzik (in Göttingen), Edward Teller, Rudolf Schulten und Hans-Peter Dürr, mit dem er in den 1960er Jahren an seiner Einheitlichen Feldtheorie arbeitete. Enge Mitarbeiter und Kollegen waren auch die mit ihm befreundeten Carl Friedrich von Weizsäcker, Friedrich Hund und Wolfgang Pauli.

Privates und Familie

Gedenkstein für Heisenberg auf Helgoland, wo er im Juni 1925 entscheidende Fortschritte in der Aufstellung der Quantenmechanik machte; er war wegen starken Heuschnupfens auf Helgoland in Urlaub.

Heisenberg war stets sehr naturverbunden und sportlich. 1939 erwarb er das ehemalige Sommerhaus von Lovis Corinth am Walchensee. Er hatte ein optimistisches Naturell und Spaß daran, sich in Wettkämpfen zu messen – sei es bei der Lösung mathematischer Aufgaben oder in Tischtennisturnieren im Keller seines Leipziger Instituts. Heisenberg war musisch begabt, und er spielte recht gut Klavier. Es gibt sogar eine Aufnahme von Mozarts d-moll Klavierkonzert mit Heisenberg als Pianist und einem Liebhaber-Orchester in seinem Hause in München vom 3. Juli 1966.

Seine Frau Elisabeth (geb. Schumacher), die im Buchhandel arbeitete und Tochter eines Berliner Professors der Nationalökonomie war, heiratete er 1936 und hatte mit ihr sieben Kinder, darunter den späteren Genetik-Professor und Biophysiker Martin Heisenberg. Seine Tochter Christine Heisenberg ist seit 1966 mit Thomas Manns Enkel Frido Mann verheiratet. Einer seiner Enkel ist der Regisseur Benjamin Heisenberg.

Heisenberg wurde auf dem Waldfriedhof in München/Alter Teil im Grab Nr. 163-W-29 beigesetzt.

Politik

Heisenberg war zwar nicht politisch engagiert (und in seiner Grundeinstellung eher national-konservativ), hatte aber wegen seiner Bekanntheit als Physiker Publizität und politisches Gewicht. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 gingen berühmte Physikerkollegen wie Albert Einstein und Erwin Schrödinger in die Emigration. Heisenberg hingegen blieb in Deutschland, was ihm später oft vorgeworfen wurde. Zwischen 1933 und 1945 musste er sich jedoch Angriffen der nationalsozialistisch orientierten Deutschen Physik erwehren, die die Physik von der angeblich jüdisch unterwanderten Quantenphysik und Relativitätstheorie frei halten wollten. Die Vertreter der Deutschen Physik, allen voran Johannes Stark und Philipp Lenard, verwarfen seine Theorien mit dem Hinweis, er sei ein theoretischer Formalist und „Geist von Einsteins Geist“. Stark veröffentlichte 1937 in der SS-Zeitung „Das Schwarze Korps“ einen Artikel über „Weiße Juden in der Wissenschaft“, in dem er vor allem Heisenberg angriff. Da Angriffe dieser Art in der Zeit des Nationalsozialismus schnell zu einer persönlichen Bedrohung werden konnten, nutzte Heisenberg eine entfernte Bekanntschaft seiner Eltern zu der Familie Himmler (sein Vater war Griechischprofessor, Himmlers Vater Griechischlehrer in München), um diese Attacken abzustellen.

In der Nachkriegszeit stand Heisenberg Konrad Adenauer nahe, setzte sich für eine verstärkte Kernforschung und den Bau von Reaktoren ein, lehnte jedoch gleichzeitig eine militärische Nutzung der Kernenergie ab. Gemeinsam mit siebzehn weiteren Physikern (Göttinger Achtzehn) wandte er sich im Göttinger Manifest April 1957 gegen eine atomare Wiederbewaffnung, nachdem sich Bundeskanzler Adenauer und sein Verteidigungsminister Strauß für die Bewaffnung der Bundeswehr mit taktischen Nuklearwaffen der Amerikaner ausgesprochen hatten. Als Ende der 1960er Jahre die Studentenbewegung auch sein Institut okkupierte, reagierte Heisenberg empfindlich und zog Vergleiche zu nationalsozialistischen Studentenbewegungen in den 1930er Jahren.

Arbeit am Nuklearprogramm

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden er und andere Physiker (zum Beispiel Otto Hahn und Carl Friedrich von Weizsäcker) in das Heereswaffenamt berufen. Ihre Aufgabe im Rahmen des Uranprojektes sollte sein, Einsatzmöglichkeiten der Kernspaltung zu finden. Heisenberg stieß zwar erst relativ spät zu dem Projekt, arbeitete jedoch intensiv daran und übernahm bald eine führende Rolle. Er und seine Kollegen kamen schon früh zu dem Schluss, dass die aufwändige Anreicherung des Spaltstoffes Uran 235 mit den allgemein zur Verfügung stehenden Ressourcen während der voraussichtlichen Restdauer des Krieges nicht zu machen war, und informierten dahingehend am 4. Juni 1942 Albert Speer. Allerdings verschwiegen sie (oder sprachen davon nur in Andeutungen) die Möglichkeit, eine Plutoniumbombe zu bauen, bei der die Trennung viel einfacher chemisch ablaufen konnte und für die nur ein Natururan-Reaktor mit Schwerwasser als Moderator erforderlich war (ähnlich wie zum Beispiel der heutige kanadische Candu-Reaktortyp, mit dessen Hilfe Indien in den Besitz von Kernwaffen kam). Auf die entscheidende Frage Speers, wie lange sie für eine Bombe bräuchten, gab er drei bis fünf Jahre an – womit das Projekt seine Priorität verlor.

Im weiteren Verlauf arbeiteten die deutschen Kernphysiker nur noch an einem Schwerwasserreaktor, der am Ende des Krieges ins schwäbische Haigerloch ausgelagert wurde. In den Experimenten der letzten Kriegstage, drei Jahre nach der erfolgreichen Inbetriebnahme eines Graphit-moderierten Reaktors durch Enrico Fermi in Chicago, gelang es beinahe, den Forschungsreaktor Haigerloch kritisch werden zu lassen.

Das Gespräch mit Bohr in Kopenhagen

Auf dem Höhepunkt der militärischen Erfolge des nationalsozialistischen Deutschlands reiste Heisenberg mit Carl Friedrich von Weizsäcker im Jahre 1941 nach Kopenhagen, um mit seinem väterlichen Freund Niels Bohr über die Implikationen einer deutschen Atombombe zu sprechen. Außerdem wollte er, laut seinen späteren Aussagen, den Physikern in Amerika so die Botschaft zukommen lassen, dass die deutschen Physiker die Arbeit an der Bombe zurückgestellt hätten. Bohr, dessen Mutter jüdischer Herkunft war und der im dänischen Widerstand gegen die Deutschen aktiv war, reagierte jedoch schockiert. Er verstand die Äußerungen Heisenbergs so, dass Deutschland tatsächlich ernsthaft an einer Atombombe forschte und verweigerte sich weiteren Gesprächen. Kurz darauf floh er über Schweden in die USA, wo er den Los Alamos-Physikern – so erinnert sich Hans Bethe – das Gespräch mit der Skizze einer Bombe, die in Wirklichkeit ein Reaktor war, rekonstruierte. Im Nachhinein deutete Heisenberg sein eigenes Vorgehen als naiv und die Schlussfolgerungen Bohrs als auf einem Missverständnis beruhend. Nach dem Krieg äußerten besonders die Mitglieder der amerikanischen Alsos-Mission (ihr Mitglied Samuel Abraham Goudsmit schrieb darüber ein gleichnamiges Buch), die die nukleare „Hinterlassenschaft“ der deutschen Physiker einsammelten, den Verdacht, dass Heisenberg die Physik der Kernreaktoren/Atombomben wohl nicht gemeistert habe. Daraufhin wehrte sich Heisenberg, indem er moralische Gründe für das Herunterfahren des deutschen Atombomben-Programms in den Vordergrund stellte.

Bohr reagierte gereizt, als er diese Darstellung in Robert Jungks Buch Heller als tausend Sonnen las, das auf Interviews mit Heisenberg beruhte. Er entwarf in den 1950er und 1960er Jahren mehrere kritische Briefe an Heisenberg, schickte diese aber nie ab. Sie wurden in den 1990er Jahren vom Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen veröffentlicht.[4] Vielfach wurde das Gespräch als historisches Ereignis von außerordentlicher Tragweite interpretiert, da Bohrs Haltung ein starker Einfluss auf die Entscheidung der Physiker in den USA zugesprochen wurde, sich verstärkt für die Entwicklung der amerikanischen Atombombe (Manhattan-Projekt) einzusetzen. Ob die Interpretation Bohrs tatsächlich auf einem Missverständnis der beiden Physiker beruhte, ist bis heute ungeklärt.

Das Gespräch mit Bohr wurde von Michael Frayn unter dem Titel Kopenhagen (1998) in einem bekannten Theaterstück dramatisiert, das die Diskussion um das Kopenhagener Gespräch nochmals belebte und zu der Veröffentlichung von Bohrs Briefen führte. Verschiedene Spekulationen zum Gesprächsinhalt werden dort aus der Sichtweise der Beteiligten (Heisenberg, Bohr, Bohrs Frau) durchgesprochen und mögliche Motive analysiert.

Internierung in Farm Hall

Heisenberg und mehrere seiner Kollegen wurden nach dem Krieg im englischen Farm Hall inhaftiert und verbrachten dort einige Monate in Kriegsgefangenschaft. Die Gespräche der deutschen Physiker wurden abgehört und später als Farm Hall-Protokolle veröffentlicht. Auch Heisenbergs Reaktion auf die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki ist dort protokolliert: Nach anfänglichem Unglauben überdachte er schnell den wahrscheinlich von den US-Amerikanern eingeschlagenen Weg und die Größenordnung der kritischen Massen und hielt am folgenden Tag ein Seminar darüber.
Die Interpretation der Farm Hall-Protokolle ist umstritten, da einige der inhaftierten Physiker ahnten, dass sie abgehört wurden.

Werk

Heisenberg auf einer deutschen Briefmarke

Heisenberg hat die Physik des 20. Jahrhunderts wesentlich mitbestimmt.

Als Arnold Sommerfelds Musterschüler beeindruckte er gleich 1924 mit seiner Dissertation, für die ihm sein Lehrer das schwierige Problem der Turbulenz von Flüssigkeitsströmungen gestellt hatte. In einer tour de force gelangte er zur Abschätzung der kritischen Reynolds-Zahl. Dabei entwickelte er die WKB-Methode. Aus dieser Zeit stammt auch sein lebenslanges Interesse für nichtlineare Gleichungen, die trotz scheinbarer Einfachheit der Form zu sehr komplexem Verhalten führen.[5] Insofern ist er auch ein Vordenker der in den 1970er Jahren aufblühenden Chaostheorie. In den 1940er Jahren griff er das Thema in der statistischen Theorie der homogenen Turbulenz noch einmal auf, wie auch gleichzeitig Andrei Kolmogorov.

Im Rigorosum scheiterte Heisenberg beinahe am Mitprüfer, dem Experimentalphysiker Wilhelm Wien, der ihm bodenlose Ignoranz in der Experimentalphysik vorwarf. Nur energisches Eingreifen Sommerfelds ließ Heisenberg die Prüfung gerade noch bestehen. Wien fragte unter anderem nach dem Auflösungsvermögen des Mikroskops. Diese Frage nutzte Heisenberg später in einem Gedankenexperiment zur Illustration der Unschärferelation.

Sommerfeld baute damals das Bohrsche Atommodell nach allen Seiten weiter aus. Bei Arbeiten zur Erklärung des anomalen Zeeman-Effekts führte Heisenberg erstmals halbzahlige Quantenzahlen ein (gleichzeitig mit Alfred Landé), womit das Verhalten der Atome im Bohr-Modell immer verwirrender wurde, man sprach schon von der „Zahlenmystik“ der Sommerfeld-Schule. 1922 kam Bohr zu Diskussionen und Vorlesungen nach Göttingen und fand sofort einen „Draht“ zu Heisenberg, der ihn später mehrfach längere Zeit in Kopenhagen besuchte und sogar Dänisch lernte. Der Durchbruch kam bei einem Urlaubsaufenthalt Heisenbergs auf der Insel Helgoland, wo er seinen Heuschnupfen auskurieren wollte. Statt der nicht beobachtbaren Bohrschen Atombahnen verwendete er nur die beobachtbaren Frequenzen und Übergangswahrscheinlichkeiten, die er in einem Schema anordnete, die Max Born später als Matrix identifizierte. Die Quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen[6] ist mit den gleich darauf folgenden Arbeiten von und mit Max Born und Pascual Jordan die Geburtsstunde der Quantenmechanik.

Wie Heisenberg in seiner Autobiographie Der Teil und das Ganze schildert, führte er bei einem Besuch in Berlin 1925 auch Diskussionen mit Albert Einstein über die neue Quantentheorie. Heisenberg dachte eigentlich, sein Beseitigen nicht-messbarer Größen aus der physikalischen Theorie würde Einsteins Zustimmung finden, der sich von ähnlichen Überlegungen Ernst Machs bei seiner speziellen Relativitätstheorie leiten ließ, die er mit Gedankenexperimenten erläuterte und mit der er den Äther verbannte. Der Einstein der 1920er Jahre schätzte die Quantenmechanik zwar als bedeutsam ein, hielt eine solche Säuberung einer physikalischen Theorie aber für absurd. Er wollte die radikale Idee der Bohr-Heisenbergschen Interpretation der neuen Theorie, eine Messgröße würde erst im Augenblick einer Messung einen bestimmten Wert annehmen, nicht akzeptieren und schon gar nicht die statistische Interpretation durch Max Born. Einstein formulierte das in diversen von ihm erfundenen Paradoxien und in seinem bekannten Zitat „Jedenfalls bin ich überzeugt, daß der Alte (Gott) nicht würfelt.“

Darstellung der Unschärferelation

Über die Interpretation der neuen Theorie gab es kurz nach ihrer Entstehung intensive Diskussionen mit Niels Bohr in Kopenhagen, in denen sich Heisenberg schon als gleichwertiger Partner erwies. Bohr führten diese Gespräche zum Komplementaritätsprinzip, Heisenberg zur Unschärferelation, der Aussage dass wichtige physikalische Messgrößen wie Ort und Impuls (oder Zeit und Energie) nicht gleichzeitig scharf gemessen werden können.[7] Mathematisch fand das seinen Ausdruck darin, dass diese durch Operatoren bzw. Matrizen dargestellt wurden, die nicht miteinander vertauschten (kanonische Kommutatoren). Die Beiträge Bohrs und Heisenbergs bildeten die Grundlage der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik (vgl. Varianten der Kopenhagener Interpretation).

In seiner Leipziger Zeit leistete er wichtige Beiträge zur Kernphysik (Einführung des Isospins)[8], entwickelte eine Theorie des Ferromagnetismus (Heisenberg-Ferromagnet mit Austausch-Wechselwirkung, 1928) und leistete unter anderem mit Wolfgang Pauli Pionierarbeit in der Quantenfeldtheorie. Hier sind insbesondere die Arbeiten mit seinem im Krieg gefallenen Assistenten Hans Euler zu erwähnen, unter anderem zu Modifikation der Gleichungen des elektromagnetischen Feldes bei Paarerzeugung aus dem Vakuum. Heisenberg gilt mit John Archibald Wheeler als Vater der S-Matrix (Streumatrix)[9] und untersuchte schon früh Modelle der Quantenfeldtheorie mit fundamentaler Länge[10]. In den 1940er Jahren beschäftigte er sich neben Reaktorphysik[11] auch mit der kosmischen Höhenstrahlung und den durch sie erzeugten Teilchenschauern, die schon bald in England zur Entdeckung der ersten Mesonen führten und allgemein damals als Quelle für Elementarteilchen die Rolle der heutigen Teilchenbeschleuniger hatten. Von Heisenberg stammt auch die Idee der Einführung einer indefiniten Metrik in der Quantenfeldtheorie.

In der Nachkriegszeit gelang es ihm trotz respektabler Einzelleistungen nicht mehr, den Anschluss an die internationale Forschung zu finden. Er versuchte sich an einer Theorie der Supraleitung und an einer einheitlichen Feldtheorie für die Elementarteilchenphysik, einer Erweiterung der Dirac-Gleichung mit nichtlinearer Selbstwechselwirkung und Isospin-Freiheitsgrad. Heisenberg kannte das Potential nichtlinearer Gleichungen; in der Elementarteilchenphysik, die damals gerade erst begann, den „Teilchenzoo“ zu klassifizieren, erwies sich dieser Ansatz allerdings als verfrüht. Die Theorie bekam damals viel Medienaufmerksamkeit (Heisenbergs neue Weltformel), wurde aber schon früh von den internationalen Fachkollegen – darunter auch sein Freund Wolfgang Pauli, der anfangs noch enthusiastisch an der Theorie mitarbeiten wollte – abgelehnt.

Unter seinen nichtfachwissenschaftlichen Schriften ragt seine Autobiographie hervor: Der Teil und das Ganze. Gespräche im Umkreis der Atomphysik (1969). Aus über vier Jahrzehnten Abstand rekonstruiert Heisenberg Dialoge, die veranschaulichen, wie seine Beiträge zur Quantenmechanik in engem Austausch mit befreundeten Mitforschern (Arnold Sommerfeld, Niels Bohr, Wolfgang Pauli u. vor allem) erarbeitet wurden. Hier zeigen sich seine philosophischen Interessen, die in Richtung einer neuplatonischen Naturdeutung gehen, wobei die Symmetrieprinzipien der Physik eine fundamentale Rolle spielen.

Ehrungen

Büste in der Ruhmeshalle in München

„Für die Begründung der Quantenmechanik, deren Anwendung – unter anderem – zur Entdeckung der allotropen Formen des Wasserstoffs geführt hat“,[12] wurde er 1932 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. 1933 wurde ihm die Max-Planck-Medaille verliehen. 1943 erhielt Heisenberg den Kopernikus-Preis der Universität Königsberg.[13]

1957 wurde er mit der Friedensklasse des Pour le Mérite ausgezeichnet, 1964 mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband.

1973 wurde ihm der Romano-Guardini-Preis verliehen, den bis dahin ausschließlich Theologen erhalten hatten.

Er erhielt außerdem die Barnard-Medaille New York, die Matteucci-Medaille (Rom), die Grotius-Medaille, den Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste, den Kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München, den Bayerischer Verdienstorden und die Niels-Bohr-Medaille.

Heisenberg war Mitglied in zahlreichen Akademien der Wissenschaften und Ehrendoktor zahlreicher Universitäten und Hochschulen, unter anderem 1961 von der Technischen Hochschule Karlsruhe sowie ab 1933 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.[14]

Seit April 2009 steht seine Büste in der Ruhmeshalle in München.

Veröffentlichungen

  • Collected works. mehrere Bde., Piper Verlag und Springer Verlag, ab 1984
  • Physikalische Prinzipien der Quantentheorie. BI Hochschultaschenbuch (Vorlesungen Universität Chicago 1930), neu Spektrum Verlag 1991
  • Die mathematische Gesetzmäßigkeit der Natur. In: Die Natur – das Wunder Gottes. Herausgegeben von Wolfgang Dennert, Bonn 1950.
  • Der Teil und das Ganze. Gespräche im Umkreis der Atomphysik. Piper, München 1969, 7. Auflage 2001 ISBN 3-492-22297-8
  • Ordnung der Wirklichkeit. Piper, München 1989, ISBN 3-492-10945-4
  • Physik und Philosophie. Hirzel, Stuttgart 2000, ISBN 3-7776-1024-0
  • Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaft. Hirzel, Stuttgart 1947, ISBN 3-7776-1366-5
  • van der Waerden (Hrsg.) Sources of quantum mechanics. 1967 (Nachdruck wichtiger Arbeiten der Quantenmechanik mit historischer Einleitung von van der Waerden)
  • Einführung in die einheitliche Feldtheorie der Elementarteilchen, Stuttgart, Hirzel Verlag 1967
  • Deutsche und jüdische Physik. Herausg. Helmut Rechenberg. Piper-Verlag München/Zürich 1992. ISBN 3-492-11676-0

Literatur

  • Richard von Schirach: Die Nacht der Physiker. Heisenberg, Hahn, Weizsäcker und die deutsche Bombe. Berenberg 2012, ISBN 978-3-937834-54-2
  • Cathryn Carson: Heisenberg in the atomic age: Science and the public sphere, Cambridge 2010
  • David C. Cassidy: Werner Heisenberg. Leben und Werk. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1995, ISBN 3-86025-315-8
  • David C. Cassidy: Heisenberg, physics and the bomb, Bellevue Literary Press, New York 2009
  • Ernst Peter Fischer: Werner Heisenberg : das selbstvergessene Genie : mit einem Nachtrag zur Taschenbuchausgabe – Ungekürzte Taschenbuchausg. – München : Piper, 2002. ISBN 3-492-23701-0
  • Werner Heisenberg und Anna M. Hirsch-Heisenberg: Liebe Eltern! Briefe aus kritischer Zeit 1918 bis 1945. Langen/Müller, 2003.
  • Elisabeth Heisenberg: Das politische Leben eines Unpolitischen – Erinnerungen an Werner Heisenberg. piper Verlag, 1983, ISBN 3-492-00579-9
  • Armin Hermann: Werner Heisenberg. rororo Biographien, 1976
  • Armin Hermann: Die Jahrhundertwissenschaft – Werner Heisenberg und die Physik seiner Zeit. Stuttgart, DVA 1976
  • David Irving: Der Traum von der deutschen Atombombe. 1968 (Übersetzung von The Virus House, Irving führte viele Interviews mit Heisenberg)
  • Pascual Jordan: Begegnungen – Albert Einstein, Karl Heim, Hermann Oberth, Wolfgang Pauli, Walter Heitler, Max Born, Werner Heisenberg, Max von Laue, Niels Bohr. Stalling, Oldenburg 1971, ISBN 3-7979-1934-4
  • Robert Jungk: Heller als tausend Sonnen. Bern 1956
  • Christian Kleint, Helmut Rechenberg und Gerald Wiemers (Hrsg.): Werner Heisenberg 1901–1976. Festschrift zu seinem 100. Geburtstag. Abhandlungen der Sächs. Akad. der Wiss. zu Leipzig, Math.-naturw. Klasse Bd. 62 (2005).
  • Christian Kleint und Gerald Wiemers (Herausg.): Werner Heisenberg im Spiegel seiner Leipziger Schüler und Kollegen. Leipziger Universitätsverlag 2006. ISBN 3-86583-079-X
  • Jagdish Mehra, Helmut Rechenberg: The historical development of quantum theory, Springer Verlag, mehrere Bände, 1982 ff.
  • Dietrich Papenfuß, Dieter Lüst, Wolfgang Schleich (Herausgeber): 100 years Werner Heisenberg – Works and Impact, Wiley/VCH 2002
  • Thomas Powers: Heisenbergs Krieg. Die Geheimgeschichte der deutschen Atombombe. Hoffmann & Campe, Hamburg 1993
  • Helmut Rechenberg: Werner Heisenberg – Die Sprache der Atome, 2 Bände, Springer 2010
  • Paul Lawrence Rose: Heisenberg and the Nazi Atomic Bomb Project, 1939–1945: A Study in German Culture University of California Press, 1998, ISBN 0-520-21077-8 (deutsch: Heisenberg und das Atombombenprojekt der Nazis Pendo, Zürich 2001, ISBN 3-85842-422-6)
  • Michael Schaaf: Heisenberg, Hitler und die Bombe. Gespräche mit Zeitzeugen. GNT-Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-928186-60-4
  • Gregor Schiemann: Werner Heisenberg (Beck'sche Reihe Denker). München: C.H. Beck, 2008. ISBN 978-3-406-56840-4
  • Mark Walker: German National Socialism and the Quest for Nuclear Power 1939–1949. Cambridge University Press, 1989

Filme

In dem Fernsehfilm Ende der Unschuld wird die Figur des Prof. Werner Heisenberg durch Jürgen Hentsch dargestellt.

In der US-Fernsehserie Breaking Bad verwendet die Hauptperson den Namen Heisenberg als Pseudonym.

Arbeiten von Heisenberg online

Weblinks

 Commons: Werner Heisenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Vorlage:Commonscat/WikiData/Difference

  1. WEITERLEITUNG Vorlage:MacTutor

Einzelnachweise

  1. Werner Heisenberg: Der Teil und das Ganze, R. Piper & Co. Verlag, München 1969, S. 30
  2. Beschwerde über den Präsidenten der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt Herrn Prof. Dr. Johannes Stark. geschrieben von Friedrich Hund am 20. Juli 1937
  3. Schüler und Besucher in Leipzig
  4. Kommentierte Veröffentlichung der Briefentwürfe von Niels Bohr an Heisenberg über ihr Kopenhagener Gespräch zur Möglichkeit einer deutschen Atombombe. Martin Heisenberg zu den Bohr-Briefen an seinen Vater : Eine persönliche Deutung.
  5. Vgl. Heisenberg Nonlinear problems in physics, physics today 1967.
  6. Zeitschrift für Physik Bd.33, 1925, S. 879
  7. Anschaulicher Inhalt der quantenmechanischen Kinematik, Zeitschrift für Physik, Bd. 43, 1927, S. 172
  8. Zeitschrift für Physik 1932, 1933
  9. Zeitschrift für Physik 1942, 1944
  10. Annalen der Physik 1938
  11. Robert u. Klara Döpel, Werner Heisenberg: Der experimentelle Nachweis der effektiven Neutronenvermehrung in einem Kugel-Schichten-System aus D2O und Uran-Metall. 1942. Mit dem Jahr 1946 der Freigabe durch die Alliierten versehen in: Werner Heisenberg: Gesammelte Werke Bd. A II (Hrsg. W. Blum unter anderem). Springer-Verl., Berlin 1989, S. 536-544.
  12. http://nobelprize.org/nobel_prizes/physics/laureates/1932/
  13.  Nachrichtenblatt der Deutschen Wissenschaft und Technik, Organ des Reichsforschungsrates (Hrsg.): Forschungen und Fortschritte. Personalnachrichten. Auszeichnungen. 19, 23/24, 1943, S. 252.
  14. Mitgliedseintrag von Werner Heisenberg bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 12. Oktober 2012.

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