Tranexamsäure

Tranexamsäure

Strukturformel
Strukturformel von Tranexamsäure
Allgemeines
Freiname Tranexamsäure
Andere Namen

trans-4-(Aminomethyl)cyclohexan-1-carbonsäure

Summenformel C8H15NO2
CAS-Nummer 1197-18-8
PubChem 5526
ATC-Code

B02AA02

DrugBank APRD01270
Kurzbeschreibung

beigefarbener Feststoff[1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Fibrinolyse-Hemmer

Wirkmechanismus

Lysin-Analog

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 157,21 g·mol−1
Schmelzpunkt

386−392 °C (Zersetzung)[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 315-319-335
P: 261-​305+351+338 [1]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3][1]

Xi
Reizend
R- und S-Sätze R: 36/37/38
S: 26-36
LD50

1200 mg·kg−1 (Ratte i.v.) [1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Pharmakologische Informationen
Verabreichungsart peroral (p.o.); intravenös (i.v.); lokal
Bioverfügbarkeit 30–50% nach peroraler Gabe, unbeeinträchtigt durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme. Plazentagängig 100%. Plasmaproteinbindung 3% (fast ausschließlich an Plasmin). Muttermilchgängig 1%.
Metabolismus geringfügig in der Leber; terminale Halbwertszeit 2 Stunden, Verteilungsvolumen 9–12 L
Wechselwirkungen Faktor IX Thromboserisiko Steigerung
Ausscheidung Urin 95% als unveränderte Substanz
Stuhl ---
Inkompatibilität N.N. -
Klinische Informationen
Indikation(en) Kinder Blutungsprävention oder -minderung bei Hämophilie (z. B. Zahnfleischbluten)
Erwachsene Blutungsprävention oder -minderung bei Hämophilie (z. B. Zahnfleischbluten)
Nebenwirkungen Sehstörungen. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Blutdruckabfall (bei schneller i.v. Gabe).
Kontraindikation(en) Niereninsuffizienz (Dosisanpassung erforderlich). Harnwegsblutung (Obstruktionsgefahr). Bestehende Thrombosen.
Zulassungsstatus
Deutschland USA EU
Zulassungsdatum TT.MM.JJJJ 30.12.1986 TT.MM.JJJJ
Status Apothekenpflichtig. Rezeptpflichtig.

Tranexamsäure ist eine Substanz, die in der Medizin zur Hemmung des Fibrinolysesystems verwendet wird. Der Wirkungsmechanismus beruht dabei auf einer Komplexbildung mit Plasminogen, wodurch dessen Bindung an die Fibrinoberfläche gehemmt wird. Damit resultiert letztendlich eine Hemmung der Gerinnselauflösung (Fibrinolyse). Es wird daher als Antifibrinolytikum (Fibrinolysehemmer) bezeichnet.

Herkunft und Herstellung

Tranexamsäure ist ein synthetischer Stoff, der dem Lysin ähnelt. Er zählt wie ε-Aminocapronsäure und p-Aminomethylbenzoesäure zur Gruppe der sogenannten ε-Aminocarbonsäuren.

Wirkungsmechanismus

Tranexamsäure blockiert die Bildung von Plasmin, durch Hemmung der proteolytischen Aktivität der Plasminogenaktivatoren. Dadurch wird Plasmin in seiner Fähigkeit Fibrin zu lysieren behindert. Bei niedriger Dosis wirkt Tranexamsäure als kompetitiver Hemmer des Plasmins, bei hoher Dosierung als nicht-kompetitiver Hemmer. Alle ε-Aminocarbonsäuren wirken analog.

Pharmakokinetik

Aufnahme und Bioverfügbarkeit

Tranexamsäure ist nach peroraler Gabe zu 30–50 % bioverfügbar. Das Verteilungsvolumen beträgt 9–12 L. Die Halbwertszeit ist 2 Stunden.

Verstoffwechselung

Tranexamsäure wird nur sehr geringfügig in der Leber verstoffwechselt. Als Stoffwechselprodukte haben sich Carboxylsäure (1 % der verabreichten Dosis) und die acetylierte Form von Tranexamsäure (0,1 % der verabreichten Dosis) im Urin vorfinden lassen.

Ausscheidung

Die Ausscheidung erfolgt zu 95 % über die Nieren und Harnwege (renale Elimination). Auf Grund der fast ausschließlich renalen Eliminierung der Substanz muss die Dosis bei Niereninsuffizienz vor allem bei längerer Anwendung reduziert werden, damit keine Akkumulation von Tranexamsäure im Plasma erfolgt. In Abhängigkeit vom Kreatinin im Serum wird die Anzahl der Einzeldosen pro Tag vermindert.

Wechselwirkungen

Bei gemeinschaftlicher Verabreichung von Tranexamsäure und Faktor IX wird ein erhöhtes Thromboserisiko beobachtet.

Anwendungsgebiete

  • Zur Verhinderung oder Linderung von Blutungen bei Zahnextraktion oder Zahnfleischblutungen bei Hämophilie.
  • Generalisierte und/oder lokale Hyperfibrinolyse. Minderung der Hyperfibrinolyse entstanden entweder durch Überschuss an Plasmin (Hyperplasminämie) oder als Folge einer thrombolytischen Behandlung mit beispielsweise Streptokinase. Eine erhöhte lokale Fibrinolyse kann bei Prostataoperationen und Operationen an den Harnwegen, bei rezidivierenden Blutungen des Gastrointestinaltraktes, bei Colitis ulcerosa, bei essentieller oder IUP-induzierter Hypermenorrhoe (vermehrter Monatsblutung), bei Nasenbluten und nach Zahnextraktion bei Patienten mit Gerinnungsstörungen (Koagulopathien) auftreten. Ebenso wird Tranexamsäure bei Operationen mit extrakorporalem Kreislauf (Herz-Lungen-Maschine) verwendet.
  • Tranexamsäure findet als Antidot (Gegenmittel) bei der Blockierung von Fibrinolytika wie Streptokinase eine weitere Anwendung. Alternativ gab man hier auch den Proteinaseinhibitor (Antiplasmin) Aprotinin, der wegen seiner thrombogenen Wirkung vom Markt genommen wurde.
  • Hereditäres Angioödem (HAE).

Nebenwirkungen

  • Allergische Reaktionen kommen sowohl systemisch (am ganzen Körper) als auch in Form von Hautausschlägen vor.
  • Tranexamsäure kann insbesondere bei Patienten mit angeborener oder erworbener Neigung zu Thrombosen (Thrombophilie) zu einer Bildung oder Vermehrung von Thrombosen führen. Thrombosen können nachfolgend zu Embolien führen (Lungenembolie, Schlaganfall).
  • Vorhofflimmern mit erhöhtem Schlaganfallrisiko.
  • Tranexamsäure kann bei Menschen Sehstörungen auslösen. Im Tierexperiment wurden Schädigungen der Netzhaut beschrieben.

Gegenanzeigen (Kontraindikationen)

  • Stillzeit. Tranexamsäure geht in die Muttermilch über (in sehr geringen Konzentrationen).
  • Blutungen im Harntrakt. Es können durch Anwendung von Tranexamsäure Verstopfungen der Harnleiter mit nachfolgendem Urinaufstau entstehen.
  • Thrombosen. Thrombosen (vorbestehend) werden bei Gabe von Tranexamsäure gefördert.
  • Sepsis und DIC (disseminierte Intravasale Gerinnung).

Darreichungsformen und Wirkstärken

  • 1 Filmtablette enthält 500 mg Tranexamsäure.
  • 1 Ampulle mit 5 ml enthält 500 mg Tranexamsäure.
  • 1 Ampulle mit 10 ml enthält 1000 mg Tranexamsäure.
  • 1 Brausetablette enthält 1000 mg Tranexamsäure.

Handelsnamen

Cyklokapron, Hersteller: MEDA Pharma; Quixil Hersteller: OMRIX biopharmaceuticals

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Datenblatt trans-4-(Aminomethyl)cyclohexanecarboxylic acid, 97% bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 24. April 2011.
  2. 2,0 2,1 2,2 Cornelia Imming, in: Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  3. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
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