Schwingung
Als Schwingungen oder Oszillationen (lateinisch oscillare ‚schaukeln‘) werden wiederholte, zeitliche Schwankungen von Zustandsgrößen eines Systems bezeichnet.[1] Als Schwankung wird die Abweichung von einem Mittelwert bezeichnet. Schwingungen können in allen rückgekoppelten Systemen auftreten.[2] Beispiele für Schwingungen sind in der Mechanik, in der Elektrotechnik, der Biologie, in der Wirtschaft (Schweinezyklus) und in vielen anderen Bereichen anzutreffen.
Man unterscheidet:
- periodische[3] und nichtperiodische (quasiperiodische oder chaotische[4][5]) Schwingungen.
- gedämpfte und ungedämpfte Schwingungen,
- freie, erzwungene (fremderregte), selbsterregte und parametererregte Schwingungen,
- lineare und nichtlineare Schwingungen,
- Schwingungen mit einem, mit endlich vielen und mit unendlich vielen Freiheitsgraden (Schwingungen eines Kontinuums).
- kontinuierliche Schwingungen und Oszillation zwischen diskreten Zuständen.
Alle diese Eigenschaften können kombiniert sein.
Eine mechanische, periodische Schwingung von Körpern nennt man Vibration. Eine Schwingung, die zur Informationsübermittlung dient nennt man auch Signal, zum Beispiel elektrisches Signal. Die räumliche Ausbreitung einer Störung oder Schwingung ist eine Welle.
Harmonische Schwingung
Darstellung einer harmonischen Schwingung. |
Als harmonisch wird eine Schwingung bezeichnet, deren zeitlicher Verlauf durch eine Sinusfunktion beschrieben werden kann.
Die Grafik zeigt eine harmonische Schwingung mit der Auslenkung $ y(t) $, der Amplitude $ y_{0} $ und der Periodendauer $ T $.
Die Auslenkung $ y(t) $ zu einem Zeitpunkt $ t $ gibt den momentanen, die Amplitude den maximal möglichen Wert der Größe $ y $ an. Die Periodendauer oder die Schwingungsdauer ist die Zeit, die verstreicht, während ein schwingungsfähiges System genau eine Schwingungsperiode durchläuft, d. h. nach der es sich wieder im selben Schwingungszustand befindet. Der Kehrwert der Periodendauer T ist die Frequenz f, also: $ f={1 \over T}\quad $.
Statt f wird auch der griechische Buchstabe $ \nu $ (sprich: "nü") verwendet. Die Einheit der Frequenz ist das Hertz (1 Hz = 1 s−1).
Eine ungedämpfte Schwingung ist harmonisch, wenn die Rückstellgröße (z. B. die rückstellende Kraft) proportional zur Auslenkung beispielsweise eines Federpendels ist. Hierbei spricht man auch von einem harmonischen Oszillator oder einem linearen System, da die rückstellende Kraft sich linear mit der Auslenkung ändert: Verdoppelt sich diese, verdoppelt sich auch die rückstellende Kraft.
Eine solche Schwingung lässt sich beschreiben durch
- $ y(t)=y_{0}\cdot \sin(2\pi ft+\varphi _{0})\, $
mit
- $ y_{0} $ = Amplitude und
- $ \varphi _{0} $ = Anfangsphase der Schwingung.
Das $ 2\pi $-fache der Frequenz, $ \omega =2\pi \cdot f $, ist die Kreisfrequenz der Schwingung. Durch Verwendung der Kreisfrequenz ergibt sich eine kompaktere Schreibweise:
- $ y(t)=y_{0}\cdot \sin(\omega \,t+\varphi _{0})\, $
Linear gedämpfte Schwingung
Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Größe $ x(t) $ bei einer freien gedämpften Schwingung. |
Makroskopische physikalische Systeme sind immer gedämpft. Da sie beispielsweise durch Reibung Energie an die Umgebung abgeben, nimmt die Amplitude ihrer Schwingung im Laufe der Zeit ab. Überlässt man ein solches System sich selbst (freie Schwingung), so führt dieses letztendlich zum „Stillstand“, wie aus dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik hervorgeht. Perpetua Mobilia sind also (siehe Energieerhaltungssatz) nicht möglich.
Stellt man das Kräftegleichgewicht eines harmonischen Oszillators mit einer zur Geschwindigkeit proportionalen Dämpfung auf, so ergibt sich folgende Bewegungsgleichung:
- $ m{\ddot {x}}+d{\dot {x}}+kx=0\, $
Dabei ist
- $ m $ die Masse,
- $ d $ die Dämpfungskonstante und
- $ k $ die Federkonstante (das Rückstellmoment).
(Für Drehschwingungen ist $ m $ durch das Trägheitsmoment $ J $ und $ x $ durch den Auslenkungswinkel $ \varphi $ zu ersetzen.)
Hierbei handelt es sich um eine homogene lineare gewöhnliche Differentialgleichung 2. Ordnung, die sich auf die allgemeine Form
- $ {\ddot {x}}+2\delta {\dot {x}}+\omega _{0}^{2}x=0\, $
bringen lässt, wenn man die (positiven) Abkürzungen für die Abklingkonstante
- $ \delta ={\frac {d}{2m}} $
und die ungedämpfte Eigenkreisfrequenz
- $ \omega _{0}={\sqrt {\frac {k}{m}}} $
einführt, deren Bedeutungen erst bei der Interpretation der Lösung deutlich werden.
Beim klassischen Weg zur Lösung einer solchen linearen homogenen Differentialgleichung (alternativ kann man Methoden der Operatorenrechnung benutzen) können mit Hilfe des Ansatzes
- $ x(t)=e^{\lambda t}\, $
mit gegebenenfalls komplexem Parameter $ \lambda $ zwei linear unabhängige Lösungen gefunden werden, welche ein Fundamentalsystem bilden. Eingesetzt in die Differentialgleichung ergibt sich:
- $ (\lambda ^{2}+2\delta \lambda +\omega _{0}^{2})\,e^{\lambda t}=0 $.
In dieser Gleichung kann nur der Klammerausdruck gleich Null sein. Man erhält die sogenannte charakteristische Gleichung zur Bestimmung der Konstante $ \lambda $:
- $ \lambda ^{2}+2\delta \lambda +\omega _{0}^{2}=0 $
Das ist eine quadratische Gleichung, deren Diskriminante
- $ \delta ^{2}-\omega _{0}^{2} $
bestimmt, ob sie zwei reelle Lösungen, zwei konjugiert komplexe Lösungen oder eine sogenannte Doppelwurzel besitzt. Deshalb ist eine Fallunterscheidung erforderlich.
Die Theorie der linearen Differentialgleichungen zeigt, dass die allgemeine Lösung der homogenen Differentialgleichung eine Linearkombination der beiden ermittelten Lösungen ist. Besitzt die charakteristische Gleichung zwei Lösungen (also ist die Diskriminante ungleich 0), dann lässt sich die allgemeine Lösung der Bewegungsgleichung wie folgt schreiben:
- $ x(t)=X_{1}e^{\lambda _{1}t}+X_{2}e^{\lambda _{2}t}. $
Die beiden (im Allgemeinen komplexen) Konstanten $ X_{1} $ und $ X_{2} $ repräsentieren die zwei noch vorhandenen Freiheitsgrade der allgemeinen Lösung. Durch die Festlegung von zwei Anfangsbedingungen (z. B. $ x(0) $ oder/und $ {\dot {x}}(0) $) müssen die beiden Konstanten für einen konkreten Fall präzisiert werden.
Schwingfall
Eine Schwingung kann es nur geben, wenn die Verluste gering sind. Dann ist mit $ \delta <\omega _{0} $ die Diskriminante negativ, der Wurzelausdruck imaginär und man erhält zwei konjugiert komplexe Lösungen:
- $ \lambda _{1,2}=-\delta \pm i{\sqrt {\omega _{0}^{2}-\delta ^{2}}} $.
Mit der gedämpften Eigenkreisfrequenz:
- $ \omega _{d}={\sqrt {\omega _{0}^{2}-\delta ^{2}}} $.
ergibt sich kürzer:
- $ \lambda _{1,2}=-\delta \pm i\omega _{d} $.
Damit erhält man
- $ x(t)=e^{-\delta t}\left(X_{1}e^{i\omega _{d}t}+X_{2}e^{-i\omega _{d}t}\right). $
Mit Hilfe der Eulerschen Formeln lässt sich die Lösung der homogenen Differentialgleichung auch in trigonometrischer Form angeben. Diese ist rein reell und praktisch besser interpretierbar:
- $ x(t)=e^{-\delta t}\left(X_{3}\sin(\omega _{d}\,t)+X_{4}\cos(\omega _{d}\,t)\right)\, $
oder
- $ x(t)=x_{0}\,e^{-\delta t}\cos(\omega _{d}\,t+\varphi _{0})\, $
Auch hier sind jeweils die beiden Konstanten $ X_{3} $ und $ X_{4} $ bzw. $ x_{0} $ und $ \varphi _{0} $ durch die Anfangsbedingungen zu bestimmen. Insbesondere die letzte Form ist leicht als „gedämpfte Schwingung“ zu interpretieren.
Durch Vorgabe der zwei Anfangsbedingungen $ x(0) $ und $ {\dot {x}}(0) $ können die beiden Konstanten eliminiert werden. Ausgehend von der ersten trigonometrischen Form erhält man die konkrete von beiden Anfangsbedingungen abhängige Lösung
- $ x(t)=e^{-\delta t}\left({\frac {{\dot {x}}(0)+\delta x(0)}{\omega _{d}}}\cdot \sin(\omega _{d}\,t)+x(0)\cdot \cos(\omega _{d}\,t)\right)\,. $
Wenn die Abklingkonstante $ \delta $ gleich Null ist, bleibt die Amplitude konstant. Die Schwingung ist ungedämpft mit der Kreisfrequenz $ \omega _{d}=\omega _{0} $.
Aperiodischer Grenzfall
Die Grenze ab der keine Schwingung mehr möglich ist, bildet der aperiodische Grenzfall ($ \delta =\omega _{0} $ bzw. $ \omega _{d}=0 $). Die Lösung enthält dann keine Sinusfunktion. Da nun $ \lambda _{1}=\lambda _{2}=-\delta $ gilt, muss eine zu $ e^{\lambda _{1}t} $ unabhängige zweite Lösung auf andere Weise konstruiert werden. Es ergibt sich
- $ x(t)=X_{1}e^{-\delta t}+X_{2}te^{-\delta t}. $
Kriechfall
Bei hoher Dämpfung, also für $ \delta >\omega _{0} $ ergibt sich der Kriechfall, dessen Lösung sich aus zwei Exponentialfunktionen mit den beiden reellen $ \lambda _{1,2} $ zusammensetzt:
- $ x(t)=X_{1}e^{\lambda _{1}t}+X_{2}e^{\lambda _{2}t} $.
Frequenzspektrum einer Schwingung
Eine Schwingung lässt sich statt als zeitabhängige Änderung auch als Funktion im Frequenzraum betrachten. Die mathematische Transformation nennt man Fouriertransformation. Der Informationsgehalt bleibt dabei erhalten, daher lässt sich aus einem Frequenzspektrum durch Rücktransformation immer die entsprechende zeitabhängige Schwingung rekonstruieren. Hintergrund dieser Überlegung ist, dass sich jede Schwingung durch eine additive Überlagerung (Superposition) von harmonischen Schwingungen unterschiedlicher Frequenz darstellen lässt. Die Superposition zweier harmonischer Schwingungen nennt man Schwebung.
Anregung einer Schwingung
Erzwungene Schwingungen
Freie Schwingungen führt ein schwingfähiges System aus, das nach einer Störung/Auslenkung sich selbst überlassen, oszillierend (oder im Falle der kritischen bzw. überkritischen Dämpfung kriechend) in den Gleichgewichtszustand zurückkehrt; siehe oben. Die Frequenz der freien Schwingungen ist die Eigenfrequenz des Schwingers. Bei Schwingungen mit mehreren Freiheitsgraden gibt es entsprechend viele Eigenfrequenzen.
Erzwungene Schwingungen führt ein Schwinger aus, der durch zeitveränderliche äußere Einwirkung zum Schwingen angeregt (gezwungen) wird. Praktisch bedeutsam sind vor allem periodische Erregungen und darunter die harmonische, sinusförmige Erregung. Die Frequenz der periodischen Erregung wird als Erregerfrequenz bezeichnet. Es gibt auch mehrfrequente Erregungen oder Erregungen durch Zufallsprozesse.
Im Falle der harmonischen Erregung führt ein lineares System im Allgemeinen zwei Schwingungen gleichzeitig aus:
- die freie Schwingung (mit der Eigenfrequenz bzw. mehreren Eigenfrequenzen), deren Größe von den Anfangsbedingungen abhängt und die durch die stets vorhandene Dämpfung während der Einschwingzeit abklingt und
- die erzwungene Schwingung mit der Erregerfrequenz bei konstanter Anregungsstärke. Die Amplitude dieser Schwingung ist nach Beendigung des Einschwingvorgangs konstant. Das Verhältnis zwischen der Amplitude und der Stärke der Erregung, wird durch die Vergrößerungsfunktion quantifiziert.
In der Technischen Mechanik sind die wichtigsten Erregungsmechanismen die Wegerregung, die Krafterregung und die Unwuchterregung (siehe Vergrößerungsfunktion).
Die Amplitude der erzwungenen Schwingung nimmt im Falle der Resonanz ein Maximum an. Bei fehlender Dämpfung und Gleichheit von (einer) Erregerfrequenz und (einer) Eigenfrequenz wird die Amplitude unendlich. Mit wachsendem Dämpfungswert verschiebt sich die Resonanzstelle geringfügig und die Resonanzamplitude nimmt ab.
Selbsterregte Schwingungen
Schwingungssysteme, bei denen die Energiezufuhr durch ein geeignetes Steuerelement und den Schwingungsvorgang selbst gesteuert wird, führen selbsterregte Schwingungen aus und werden Oszillator genannt. In den Differentialgleichungen wirkt sich diese Erscheinung so aus, dass der Dämpfungswert Null wird. Ein typisches Beispiel im Bereich der Mechanik sind die Schwingungen der Saiten einer Violine. Diese werden dadurch verursacht, dass die Haftreibung zwischen Bogen und Saite größer ist als die Gleitreibung und die Gleitreibung mit wachsender Differenzgeschwindigkeit noch abnimmt. Weitere Beispiele sind das Tönen von Gläsern durch Reiben des Randes und elektronische Taktgeber (Oszillatorschaltung).
Selbsterregte Schwingungen nehmen in der Amplitude zu, bis die überproportional mit der Amplitude zunehmende Dämpfung die Energieeinkopplung kompensiert oder das schwingende System zerstört wird.
Parametererregte Schwingungen
Eine parametererregte Schwingung tritt dann auf, wenn sich Parameter des Schwingungssystems (Trägheitsgrößen, Dämpfungswerte oder Federkonstanten) periodisch ändern, z. B. beim Schaukeln.
Lineare und nichtlineare Schwingungen
Lineare Schwingungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich mit Differentialgleichungen beschreiben lassen, bei denen alle Abhängigkeiten von der schwingenden Größe und ihren zeitlichen Ableitungen linear sind. Bei nichtlinearen Schwingungen ist das nicht der Fall. Nichtlineare Schwingungen sind daher nicht streng sinusförmig. Von größerer praktischer Bedeutung ist, dass sich bei einem getriebenen Oszillator das Resonanzverhalten erzwungener Schwingungen ändert und die Amplituden selbsterregter Schwingungen beschränkt bleiben.
Nichtlineare Systeme sind häufig nicht integrabel. Das bedeutet, dass die Differentialgleichung(en) keine analytische Lösung besitzen. Das Schwingverhalten solcher Systeme wird daher meist mit numerischen Computersimulationen untersucht. Eines der ersten Experimente war das Fermi-Pasta-Ulam-Experiment, bei dem eine Saitenschwingung mit nichtlinearem Störterm untersucht wurde. Als Lösung solcher Systeme erhält man meist eine quasiperiodische oder chaotische Oszillation, wobei das Verhalten (quasiperiodisch oder chaotisch) häufig von der Energie der Schwingung abhängt. Ein nichtlineares System, das kein chaotisches Verhalten ermöglicht, ist der Van-der-Pol-Oszillator. Chaotisches Verhalten lässt sich beispielsweise bei einem Doppelpendel beobachten.
Schwingungen mit mehreren Freiheitsgraden
Schwingungen mit einem Freiheitsgrad sind solche, die sich mit einer schwingenden Größe vollständig beschreiben lassen. Ein Beispiel dafür sind Schwingungen des ebenen Fadenpendels. Lässt man beim Pendel räumliche Bewegungen zu wie bei einem foucaultschen Pendel, so handelt es sich bereits um einen Schwinger mit zwei Freiheitsgraden. Im Folgenden beschränken wir uns auf die Betrachtung kleiner Auslenkungen.
An diesem Beispiel lässt sich sehen, dass die Bezeichnung als Schwingung von den betrachteten Größen abhängen kann, also der Wahl der generalisierten Koordinaten. So lässt sich das Pendel auslenken, sodass die Schwingung in einer Ebene stattfindet. Gibt man dem Pendel zusätzlich noch eine Anfangsgeschwindigkeit senkrecht zur Auslenkungsrichtung, so kann man Ellipsenbahnen oder eine Kreisbewegung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit beobachten.
Betrachtet man Auslenkungswinkel des Pendels von der Seite von zwei verschiedenen Richtungen, erhält man zwei harmonischen Schwingungen gleicher Periodendauer. Eine Überlagerung von zwei harmonischen Schwingungen nennt man Lissajous-Figur. Eine andere Möglichkeit ist, das Pendel von oben zu betrachten und Abstand zur Ruhelage sowie die Richtung der Auslenkung als fortlaufende Entfernung zum Anfangswinkel zu notieren. Im Fall einer Kreisbahn sind beide keine Schwingungen mehr.
Die Anzahl Freiheitsgrade eines mechanisches System mit mehreren Massen, die sich unabhängig voneinander bewegen können, ist die Summe aller einzelnen Freiheitsgrade. Weitere Beispiele für Schwingungen mit mehreren Freiheitsgraden sind Torsionsschwingungen einer Kurbelwelle oder die Horizontalschwingungen eines mehrgeschossigen Bauwerkes unter Erdbebeneinfluss.
Manche Schwingungen eines Systems mit mehreren Freiheitsgraden lassen sich bei geeigneter Wahl der Koordinaten als mehrere unabhängige Schwingungen betrachten. Für eine Schwingung, die sich mittels Differentialgleichungen beschreiben lässt bedeutet dies, dass die Gleichung der einzelnen Koordinaten entkoppeln. Sind die einzelnen Schwingungen periodisch, lassen sich dann aus den entkoppelten Differentialgleichungen die Eigenfrequenzen des Systems bestimmen. Lassen sich alle Eigenfrequenzen als ganzzahliges Vielfaches einer Konstanten schreiben, so ist auch die Schwingung des Gesamtsystems periodisch.
Bei nichtlinearen Schwingungssystemen ist eine Entkopplung der Differentialgleichungen in geschlossener Form meist nicht möglich. Es existieren jedoch Näherungsverfahren, die ausgehend von einer Linearisierung der Differentialgleichungen eine iterative Lösung ermöglichen.
Schwingungen eines Kontinuums
Schwingungen eines Kontinuums lassen sich durch Wellen beschreiben. Diese Wellen können reflektiert werden, wenn sich das Medium ändert. Innerhalb des Schwingenden Körpers findet daher eine Überlagerung statt, was zu stehenden Wellen führt. In einer Dimension beispielsweise eine Saitenschwingung einer Geige oder in zwei Dimensionen die Schwingung einer Membran wie in einem Lautsprecher. Eine solche Welle lässt sich mathematisch durch unendlich viele gekoppelte Oszillatoren, also einem System mit unendlich vielen Freiheitsgraden beschreiben. Im Unterschied zu einem System mit endlich vielen Freiheitsgraden, besitzt ein harmonischer kontinuierlicher Schwinger daher keine endliche Anzahl von möglichen Eigenfrequenzen, sondern eine Grundfrequenz und unendlich viele Oberschwingungen. Eine solche Schwingung wird dann durch ihr Frequenzspektrum beschrieben.
Von praktischem Interesse in der Technik sind des Weiteren die Schwingungen von Stäben, Platten und Schalen. Ein einseitig eingespannter Balken besitzt viele Freiheitsgrade der Schwingung, die sich nicht nur durch ihre Resonanzfrequenzen, sondern auch durch die Art ihrer Bewegung unterscheiden.
Weitere Beispiele
Im Alltag begegnen uns Schwingungen zum Beispiel in Musikinstrumenten und am Uhrpendel, aber auch in Schwingquarzen von Uhren oder zur Takterzeugung in anderen elektronischen Geräten.
Auch die Atome in einem Kristallgitter oder Moleküle können um eine Gleichgewichtslage schwingen und erzeugen so zum Beispiel charakteristische Absorptionsspektren.
Oszillierende Reaktionen geben den Takt vor für die Atmung und den Herzschlag.
Bei Elektronenröhren wird häufig Mikrofonie beobachtet. Sie entsteht durch von außen auf die Bauteile einwirkende störende mechanische Schwingungen etwa durch nah dabeistehende Lautsprecher.
Als Regenerativeffekt wird bezeichnet man in der Fertigungstechnik Schwingungen, die während des Fertigungsvorganges innerhalb einer Maschine auftreten.
In der Geologie und Meteorologie werden kleinere und mit gewisser Regelmäßigkeit wiederkehrende Schwankungen des Meeresspiegels, der Eisrandlagen, der Erdkrustenstücke, des Erdmagnetfeldes oder des Klimas beobachtet.
In der Wirtschaft dient das Goodwin-Modell zur Erklärung von Konjunkturzyklen.
Die Lotka-Volterra-Gleichungen beschreiben näherungsweise die Schwankungen von Räuber- und Beutepopulationen.
Einzelnachweise
- ↑ Kurt Magnus, Karl Popp: Schwingungen, 7. Auflage, Teubner 2005, ISBN 3-519-52301-9, S. 13 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche) „Als Schwingungen werden mehr oder weniger regelmäßig erfolgende zeitliche Schwankungen von Zustandsgrößen bezeichnet.“
- ↑ TM2, TU Cottbus (PDF-Datei 92 KB)
- ↑ Rudolf Jürgler: Maschinendynamik, 3. neu bearbeitete Auflage. Springer 2004, ISBN 3-540-62227-6 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)
- ↑ Michel Hénon in Chaotic Behaviour of Deterministic Systems, Kapitel Numerical exploration of Hamiltonian Systems, Seiten 53–76. eds. Iooss, Helleman, Stora; North-Holland, 1983
- ↑ Steven H. Strogatz: Nonlinear Dynamics and Chaos; Perseus Books Group, 2001; S.273ff Kapitel 8.6 Coupled Oscillators and Quasiperiodicity
Siehe auch
- Harmonograph
- Humanschwingungen, mechanische Schwingungen, die auf den Menschen einwirken
- Vibrationen, Schwingungen von Stoffen und Körpern
Literatur
- Hans Dresig: Schwingungen und mechanische Antriebssysteme. 2. Auflage. Springer Science+Business Media, 2005, ISBN 978-3540260240.
- N. N. Bogoliubow, Y. A. Mitropolski: Asymptotic Methods in the Theory of Non-Linear Oscillations. Taylor and Francis, 1961, ISBN 9780677200507.
- Th. Frey, M. Bossert: Signal- und Systemtheorie. In: Teubner Informationstechnik. Teubner Verlag, 2004, ISBN 3-519-06193-7.
- Anatole Katok, Boris Hasselblatt: Introduction to the modern theory of dynamical systems. Cambridge, 1996, ISBN 0-521-57557-5.