Schaumstoff

Schaumstoff

Schaumstoffe sind künstlich hergestellte Stoffe mit zelliger Struktur und niedriger Dichte. Es eignen sich fast alle Kunststoffe zum Schäumen. Schaumstoffe kann man zusammendrücken, also durch Druck ihr Volumen deutlich verkleinern (siehe Kompressibilität).

Einteilung

Topfschwämme als ein Beispiel für einen offenzelligen Schaumstoff
  • Geschlossenzelliger Schaumstoff: die Wände zwischen den einzelnen Zellen sind komplett geschlossen.
  • Offenzelliger Schaumstoff: die Zellwände sind nicht geschlossen, diese Schaumstoffe können daher Flüssigkeiten aufnehmen.
  • Gemischtzellige Schaumstoffe enthalten beide Arten von Zellen.
  • Integralschäume: Sie haben eine geschlossene dicke Außenhaut und einen zelligen Kern, die Dichte nimmt nach innen hin ab.
Siehe hierzu auch: Retikulieren

Eigenschaften

Schaumstoffe zeichnen sich durch eine sehr niedrige Dichte (hier Raumgewicht genannt) und Wärmeleitfähigkeit bei nur geringer Festigkeit aus. Die Ver- und Bearbeitbarkeit ist bei geringen Werkzeugkosten einfach möglich. Bedingt durch den inneren Aufbau, sind Bauteile aus Schaumstoff nahezu eigenspannungsfrei.

Festigkeiten und Gewicht

  • Die Festigkeit wird in Stauchhärte z. B. Stauchhärte 40 = 4 kPa bei 40 % zusammendrücken (meistverbreitet, aber ungenau) oder Eindruckhärte (unbekannter, aber aussagekräftiger) ausgedrückt. Beispielsweise entspricht die Stauchhärte von 40 ca. 40 g/cm².
  • Das Raumgewicht wird in kg/m³, veraltet auch g/l, angegeben.

Das Raumgewicht z. B. RG 35 ≙ 35 kg/m³ und die Stauch- bzw. Eindruckhärte sind zumeist nicht voneinander abhängig. Ein schwerer Schaumstoff muss kein fester Schaumstoff sein. Dies ist vielmehr vom Einsatz der Rohchemikalien, dem „Wetter“ (das relative Klima bei der Schäumung) und den handwerklichen Fähigkeiten des Schäummeisters abhängig. Daraus ergeben sich Toleranzen. Festigkeitstoleranzen werden im Bereich ±15 % von Charge zu Charge und innerhalb der Charge akzeptiert. Die Angaben bei Schaumstoffe z. B.: RG35/40 = Raumgewicht/Stauchhärte (also 35 kg/m³ / 4 kPa bei 40 % zusammendrücken).

Schäumverfahren

Nach Art der Herstellung unterscheidet man:

  • physikalisches Schäumen: Das Material wird durch einen physikalischen Vorgang geschäumt.
  • chemisches Schäumen: Dem Kunststoffgranulat wird ein Treibmittel, meist in Form eines so genannten Masterbatchgranulates, zugegeben. Durch Wärmezufuhr spaltet sich ein flüchtiger Bestandteil des Treibmittels ab, was zum Aufschäumen der Schmelze führt.
  • mechanisches Schäumen: Hierbei wird Luft in das zu schäumende Harz oder die Paste eingerührt; durch Vernetzen des Harzes oder durch Gelieren der Paste verfestigt sich dieser Schaumstoff.

Schaumextrusion

Bei der Herstellung von PP-E-Schaum (ebenso möglich ist dies für Polyethylen, Polystyrol, PET oder einige Biopolymere) wird aufgeschmolzenes Polypropylen im Extruder unter hohen Drücken mit Treibgas (z. B. Pentan, CO2) versetzt. Früher wurden als Treibmittel oft FCKW eingesetzt, deren Verwendung aber aufgrund der Ozon-Problematik inzwischen weitestgehend verboten ist.

Beim Austreten aus einer Lochdüse expandiert der Kunststoff auf das 20- bis 50-fache Volumen. Die entstehenden Schaumstränge können zum einen durch rotierende Messer im Wasserringgranulator oder Unterwassergranulator zu Schaumpartikeln von ca. 2–8 mm Durchmesser gekürzt werden. Sie werden dann vom Wasser abgeschieden, getrocknet, in Silos konditioniert und dann im sog. Formteilprozess zu Schaumformteilen verarbeitet.

Ein sehr wichtiger Prozess ist die Herstellung geschäumter Folien (z. B. aus PP oder PE als Trittschalldämmung) oder geschäumter Platten (z. B. aus PS). Das kontinuierliche Extrusionsverfahren wird dabei aber in den meisten Fällen mit so genannten Kaskadenextrudern, also zwei hintereinander angeordneten Extrudern, durchgeführt. Während im ersten Extruder, wie schon erwähnt, das Kunststoffgranulat aufgeschmolzen („plastifiziert“) wird, wird nach Zugabe des Treibmittels im zweiten Extruder ebendieses Treibmittel sehr gleichmäßig eingemischt. Zudem wird dabei die Schmelze auf ein definiertes Temperaturniveau gebracht (meistens ein Abkühlprozess), wonach diese dann in einem Breitschlitzwerkzeug auf die ungefähre Breite der späteren Folie oder Platte gebracht wird. Durch den im Verhältnis zum Dampfdruck des Treibmittels geringeren Umgebungsdruck expandiert die Schmelze und wird in einer speziellen Vorrichtung auf die gewünschte Plattendicke kalibriert. Die nachfolgenden Aggregate schneiden die Platten auf das gewünschte Maß bzw. wickeln die Folie auf, so dass die Produkte dann für eine Weiterverarbeitung zur Verfügung stehen.

Formteilprozess

Der Formteilprozess dient zur Verarbeitung von Schaumstoffpartikeln (EPS, EPP, EPE) zu Schaumstoffformteilen.

Schaumstoffkügelchen mit Durchmessern von ca. 1–8 mm werden in poröse Aluminiumformen eingeblasen und mittels Heißdampf (ca. 1,2 bar für EPS, ca. 3 bar bei EPP) miteinander versintert. Nach der Abkühl- und Stabiliserphase können die neu entstandenen Formteile entformt werden.

Dieses Herstellverfahren ermöglicht es, thermoplastische Schaumteile im Dichtebereich zwischen ca. 12 kg/m³ und 300 kg/m³ bei sehr homogener Dichteverteilung über das gesamte Schaumteil herzustellen. Direktschäumverfahren mit chemischen oder physikalischen Treibgasen beim Spritzguss erlauben dies wegen der begrenzten Abkühlgeschwindigkeit bei größeren Wandstärken nicht.

Der Formteilprozess ist sehr energieintensiv, da bei jedem Zyklus (Schuss) das Werkzeug (Form) und einige Teile des Formteilautomaten aufgeheizt und wieder abgekühlt werden müssen.

Anwendungsgebiete der EPP-Formteile sind z. B. Isolierbehälter, Heizungsisolationen, Mehrwegtransportverpackungen und in zunehmendem Maße Automobilteile wie Stoßfängerkerne, Sonnenblenden, Crashpads, Toolboxen (die in der Ersatzradfelge liegen und z. B. Anhängerkupplung, Wagenheber und Bordwerkzeug aufnehmen) oder Freizeitartikel vgl..[1]

Die Schaumextrusion von Partikelschaumstoffen bietet folgende Vorteile gegenüber im Autoklaven hergestellten Partikelschäumen:

  • kostengünstige Herstellung, da ein Verfahrensschritt entfällt (Autoklavbehandlung)
  • einfacherer und schnellerer Farbwechsel

Nachteile des Extrusionsmaterials hingegen sind eine durchschnittlich höhere Verarbeitungstemperatur, verbunden mit einem höheren Energieverbrauch und teilweise deutlich schlechtere mechanische Eigenschaften relativ zur Dichte im Vergleich zu Autoklavmaterial.

Styroporverfahren

Expandiertes Polystyrol (EPS) wird durch physikalisches Schäumen hergestellt: Das treibmittelhaltige Granulat (5 % Pentan) wird zunächst durch Erhitzen mit Wasserdampf bei ca. 105 °C bis auf das 40 bis 80-fache Volumen vorgeschäumt und danach zwischen 3 und 48 Stunden bei Raumtemperatur zwischengelagert, so dass danach das Pentan bis auf einen Anteil von ca. 3 % entweichen und Luft eindringen kann. Somit wird die Entstehung eines Vakuums im Inneren vermieden. Beim Fertigschäumen wird das vorgeschäumte EPS in eine Form gefüllt und durch weiteres Erhitzen auf ca. 130 °C mit Wasserdampf expandiert, das heißt, es füllt die Form und die einzelnen Teilchen verschmelzen an den Rändern. Bei großen Blockformen wird meist zudem vor dem Einbringen des Wasserdampfes ein Vakuum angelegt, um das Expandieren der EPS-Teilchen zu begünstigen.

Die Dichte wird durch den Vorschäumgrad bestimmt. Wird dieser jedoch zu groß, so fällt das fertige Produkt zusammen.

Thermoplast-Schaumguss-Verfahren (TSG)

Durch Zugabe von Treibmitteln zu einer Reihe von Thermoplasten, auch solche mit Füllstoffen (Glas- oder Karbonfasern) lassen sich Schaumstrukturen in Spritzgussteilen erstellen. Die Treibmittel können je nach Art und Konsistenz dem Granulat in wenigen Prozent zugemischt oder der Schmelze im Zylinder in flüssigem Zustand unter hohem Druck zugepumpt werden. Im Kern besitzen die entstehenden Formteile eine Schaumstruktur, zur Oberfläche hin eine weitgehend kompakte Außenhaut. Das Verfahren wird angewendet, um z. B. dickwandige Partien an Spritzgussteilen mit einem Schaumkern zu versehen, um Einfallstellen zu vermeiden bis hin zur Innenschäumung relativ dickwandiger Formteile, um Gewicht sparen zu können, ohne die Wanddicke reduzieren zu müssen. Man wendet das Verfahren bei Wanddicken ab 2 mm, aber meist bei Wanddicken zwischen 4 und 20 mm an.

Die erforderlichen Drücke für den Einspritzvorgang in das Werkzeug und den Nachdruck sind erheblich niedriger, als für das normale Spritzgießen. So sind die Maschinen meist nur mit Einspritzdrücken bis ca. 1000 bar ausgestattet. Die großen Schussgewichte realisiert man oft mit Kolbeneinspritzaggregaten, die durch eine Vorplastifizierschnecke befüllt werden. Ein Nachdruck kann meist entfallen, da die Konturbildung in der Werkzeughöhlung durch die Expansion des Treibmittels erfolgt. Abgesehen von dem zuletzt genannten Unterschied ist das Verfahren dem normalen Spritzgießen prinzipiell sehr ähnlich. Jede normale Spritzgießmaschine ist für das Verfahren verwendbar.

Das TSG-Verfahren eignet sich dafür, besonders steife Konstruktionen zu erstellen, da beliebige Wanddickenunterschiede herstellbar sind, ohne dass Einfallstellen entstehen. Häufig werden auf Rundtischmaschinen mehrere Werkzeuge nacheinander eingespritzt. Damit wird die Ausbringung trotz langer Kühlzeiten (durch die großen Wanddicken) verbessert.

PUR-Schäumen

Hier werden im Gegensatz zum Styroporverfahren flüssige, reaktionsfähige Ausgangsstoffe vom Verarbeiter verwendet. Werden Polyole mit Isocyanaten und dem Treibmittel (meist Wasser) vermischt, so reagiert das Polyol mit dem Isocyanat in einer Polyaddition zu PUR (Polyurethanschaum) und das Treibmittel bildet Gaseinschlüsse (bei dem Treibmittel Wasser reagiert dieses mit einem Teil des Isocyanates wobei Kohlendioxid freigesetzt wird). Zusatzstoffe wie auch das Treibmittel werden im Polyol beigemengt, so dass meist zwei Komponenten zum Einsatz kommen.

Je nach Auswahl der Ausgangsstoffe können die Eigenschaften eingestellt werden. So erhält man bei Verwendung von langkettigen Polyolen weiche bis elastische Schäume, oder bei kurzkettigen Polyolen stark vernetzte harte Schaumstoffe.

Als Hauptverfahren kann man das kontinuierliche Bandschäumen und die beiden diskontinuierlichen RSG (Reaktionsschaumguss) und RIM (Reaktion-Injektions- Moulding) bzw. Niederdruck und Hochdruck-Verfahren, wobei das Letztere immer mehr Verbreitung findet, nennen.

Bei den diskontinuierlichen Verfahren muss beachtet werden, dass Ringleitungen installiert werden, um ein „Abstehen“ oder ein Entmischen zu verhindern, denn z. B. das Isocyanat sollte über 15 °C warm sein, da es sonst kristallisiert. Des Weiteren sollte auch ein Reinigungssystem für den Mischkopf vorgesehen werden, um ein Verkleben zu verhindern.

RRIM

Beim RRIM (Reinforced Reaction Injection Moulding) werden zwei Komponenten (Polyol und Isocyanat) und ein Verstärkungsstoff (z. B. Glasfaser, Kohlefaser, Gesteinsmehl) im so genannten Mischkopf gemischt und unter hohem Druck in ein formgebendes Werkzeug gespritzt. Nach der exothermen Reaktion der Komponenten ist der duroplastische Kunststoff Polyurethan entstanden und kann dem Werkzeug entnommen werden. Anwendungsbeispiele sind Außenhautteile in der Automobilindustrie, wie Kotflügel, Schweller- und Stoßfängerverkleidungen. Ein Vorteil des Polyurethans gegenüber thermoplastischen Kunststoffen liegt in der relativ hohen Wärmeformbeständigkeit.

MuCell-Verfahren

Im MuCell-Verfahren wird der thermoplastischen Kunststoffschmelze ein inertes Gas (entweder Stickstoff oder Kohlendioxid) zugeführt und im Schmelzezylinder zu einer Einphasenlösung gemischt. Beim Einspritzen dieser Einphasenlösung in die Kavität des Spritzgieß- oder Blasformwerkzeugs, bzw. bei der Extrusion bei Austritt aus der Düse, erfährt das Gemisch einen Druckabfall, was dazu führt, dass das Gas über das Bauteil verteilt nukleiert und millionen von kleinsten Zellen wachsen. Diese Zellen ersetzen dann ein definiertes Volumen, was zu einer Dichtereduzierung im Bauteil führt.

Neuere Entwicklungen

Bei herkömmlichen Herstellungsprozessen werden Schäume häufig aus Polymerschmelzen und gasförmigen Treibmitteln gewonnen. Eine Alternative besteht darin, mikroskopisch kleine Schablonen (sogenannte Templates) zu benutzen, um dem Schaum die richtige Struktur zu verpassen. Beispielsweise können winzige Wassertröpfchen in einer Monomerlösung feinst verteilt und nach der Polymerisation entfernt werden. Ein anderes Verfahren nutzt Partikel, um Luftblasen in der Reaktionsmischung zu stabilisieren. Ein neu entwickeltes Verfahren zur Herstellung von Polystyrol basiert auf der Polymerisation geschäumter Öl-in-Wasser-Emulsionen. Styrol (Ölphase) wird zunächst in einer wässerigen Phase emulgiert. Dann wird die durch ein anionisches Tensid stabilisierte Emulsion mit Stickstoff aufgeschäumt. Dabei entstehen Schaumblasen, die von dicht gepackten Emulsionstropfen umgeben sind. Im abschließenden Schritt wird die Polymerisation durch Bestrahlung mit UV-Licht ausgelöst. Die Emulsionstropfen reagieren dabei, wobei die Struktur des Schaums erhalten bleibt. Die entstandenen Polymerschäume enthalten Poren, die teilweise miteinander verbunden sind. Hierdurch wird der Durchfluss von Luft, Fluiden oder anderen Materialien durch den Schaum ermöglicht, was die Anwendung für beispielsweise Filtermaterialien oder bioinspirierte Gerüststrukturen interessant macht.[2]

Beispiele

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.epp-forum.com
  2. Fabian Schüler, Debora Schamel, Anniina Salonen, Wiebke Drenckhan, Michael D. Gilchrist, Cosima Stubenrauch: Synthese von makroporösem Polystyrol durch Polymerisation geschäumter Emulsionen. In: Angewandte Chemie. 124, Nr. 9, 2012, ISSN 1433-7851, S. 2256–2260, doi:10.1002/ange.201107806.