Reibungselektrizität

Reibungselektrizität

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Die Reibungselektrizität ist ein Spezialfall der Berührungselektrizität. Sie wurde bereits um 550 v. Chr. von Thales von Milet an Bernstein (griechisch "Elektron") entdeckt. Diese beruht auf dem energetisch günstigen Übergang von Elektronen zwischen zwei sich berührenden Stoffen infolge der Verschiedenheit der Dielektrizitätszahl. Es gehen solange Elektronen über, bis die sich dadurch aufbauende Potenzialdifferenz (Berührungsspannung) den Energiegewinn wettmacht.

Geschichte

Mit seinen Untersuchungen zur vis electrica (von ihm stammt auch der Gebrauch dieses Wortes) leitete William Gilbert die Beschreibung der Elektrizität ein. Er unterschied dabei als Erster eindeutig zwischen Magnetismus und der statischen Elektrizität[1], untersuchte die elektrische Aufladung an vielen Substanzen (nicht nur an dem namengebenden Bernstein).

Durch Kontakt mit Kunststoff wurde der Körper elektrisch aufgeladen, die Haare stoßen sich ab.

Benjamin Franklin betrachtete in seinen ersten Experimenten zur Elektrizität die Natur der elektrischen Ladung. Bei Versuchen mit einer durch Reibung elektrostatisch aufgeladenen Glasröhre (sogenannte "glasartige" Elektrizität) stellte er zum einen fest, dass in jedem abgeschlossenen System die Summe der vorhandenen elektrischen Ladungen konstant bleibt (Prinzip der Ladungserhaltung). Franklin sprach dabei von „einer Ladungsart“, die nur ihren Aufenthaltsort verändert und somit positive oder negative Aufladung verursacht. Damit widerlegte er die bis dahin geltende und vom Jean-Antoine Nollet vertretene Zweiflüssigkeitstheorie, wonach elektrisierte Körper von zwei Elektrizitätssorten, dem Effluvium und dem Affluvium, umgeben sind. Er setzte zum anderen seine Erkenntnisse in die sogenannte one-fluid theory und prägte die Begriffe „plus“ und „minus“. Dabei geht er von der Konvention aus, dass glasartige Elektrizität für das positive und die harzartige Elektrizität[2] für das negative Vorzeichen steht. Die Begriffe glas- bzw- harzartig leiten sich von dem Verhalten dieser Materialien beim Aufladen durch Reibung (Reibungselektrizität) ab, Stoffe aus Glas haben entgegengesetzte Eigenschaften wie die aus harz- bzw. bernsteinartigen Stoffen[3]. Die Reibung sorgt für eine effektive Ausprägung der Berührungselektrizität, weil für letztere molekulare Abstände erforderlich sind, die sich bei normalen Stoffen auf nur geringste Anteile der scheinbaren Berührungsfläche beschränken. Durch Reiben wird für deutlich größere Bereiche der wirklichen Oberfläche vorübergehend eine hinreichende Annäherung der Stoffe erreicht. Für den eigentlichen Effekt der Ladungstrennung zwischen den unterschiedlichen Materialien spielt der Vorgang der Reibung allerdings keine Rolle.

Beispiele

Bekannte Beispiele für Experimente mit Reibungselektrizität sind: Bernstein / Wolle oder Polystyrol / synthetische Textilien.

Die Aufladung durch Reibungselektrizität führt unter anderem auch zu Spannungen (Potenzialdifferenzen)

  • beim Kämmen zwischen Kamm und Haar,
  • beim Gehen in Räumen mit Auslegware zwischen dieser und den Schuhsohlen, also der die Schuhe tragenden Person und der Erde,
  • zwischen Kleidungsstücken sowie zwischen Kleidung und textilbespannten Sitzen (zum Beispiel Autositze).

Gefahren

Durch Reibung entstandene Ladungen sind zwar in den vorgenannten Fällen meist ungefährlich, sie führen jedoch zu elektrostatischen Entladungen, die elektronische Geräte und Bauteile beschädigen können (siehe ESD). Funkenentladungen können leicht entzündliche Stoffe in der direkten Umgebung entflammen, was zum Beispiel an Tankstellen oder auch in der Gegenwart von Mehlstaub zu schweren Unfällen führen kann.

An bestimmten Maschinen (Papier- und Folienherstellung) entstehen durch Reibungselektrizität derart hohe Spannungen und Energien, dass Brandgefahr und die Gefahr eines gefährlichen elektrischen Schlages besteht.

Triboelektrischer Effekt

Die Bezeichnung triboelektrischer Effekt kommt ursprünglich von dem Lateinischen Begriff tribere = reiben. Die Begriffswahl beruht auf einem Irrtum bei der Entdeckung des Effekts vor über 2000 Jahren durch die Griechen, als mit einem Katzenfell ein Bernstein gerieben wurde.

Der Effekt beschreibt die elektrische Aufladung zweier Materialien durch Kontakt miteinander und anschließendes Trennen. Eine allgemein anerkannte Begründung für diesen Effekt findet sich erst durch die moderne Festkörperphysik.

Entscheidend für die Aufladung zweier Materialien ist lediglich der bloße Kontakt. Voraussetzung ist ein unterschiedliches Fermi-Niveau der Materialien. Dabei kann es sich auch um zwei identische Materialien handeln, deren Fermi-Niveau lediglich durch Feuchtigkeit oder auch Verunreinigungen am oder im Material verschoben sind.

Triboelektrische Reihe

Die triboelektrische Reihe gibt die Elektronenaffinität eines Materials an. Je weiter ein Material am positiven Ende der Reihe steht, desto mehr Elektronen wird es bei Berührung oder Reibung an ein Material abgeben, welches weiter am negativen Ende der Reihe steht. Die tatsächliche Quantität der Ladungstrennung durch den triboelektrischen Effekt hängt jedoch von weiteren Faktoren wie Temperatur, Oberflächenbeschaffenheit, elektrische Leitfähigkeit, Wasseraufnahme ab.

Positives Ende der Reihe (+) Asbest, Glas, Nylon, Wolle, Blei, Seide, Aluminium, Papier, Baumwolle, Stahl, Hartgummi, Nickel/Kupfer, Messing/Silber, Synthetischer Gummi, Orlon, Saran, Polyethylen, Teflon (PTFE), Silikongummi (−) negatives Ende der Reihe

Nutzanwendungen

Die Reibungselektrizität ist das Funktionsprinzip der Elektrisiermaschinen und wird bei Bandgeneratoren genutzt. Eine weitere wichtige Anwendung stellt die Nutzung bei der Sortierung von Mineralkörnern oder verschiedener Kunststoffe voneinander dar. Dabei werden die Partikel durch gegenseitige Berührung unterschiedlich (positiv bzw. negativ) aufgeladen und anschließend z.B. beim Fallen durch ein elektrisches Hochspannungsfeld voneinander getrennt.

Vermeidung

Reibungselektrizität wird vermieden, indem die entstehenden Ladungen abgeleitet werden (siehe Artikel Elektrostatische Entladung).

Wirkungsvolle Methoden dafür sind:

  • Antistatik-Spray (erzeugt eine schwach leitfähige Oberfläche)
  • Antistatische Verpackungen (schwach leitfähige Materialien oder Metallfolien, -fäden, Graphitschichten)
  • Antistatische Kleidung (behandelte Textilien oder eingearbeitete Metallfäden)
  • Antistatische Werkzeuggriffe (schwach leitfähige Kunststoffe)
  • Luftbefeuchtung
  • Ionisieren der Luft (siehe Ionisator)
  • Erdung aller Teile, Werkzeuge und des menschlichen Körpers (ESD-Arbeitsplatz)
  • Verbinden aller Außenanschlüsse eines IC, damit zwischen diesen keine Potentialdifferenz mehr auftreten kann

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sattelberg, Kurt: Vom Elektron zur Elektronik. 2. Aufl. Aarau (1982), S.24
  2. Teichmann, Jürgen: Zur Geschichte der Elektrostatik. Von den ersten Anfängen bis 1800. Unterricht Physik 10 (1999), S54 ff.
  3. Moore, Walter J.; Hummel, Dieter O.: Physikalische Chemie. de Gruyter Verlag, Berlin (1976), S. 498