Refraktometer

Refraktometer

Verschiedene Messprinzipien eines Refraktometers
Handrefraktometer
Winzer beim Messen von Grad Oechsle mit dem Refraktometer

Das Refraktometer ist eine Messeinrichtung zur Bestimmung des Brechungsindex von - flüssigen oder festen - transparenten Stoffen durch Refraktometrie. Es nutzt dafür das Verhalten von Licht am Übergang zwischen einem Prisma mit bekannten Eigenschaften und dem zu prüfenden Stoff.

Wenn die generelle Zusammensetzung einer Flüssigkeit bekannt ist, kann ein Refraktometer dazu dienen, die Konzentration zu messen. Im Zusammenhang mit der Ernte von Wein oder Zuckerrüben wird auf diese Weise der Zuckergehalt der Pflanzen bestimmt.

In der Augenheilkunde werden mit einem Refraktometer die Brechungsverhältnisse der Augen ermittelt.

Messprinzipien

Drei Messprinzipien können unterschieden werden:

  • Durchlicht
  • streifender Einfall
  • Totalreflexion

Dabei wird die Brechung (Refraktion) oder die Totalreflexion des Lichtes ausgenutzt. Als Gemeinsamkeit nutzen alle drei Prinzipien ein Messprisma mit bekanntem Brechungsindex (nPrisma). Das Licht breitet sich beim Übergang zwischen Messprisma und Probemedium (nFluid) mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten aus. Der unbekannte Brechungsindex des Probemediums wird über die Lichtablenkung gemessen.[1]

  • Beim Durchlicht-Prinzip wird ein paralleles Strahlenbündel an der Grenzfläche beider Medien gebrochen.
  • Beim streifenden Einfall und bei der Totalreflexion wird der kritische Winkel eines Strahlenbündels mit verschiedenen Einfallswinkeln auf die Grenzfläche gemessen.

Bauformen

Eine Möglichkeit, verschiedene Refraktometer zu unterscheiden, ist die Einteilung in analoge und digitale Messinstrumente.

Traditionelle analoge Refraktometer verwenden als Lichtquelle oft Sonnenlicht oder eine Glühlampe zum Teil mit Farbfilter. Als Detektor dient eine Skala, die über eine Optik mit dem Auge abgelesen wird.

Beispiele sind:

Erste Untersuchungen mit Messprismen gab es bereits im Jahr 1761 bzw. 1802,[2][3] doch wurden nutzbare Refraktometer erst von Ernst Abbe im Jahr 1874.[4] und Pulvrich (1888)[5] und Jelly (1934)[6] beschrieben. Digitale Refraktometer verwenden als Lichtquelle eine LED. Als Detektor wird ein CCD-Sensor eingesetzt. Eine genaue Temperaturmessung ist integriert und bietet damit die Möglichkeit einer Kompensation des temperaturabhängigen Brechungsindexes. Portable, digitale Refraktometer erleichtern die Messung, da sie unmittelbar vor Ort eingesetzt werden können und eine hohe Ablesegenauigkeit bieten. [7]

Beispiele sind

  • Hand- und Tischgeräte für kleine Probenmengen
  • Prozessrefraktometer für den direkten Einbau in den Prozess, z. B. in Rohr oder Tank

Außerdem werden refraktometrische Messverfahren in Sensoren von komplexeren Maschinen eingesetzt, wie z. B. als Regensensor in Fahrzeugen oder Detektor in Apparaturen zur Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC). Hierbei werden häufig kontinuierlich arbeitende Brechungsindexdetektoren eingesetzt.

Anwendungen

Viele Anwendungen dienen zur Bestimmung von Konzentrationen in einem Trägermedium: Traditionell werden Refraktometer zur Bestimmung des Zuckergehalts in wässrigen Lösungen verwendet, z. B. Reifebestimmung bei der Weinernte, Messung der Stammwürze beim Bierkochen und als Imkereigerät zur Bestimmung des Wassergehalts von Honig. Für diese Anwendungen im Lebensmittelbereich haben sich eigene Skalen etabliert (Grad Oechsle, Grad Brix, Grad Plato). Refraktometer werden außerdem bei der Bestimmung der Säurekonzentration in Batterien eingesetzt. Die Öl-Wasser-Konzentration in Kühlemulsionsgemischen wird bei Metallbearbeitungsmaschinen mit dem Handrefraktometer gemessen. Genauso bei der Messung des Glykolgehalts in Kühlmitteln oder der Salinität von Meerwasser. Im medizinischen Bereich dient ein Refraktometer zur Bestimmung des Proteingehalts in Urin. Alternativ wird für die genannten Applikationen auch oft die Dichte mithilfe eines Aräometers, einer Senkwaage, bestimmt. Am bekanntesten ist hier wohl die Mostwaage.

Weitere Anwendungen in der Chemie

In der Chemie dient die Refraktometrie der Reinheitsprüfung von organischen Stoffen. Jede organische Flüssigkeit besitzt eine charakteristische Brechungszahl. Neben der Reinheitsprüfung dient die Refraktometrie auch der quantitativen Analyse von Zwei- oder Mehrstoffmischungen und der Identifizierung von Stoffen.

Die spezifische Refraktion einer Substanz erhält man aus der Lorentz-Lorenz'sche Formel

$ {\text{Spezifische Refraktion}}={\frac {n^{2}-1}{n^{2}+2}}\cdot {\frac {1}{d}} $

Dabei ist $ n $ der Brechungsindex, $ d $ das spezifische Gewicht der Substanz.

Multipliziert man die spezifische Refraktion mit der molaren Masse $ M $ der Substanz, so erhält man die Molekularrefraktion:

$ {\text{Molekularrefraktion}}={\frac {n^{2}-1}{n^{2}+2}}\cdot {\frac {M}{d}} $.

Bestimmt man den Brechungsindex einer Substanz bei verschiedenen Wellenlängen (z. B. der gelben Natrium-D-Linie oder der roten Wasserstofflinie), so erhält man die Molekulardispersion von Stoffen.

Das Brechungsvermögen einer Substanz ist abhängig von den funktionellen Gruppen in jedem Einzelmolekül. Die Molekularrefraktion ist die Summe der einzelnen funktionellen Gruppen, Atome in einem Molekül. Mittels der der Summation der Inkremente für jede funktionelle Gruppe (z. B. C (einwertig): 2,41, C=C  : 1,69, C≡C: 2,38, C=O: 2,19, C-H: 1,09, -O- : 1,64) lässt sich die Molekularrefraktion für jedes Molekül berechnen und mit dem gemessenen Wert vergleichen.[8][9][10][11][12][13]

Die Refraktometrie war eine der frühesten physikalischen Methoden zur Überprüfung von Struktur und funktionellen Gruppen im Molekül.

Zur Bestimmung der optischen Eigenschaften fester Medien werden ebenfalls Refraktometer eingesetzt, z. B. bei der Herstellung von Gläsern und bei der Qualitätsbegutachtung bzw. Identifizierung von Edelsteinen. Es ist auch möglich, den Brechungsindex von organischen Feststoffen nach einer Methode von Max Le Blanc zu bestimmen.[14]

Augenheilkunde

In der Augenheilkunde und Augenoptik werden manuelle oder automatische Refraktometer zur Bestimmung und Messung der objektiven Refraktion der Augen eingesetzt, Grundlage für die Anpassung von Korrekturlinsen wie Brille oder Kontaktlinse.[15] Beim Autorefraktometer kann das foucaultsche Schneidenverfahren zum Einsatz kommen. Die Automatisierung beschleunigt das Untersuchungsverfahren, macht es auch für den Laien anwendbar, bringt jedoch nicht immer genaue Messergebnisse. Eine, insbesondere bei Kleinkindern, eingesetzte Alternative zur Verwendung eines Refraktometers ist die Skiaskopie.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Refraktometer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Wiktionary Wiktionary: Refraktometer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Herbert Feltkamp, Peter Fuchs, Heinz Sucker (Herausgeber): Pharmazeutische Qualitätskontrolle, Georg Thieme Verlag, 1983, S. 248−249, ISBN 3-13-611501-5.
  2. Clairaut, Mem. Acad. R. 388 (1761).
  3. Phil. Trans. 365, 1802.
  4. Abbe: Neue Apparate zur Bestimmung des Brechungs- und Zerstreuungsvermögens fester und flüssiger Körper, Jena 1874.
  5. ZS. f. Instrkde. 8, 47 (1888).
  6. E. E. Jelly, J. Roy. Microsc. Soc. 54, 234 (1934).
  7. Krüss Optronic "Refraktometer", Version 1.0, Hamburg, Juni 2012
  8. Zeitschr. Phys. Chem. I, 307
  9. Pogg. Ann. 123, 595
  10. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 19, 2760
  11. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 22, Ref. 224
  12. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 20, 2288
  13. Liebigs Ann. Chem. 235, 35
  14. Zeitschrift für physikalische Chemie 10, 433(1892).
  15. Bernhard Lachenmayr, Annemarie Buser: Auge- Brille- Refraktion: Schober-kurs: verstehen- lernen- anwenden. Thieme, Stuttgart, 4. Auflage. ISBN 978-3131395542.