1,2-Propandiol

1,2-Propandiol

(Weitergeleitet von Propylenglykol)
Strukturformel
Strukturformel von 1,2-Propandiol
Strukturformel ohne Angabe der Konfiguration
Allgemeines
Name 1,2-Propandiol
Andere Namen
  • 1,2-Propylenglycol
  • 1,2-Dihydroxypropan
  • (RS)-1,2-Dihydroxypropan
  • (±)-1,2-Dihydroxypropan
  • (R)-1,2-Dihydroxypropan
  • (S)-1,2-Dihydroxypropan
  • E 1520
  • Monopropylenglycol
  • Monopropylenglykol
  • Propylenglycolum
Summenformel C3H8O2
CAS-Nummer
  • 57-55-6 [(RS)-1,2-Dihydroxypropan]
  • 4254-14-2 [(R)-1,2-Dihydroxypropan]
  • 4254-15-3 [(S)-1,2-Dihydroxypropan]
PubChem 1030
Kurzbeschreibung

ölige, farblose, fast geruchlose, hygroskopische, viskose Flüssigkeit[1]

Eigenschaften
Molare Masse 76,09 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,04 g·cm−3 (25 °C)[2]

Schmelzpunkt

−68 °C[3]

Siedepunkt

188,2 °C[2]

Dampfdruck

0,11 hPa (20 °C)[3]

Löslichkeit

mischbar mit Wasser, Ethanol[4], Aceton, Chloroform, löslich in Diethylether[2]

Brechungsindex

1,4324[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

1,2-Propandiol (1,2-Propylenglycol) ist eine klare, farblose, nahezu geruchlose und stark hygroskopische Flüssigkeit. 1,2-Propandiol gehört zu den mehrwertigen Alkanolen und ist chiral, es gibt also ein (R)-Enantiomer und ein (S)-Enantiomer. Wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, beziehen sich in diesem Artikel alle Angaben auf das 1:1-Gemisch (Racemat) des (R)-Enantiomers und des (S)-Enantiomers.

Eigenschaften

Es ist mit Wasser und Ethanol, Aceton und Chloroform mischbar, mit fetten Ölen dagegen nicht. Bei hohen Temperaturen oberhalb 150 °C ist es oxidationsempfindlich. 1,2-Propandiol ist eine chirale Verbindung (Stereozentrum an C2), die zumeist als Racemat eingesetzt wird.

1,2-Propandiol ohne Angabe der Konfiguration (links), (R)-Form (Mitte) und (S)-Form (rechts)

Sicherheitstechnische Kenngrößen

1,2-Propandiol hat einen Flammpunkt bei 101 °C.[5] Die Verbindung bildet somit erst oberhalb dieser Temperatur entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Der Explosionsbereich liegt zwischen 2,6 Vol% (80 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 12,6 Vol% (400 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[5] Die Zündtemperatur beträgt 420 °C.[5] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.

Herstellung

Industriell wird 1,2-Propandiol durch Hydrolyse von Propylenoxid hergestellt. Abhängig vom Hersteller wird dafür entweder ein Hochtemperaturverfahren ohne Katalyse bei 200–220 °C oder ein katalytisches Verfahren bei 150–180 °C in Gegenwart eines Ionenaustauscherharzes oder kleiner Mengen Schwefelsäure oder Alkalien genutzt. Die Endprodukte dieser Verfahren enthalten 20 % 1,2-Propandiol (das durch Rektifikation gereinigt wird), 1,5 % Dipropylenglycol und kleiner Mengen anderer Polypropylenglycole.[6] 1,2-Propandiol kann auch aus Glycerin, einem Nebenprodukt aus der Biodieselgewinnung, hergestellt werden.[7]

Verwendung und Gesundheitsrisiken

1,2-Propandiol ist in Lösungsmitteln und in Hygieneartikeln wie Hautcremes, Zahnpasta und Deos als Feuchthaltemittel und Weichmacher enthalten. 1,2-Propandiol kommt als Kotensid in Mehrkomponentensystemen zur Anwendung und ist in der Lage, Wasser-in-Öl-Emulsionen zu fördern. Es kann die Löslichkeit verschiedener Stoffe deutlich verbessern und eine stabilere Dispersion von Arzneistoffen in Salben gewährleisten. Darüber hinaus kann es häufig zu einer deutlichen Resorptionsverbesserung verschiedener Wirkstoffe beitragen. Die antimikrobielle Wirksamkeit macht einen Einsatz weiterer Konservierungsmittel häufig überflüssig. Das Irritationspotenzial an der Haut ist in starkem Maße konzentrationsabhängig, ein geringer Zusatz von 10 bis 15 % wird aber allgemein als tolerierbar angesehen. Daher sollte der Einsatz in angemessener Konzentration und nur wenn notwendig erfolgen.

1,2-Propandiol darf als Trägerstoff und Trägerlösungsmittel für Farbstoffe, Antioxidationsmittel, Emulgatoren und Enzyme verwendet werden. Wegen seiner im Vergleich zu Ethylenglycol geringeren Giftigkeit wird es – gemischt mit Wasser – als Wärmeträgermedium in der Solarthermie oder in Kühlanlagen in der Lebensmittelverarbeitung verwendet.

Es ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und trägt die Bezeichnung E 1520.

Technische Bedeutung hat 1,2-Propandiol auch als gutes Lösungsmittel für Kolophonium.[2] Es ist auch ein fester Bestandteil sog. Nebelfluide.

Tabak und elektrische Zigaretten

Durch eine Veröffentlichung des BMELV im Mai 2005 wurde bekannt, dass 1,2-Propylenglycol in fast allen Tabakprodukten als Zusatzstoff enthalten ist.[8] Propandiol wird zusammen mit Glycerin sowohl dem Zigarettentabak als auch dem Wasserpfeifentabak zugesetzt. Aufgrund der Tabakverordnung ist der Feuchthaltemittelgehalt im Rauchtabak auf 5 % begrenzt. Da eine aktuelle Untersuchung des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erhebliche Mengen Glycerin und Propandiol im Rauch von feuchtem Wasserpfeifentabak gemessen und auf mögliche Gesundheitsgefahren hingewiesen hat,[9] ist eine Heraufsetzung dieser Grenze für Wasserpfeifentabak nicht zu erwarten. Daneben wird Propandiol in wässriger Lösung in den Befeuchtungssystemen von Humidoren verwendet, wobei es das Schimmeln der Anlage verhindern soll (relative Luftfeuchte über 70 %).

1,2-Propandiol findet auch Verwendung in sogenannten elektrischen Zigaretten. 1,2-Propandiol ist neben Glycerin der Hauptbestandteil in den meisten Liquids dieser Zigaretten. Bei der Inhalation von Propandiol können Reizungen von Augen und Rachen auftreten.[10]

Propandiol-Einsatz in der Milchviehfütterung

Seit neuestem wird 1,2-Propandiol auch als Futterzusatz für Milchkühe verwendet. Durch die immer weiter steigende Milchleistung der Kühe, die mittlerweile bei Hochleistungsmilchkühen um etwa 50 Liter/Tag liegt, kommt es immer häufiger zu einem Nachlassen der Milchleistung nach dem Kalben. Insbesondere in der so genannten Transitphase, den beiden Wochen vor dem Kalben, und in der ersten Laktationsphase hat sich im Rahmen geeigneter Fütterungsstrategien und Futterrationen die zusätzliche Verabreichung von 1,2-Propandiol zur Vorbeugung gegen Ketose sowie zur Leistungsstabilisierung bewährt.[11]

Der Nutzen dieser Maßnahme bleibt aber, unter ökologischen Gesichtspunkten betrachtet, weiterhin fragwürdig.

Einzelnachweise

  1. Ullrich Jahn, in: Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Maryadele J. ONeil; Merck & Co., Inc. (Hrsg.): The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals. 14 Auflage. Elsevier, Whitehouse Station, NJ, USA 2006, ISBN 978-0-911910-00-1, S. 1350.
  3. 3,0 3,1 3,2 Eintrag zu 1,2-Propandiol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Januar 2008 (JavaScript erforderlich).
  4. 4,0 4,1 Robert C. Weast (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 58. Auflage. CRC Press, Cleveland 1977, ISBN 0-8493-0458-X.
  5. 5,0 5,1 5,2 E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenndaten - Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.
  6. chemindustry.ru: 1,2-propanediol: chemical product info, Zugriff am 4. April 2011.
  7. WIESMANN, M.: „Propylenglykol – Ashland und Cargill bilden Joint Venture“, Vogel-Media, Process 18. Mai 2007.
  8. bmelv.de: Was steckt in meiner Zigarette wirklich drin?, Zugriff am 4. April 2011.
  9. BfR-Pressemitteilung vom 3. August 2011
  10. G. Wieslander: Experimental exposure to propylene glycol mist in aviation emergency training: acute ocular and respiratory effects in: Occup. Environ. Med. 58(10), S. 649–655 (2001) PMID 11555686
  11. Annette Menke, Milchleistungsfutter im Test 11. Juli 2005.

Weblinks