Liponsäure

Liponsäure

Strukturformel
Struktur von Liponsäure
(R)-Liponsäure (Naturstoff, oben) und (S)-Liponsäure (unten)
Allgemeines
Name Liponsäure
Andere Namen
  • Thioctsäure
  • 1,2-Dithiolan-3-pentansäure
  • (R)-(+)-5-(-Dithiolan-3-yl)- pentansäure
Summenformel C8H14O2S2
CAS-Nummer
  • 1200-22-2 [(R)-Liponsäure]
  • 1077-28-7 [(RS)-Liponsäure]
  • 1077-27-6 [(S)-Liponsäure]
PubChem 6112
ATC-Code
DrugBank DB00166
Kurzbeschreibung

gelbliche Nadeln[1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Neuropathiemittel

Verschreibungspflichtig: Nein
Eigenschaften
Molare Masse 206,33 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
  • 60–61 °C [(RS)-Liponsäure][2]
  • 46-48 °C [(R)-Liponsäure][2]
Siedepunkt

160–165 °C [(R)-Liponsäure][2]

pKs-Wert

5,4[1]

Löslichkeit

nahezu unlöslich in Wasser (127 mg·l−1 bei 25 °C)[3], schlecht in Ethanol (50 g·l−1)[4]

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]
07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze [4]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [5][4]
Gesundheitsschädlich
Gesundheits-
schädlich
(Xn)
R- und S-Sätze R: 22
S: keine S-Sätze
LD50

502 mg·kg−1 (Maus, peroral) [3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

α-Liponsäure, genauer (R)-Liponsäure, (abgekürzt LA vom englischen lipoic acid) ist ein Naturstoff, der als Coenzym und Bestandteil des Pyruvatdehydrogenase-Komplexes in den Mitochondrien in fast allen Eukaryoten vorkommt. Die Salze der Liponsäure heißen Lipoate.

Struktur

In der Natur sind nur das (R)-(+)-Enantiomer der α-Liponsäure und ihre reduzierte Form, die Dihydroliponsäure (6,8-Dithiooctansäure), biologisch aktiv. Strukturanaloga mit sechs- oder mehrgliedrigen Ringen sind biologisch unwirksam.

Funktion

α-Liponsäure wirkt in vielen enzymatischen Reaktionen, vornehmlich bei oxidativen Decarboxylierungen, als Coenzym. Ihre Aufgabe besteht im Wasserstoff- und Acyl-Gruppen-Transfer. Eine wichtige Rolle spielt sie im Pyruvat-Dehydrogenase-Komplex der Mitochondrien, dem Verbindungsglied zwischen Glykolyse und Zitronensäurezyklus und dem α-Ketoglutarat-Dehydrogenase-Komplex im Zitronensäurezyklus. Mit ihrer reduzierten Form Dihydroliponsäure bildet α-Liponsäure ein biochemisches Redoxsystem. α-Liponsäure ist ein Radikalfänger und starkes Antioxidans, das im Körper verbrauchte Antioxidantien wie Vitamin C, Vitamin E, Coenzym Q10 oder Glutathion regenerieren kann.[6]

Verwendung

Seit 1966 wird α-Liponsäure sowohl in der natürlichen (R)-Konfiguration als auch als Racemat in Deutschland als Arzneistoff zur Behandlung von Lebererkrankungen und bei peripheren Polyneuropathien eingesetzt.

Vielversprechend scheint der Einsatz in der Krebsforschung, da Liponsäure den Energiehaushalt von Krebszellen beeinträchtigt und damit deren Untergang anregt. Ein Problem zeigt sich allerdings in der Finanzierung der notwendigen klinischen Studien, da Liponsäure als Medikament bereits auf dem Markt und somit nicht mehr patentierbar ist.

In der Chelat-Therapie kann α-Liponsäure bei Vergiftung mit anorganischen Quecksilberverbindungen eingesetzt werden.[7] Im Gegensatz zu anderen Chelatbildern wie DMSA oder DMPS kann Liponsäure in alle Bereiche des zentralen und peripheren Nervensystems eindringen.[8] Ihre Wirksamkeit zu diesem Zweck beruht vor allem auf ihrer reduzierten Form Dihydroliponsäure, einem Dithiol, das starke antioxidative Eigenschaften besitzt und Chelatbindungen eingehen kann. Die Ausscheidung dieser Komplexe erfolgt fast ausschließlich über die Gallenwege.[9]

Stereoisomerie

Die natürliche α-Liponsäure ist am (einzigen) stereogenen Zentrum (R)-konfiguriert. Das Enantiomer der natürlichen α-Liponsäure ist (S)-konfiguriert. Das Racemat DL-Liponsäure [Synonyme: (RS)-Liponsäure und (±)-Liponsäure] wird ebenso wie L-Liponsäure [Synonym: (R)-Liponsäure] als Arzneistoff in Neuropathiemitteln eingesetzt.

Handelsnamen

Monopräparate

Alpha-Lipogamma (D), Alpha-Lipon STADA (D), Alpha-Vibolex (D), Biomo-Lipon (D), espa-lipon (D), Liponsäure-ratiopharm (D), Neurium (D), Pleomix-Alpha (D), Sana Alpha-Liponsäure (D), Thioctacid (D, A), Thiogamma (D), Tromlipon (D), Vitatrans (D).

Literatur

  • Biewenga, GP. et al. (1997): The Pharmacology of the Antioxidant Lipoic Acid. In: Gen Pharmacol. 29(3); 315–331; PMID 9378235
  • Biewenga, GP. et al. (1997): The role of lipoic acid in the treatment of diabetic polyneuropathy. In: Drug Metab Rev. 29(4), 1025–1054; PMID 9421684
  • Berkson Burt (1998): The Alpha Lipoic Acid Breakthrough. Three Rivers Press New York; ISBN 0-7615-1457-0

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Thomas Kolter, in: Römpp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  2. 2,0 2,1 2,2 The Merck Index, 9. Auflage, 1976, ISBN 0-911910-26-3; S.1203-1204.
  3. 3,0 3,1 Liponsäure bei ChemIDplus
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Datenblatt (±)-α-Lipoic acid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. April 2011.
  5. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  6. A. Gorąca, H. Huk-Kolega u. a.: Lipoic acid - biological activity and therapeutic potential. In: Pharmacological reports : PR. Band 63, Nummer 4, 2011, S. 849–858, ISSN 1734-1140. PMID 22001972. (Review).
  7. Rooney J: The role of thiols, dithiols, nutritional factors and interacting ligands in the toxicology of mercury. In: Toxicology. 234, Nr. 3, 2007, S. 145-156. doi:10.1016/j.tox.2007.02.016. PMID 17408840.
  8. Packer L, Tritschler HJ, Wessel K: Neuroprotection by the metabolic antioxidant alpha-lipoic acid. In: Free radical biology & medicine. 22, Nr. 1-2, 1997, S. 359-378. PMID 8958163.
  9. Gregus Z, Stein AF, Varga F, Klaassen CD: Effect of lipoic acid on biliary excretion of glutathione and metals. In: Toxicology and Applied Pharmacology. 114, Nr. 1, 1992, S. 88-96. doi:10.1016/0041-008X(92)90100-7. PMID 1585376.
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