Lennard-Jones-Potential

Lennard-Jones-Potential

Das Lennard-Jones-Potential (nach John Lennard-Jones) wird in der physikalischen Chemie und in der Atom- und Molekülphysik verwendet. Es nähert die Wechselwirkung zwischen ungeladenen, nicht chemisch aneinander gebundenen Atomen an.

Das Lennard-Jones-(12,6)-Potential

Beschreibung

Für große Entfernungen zwischen zwei Teilchen überwiegen die anziehenden Kräfte. Es handelt sich bei den anziehenden Kräften vor allem um Van-der-Waals-Kräfte, aber auch um permanente Dipol-Dipol-Wechselwirkungen. Nähert man die jeweiligen Teilchen an, so überwiegt ab einem bestimmten Abstand $ \sigma $ (s. Abbildung) zwischen ihnen der abstoßende Anteil und die potentielle Energie steigt schnell an. Diese abstoßenden Kräfte kommen dadurch zustande, dass die Elektronen bei Annäherung der Atomhüllen teilweise auf energetisch höhere Orbitale ausweichen müssen, weil sie nach dem Pauli-Prinzip nicht zu mehreren den gleichen Zustand besetzen können.

Der anziehende Anteil des Lennard-Jones-Potentials wird aus der London-Formel (nach Fritz London) abgeleitet, sie lautet

$ V=-{\frac {C}{r^{6}}} $,

wobei $ V $ das Potential, $ r $ der Abstand zwischen den Teilchen und $ C $ ein relativ komplizierter Term ist. Dieser enthält stoffspezifische Konstanten wie die Ionisierungsenergie für beide betrachteten Teilchen. Die Gleichung ist jedoch nur eine Näherung.

Der abstoßende Anteil wird durch eine ähnliche Gleichung beschrieben:

$ V={\frac {C_{n}}{r^{n}}} $

Hierbei ist $ n>6 $. Im Lennard-Jones-(n,6)-Potential werden die beiden oben genannten Formeln zusammengefasst zu

$ V={\frac {C_{n}}{r^{n}}}-{\frac {C}{r^{6}}} $

Für $ n $ wird aus praktischen Gründen oft 12 gewählt, weil dann bei der Berechnung der Wert $ 1/r^{6} $ nur quadriert werden muss. Es entsteht das Lennard-Jones-(12,6)-Potential, das typischerweise in einer der beiden folgenden Formen geschrieben wird:

$ V=4\varepsilon \left\{\left({\frac {\sigma }{r}}\right)^{12}-\left({\frac {\sigma }{r}}\right)^{6}\right\}=\varepsilon \left\{\left({\frac {r_{m}}{r}}\right)^{12}-2\left({\frac {r_{m}}{r}}\right)^{6}\right\} $

Hierbei ist $ \varepsilon $ die „Tiefe“ der Potentialmulde, die durch die beiden Einflüsse entsteht. Der Abstand $ \sigma $ in der ersten Form ist der Abstand, an dem das Lennard-Jones-Potential eine Nullstelle besitzt, also $ V=0 $ gilt. Der Abstand $ r_{m} $ in der zweiten Form ist der Abstand des Energieminimums vom Ursprung. Es gilt dabei $ r_{m}=2^{1/6}\sigma $. Für große Abstände (also wenn $ r $ gegen unendlich geht) nähert sich das Potential von unten der Nulllinie an.

Das Lennard-Jones-(12,6)-Potential ist jedoch ungenauer als das Lennard-Jones-(exp,6)-Potential. Bei diesem ist der abstoßende Term exponentiell:

$ V=\gamma \left\{e^{r_{0}/r}-1-\left({\frac {r_{0}}{r}}\right)^{6}\right\} $

Sonstiges

Das Lennard-Jones-Potential ist ein Spezialfall des Mie-Potentials

$ V={\frac {C_{n}}{r^{n}}}-{\frac {C_{m}}{r^{m}}} $

das bereits 1903 von Gustav Mie eingeführt wurde.[1]

Einzelnachweise

  1. Mie-Potential (Online)