Lenzsche Regel

Lenzsche Regel

Das Prinzip der Lenz’schen Regel: Ändert sich die Flächendichte B des magnetischen Flusses durch ein Areal, wird es dadurch von einem elektrischen Wirbelfeld E umgeben, das, wenn möglich, einen der Flussänderung entgegenwirkenden Strom bewirkt.

Die Lenz’sche Regel (auch: Lenz’sches Gesetz oder Regel von Lenz) ist eine Aussage über die Richtung des elektrischen Stromes bei elektromagnetischer Induktion, benannt nach Emil Lenz. Dieser veröffentlichte seine Überlegungen erstmals 1833 und bezog sich dabei auf die vorausgegangenen Arbeiten Michael Faradays und André-Marie Ampères.[1]

Aus heutiger Sicht formuliert man die Lenz’sche Regel etwas allgemeiner, als es Lenz ursprünglich tat, dabei betont man in erster Linie die magnetische Flussänderung (siehe unten) als Ausgangspunkt der Induktion:

Nach der Lenz’schen Regel wird durch eine Änderung des magnetischen Flusses durch eine Leiterschleife eine Spannung induziert, so dass der dadurch fließende Strom ein Magnetfeld erzeugt, welches der Änderung des magnetischen Flusses entgegenwirkt, ggf. verbunden mit mechanischen Kraftwirkungen (Lorentzkraft).

So gesehen ist die Lenz’sche Regel eine Folgerung des allgemeinen Faraday’schen Induktionsgesetzes:

$ \oint _{\partial A}({\vec {E}}\;+{\vec {u}}\times {\vec {B}})\cdot \mathrm {d} {\vec {s}}=-{\frac {\mathrm {d} {\mathit {\Phi }}}{\mathrm {d} t}} $.

Lenz’sche Regel in der Lehre

Neben ihrer Bedeutung in der Geschichte der Physik hat die Lenz’sche Regel vor allem in der Schulphysik einen hohen Stellenwert. In der universitären Ausbildung und in der Forschung wird die Regel als Teilaspekt des Induktionsgesetzes und der Maxwell-Gleichungen dargestellt.

Erklärung

Die elektromagnetische Induktion ist eines der grundlegenden Phänomene der Elektrophysik. Das Induktionsgesetz stellt einen Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und elektrischen Spannungen her und ist insbesondere zum Verständnis elektrischer Maschinen notwendig.

Die Lenz’sche Regel sagt aus, dass der induzierte Strom eine Änderung des magnetischen Flusses zu verhindern sucht. Die Änderung des magnetischen Flusses ist dem Induktionsgesetz (einem Teil der Maxwell-Gleichungen) entsprechend die Ursache für die Entstehung des Induktionsstromes.

Die Lenz’sche Regel steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Energieerhaltungssatz: die Energie für den Aufbau der elektrischen Felder stammt aus dem Magnetfeld. Ihre physikalische Aussage entspricht der des Minuszeichens innerhalb des Induktionsgesetzes, das in integraler Form wie folgt lautet:

$ \oint _{\partial A}{\vec {E}}\;\cdot \mathrm {d} {\vec {s}}=-\int _{A}\;{\frac {\partial {\vec {B}}}{\partial t}}\cdot \mathrm {d} {\vec {A}} $

Auf der linken Seite steht die induzierte Spannung (Integration der elektrischen Feldstärke $ {\vec {E}} $ über einen geschlossenen Weg $ \partial A $), auf der rechten die zeitliche Änderung des magnetischen Flusses (Integration des Skalarprodukts von magnetischer Flussdichte $ {\vec {B}} $ und dem Flächennormalenvektor über die vom Weg $ \partial A $ umschlossene Fläche A[2]).

Kurzfassung: Die Induktionsspannung wirkt immer ihrer Ursache (Änderung des magnetischen Flusses) entgegen.

Anwendungsbeispiele

  • Bei derjenigen Variante einer Magnetschwebebahn, die nach dem EDS-Prinzip (elektrodynamisches Schweben) funktioniert (beispielsweise zu finden in der japanischen Konstruktion), induzieren Magnete am Fahrzeug durch die Fahrzeugbewegung in einer so genannten Reaktionsschiene auf der Trasse Wirbelströme. Diese Wirbelströme erzeugen ihrerseits ein Magnetfeld, welches dem Feld der Fahrzeugmagnete entgegen gerichtet ist. So stoßen sich diese beiden Felder voneinander ab, wodurch bei ausreichend großer Geschwindigkeit das Fahrzeug über der Trasse schwebt. Die konkurrierende „EMS“-Konzeption einer Magnetschwebebahn, wie sie beispielsweise beim Transrapid umgesetzt wurde, verwendet dieses Prinzip dagegen nicht.
  • Die Lenz’sche Regel wirkt u. a. bei der Schirmung gegenüber dem magnetischen Anteil elektromagnetischer Felder. Ein äußeres Feld erzeugt einen Oberflächenstrom im Schirm. Dieser im Schirm induzierte Strom erzeugt nach der Lenz’schen Regel ein Gegenfeld, das sich dem einfallenden äußeren Magnetfeld destruktiv überlagert. Die Wirkung dieser Abschirmung lässt sich über die Messgröße der Schirmdämpfung erfassen.
  • Als Demonstrationsversuch (Thomsonscher Ringversuch, nach Elihu Thomson) wird eine Magnetspule mit etwa 600 Windungen und 20 cm langem, geradem Eisenkern senkrecht aufgestellt, so dass der Eisenkern nach oben herausschaut. Dieser Kern sollte – wie bei allen Trafos üblich – aus voneinander isolierten Blechplatten zusammengesetzt sein, damit starke Wirbelströme die Energie nicht in Wärme umwandeln. Auf diesen stangenförmigen Eisenkern wird ein Ring aus Aluminium geschoben, der eng anliegen soll. Im Prinzip ist das ein Trafo mit einer kurzgeschlossenen Sekundärspule. Legt man an die Spule für wenige Sekunden wahlweise Gleich- oder Wechselstrom (50 Hz), baut sich im Eisenkern ein starkes Magnetfeld auf, das im Ring einen sehr starken Strom induziert. Dessen Magnetfeld ist (gemäß der Lenz’schen Regel) dem der Spule entgegengesetzt gerichtet. Die einzelne Aluminium-„Windung“ stößt sich deshalb von der Spule ab und fliegt nach oben (Gaußkanone). Experimentell hat sich ergeben, dass Schusshöhen von 50 m erreicht werden, wenn als Spannungsquelle ein 10-µF-Kondensator verwendet wird, der vorher auf 2500 V aufgeladen wurde. Mit 230 V Netzwechselspannung fliegt der Ring etwa 2 m hoch.[3]
  • Der letztgenannte Effekt ist der Spezialfall eines unfallartigen Ereignisses, das auch im praktischen Betrieb auftreten kann, wenn nämlich ein großes Magnetfeld plötzlich zusammenbricht. Das kann bei Forschungsmagneten passieren, wenn ein Supraleitungsmagnet „quencht“ (d. h. die Temperatur der Supraleitung überschreitet). Folge ist, dass die Magnetspule einen ohmschen Widerstand aufweist. In Folge wird der elektrische Strom in der Spule schlagartig reduziert, damit entsprechend schnell auch das Magnetfeld. Wenn dann in der Nähe so eines Magneten metallische Leiterschleifen vorhanden sind, reagieren diese wie jener Aluminiumring. Da sie außerhalb des Magneten angeordnet sind, ziehen sich hierbei das Restfeld und das induzierte Feld an (Südpol und Nordpol), und alles wird mit großer Kraft in den Magneten hineingezogen, was zerstörerische Auswirkungen haben kann. Zur Absicherung dagegen muss in der direkten Umgebung solcher Magnete dafür gesorgt werden, dass keine Leiterschleifen vorkommen. Wenn Aufbauten (beispielsweise Rahmenkonstruktionen für Gestelle) eine Leiterschleife darstellen würden, wird beispielsweise durch Einfügen eines genügend spannungsfesten, isolierenden Zwischenstücks der Stromkreis und damit die Ausbildung eines durch Induktion hervorgerufenen Magnetfeldes vermieden.

Literatur

  • E. Lenz: Ueber die Bestimmung der Richtung der durch elektrodynamische Vertheilung erregten galvanischen Ströme. In: Annalen der Physik und Chemie. 107, 1834, S. 483–494 (Erstveröffentlichung, Original auf Gallica, eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).

Weblinks

Commons: Lenzsche Regel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Vorlage:Commonscat/WikiData/Difference

Einzelnachweise

  1. E. Lenz: Ueber die Bestimmung der Richtung der durch elektrodynamische Vertheilung erregten galvanischen Ströme. In: Annalen der Physik und Chemie. 107, 1834, S. 483–494 (Erstveröffentlichung, Volltext auf Gallica, eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2. Ist das Magnetfeld über die (ebene) Fläche konstant, ist der magnetische Fluss das Produkt aus der zur Fläche senkrechten Komponente der magnetischen Flussdichte und der Fläche
  3. Thomson'scher Ringversuch bei LEIFI, gesehen am 28. Mai 2011