Konservative Kraft
Konservative Kräfte (von lateinisch conservare = bewahren) sind in der Physik Kräfte, die längs eines in sich geschlossenen Weges keinerlei Arbeit verrichten – jede an einer Stelle des Weges „verbrauchte“ Energiemenge wird an irgendeiner anderen Stelle wieder zurückgewonnen und umgekehrt, d. h. alle Energie eines Probekörpers bleibt ihm am Ende erhalten.
Beispiele konservativer Kräfte sind zum einen solche, die wie die Gravitationskraft oder Coulombkraft des elektrischen Feldes durch konservative Kraftfelder (s. u.) vermittelt werden, zum anderen aber auch Kräfte wie z. B. Federkräfte[1], die nicht durch Kraftfelder im eigentlichen Sinn vermittelt werden.
- Bekanntestes Beispiel einer durch ein Kraftfeld vermittelten konservativen Kraft ist die homogene Näherung der Erdanziehungskraft in der Nähe der Erdoberfläche. Die Kraft
ist gerade die negative Ableitung der potentiellen Energie nach der Höhe h. Egal auf welchem Weg man von einem Punkt auf Höhe zu einem Punkt auf Höhe gelangt, ist dabei immer dieselbe Arbeit aufzubringen. Die potentielle Energie bezieht sich dabei allerdings immer noch auf eine Probemasse m (oder Probeladung q im Fall des elektrischen Feldes), während das von der Probe unabhängige Skalarfeld (bzw. im Fall des elektrischen Feldes) das physikalische Potential an der betreffenden Stelle genannt wird und als solches eine äquivalente Darstellung des zugrundeliegenden Vektorfelds ist.
Das Gegenteil konservativer Kräfte sind nicht-konservative Kräfte, also solche, die längs eines in sich geschlossenen Weges Arbeit verrichten, und zwar umso mehr, je länger der dabei zurückgelegte Weg ist. Beispiele derartiger nicht-konservativer Kräfte sind zum einen Kräfte in nicht-konservativen Kraftfeldern wie etwa (magnetischen) Wirbelfeldern, zum anderen sogen. dissipative Kräfte (von lateinisch dissipare = zerstreuen), z. B. Reibungskräfte.
Die meisten physikalischen Systeme sind, da ihnen stets Energie durch Reibung und/oder nicht-konservative Kraftfelder (z. B. Wirbelfelder) verloren geht, nicht-konservativ. Erweitert man dagegen die Perspektive, indem man beispielsweise bei Betrachtung der Energieverluste durch Reibung auch die Energieinhalte angekoppelter Wärmereservoirs mit berücksichtigt, bleibt die Energie am Ende doch immer in irgendeiner Form erhalten.
Konservative Kraftfelder
Konservative Kraftfelder sind dem zuvor Gesagten folgend solche, in denen ein Probekörper beim Durchlaufen eines in sich geschlossenen Weges weder Energie gewinnt noch verliert.
Es lässt sich zeigen, dass die nachstehenden vier Charakteristika eines konservativen Kraftfelds
- 1. Die Arbeit entlang einer beliebigen geschlossenen Kurve
innerhalb des Feldes ist gleich Null, also . - 2. Die Arbeit
entlang eines beliebigen Weges durch das Kraftfeld ist nur vom Anfangs- und Endpunkt des Weges, nicht aber von seinem Verlauf abhängig. - 3. Es existiert ein skalares Feld
, das das zugehörige Potential des Kraftfelds genannt wird, so dass sich die Kraft auch in der Form beschreiben lässt, d. h. als Gradientenfeld, mit als dem Nabla-Operator, als dem Gradienten des Potentials und k als einem Faktor, der im Fall des elektrischen Felds die elektrische Ladung q des Probekörpers, im Fall des Gravitationsfelds dagegen seine Masse m ist. - 4. Das Feld ist auf einem einfach zusammenhängenden Gebiet definiert und erfüllt dort die Integrabilitätsbedingung
. Dies bedeutet, dass die Rotation verschwindet, also bzw. ist.
Analog zum eben Gesagten werden in der Mathematik ganz allgemein Vektorfelder, die sich als Gradienten skalarer Felder beschreiben lassen, als konservativ bezeichnet, zusammengesetzt aus Potentialvektoren, denen auf Seiten der skalaren Ausgangsfelder die zugehörigen Potentiale gegenüberstehen[2].
Potentiale und Potentialfelder

Skalarfelder (Potentialfelder) (gelb):
VG - Gravitationspotential
Wpot - potentielle Energie
VC - Coulomb-Potential
Vektorfelder (Gradientenfelder) (cyan):
aG - Gravitationsbeschleunigung
F - Kraft
E - elektrische Feldstärke
Der Begriff des Potentials wird in der Physik und Mathematik zum Teil unterschiedlich gebraucht.
So bezeichnet das Potential in der Mathematik ganz allgemein eine Klasse skalarer Ortsfunktionen bzw. Skalarfelder mit bestimmten mathematischen Eigenschaften, während es in der Physik nur den Quotienten der potentiellen Energie
Ein Potential im physikalischen Sinn
Ähnlich kompliziert verhält es sich mit der Terminologie bei den Gradienten von Potentialen, also den aus den jeweiligen Skalarfeldern
Die nebenstehende Abb. veranschaulicht noch einmal die Beziehungen zwischen den verschiedenen Begriffen, und was sich dahinter praktisch verbirgt. Wie zu sehen, ergibt sich die Begriffsvielfalt aus lediglich zwei mathematischen Operationen in vertauschter Reihenfolge: zum einen der Division durch Ladung oder Masse, zum anderen der Ableitung nach dem Ort, d. h. Bildung des Gradienten mit Hilfe des Nabla-Operators.
Beispiel
Der Gradient der potentiellen Energie
In der Nähe der Erdoberfläche ist die potentielle Energie
Wie dem Vorzeichen des Resultats anzusehen, ist die Kraft
Lokale Konservativität
Beim letzten der obengenannten vier Charakteristika konservativer Kraftfelder ist insbesondere auf das Kriterium des „zusammenhängenden Gebiets“, also darauf zu achten, dass das Gebiet, anschaulich gesprochen, keine „Löcher“ oder ähnliche Definitionslücken enthält. Nicht „zusammenhängend“ in diesem Sinn ist beispielsweise das Gebiet um einen stromdurchflossenen Leiter, dessen Magnetfeld zwar außerhalb des Leiters wie nachstehend definiert ist, für die z-Achse (0|0|z) selbst jedoch weder
So gilt zwar außerhalb des Leiters
mit
parametrisiert wird, so erhält man als Wegintegral
Obwohl die Rotation
Beweis der Äquivalenz der Kriterien
Wie anfangs bereits festgestellt, sind die vier Definitionen für ein konservatives Kraftfeld miteinander gleichbedeutend. Das erste Kriterium ist gerade die Definition einer konservativen Kraft aus der Einleitung, die anderen folgen daraus.
1. Davon ausgehend, dass die Arbeit entlang eines geschlossenen Pfades verschwindet, kann zunächst die Korrektheit des zweiten Kriteriums gezeigt werden. Man betrachte dazu zwei Wege
Verläuft
Mit
ist das dann und genau dann null, wenn
was gerade der Wegunabhängigkeit und damit der zweiten Definition für ein konservatives Kraftfeld entspricht.
2. Wenn
, unabhängig vom Weg S.
3. Wenn
,
wobei der letzte Schritt wegen der Vertauschbarkeit der partiellen Ableitungen gemäß dem Satz von Schwarz zustande kam.
4. Nach dem Satz von Stokes gilt für eine geschlossene Kurve C, die von einer Fläche A umschlossen wird
.
Dieses Integral verschwindet für alle Kurven C dann und genau dann, wenn
Energieerhaltung
In der klassischen Mechanik gilt für die kinetische Energie
,
wobei
Mit dem zweiten Newtonschen Axiom
für konstante Massen
.
Dann gilt für den Weg von Punkt 1 zum Punkt 2 das Wegintegral
.
Für die rechte Seite dieser Gleichung gilt
.
Das bedeutet, dass die gesamte Arbeit, die bei der Bewegung aufgebracht wird, der Änderung der kinetischen Energie entspricht. Für die linke Seite gilt hingegen unter Verwendung der Eigenschaften konservativer Kräfte
und damit
bzw.
was gerade dem Energieerhaltungssatz entspricht. Die Eigenschaft der Energieerhaltung ist auch der Grund, weshalb konservative Kraftfelder ihren Namen erhielten – die Energie ist konserviert.
Einzelnachweise
- ↑ David Halliday, Robert Resnick, Jearl Walker: Physik. = Halliday Physik. Bachelor-Edition. Wiley-VCH, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-40746-0, S. 143–145.
- ↑ 2,0 2,1 Walter Gellert, H. Küstner, M. Hellwich, Herbert Kästner (Hrsg.): Kleine Enzyklopädie Mathematik. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1970, S. 547.