Kaseinfarbe

Kaseinfarbe

Kaseinfarbe ist ein Anstrichmittel (ugs. Farbe), bei der die Pigmente mit einem Bindemittel auf Basis von Kasein gebunden sind. Der Einsatz von Kaseinfarbe als Kaseinleimgebunde Farbe ist eine traditionsreiche Maltechnik im Bereich der Kunst, seit der Entwicklung der Acrylfarben hat sie an Bedeutung verloren.

Die bekannteste Marke für Kaseinfarben ist Plaka, sie wird im künstlerischen und dekorativen Bereich, und insbesondere in Kindergärten und Schulen, verwendet. Die Farbe hat hervorragende Farbbrillanz und Deckfähigkeit, sie ist aber nicht unbedingt witterungs- oder nässebeständig.

Bestandteile einer Kaseinfarbe

Kasein ist der Hauptbestandteil der Milcheiweiße und wird durch Ausfällung gewonnen. Hierbei kann etwa Magermilch verwendet werden, wobei auf einen niedrigen Fettgehalt und einen höheren Eiweißgehalt wert zu legen ist. Das Milchfett beeinflusst die Bindekraft negativ während Eiweiß genau dafür zuständig ist. Im Allgemeinen sind Kaseine verarbeitungsfertig im Fachhandel erhältlich.

Das getrocknete Kaseinpulver ist nicht wasserlöslich und wird zur weiteren Verwendung in warmem Wasser vorgequollen und durch eine sanfte Lauge aufgeschlossen, zum Beispiel durch Hirschhornsalz – das ist Ammoniumcarbonat (Ammoniumkasein), Borax (Boraxkasein), oder auch Sumpfkalk (Kalkkasein). Beim Aufschließen des Kaseins sollte die maximale Laugenzugabe einen Wert von 25 % nicht überschreiten.

Die anderen Bestandteile der Kaseinfarben sind Wasser zum Verdünnen, Farbmittel und Kaolin (Ton, Porzellanerde, o.ä.) oder Kreide als Füllstoffe um die Farbe deckend zu machen.

Eigenschaften der Kaseinfarbe

Kasein ist ein natürliches, organisches Bindemittel. Durch seinen natürlichen Ursprung dient es als Nährboden für Bakterien und Pilze. Um einen solchen Befall zu verhindern, fügt man Kaseinfarben häufig ein Konservierungsmittel (z. B. Borax) hinzu. Borax vermindert aber die Feuchtebeständigkeit, da es als Alkaligeber wirkt und daher, anders als zum Beispiel Ammoniak (eine flüchtige Substanz), ständig im getrockneten Film zugegen ist. Einen guten Schutz gegen Pilz- und Bakterienbefall bietet auch der Einsatz von Sumpfkalk. Sumpfkalk als Aufschlussmittel vernetzt das Kasein besser als Borax und setzt die Wasserfestigkeit nicht herunter. Daher ist Kalkkasein das Mittel der Wahl in der Wandmalerei. Geringe Beigaben von Leinöl oder Leinölfirnis verbessern die Haltbarkeit und Wasserfestigkeit weiter.

Die Haltbarkeit, das angenehme Arbeiten und Farbtiefe bei gleichzeitig leicht mattem Auftrocknen gelten als Vorzüge der Kaseinfarben. Die Auswahl der Pigmente spielt dabei schon in der Herstellung eine entscheidende Rolle. Der überwiegende Teil der Pigmente sind Erd- oder Mineralfarben. Die Farben sind untereinander exzellent mischbar, so dass sich leicht eine Farbharmonie einstellt. Einerseits kann – wie in der Ölmalerei – „Nass-in-Nass“ gearbeitet werden, nach der zügigen Trocknung aber auch lasierend in Schichttechnik.

Je nach eingesetztem Aufschlussmittel kann eine Kaseinfarbe wasserfest sein und somit im Außenbereich Verwendung finden. Für den Einsatz als Kaseinfarbe wird meistens säureausgefälltes Kasein eingesetzt. Um Wasserfestigkeit zu erreichen, sollte aber Kalkkasein oder Ammoniumkasein zum Einsatz kommen. Die wasserfesten Farben besitzen jedoch keine Alkalibeständigkeit. Generell sollte bei der Herstellung auch auf alkalibeständige Pigmente Wert gelegt werden, da Kaseinleime im alkalischen Milieu liegen. Dann sind aber der Pigmentpalette Grenzen gesetzt.

Die Bindekraft der Kaseinfarben ist extrem hoch, so dass besondere Sorgfalt in der Verarbeitung nötig ist. Wehlte erwähnt, dass trocknendes Kasein sogar die Glasur von Porzellangefäßen als auch die Emaille eiserner Schalen und Töpfe absprengt. [1] Daher ist bei deckendem Auftrag auf ausreichend Füllstoff zu achten, um ein Abblättern zu verhindern, lasierende Farben können sehr dünn ausgearbeitet werden.

Auch die Zugabe von Milch zu reinen Kalkfarben – als „Hausmittel“ zu Erhöhung von Deckkraft und gegen Kreidung – beruht auf der Kaseinbindung. Normale Trinkmilch ist aber durch den Fettgehalt eher abträglich.

Geschichte

Milcheiweiße lassen sich schon in der Höhlenmalerei finden. Die Kaseintechnik wurde von den Römern angewandt, auch in einer der Felsenkirchen von Lalibela[2] findet sich das Bindemittel. Ihre Hochblüte fand die Technik in der Tafelmalerei auf Holz, da sie weniger Ansprüche an die Grundierung setzt als etwa Ölfarben sowie der Wandmalerei, wo sie in Farbwirkung nur vom Fresko übertroffen wird, aber auch auf altem Putz angebracht werden kann.

Quellen

  1. Wehlte, S. 465
  2. heute im Museum von Addis Abeba. Wehlte, S. 465

Literatur

  • Kurt Wehlte: Werkstoffe und Techniken der Malerei, Otto Maier Verlag, Ravensburg 1967, ISBN 3-473-48359-1 (früher: ISBN 3-473-61157-3)
  • Hans-Werner Bastian: „Naturfarben selbst gemischt“, Verlag Heinz Heise 1994, ISBN 3-88229-201-6