Fumarsäuredimethylester

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Dieser Artikel betrifft nicht Dimethylformamid, für das ebenfalls die Abkürzung DMF gebräuchlich ist, das aber wesentlich andere Eigenschaften und damit auch Verwendungen hat.


Strukturformel
Struktur des Fumarsäuredimethylester
Allgemeines
Name Fumarsäuredimethylester
Andere Namen
  • Dimethylfumarat
  • trans-Ethendicarbonsäuredimethylester
  • (E)-2-Butendisäuredimethylester
Summenformel C6H8O4
CAS-Nummer 624-49-7
PubChem 637568
Kurzbeschreibung

weißes, kristallines, fast geruchloses Pulver [1]

Eigenschaften
Molare Masse 144,13 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,37 g·cm−3 [1]

Schmelzpunkt

102 °C [1]

Siedepunkt

193 °C [1]

Löslichkeit

wenig löslich in Wasser: 1,6 g·l−1 (20 °C) [1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
07 – Achtung

Achtung

H- und P-Sätze H: 312-317-315-319-335
P: 280-​302+352-​305+351+338 [1]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [2][1]

Xn
Gesundheits-
schädlich
R- und S-Sätze R: 21-36/37/38-43
S: 36/37/39
LD50
  • 1.250 mg·kg−1 (Kaninchen, dermal)[3][4]
  • 2.240 mg·kg−1 (Ratte, oral)[3][4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
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Fumarsäuredimethylester, auch Dimethylfumarat, ist der Diester der Fumarsäure mit dem Alkohol Methanol. Dieser und andere Ester der Fumarsäure werden als Arzneistoffe zur Behandlung der Psoriasis eingesetzt, weitere Indikationen stehen vor der amtlichen Zulassung. Dimethylfumarat werden immunmodulatorische und antioxidative Eigenschaften zugeschrieben.[5]

In einer nicht-medizinischen Verwendung wird Dimethylfumarat als Biozid zur Behandlung von Kleidung, Schuhen und Möbeln gegen Schimmelpilzbefall eingesetzt. Seit dem 1. Mai 2009 gilt in der gesamten EU allerdings ein Verwendungsverbot als Biozid wegen gehäufter Auslösung allergischer Reaktionen.[6][7]

Eigenschaften

Dimethylfumarat ist ein weißes, nahezu geruchloses, kristallines Pulver, das löslich in Aceton, wenig löslich in Ether, schwer löslich in Ethanol und praktisch unlöslich in Wasser (1,6 g·l−1 bei 20 °C) ist. Eine Suspension von 10 g des Esters in einem Liter Wasser zeigt mit einem pH-Wert von 4–6 saure Eigenschaften.[1] In Wasser und im menschlichen Organismus hydrolysiert Fumarsäuredimethylester rasch zum Fumarsäuremonomethylester; die Halbwertszeit beträgt etwa 10 Minuten.[8][9]

Wirkmechanismus

Die immunmodulatorischen und antioxdativen Effekte von Dimethylfumarat scheinen durch Interaktion mit dem intrazellulären Thiol-System vermittelt zu werden. Nachgeschaltet kommt es zu einer Induktion des anti-inflammatorischen Proteins HO-1 und zu einer Beeinflussug von entzündungsfördernden Mediatoren wie TNF-alpha und IL-8.[10] Zudem scheint DMF bei bestimmten Zellarten, so zum Beispiel Nervenzellen[11] und Herzmuskelzellen,[12] antioxidativ zu wirken.

Medizinische Verwendung

Eine Mischung aus Dimethylfumarat und drei Monoethylfumaraten wird in Deutschland seit den 1990er Jahren zur Behandlung der Psoriasis eingesetzt (Handelsname Fumaderm®)[13], nachdem der Biochemiker W. Schwekendiek 1959 erstmals Dimethylfumarat im Selbstversuch getestet hatte. Biologisch aktiv ist vermutlich das Fumarsäuremonomethylester. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) urteilte 2011 in ihrer S3 - Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris, Fumärsäureester seien zur Langzeittherapie geeignet, stellte aber fest, dass es zur Wirksamkeit und Sicherheit der Fumarsäureester-Therapie bisher mehr Beobachtungen als dokumentierte klinische Studien gibt. Die Substanz zeigt zwar wenig unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die Leitlinie empfiehlt aber, zusammen mit Fumarsäureestern keine anderen Basistherapeutika einzusetzen, und rät zu besonderer Vorsicht bei gleichzeitiger Behandlung mit Präparaten, welche die Nierenfunktion beeinträchtigen können.[14] Fumarsäureester sind in Deutschland die zur Behandlung der Psoriasis am häufigsten verwendeten systemisch wirkenden Substanzen.[15] Eine neue nur auf Dimethylfumarat basierende Formulierung mit kontrollierter Freisetzung des Wirkstoffes (FP187) befindet sich im späten klinischen Entwicklungsstadium für Psoriasis.[16][17]

Darüber hinaus hat Dimethylfumarat offenbar das Potenzial, einige chronisch-entzündliche immunvermittelte Krankheiten günstig zu beeinflussen: Zufällig war 2006 deutschen Neurologen und Dermatologen aufgefallen, dass zwei Patienten, die gleichzeitig an Multipler Sklerose (MS) und Psoriasis litten, unter oraler Dimethlyfumarat-Therapie für die Psoriasis einen deutlich stabileren Verlauf der MS zeigten. Zwei klinische Phase-3-Studien (DEFINE- und CONFIRM-Studie) zeigten 2012, dass oral aufgenommenes Dimethylfumarat (als oral BG-12 bezeichnet) die Rückfallrate bei Multipler Sklerose signifikant reduzierte und ebenso wirksam war wie Glatiramer.[18]

Auch andere chronische Haut- und Autoimmunerkrankungen, so zum Beispiel Necrobiosis lipoidica, Granuloma anulare, Sarkoidose und Morbus Crohn, sprechen auf Dimethylfumarat an.[5]

Sicherheitshinweise

Dimethylfumarat ist nicht nur ein potentes Kontaktallergen, sondern wird über die Haut auch gut resorbiert. Es erwies sich im Tierversuch mit Kaninchen und Ratten als mäßig toxisch (LD50 2.240 mg·kg−1 bei Ratten oral, aber bereits 1.250 mg·kg−1 bei Kaninchen dermal[3][4]). Akut werden beim Menschen Augen, Atemwege und Haut gereizt; auch eine stark hautsensibilisierende Wirkung wurde beobachtet. Häufigste unerwünschte Sofort-Symptome sind kurzzeitiges Flush und Durchfall. Bei chronischer Aufnahme, etwa bei der Psoriasisbehandlung, kommt es bei etwa der Hälfte der Patienten zu Veränderungen des weißen Blutbilds in Form einer Lymphopenie, bei ca. 11% zur Leukopenie, und immerhin etwa 3 % der Behandelten entwickeln schwerere Formen von Lymphopenie, die während der Behandlung auch wiederholt auftreten oder dauerhaft verlaufen können. Beobachtet werden auch Verschlechterungen der Nierenfunktion und von Leberwerten. Daher sind regelmäßige Kontrollen von Nieren-, Leber- und Blutbild-Parametern notwendig, notfalls ist die Dosis zu reduzieren oder das Medikament abzusetzen.[19][14]

Nicht-medizinische Verwendung

Dimethylfumarat ist ein Biozid, das gegen Schimmelpilze wirkt. Es kann beispielsweise zum Schutz von Ledermöbeln oder Schuhen eingesetzt werden. Auf Grund von gehäufter Auslösung allergischer Reaktionen ist der Einsatz von Dimethylfumarat jedoch seit 1998 für in der Europäischen Union hergestellte, seit dem 1. Mai 2009 auch für importierte Produkte verboten.[20]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 Eintrag zu CAS-Nr. 624-49-7 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 30. Oktober 2009 (JavaScript erforderlich).
  2. Seit 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
  3. 3,0 3,1 3,2 American Industrial Hygiene Association Journal. Vol. 30, S. 470, 1969.
  4. 4,0 4,1 4,2 Fumarsäuredimethylester bei ChemIDplus
  5. 5,0 5,1 : Dimethyl fumarate - only an anti-psoriatic medication?. In: J Dtsch Dermatol Ges. 10, Nr. 11, November 2012, S. 793-801. doi:10.1111/j.1610-0387.2012.07996.x. PMID 22897153.
  6. Europäische Kommission: Verbraucherschutz: Kommission verbietet Biozid, das schwere Allergien hervorruft. Meldung vom 30. April 2009
  7. Europäische Kommission: Verbraucherschutz: EU verbietet Dimethylfumarat (DMF) in Konsumgütern wie Sofas, Schuhen und Plüschspielzeug. Meldung vom 30. April 2009.
  8. Ulrich Schwabe, Dieter Paffrath: Arzneiverordnungs-Report 2005: Aktuelle Daten, Kosten, Trends und Kommentare. Springer, 2006, ISBN 978-3-540-28368-3, S. 588.
  9. Martin Rostami Yazdi: Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Fumarsäureestern. 2008, Dissertationsschrift, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Kiel http://eldiss.uni-kiel.de/macau/receive/dissertation_diss_00002768
  10. : Dimethylfumarate induces immunosuppression via glutathione depletion and subsequent induction of heme oxygenase 1.. In: J Invest Dermatol. 127, Nr. 4, April 2007, S. 835-45. doi:10.1038/sj.jid.5700686. PMID 17235328.
  11. : Fumarates promote cytoprotection of central nervous system cells against oxidative stress via the nuclear factor (erythroid-derived 2)-like 2 pathway.. In: J Pharmacol Exp Ther. 341, Nr. 1, April 2012, S. 274-84. doi:10.1124/jpet.111.190132. PMID 22267202.
  12. : Fumarate is cardioprotective via activation of the Nrf2 antioxidant pathway.. In: Cell Metab. 15, Nr. 3, März 2012, S. 361-71. doi:10.1016/j.cmet.2012.01.017. PMID 22405071.
  13. F. von Bruchhausen, R. Braun, Siegfried Ebel: Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis. Band 4: Stoffe A–K. Springer, 1999, ISBN 978-3-540-62644-2, S. 468.
  14. 14,0 14,1 A. Nast: S3 - Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris. In: AWMF Online. .
  15. PsoBest (Langzeitstudie zur Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit der Biologika- und konventionellen Systemtherapie bei Psoriasis und Psoriasis-Arthritis in der Routineversorgung: Einschlusszahlen http://www.psobest.de/einschlusszahlen/
  16. Forward Pharma: Efficacy and Safety Trial of FP187 in Moderate to Severe Plaque Psoriasis. Clinicaltrials.gov. Abgerufen am 13. Dezember 2012.
  17. Forward Pharma Newsroom. Forward Pharma. Abgerufen am 13. Dezember 2012.
  18. Allan H. Ropper: The "Poison Chair" Treatment for Multiple Sclerosis New England Journal of Medecine 2012, Band 367, Ausgabe 12 vom 20. September 2012, Seite 1149 - 1150.
  19. Gebrauchsinformation für Fachkreise zu Fumaderm ® und Fumaderm ® initial
  20. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: Regelungen zu Dimethylfumarat, abgerufen 3. Januar 2012.
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