Favismus
Klassifikation nach ICD-10 | ||
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D55.0 | Anämie durch Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel
Favismus | |
ICD-10 online (WHO-Version 2013) |
Favismus (auch: Fabismus, von lateinisch: faba – Bohne) ist ein krankhafter Verlauf eines G6PD-Mangels (Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel) mit rezidivierenden Hämolysen und chronischer Anämie. Favismus ist die häufigste Enzym-Krankheit des Menschen; ca 7,5 % der Weltbevölkerung tragen ein krankhaft verändertes G6PD-Gen, also ca. 400 Millionen Personen weltweit, vornehmlich im Mittelmeerraum, mittleren Osten, Afrika und Südostasien. Jedoch bei nur etwa jedem vierten ist der Defekt so stark ausgeprägt, dass nennenswerte Symptome auftreten[1] und man somit von Favismus sprechen kann.
Aufgrund des Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangels kann durch den Genuss von Ackerbohnen (Vicia faba), das Einatmen von deren Pollen sowie durch die Einnahme einiger Medikamente eine Hämolyse ausgelöst werden, welche in seltenen Fällen bis zum Tod führen kann.
Ätiologie und Verbreitung
Ursachen, Vererbung
Der Favismus ist eine erbliche, X-chromosomal-rezessive Erkrankung, die vor allem unter Schwarzafrikanern und im Mittelmeerraum unter Italienern (besonders Sarden), Griechen, sephardischen Juden und Arabern, aber auch unter Thailändern, Chinesen und Indern verbreitet ist. Etwa 10 % der amerikanischen schwarzen männlichen Bevölkerung sind betroffen. Ein Grund für diese Häufung unter bestimmten Ethnien dürfte darin liegen, dass der G6PD-Defekt eine gewisse Resistenz gegen den in diesen Gebieten verbreiteten Malariaerreger bietet.
Durch das Fehlen funktionsfähiger Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase kann nicht ausreichend NADPH zur Regenerierung des Glutathions bereitgestellt werden, so dass Peroxide ungehindert die Membran und die SH-Gruppen der Proteine des Erythrozyten angreifen können.
Auslöser
Im Allgemeinen erfolgt beim Favismus eine Hämolyse nur dann, wenn die Patienten Substanzen zu sich nehmen, die Wasserstoffperoxid bilden, wie beispielsweise:
- Bohnen, vor allem Saubohnen (Vicia faba, daher die Bezeichnung „Favismus“)
- Erbsen
- Johannisbeeren
- Acetylsalicylsäure
- Metamizol
- Sulfonamide
- Vitamin K und Derivate
- Naphthalin
- Anilin und Derivate
- Malariamittel
- Nitrofurane
Weitere Auslöser können virale oder bakterielle Infektionen, Stress und eine metabolische Azidose sein.
Symptome
Nach Genuss oben genannter Auslöser kommt es innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen zu einer schweren, unter Umständen lebensbedrohlichen hämolytischen Anämie mit Fieber, Schüttelfrost, Rücken- und Bauchschmerzen sowie Schwäche bis hin zum Schock. Um der Hämolyse entgegenzuwirken, werden in verstärktem Maß Retikulozyten, die Vorläuferzellen der Erythrozyten, in das Blut abgegeben, deren Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase bei hemizygoten Schwarzen und heterozygoten Personen noch Restaktivität zeigt, sodass die Krise überwunden werden kann. Bei weißen Erkrankten dagegen ist der Mangel an funktionsfähigem Enzym in der Regel viel stärker ausgeprägt, sodass es unter Umständen zur Hämoglobinurie mit komplettem Nierenversagen kommen kann.
Therapie
Eine kausale Therapie gibt es derzeit (2006) nicht. Die Therapie besteht daher in der Vermeidung der Aufnahme oben genannter Substanzen. Die Lebenserwartung unterscheidet sich dann nicht von jener gesunder Menschen.
Malaria und Favismus
Die relativ niedrigere Prävalenz von Malariainfektionen bei Menschen mit Glc-6-P-DH-Mangel, die in Malaria Endemiegebieten leben, kann durch den Selektionsvorteil, den dieser Defekt bringt, erklärt werden: Malariaerreger (Plasmodien) reagieren empfindlicher als menschliche Zellen auf Radikale und können sich daher durch die Störung des Pentosephosphatweges und die dadurch in den menschlichen Erythrozyten angehäuften Radikale nicht ausreichend vermehren. Eine Malariatherapie mit Chloroquin löst allerdings bei vorliegendem Favismus durch eine hohe Radikalbildung ebenfalls eine Hämolyse aus.
Literatur
- Pschyrembel – Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage
Weblinks
Einzelverweise
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