Enstatit
Enstatit | |
Enstatit-Kristall aus Tansania | |
Andere Namen |
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Chemische Formel |
Mg2[Si2O6] |
Mineralklasse | Kettensilikate und Bandsilikate; Gruppe Orthopyroxene 9.DA.05 (8. Auflage: VIII/F.02) nach Strunz 65.01.02.01 nach Dana |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | orthorhombisch-dipyramidal 2/m 2/m 2/m |
Farbe | farblos, grau, weiß, grünlich, bräunlich, mitunter dunkelgrün |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | 5 bis 6 |
Dichte (g/cm3) | 3,20 bis 3,25 |
Glanz | Glasglanz |
Transparenz | durchscheinend bis undurchsichtig |
Bruch | uneben |
Spaltbarkeit | gut nach {210} |
Habitus | prismatisch bis faserig, lamellar verzwillingte Aggregate |
Häufige Kristallflächen | {010}, {210}, {311}, {111} |
Zwillingsbildung | einfach oder lamellar nach {100} |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nα = 1,650 bis 1,668 ; nβ = 1,652 bis 1,673 ; nγ = 1,659 bis 1,679 |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,009 bis 0,011 ; zweiachsig positiv |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | Vor dem Lötrohr fast unschmelzbar, in Säuren unlöslich |
Ähnliche Minerale | Hypersthen |
Das Mineral Enstatit ist ein häufig vorkommendes Kettensilikat aus der Gruppe der Pyroxene mit der idealisierten Zusammensetzung Mg2[Si2O6]. Er bildet eine Mischreihe mit Ferrosilit (Fe2+2[Si2O6]). Innerhalb dieser Reihe werden alle Zusammensetzungen mit mehr als 1 Mg und weniger als 0,1 Ca pro Formeleinheit als Enstatit bezeichnet, alle weiteren allgemein als Hypersthen.
Enstatit ist farblos oder blass gelb, grün, oliv oder braun gefärbt, transparent bis undurchsichtig mit Glasglanz auf Kristallflächen und Perlglanz auf Spaltflächen. Die Kristalle sind von prismatischen bis faserigen Habitus, oft lamellar verzwillingt nach {100} und können bis zu 50 cm lang werden. Er zeigt eine gute Spaltbarkeit parallel zu den Prismenflächen {210}, wobei sich die Spaltflächen im Winkel von 88° schneiden. Dies unterscheidet ihn von ähnlichen Amphibolen deren Spaltflächen sich im Winkel von ca. 120° schneiden.
Enstatit ist ein verbreitetes gesteinsbildendes Mineral des Erdmantels (Peridotite), der unteren Erdkruste (Granulit), basischer Magmatite (Gabbro, Pyroxenit) sowie granulitfazieller Metabasite (Granulite), Metapelite und metamorpher Kalksilikatgesteine. Darüber hinaus ist es ein Bestandteil von Enstatit-Chondriten und Aubriten, seltenen Klassen von Steinmeteoriten. Auch auf der Oberfläche einiger Asteroiden, wie (44) Nysa, (64) Angelina und (216) Kleopatra wurde dieses harte Mineral nachgewiesen.
Etymologie und Geschichte
Der Name stammt aus dem griechischen (enstates = Gegner, Widersacher) und bezieht sich darauf, dass Enstatit fast unschmelzbar ist.
Weitere veraltete Bezeichnungen wurden für teilweise oder vollständig in andere Minerale umgewandelten Enstatit verwendet:
- Agalit: Vermutlich teilweise in Talk umgewandelter Enstatit
- Bastit, Schillerspat: In Serpentin, Talk und eventuell Anthophyllit umgewandelter Enstatit
- Diaclasit, Germarit, Phastin:' Umgewandelter Enstatit
- Szaboit: Teilweise umgewandelter Enstatit
Erstmals beschrieben und benannt wurde das Mineral 1855 von Gustav Adolf Kenngott. Als Typlokalität gilt der Berg Zdar bei Ruda nad Moravou (deutsch Eisenberg an der March) in Tschechien, da das Material zur chemischen Analyse von dort stammte.[1]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Enstatit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Donpeacorit, Ferrosilit und Nchwaningit die eigenständige Untergruppe der „Orthopyroxene“ innerhalb der Pyroxengruppe bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Enstatit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach dem Aufbau der Silikatketten sowie der Zugehörigkeit zu größeren Mineralfamilien, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seines Aufbaus in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Einfachketten Si2O6; Pyroxen-Familie“ zu finden ist, wo es als Namensgeber die „Orthopyroxene – Enstatitgruppe“ mit der System-Nr. 9.DA.05 und den weiteren Mitgliedern Akimotoit, Donpeacorit und Ferrosilit bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Enstatit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Kettensilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Ferrosilit und Donpeacorit in der Gruppe der „Orthopyroxene“ mit der System-Nr. 65.01.02 innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Einfache unverzweigte Ketten, W=1 mit Ketten P=2“ zu finden.[2]
Varietäten und Modifikationen
Die Verbindung Mg2[Si2O6] ist polymorph. Neben dem orthorhombischen Enstatit treten noch die monokline Modifikation Clinoenstatit und die ebenfalls orthorhombische Hochtemperaturmodifikation Protoenstatit auf.
Bekannte Varietäten sind:
- Bronzit hat durch seine Eisen-Beimengungen eine typische Bronzefärbung.
- Lime-Bronzit ist eine Calcium-haltige Varietät
- Vanadium-Bronzit enthält Beimengungen von Vanadium
Bildung und Fundorte
Enstatit bildet sich in ultrabasischen Magmagesteinen wie Gabbros und Peridotiten. Durch Metamorphose kann es sich in Marmor bilden. Begleitminerale sind unter anderem Diopsid, Klinopyroxen, Olivin, Phlogopit, Pyrop und Spinell.
Insgesamt konnte Enstatit bisher (Stand: 2011) an rund 580 Fundorten nachgewiesen werden. Neben seiner Typlokalität Ruda nad Moravou wurde Enstatit noch an mehreren Orten in Böhmen und Mähren gefunden.
In Deutschland fand sich das Mineral bei St. Blasien und Todtmoos in Baden-Württemberg; in Schwaben, Franken und der Oberpfalz in Bayern; bei Bad Harzburg in Niedersachsen; Niederbachem in Nordrhein-Westfalen; an vielen Orten der Eifel in Rheinland-Pfalz sowie bei Chemnitz und im Erzgebirge in Sachsen.
In Österreich konnte Enstatit unter anderem am Pauliberg im Burgenland, in der tiroler Gemeinde Wildschönau sowie an mehreren Orten in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg und der Steiermark gefunden werden.
In der Schweiz trat das Mineral bisher bei Utzenstorf (Bern), Tafers (Freiburg), Châtillens (Waadt), Saas-Almagell (Wallis) sowie an mehreren Orten der Kantone Graubünden und Tessin auf.
Weitere Fundorte sind Algerien, die Antarktis, Argentinien, Aserbaidschan, Australien, Botswana, Brasilien, Chile, China, Finnland, Frankreich, Ghana, Griechenland, Grönland, Indien, Israel, Italien, Japan, Jemen, Kanada, Kasachstan, Lesotho, Libyen, Madagaskar, Mexiko, Mongolei, Myanmar, Namibia, Neukaledonien, Neuseeland, Nigeria, Norwegen, Oman, Pakistan, Papua-Neuguinea, Peru, Polen, Portugal, Republik Kongo, Rumänien, Russland, in der westlichen Sahara, auf den Salomonen, Schweden, Simbabwe, Slowakei, Spanien, Sudan, Südafrika, Tadschikistan, Tansania, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).
Auch in Gesteinsproben vom Mittelatlantischen Rücken und Ostpazifischen Rücken sowie außerhalb der Erde auf dem Mond (Landeplatz der Apollo 15-Mission) und im Schweifmaterial des Kometen Wild 2 wurde Enstatit gefunden.[3]
Fundstellen für die Varietät Bronzit sind unter anderem Bad Harzburg im Harz, Kraubath in der Steiermark, Bushveld in Transvaal.[4]
Kristallstruktur
Enstatit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pbca (Raumgruppen-Nr. 61) mit den Gitterparametern a = 18,24 Å; b = 8,82 Å; c = 5,18 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.
Verwendung
Durchsichtige grüne Kristalle werden zu Schmucksteinen verarbeitet.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Adolf Kenngott: Über den Enstatit, eine neue Species in dem Geschlechte der Augit-Spathe. In Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (Band XVI, Wien 15. März 1855, S. 162); online verfügbar als über rruff.info (PDF 1,5 MB; S. 12)
- ↑ Webmineral - Minerals Arranged by the New Dana Classification, Inosilicate
- ↑ Mindat - Localities for Enstatite
- ↑ Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 723.
Literatur
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 232.
Weblinks
- Mineralienatlas:Enstatit (Wiki)
- MinDat - Enstatite (engl.)
- Webmineral - Enstatite (engl.)