Anthophyllit
Anthophyllit | |
Gelblichweißer, radialstrahlig-faseriger Anthophyllit auf grünlichbraunem Vermiculit aus Paakkila, Tuusniemi, Ostfinnland (Sichtfeld 4 cm) | |
Andere Namen |
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Chemische Formel |
(Mg,Fe2+)7[OH|Si4O11]2 |
Mineralklasse | Silikate und Germanate 9.DD.05 (8. Auflage: VIII/F.12) nach Strunz 66.01.02.02 nach Dana |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m[1] |
Raumgruppe (Raumgruppen-Nr.) | Pnma (Raumgruppen-Nr. 62) |
Farbe | weiß, grau, hellbraun, gelb, hellgrün |
Strichfarbe | weiß |
Mohshärte | 5,5 bis 6 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,9 bis 3,5 ; berechnet: 3,09 |
Glanz | Glasglanz bis matt |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Bruch | uneben bis muschelig |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {210} |
Habitus | prismatische Kristalle; läulige, radialstrahlige, körnige Aggregate |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nα = 1,598 bis 1,674 ; nβ = 1,605 bis 1,685 ; nγ = 1,615 bis 1,697[2] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ = 0,017 bis 0,023[2] ; zweiachsig positiv |
Optischer Achsenwinkel | 2V = gemessen: 57° bis 90°; berechnet: 82° bis 90°[2] |
Das Mineral Anthophyllit (früher Antophyllit) ist ein häufig vorkommendes Kettensilikat aus der Gruppe der orthorhombischen Amphibole. Es kristallisiert im Orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (Mg,Fe2+)7[OH|Si4O11]2[3] und entwickelt meist körnige, faserige und radialstrahlige Aggregate, aber auch langprismatische Kristalle in verschiedenen Farben, wobei Braun jedoch vorherrschend ist. Andere Farben wie Gelb, Grau, Weiß, Grün sind eingemischt, treten aber auch für sich auf. Die Kristalle zeigen Glasglanz, Spaltflächen dagegen Perlmuttglanz. Bei Verwitterung wird Anthophyllit matt.
Etymologie und Geschichte
Namensgebend war wegen seiner dunkelbraunen Farbe die Früchte der Gewürznelke, auch Mutternelke genannt, deren lateinischer Name Anthophylli lautet, dieser Name leitet sich wiederum aus dem griechischen ἄνθος ánthos für „Blume“ und φύλλον phyllon für „Blatt“ her.
Erstmals beschrieben wurde Anthophyllit 1801 durch Christian Friedrich Schumacher[4]. Als Typlokalität gilt Kjennerudvann bei Kongsberg in Norwegen.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Anthophyllit noch zur allgemeinen Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zusammen mit Ferro-Anthophyllit, Ferrogedrit, Ferroholmquistit, Gedrit, Holmquistit, Natriumanthophyllit, Natrium-Ferro-Anthophyllit, Natrium-Ferrogedrit, Natriumgedrit, Protoanthophyllit, Protoferro-Anthophyllit, Protomangano-Ferro-Anthophyllit die Untergruppe der „Orthorombischen Amphibole“ mit der System-Nr. VIII/F.12 innerhalb der Amphibolgruppe bildete.
Die seit 2001 gültige und auch von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik führt den Anthophyllit ebenfalls unter der Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate), allerdings ist diese inzwischen präziser unterteilt nach der Art der Kettenbildung und das Mineral steht entsprechend in der Unterabteilung der „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Doppelketten, Si4O11; Amphibol-Familie, Orthoamphibole“, wo er als Namensgeber die „Anthophyllitgruppe“ mit der System-Nr. 9.DD.05 und den weiteren Mitgliedern Ferro-Anthophyllit, Ferrogedrit, Ferroholmquistit, Gedrit, Holmquistit, Natriumanthophyllit, Natrium-Ferro-Anthophyllit, Natrium-Ferrogedrit, Natriumgedrit, Protoanthophyllit, Protoferro-Anthophyllit und Protomangano-Ferro-Anthophyllit bildet.
Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Anthophyllit in die Abteilung der „Kettensilikate mit doppelten, unverzweigtem Ketten, W=2“. Hier ist er zusammen mit Magnesiumastrophyllit, Protoanthophyllit, Ferro-Anthophyllit, Protoferro-Anthophyllit, Protomangano-Ferro-Anthophyllit, Natriumanthophyllit, Natrium-Ferro-Anthophyllit, Magnesio-Gedrit, Gedrit, Ferrogedrit, Natrium-Ferrogedrit, Natriumgedrit, Magnesio-Holmquistit, Holmquistit und Ferroholmquistit in der unbenannten Gruppe 66.01.02.02 innerhalb der Unterabteilung der „Kettensilikate: Doppelte unverzweigte Ketten, W=2 Amphibol-Konfiguration“ zu finden.
Modifikationen und Varietäten
Als Hermanover Kugel wird ein eiförmiges Aggregat aus Phlogopit-Kern und Anthophyllit-Kruste aus Heřmanov in Tschechien bezeichnet.
Bildung und Fundorte
Anthophyllit bildet sich durch Kontakt- oder Regionalmetamorphose in Gneisen, Pegmatiten und Serpentiniten. Begleitminerale sind unter anderem Cordierit, Talk, Chloriten, Sillimanit, verschiedene Glimmer, Olivin, Hornblende und Gedrit, Magnesio-Cummingtonit, Granaten, Staurolith und Plagioklasen.
Weltweit konnte Anthophyllit bisher (Stand: 2010) an 475 Fundorten nachgewiesen werden, so unter anderem in Ägypten, der Antarktis, in Äthiopien, Australien, Bolivien, Brasilien, Burkina Faso, China, Deutschland, Finnland, Frankreich, Grönland, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Neuseeland, Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Simbabwe, Slowakei, Spanien, Südafrika, Tadschikistan, Taiwan, Tschechien, Ukraine, Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[5]
Kristallstruktur
Anthophyllit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pnma (Raumgruppen-Nr. 62) mit den Gitterparametern a = 18,56 Å; b = 18,01 Å und c = 5,28 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Verwendung
Anthophyllit fand unter dem Namen Amphibolasbest Verwendung in der Bauindustrie (Asbestzement).
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Webmineral - Anthophyllite (englisch)
- ↑ 2,0 2,1 2,2 MinDat - Anthophyllite (englisch)
- ↑ 3,0 3,1 Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 625.
- ↑ Christian Friedrich Schumacher: Versuch eines Verzeichnisses der in den Dänisch-Nordischen Staaten sich findenden einfachen Mineralien, Kopenhagen 1801 (Anthophyllit siehe S. 96)
- ↑ Mindat - Localities for Anthophyllite
Literatur
- Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 730.
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 238.
Weblinks
- Mineralienatlas:Anthophyllit (Wiki)
- Mineralienlexikon - Anthophyllit
- Handbook of Mineralogy - Anthophyllite (englisch, PDF 79 kB)
- asbest.de - Antophyllit = finnischer Asbest