Carnallit
Carnallit | |
Carnallit aus dem Kaliwerk Niedersachsen bei Wathlingen | |
Chemische Formel |
KMgCl3 • 6H2O |
Mineralklasse | Halogenide - wasserhaltige Doppelhalogenide 3.BA.10 (8. Auflage: III/C.08) nach Strunz 11.01.02.01 nach Dana |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin | orthorhombisch-dipyramidal $ 2/m\ 2/m\ 2/m $ [1] |
Farbe | Farblos, Weiß, Gelb, Rot, Blau |
Strichfarbe | Weiß |
Mohshärte | 1 bis 2 |
Dichte (g/cm3) | 1,6 |
Glanz | Glasglanz bis Fettglanz |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Bruch | muschelig |
Spaltbarkeit | keine |
Habitus | pseudohexagonal, pyramidal, tafelig, körnig |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | nα = 1,465 bis 1,466 ; nβ = 1,474 bis 1,475 ; nγ = 1,494 bis 1,496 [2] |
Doppelbrechung (optischer Charakter) |
δ=0,029 bis 0,030 [2] ; zweiachsig positiv |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | in Wasser leicht löslich |
Ähnliche Minerale | Halit, Sylvin |
Radioaktivität | kaum messbar |
Besondere Kennzeichen | starke Fluoreszenz |
Carnallit ist ein Mineral aus der Mineralklasse der Halogenide und der Abteilung der wasserhaltigen Doppelchloride. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung KMgCl3 • 6H2O [3] und entwickelt oft pseudohexagonale, pyramidale oder tafelige Kristalle, aber auch körnige Aggregate, die entweder farblos oder durch Fremdbeimengungen weiß, gelb, rot oder blau sein können.
Besondere Eigenschaften
Carnallit ist im frischen, trockenen Zustand glasglänzend, wird aber durch Feuchtigkeit matt. Er besteht aus Kaliumchlorid, Magnesiumchlorid und Wasser sowie Spuren von Rubidiumchlorid, Cäsiumchlorid und Brom als Bromid (bis ca 300-400 ppm).
Besonders hervorzuheben sind seine starke Fluoreszenz und seine leichte Löslichkeit in Wasser und sein stechender Geschmack. Zudem zerfließt das Mineral nach einiger Zeit an der Luft unter Ausscheidung von Sylvin. Beim Eindrücken und Drehen einer Messer- oder Spatelspitze entsteht ein quietschendes Geräusch. [4]
Etymologie und Geschichte
Erstmals gefunden und beschrieben wurde Carnallit 1856 im Kalirevier von Staßfurt in Sachsen-Anhalt von Heinrich Rose (1795-1864). Er benannte das Mineral nach dem preußischen Bergbau-Ingenieur Rudolf von Carnall (1804-1874) [5]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Carnallit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung der „Doppelhalogenide, wasserhaltig“, wo er zusammen mit Koenenit, Redikortsevit und Tachyhydrit eine eigenständige Gruppe bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Carnallit in die Klasse der „Halogenide“, dort allerdings in die Abteilung der „Einfachen Halogenide mit H2O“ ein. Diese Abteilung ist zudem weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis von Metall zum Halogen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : X = 1 : 1 und 2 : 3“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 3.BA.10 bildet.
Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Carnallit in die Klasse der „Halogenide“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Komplexen Halogenide – Aluminiumfluoride“. Hier ist er einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 11.01.02 innerhalb der Unterabteilung der „Komplexen Halogenide - Aluminiumfluoride mit (A)mB(X)3“ zu finden.
Modifikationen und Varietäten
Durch reichliche Beimischung mikroskopischer Schüppchen von Hämatit erhält Carnallit eine rötliche Farbe.
Bildung und Fundorte
Carnallit bildet sich durch Evaporation zusammen mit anderen Kalisalzen und Magnesiumsalzen als letzte Phase des Salzzyklus. Während der Diagenese wandelt es sich in Sylvin um.
Weltweit konnte Carnallit bisher (Stand: 2009) an rund 100 Fundorten nachgewiesen werden. Neben seiner Typlokalität Staßfurt in Sachsen-Anhalt konnte das Mineral in Deutschland noch in den Pottaschewerken von Heringen und Philippsthal im hessischen Werratal, in mehreren Pottaschenwerken und Bergwerken von Niedersachsen, bei Röblingen am See, Bernburg (Saale) und Egeln in Sachsen-Anhalt sowie bei Bleicherode und Bad Salzungen in Thüringen.
Ein bekannter Fundort ist auch Carlsbad im US-Bundesstaat New Mexico, wo bis zu 4 cm große Kristalle zutage traten.
Weitere Fundorte sind Entre Ríos in Bolivien; Sergipe in Brasilien; Afar in Äthiopien; mehrere Fundorte in der chinesischen Provinz Qinghai; Surtsey bei Island; mehrere Fundorte auf Sizilien in Italien; New Brunswick, Québec und Saskatchewan in Kanada; im Aksai-Tal im Gebiet Aqtöbe in Kasachstan; am Mount Ruapehu in Neuseeland; Winterswijk und Veendam in den Niederlanden; Inowrocław und Kłodawa in Polen; Loulé in Portugal; in den russischen Regionen Ostsibirien, Oblast Saratow und Ural; Bages in Spanien; Kalusch (Iwano-Frankiwsk) in der Ukraine, Humberside und North Yorkshire (England) im Vereinigten Königreich sowie mehrere Regionen von Arizona, Colorado, Michigan, New Mexico und Utah in den Vereinigten Staaten (USA).[6]
Kristallstruktur
Carnallit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe $ \ Pbnn $ (Raumgruppen-Nr. 52) mit den Gitterparametern a = 9,55 Å, b = 16,12 Å und c = 22,47 Å sowie 12 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Verwendung
Die Gewinnung von Brom aus carnallitischen Ablaugen gilt heute nicht mehr als wirtschaftlich.
Carnallit gilt als eines der bedeutendsten Kalisalze und dient zum einen als Düngemittel und zum anderen als Rohstoff zur Gewinnung von Magnesium. Carnallitische Rohsalze haben allerdings gegenüber sylvinitischen Rohsalzen (z.B. Hartsalz) den Nachteil, dass bei der Aufbereitung stark magnesiumsalzhaltige Endlaugen entstehen. Die Laugen können meist nur zum Teil durch Verpressen in porösen Gesteinsschichten entsorgt werden, der Rest wird in nahe gelegene Flüsse eingeleitet. Deshalb werden heute Kalisalzlagerstätten mit Sylvinit (Gestein aus Sylvin, Halit, u.a.) gegenüber Carnallitit (Gestein aus Carnallit, Halit u.a.) bevorzugt. Zudem ist Carnallit im Bergbau viel weniger standfest als Steinsalz, Sylvinit oder Hartsalz, weil er von gesättigten Natriumchloridlaugen unter Bildung von Sylvin und magnesiumreicherer Natriumchloridlauge angegriffen wird.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Webmineral - Carnallite (englisch)
- ↑ 2,0 2,1 MinDat - Carnallite (englisch)
- ↑ 3,0 3,1 Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 156.
- ↑ M. Götzinger, E. Libowitzky: Mineralogie und Rohstoffkunde (PDF 323 KB, Carnallit, S. 17)
- ↑ tw.strahlen.org - Carnallit
- ↑ Mindat - Localities for Carnallit
Literatur
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0
- Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag 1978, ISBN 3-432-82986-8 (S. 492)
Weblinks
- Commons: Carnallite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Mineralienatlas:Carnallit (Wiki)