Abgasreinigung

Abgasreinigung

Als Abgasreinigung bezeichnet man die Abscheidung von Luftverunreinigungen aus Abgasen zum Umweltschutz, die trotz Verwendung von Abgasfiltern nicht vollständig ausgeschlossen werden können. Zur Entfernung der festen Bestandteile im Abgas werden die Verfahren der Entstaubung angewandt. Für gasförmige und flüssige bzw. tropfenförmige Stoffe können je nach den chemischen und physikalischen Eigenschaften der Stoffe im Wesentlichen drei Verfahren eingesetzt werden:

Abgasreinigung und Abluftreinigung

Unter Abgas- oder Abluftreinigung versteht man die Entfernung schädlicher Komponenten aus der Luft. Die Begriffe Abgas und Abluft werden relativ häufig falsch gebraucht. Im verfahrenstechnischen Sinne versteht man unter Abgas eine warme Abluft, z. B. aus Verbrennungsanlagen. Abluft ist die Absaugung von Hallen- oder Produktionsabluft, welche mit einer sogenannten emissionsbehafteten Grundmenge beladen (verunreinigt) ist. Bei Abgastemperaturen geht man in der Regel davon aus, dass ein thermischer Prozess vorgeschaltet ist und somit die Temperatur des Gases/Luft mehr als 100 °C beträgt.

Abgasreinigungsverfahren

Absorption

Als Absorptionsmittel wird wegen seiner geringen Kosten Wasser bevorzugt. Reicht die Absorptionsfähigkeit von Wasser nicht aus, muss die Absorption durch chemische Umsetzung mit Zusätzen (Chemisorption) ergänzt werden. Insbesondere wasserlösliche Verunreinigungen werden aus dem Gas sehr gut herausgelöst. Durch die Absorption von Substanzen aus dem Gas wird die Waschflüssigkeit evtl. verunreinigt. Oft handelt es sich bei den aufgenommenen Stoffen um saure oder basische Chemikalien, wie z. B. Chlorwasserstoff, Stickoxide oder Ammoniak. Durch eine im Wäscher integrierte Neutralisationseinheit, lässt sich das Abwasser auf einem neutralen pH-Wert halten und so entgiften. Zudem ist leicht sauer eingestellte Waschflüssigkeit für basische Gaskomponenten effektiver, und leicht basische Waschflüssigkeit ist zur Entfernung sauerer Gaskomponenten wirkungsvoller.[1] Absorber können als Sprühdüsenwäscher, Wirbelstromnassabscheider, Venturiwäscher oder Fallfilm- Filter aufgebaut sein und erreichen hohe Absorptionsgrade. Andere Absorptionsmittel sind Öle (Ölwäsche) für organische Substanzen. Nachteile der Absorptionsverfahren sind die entstehenden Abwässer oder Deponierprobleme. Eine Sonderstellung nimmt die Rauchgasentschwefelung ein. Bei diesem Verfahren handelt es sich um einen Methode zur Entfernung von Schwefeldioxid aus Abgasen durch Calciumhydroxid als Absorptionsmittel. Dadurch entsteht REA-Gips welcher in der Bauindustrie ein beliebter Rohstoff ist.

Vorlage:URV von dieser Seite und den dortigen Unterseiten, siehe auch Artikeldisku. --Mabschaaf 19:22, 12. Jan. 2013 (CET)

Katalytische Verfahren

Die katalytische Abgasreinigung kommt sowohl in industriellen Großanlagen als auch in jedem modernen PKW zum Einsatz. Der Vorteil ist der vergleichsweise geringe Energieaufwand, der für die chemische Reaktion der Abgasreinigung notwendig ist. Nachteilig sind die z. T. höheren Investitions- und Wartungskosten der Katalysatoren im Gegensatz zu anderen Verfahren, sowie die Empfindlichkeit der Katalysatoren gegenüber Verunreinigungen und sogenannten Katalysatorgiften. Da bei technisch relevanten Prozessen die genaue Zusammensetzung der Abluft oft unbekannt ist, und eventuelle Katalysatorgifte nicht ausgeschlossen werden können verzichtet man in der Industrie häufig auf eine katalytische Oxidation.
Als Beispiel für die katalytische Abgasreinigung sei an dieser Stelle der Dreiwegekatalysator in PKWs mit Otto-Motor erwähnt. Er besteht aus einem keramischen Grundkörper der mit Edelmetallen wie zum Beispiel Platin, Rhodium u. a. beschichtet ist. An der Oberfläche laufen die chemischen Reaktionen der Abgasreinigung stark beschleunigt und bei geringer Energiezufuhr ab. Das im Abgas enthaltene Kohlenmonoxid (CO) wird zu Kohlendioxid (CO2) oxidiert, die Stickoxide (NOx) werden zu Stickstoff (N2) reduziert. Früher wurden den Kraftstoffen bleiorganische Verbindungen wie Tetraethylblei als Antiklopfmittel zugesetzt. Das Blei setzte sich auf der Oberfläche des Katalysators ab und verunreinigte ihn so stark, dass seine Wirksamkeit stark eingeschränkt wurde oder ganz zum Erliegen kam. Man spricht dann auch von einer „Vergiftung“ des Katalysators. Aus diesem Grund werden in modernen Kraftstoffen keine Bleiverbindungen als Antiklopfmittel mehr eingesetzt.

Siehe auch: Abgasrückführung

Nichtkatalytisch-chemische Verfahren

Zu den nichtkatalytisch-chemischen Verfahren zählen solche Verfahren, bei denen schädliche Abgasbestandteile durch chemische Reaktionen mit speziell zugegebenen Chemikalien dazu führen, dass die Schadstoffe in eine weniger schädliche Form überführt werden. Ein in der Industrie häufig eingesetztes Verfahren ist das sogenannte SNCR-Verfahren (selective non-catalytic reduction). Bei dieser Form der Entstickung von Abgasen werden alle Stickoxide (NOx) durch Ammoniak (NH3) zu elementarem Stickstoff (N2) reduziert. Das Ammoniak wird dazu direkt in die Abgasleitung bei einer Temperatur von 900 bis 1000 °C eingedüst. Die eingesetzte Menge an Ammoniak ist allerdings genau auf die Menge an Stickoxiden abzustimmen da sich ansonsten Ammoniakreste im Abgas befinden können, die ebenfalls entfernt werden müssten.

Staubminderungsverfahren

Zur Entfernung von Partikeln werden hohe Abscheidegrade mit Oberflächenfiltern und Elektrofiltern erreicht. Geringere Abscheidegrade lassen sich mit Gaswäschern und Fliehkraftabscheidern erreichen.

Nicht-thermisches Plasma

Nicht-thermisches Plasma (NTP) wird zur Geruchseliminierung und zum Abbau organischer Kohlenwasserstoffe in der Abluft verwendet. Die Abluftreinigung mit dem NTP-Verfahren erfolgt durch Anregung in einem elektrischen Feld zwischen Elektroden und dielektrischer Barriere. Im Gegensatz zur thermischen Oxidation wird beim NTP-Verfahren die für den schnellen Ablauf der Reaktion notwendige Initialenergie den Schadstoffmolekülen direkt als Anregungsenergie zugeführt. Durch die Anregung, die in einem Plasmareaktor stattfindet, werden die Schadstoffmoleküle reaktionsfreudig gemacht und anschließend zu unschädlichen Bestandteilen z. B. Kohlenwasserstoff zu Wasser und Kohlenstoffdioxid umgesetzt.

Das nicht-thermische Plasmaverfahren ist eine kostengünstige und energieeffiziente Technologie zur Geruchsminderung und zur Reinigung von lösemittelhaltiger Abluft. Neben niedrigen Betriebskosten zeichnet sich das NTP-Verfahren durch eine hohe Reinheit der behandelten Abluft und durch die Bedienungsfreundlichkeit und Betriebssicherheit aus.

Biologische Abgasreinigung

Die biologische Abgasreinigung (biological waste gas purification) basiert auf der Tätigkeit von Mikroorganismen, dabei handelt es sich um aerobe Bakterien, die die organischen und auch einige anorganischen gasförmigen schadstoffbelasteten Verbindungen biochemisch in unbedenkliche bzw. geruchsneutrale Produkte umwandeln.

Dabei werden die Schadstoffe, die Kohlenstoff und/oder teilweise Stickstoff- oder Schwefelanteile enthalten, aus der Abluft abgeschieden und durch Mikroorganismen unter Anwesenheit von Sauerstoff zu Kohlendioxid und Wasser oxidiert. Die freiwerdende Energie dient den Mikroorganismen als Energiequelle zum Erhalt des Stoffwechsels. Ein Teil der Schadstoffe wird für die Vermehrung der Mikroorganismen als Biomasse aufgebaut. In einem stabilen biologischen System besteht ein Gleichgewicht zwischen absterbenden und neu gebildeten Mikroorganismen, sodass die Biomasse konstant bleibt. Die Biomasse benötigt außer den Schadstoffen auch Nährstoffe wie z. B. Stickstoff, Phosphor, Schwefel und Spurenelemente sowie Wasser als Lebensgrundlage. Da chemische Verbindungen nur im Wasser gelöst für Mikroorganismen verwertbar sind, wachsen sie entweder auf einem Trägermaterial in einem Feuchtigkeitsfilm oder sind in einer wässrigen Lösung suspendiert. Die biologische Abgasreinigung wird in der Regel dann eingesetzt, wenn die zu entfernenden Schadstoffe nicht zurückgewonnen werden sollen und die Schadstofffracht nicht zu hoch ist.

Verfahren der biologischen Abgasreinigung

Folgende Verfahren der biologischen Abgasreinigung werden in der Industrie eingesetzt:

Biofilter
Die ersten Biofilter wurden bereits Mitte des letzten Jahrhunderts patentiert und angewendet. Dabei wird ein organisches Trägermaterial wie z. B. Rindenmulch oder Hackschnitzel in ein Filterbett mit ca. 1–3 m Schütthöhe gefüllt. Die Abluft durchströmt das Filterbett von unten nach oben, wobei die Schadstoffe biologisch abgebaut werden. Die Biofilter können ebenerdig gebaut oder in Modulbauweise übereinander gestapelt werden. Durch den relativen einfachen konstruktiven Aufbau stellt der Biofilter ein sehr günstiges Abluftreinigungsverfahren dar, das jedoch nur für Anwendungen in kontinuierlicher Betriebsweise mit geringer Lösemittel- oder Geruchsbeladung geeignet ist.
Biowäscher
Der Biowäscher stellt eine Kombination eines physikalischen Wäschers und einer Belebungseinheit dar. Die Schadstoffe werden physikalisch aus dem Wasser ausgewaschen und danach in der wässrigen Phase biologisch abgebaut. Dabei unterscheidet man Biowäscher mit biologischem Abbau durch die im Wasser suspendierten oder auf dem Füllkörpermaterial fixierten Mikroorganismen und Biowäscher mit separater externer Belebungseinheit. Diese ist notwendig bei höher beladenem Waschwasser. Das durch den biologischen Abbau regenerierte Wäscherwasser kann dadurch im Kreislauf gefahren werden. Die zum biologischen Abbau notwendigen Nährstoffe müssen in die Waschflüssigkeit zugegeben werden. Der Biowäscher eignet sich gut für wasserlösliche Abluftinhaltsstoffe mittlerer Konzentrationen.
Biorieselbettreaktor
Der Biorieselbettreaktor (auch als Biotropfkörper oder Biotrickling Filter bezeichnet) unterscheidet sich vom herkömmlichen Biofilterverfahren dadurch, dass anstatt des biologischen Trägermaterials (wie Rindenmulch oder Hackschnitzel) ein inertes Trägermaterial verwendet wird. Auf diesem Trägermaterial werden die Mikroorganismen angesiedelt, die den biologischen Abbau der Abluftinhaltsstoffe durchführen. Die beladene Abluft durchströmt das inerte Trägermaterial im Gegen- oder im Gleichstrom, wird im Trägermaterial gereinigt und tritt dann am Abluftkamin als gereinigte Abluft wieder aus. Die Feuchtigkeit und die notwendigen Nährstoffe, die beim Biofilter aus dem organischen Trägermaterial entnommen werden und so zum Zersetzen dessen führen, werden beim Biotropfkörper über das Berieselungswasser zugeführt. Der Biotropfkörper eignet sich sowohl zur Reinigung lösemittel- als auch geruchsbeladener Abluft mit Konzentrationen bis zu 1 g/m³.

VDI-Richtlinien biologische Abgasreinigung

  • Biofilter VDI 3477 (Ausgabe 11/2004)
  • Biowäscher und Rieselbettreaktoren VDI 3478 (Ausgabe 07/1996)
  • Biorieselbettreaktor VDI 3478 Blatt 2 (Ausgabe 12/2005)

Der Verein Deutscher Ingenieure, VDI, beschreibt seine Aufgaben in den vor genannten Richtlinien wie folgt: „In der Kommission Reinhaltung der Luft im VDI und DIN – Normenausschuss KRdL – erarbeiten Fachleute aus Wissenschaft, Industrie und Verwaltung in freiwilliger Selbstverantwortung VDI-Richtlinien und DIN-Normen zum Umweltschutz. Diese beschreiben den Stand der Technik bzw. Stand der Wissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland und dienen als Entscheidungshilfen bei der Erarbeitung und Anwendung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften. […] Die Richtlinien der Biologischen Abgasreinigung behandeln die Reinigung von Abgasströmen, die durch gas- und aerosolförmige luftfremde Stoffe verunreinigt sind. Vorwiegendes Einsatzgebiet ist die Minderung von organischen Emissionskomponenten, die mit hinreichender Geschwindigkeit biologisch abbaubar sind, sowie von Schwefelwasserstoff und Ammoniak. Der typische Anwendungsbereich umfasst Massenkonzentrationen von organischen Verbindungen bis ca. 1 g/m³. Die Verfahren dienen zur Minderung von Emissionen, die auf Grund ihres Wirkungscharakters potenziell gesundheitsgefährdend und/oder belästigend sind. […]

Literatur

  • Richard van Basshuysen, Fred Schäfer: Handbuch Verbrennungsmotor Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven. 3. Auflage, Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2005, ISBN 3-528-23933-6

Weblinks

Einzelnachweise