Abgasnachbehandlung

Abgasnachbehandlung

Abgasnachbehandlung ist die Bezeichnung für Verfahren, bei denen die Verbrennungsgase, nachdem sie den Brennraum oder die Brennkammer verlassen haben, auf mechanischem, katalytischem oder chemischem Wege gereinigt werden. Andere Maßnahmen zur Emissionsminderung, die die Gemischbildung oder die Verbrennung beeinflussen, gehören nach dieser Definition nicht zur Abgasnachbehandlung.

Allgemeines

Ohne Abgasnachbehandlung wären die weltweit gültigen Schadstofflimits nicht einhaltbar. In Deutschland hat die Entwicklung mit der gesetzlich vorgeschriebenen Einführung des geregelten 3-Wege-Katalysators für Fahrzeuge mit Ottomotoren im Jahre 1985 [1]begonnen. Fahrzeugkäufer, die vor Fälligkeit ein Neufahrzeug mit geregeltem Katalysator erwarben, wurden durch Steuernachlässe belohnt. Auch für den nachträglichen Einbau eines ungeregelten Katalysators gab es eine Zeit lang steuerliche Anreize.

Für Fahrzeuge mit Dieselmotoren hingegen gab es lange Zeit nur eine unzureichende Abgasnachbehandlung, mit der die Stickoxidemissionen prinzipbedingt nicht gemindert werden konnten. Der Oxidationskatalysator konnte nur die unzureichend verbrannten Abgasbestandteile -Kohlenmonoxid (CO) und Kohlenwasserstoffe (CxHy aufoxidieren und unschädlich machen. Stickoxide NOx blieben unverändert, hierfür wurden erst in jüngerer Vergangenheit technische Möglichkeiten entwickelt.

Wegen der prinzipbedingten Unterschiede zwischen ottomotorischen und dieselmotorischen Arbeitsverfahren, müssen auch die Möglichkeiten der Abgasnachbehandlung getrennt betrachtet werden.

Obwohl man auch in anderen Bereichen von einer Abgasnachbehandlung spricht, beispielsweise bei der Rauchgasentschwefelung im Wärmekraftwerk, soll hier wegen der überragenden Bedeutung des motorisierten Individualverkehrs für Luftqualität nur die Abgasnachbehandlung im Kraftfahrzeug besprochen werden.

Abgasnachbehandlung bei Ottomotoren

Verläufe der Schadstoffkonzentrationen im Abgas eines Motors als Funktion vom Verbrennungsluftverhältnis λ.

Beim Ottomotor muss sich das Luftverhältnis innerhalb der Zündgrenzen befinden, das heißt zwischen ca. 0,6 und ca 1,5. Jenseits der Zündgrenzen muss mit unrundem Motorlauf, Aussetzern und exorbitantem Anstieg von Emissionen und/oder Kraftstoffverbrauch gerechnet werden. Es ist nicht das Betriebsverhalten des Motors, das ein exakt auf 1 geregeltes Luftverhältnis erfordert. Im Gegenteil: im leicht fetten Bereich wäre die Leistungswilligkeit des Motors größer, im leicht mageren Bereich wäre der spezifische (auf die Leistung bezogene) Verbrauch niedriger.

Geregeltes System

Es ist der Katalysator, der zwingend eine Regelung des Luftverhältnisses auf λ = 1 erfordert. Nur dann können alle Komponenten im Abgas gemindert werden, sowohl im oxidativen Bereich als auch im reduktiven Bereich. Daher stammt die Bezeichnung geregelter Katalysator.

Die Leistung wird beim Ottomotor durch die eingesetzte Gemischmenge im Brennraum eingestellt (Quantitätsregelung). Die Einstellung der Menge wird durch eine Drosselung vorgenommen, die Zusammensetzung des Gemisches bleibt aber prinzipiell unverändert bei λ = 1.

Die Grafik der Schadstoffkonzentrationen als Funktion vom Luftverhältnis zeigt, dass ausgerechnet bei λ = 1 kein optimaler Zustand für die Rohemissionen vorherrscht. Wenn man den Verläufen von links nach rechts folgt, also in Richtung größer werdendem λ, sind CO und HC (unverbrannte Kohlenwasserstoffe) noch nicht sehr weit abgeklungen im Vergleich zu dem fetten Bereich. NOx (Stickoxide) haben ihr Maximum bei etwa λ = 1,1. λ = 1,0 ist jedoch für eine katalytische Abgasreinigung der optimale Wert . Denn in diesem engen Bereich liegt für die Oxidation von CO und HC ein ausreichend hoher Sauerstoffgehalt vor. Für die Reduktion der Stickoxidmoleküle jedoch ist es notwendig, im Abgas immer einige potentielle Reaktionspartner zur Verfügung zu stellen, die den frei werdenden Sauerstoff aufnehmen können. In einer Atmosphäre mit ständigem Sauerstoffüberschuss ist das nicht möglich.

Wegen dieser Zusammenhänge muss der Motor in einem sehr engen Bereich λ = 1 ± 0,005 [2]betrieben werden. Man spricht von einem Katalysatorfenster. Diese Genauigkeit ist nur durch eine präzise Regelung des Gemischs mit einer λ-Sonde als Sensor vor dem Katalysator zu erreichen.

Ungeregeltes System

In den ersten Jahren nach der gesetzlichen Einführung des 3-Wege-Katalysators (geregeltes System) 1985 hat man bei bestehenden Motorkonzepten darauf verzichtet, eine λ-1-Regelung zu schaffen. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit eröffnet, auch für die Nachrüstung bei bereits registrierten Kraftfahrzeugen. Die gewährte Steuerbefreiung war geringer als bei der aufwendigeren Lösung des geregelten Systems. Der Motor wurde in diesem Falle leicht mager betrieben, um die Abgaskomponenten CO und HC aufoxidieren zu können. Auf eine Regelung wurde verzichtet, eine Steuerung der Gemischzusammensetzung war ausreichend, eine λ-Sonde wurde nicht benötigt. Allerdings musste man auf eine Reduktion der Stickoxide verzichten.

NOx-Speicherkatalysator

Die oben beschriebenen Edelmetallkatalysatoren erfüllen auch am mager betriebenen Direkteinspritz-Ottomotor ihre Aufgaben der oxidativen Nachbehandlung von CO und HC's. Der reduktive , die Stickoxidemissionen betreffende Reaktionspfad ist im mageren Abgas jedoch unwirksam. Dieses Motorenkonzept erfordert demzufolge ein neues Nachbehandlungskonzept für die Einhaltung weltweiter NOx-Standards. Für den Ottomotor hat sich mittlerweile die NOx-Speichertechnologie durchgesetzt.

Bei dieser Technologie werden die während des Magerbetriebs emittierten Stickoxide in der Katalysatorbeschichtung, dem Washcoat eingelagert und somit zwischengespeichert. Zur Regeneration müssen zyklisch Betriebsphasen mit unterstöchiometrischem -also fettem- Gemisch zwischengeschaltet werden. Die dann im Rohabgas vorliegenden CO- und HC-Bestandteile werden dann dazu herangezogen, den Sauerstoff der Stickoxide aufzunehmen. Am Ausgang des Katalysators liegen dann die aufoxidierten und ungefährlichen Abgasbestandteile CO2, H2O vor, ein mehr oder weniger großer Restbestand Sauerstoff (O2) sowie der reduzierte Anteil ungefährlichen Stickstoff (N2). Die wegen des fetten Motorbetriebs zusätzlich vorhandenen CO- und HC-Bestandteile werden von der Edelmetallbeschichtung auch noch aufoxidiert und unschädlich gemacht.

Der zyklisch über wenige Sekunden eingeschobene fette Motorbetrieb zur Regeneration wird vom Motorsteuergerät gestartet. Durch die vermehrte Kraftstoffeinspritzung während dieser Phasen wird ein gewisser Mehrverbrauch verursacht, der im europäischen Fahrzyklus etwa 1-2 % beträgt.[3]

Problematisch bei dieser Technologie ist das einzuhaltende Temperaturfenster. Sind die Abgastemperaturen zu niedrig, ist eine Teilfunktion, nämlich die NO2-Bildung (aus NO) nicht in Funktion. Bei zu hohen Temperaturen nimmt die Stabilität des gebildeten Nitrats ab. Ganz allgemein sind zu hohe Temperaturen zu vermeiden, da der Katalysator dadurch schneller altert.

Abgasnachbehandlung bei Dieselmotoren

Der Dieselmotor arbeitet im Gegensatz zum Ottomotor mit sehr viel höheren Luft-Kraftstoffverhältnissen (Luftverhältnissen). Hinzu kommt, dass die Last des Motors nicht wie beim Ottomotor über die Gemischmenge eingestellt wird, sondern durch die eingespritzte Kraftstoffmenge. Da die Luftmenge immer gleich bleibt, ändert sich also je nach eingestellter Last das Luftverhältnis. Man spricht beim Dieselmotor von Qualitätsregelung. Die Größe "Luftverhältnis" scheidet also prinzipiell als Beeinflussungsmöglichkeit für das Abgas aus. Lediglich bei Vollast ist über die Begrenzung der Kraftstoffzufuhr eine geringfügige Beeinflussung möglich. Damit kann die Rauchzahl bzw. Partikelemission begrenzt werden. Früher war das der einzige Gesichtspunkt in bezug auf die Abgasproblematik beim Dieselmotor. Seit Mitte der 80er Jahre hat sich das jedoch geändert. Wie beim Ottomotor wurde auch beim Dieselmotor die Abgasgesetzgebung deutlich verschärft.

Thermische Reaktoren

Thermische Reaktoren wurden sowohl bei Otto- als auch bei Dieselmotoren eingesetzt. Die Wirkungsweise ist die gleiche: CO und HC sollten durch entsprechend hohe Abgastemperaturen hinter dem Motorauslass "nachverbrannt" werden. Die notwendigen Temperaturen werden allerdings beim Dieselmotor -insbesondere beim Diesel mit Direkteinspritzung - selten oder nur kurzzeitig erreicht. Die Wirkung thermischer Reaktoren ist daher sehr begrenzt. Ähnlich verhält es sich mit der Nachreaktion von Ruß, wobei neben der Temperatur auch die Verweilzeit nicht ausreicht. Thermische Reaktoren sind daher für Dieselmotoren nur wenig geeignet.

Oxidationskatalysator

Bis vor kurzem kamen bei Pkw-Dieselmotoren ausschließlich Oxidationskatalysatoren zum Einsatz. Damit können Kohlenwasserstoffe HC, Kohlenmonoxide CO sowie lösliche Partikel oberhalb einer Temperatur von etwa 170 °C oxidiert werden. Für eine gleichbleibend hohe Konvertierungsrate ist dabei wichtig, dass

  • keine "Vergiftung" des Katalysators durch Schwefeloxidationsprodukte auftritt,
  • keine Verschmutzung der katalytisch aktiven Flächen durch z.B. Rußablagerung erfolgt.

Beides hat Einfluss auf die Konvertierungsrate von CO und HC. Die Gefahr ist allerdings nicht mehr hoch, da in den hochentwickelten Ländern der Triade -also Europa der EU (25 Staaten), USA (weitgehend) und Japan- der Schwefelgehalt von Dieselkraftstoffen in der Vergangenheit bereits bis auf 10ppm gesenkt wurde.

Stickoxide bleiben beim Oxidationskatalysator unverändert, da eine Reduktion bei Luft- bzw. Sauerstoffüberschuss nicht möglich ist.

Selektive katalytische Reduktion (SCR)

Abgasstrang des Dieselmotors mit Katalysatoren und Harnstoffeinblasung, schematische Darstellung

Für die Reduktion von Stickoxiden bei der SCR werden Katalysatoren und Reduktionsmittel -z.B. NH3 (Ammoniak)- eingesetzt. Eingespritzt wird dann eine wässrige Harnstofflösung, aus der im weiteren Verlauf des Transportes durch das Abgasrohr durch Hydrolyse Ammoniak entsteht. SCR hat sich inzwischen bei Nutzfahrzeugen weitestgehend durchgesetzt. Harnstofflösung (Urea) ist an Tankstellen unter der Bezeichnung AdBlue erhältlich. Im Pkw-Bereich gibt es seit wenigen Jahren auch einige Modelle (BMW, Audi, VW), die Stickoxide mit SCR reduzieren. Es ist allerdings bei Konstrukteuren und Kunden ein eher unbeliebtes Mittel, das mit einigen Nachteilen versehen ist:

  • Zusätzlicher Fluid-Tank (benötigt Platz)
  • Zusätzliches Betriebsmittel, das überwacht werden muss (Nachfüllen beim Tanken oder bei der Fzg.-Wartung.)
  • Harnstoff ist ein sehr Korrosionsförderndes Fluid, das ausgesuchte Materialien fordert und eine ausgeklügelte Betriebsstrategie (z.B. Freispritzen und Entleeren nach Motorstillstand u.ä.).

DeNOx bzw. Magerkatalysator

Ein alternatives Verfahren zur Stickoxidreduktion ist der DeNOx-Katalysator.

Partikelfilter

Wirkungsweise des keramischen Partikelfilters (schematisch)

Der strengen Limitierung der Partikelemissionen begegnet man mit regenerativen Partikelfiltern. Bisher haben sich Filter aus porösen Keramiken durchgesetzt, die bei einer bestimmten Beladung mit Rußpartikeln regeneriert werden müssen. Bei der Regeneration werden die Rußpartikel verbrannt, eingeleitet wird dieser Vorgang durch das Motorsteuergerät. Durch die anwachsende Rußbeladung des Filters steigt der Abgasgegendruck stetig an, so dass der Motor immer mehr Leistung aufwenden muss, sein Abgas auszuschieben. Als Maß für die Notwendigkeit einer durchzuführenden Regeneration wird der Differenzdruck über den Partikelfilter sensiert. Oberhalb von ca. 600 °C brennen die Partikel zu CO2 ab. Im normalen Fahrbetrieb stellen sich solch hohe Temperaturen beim Dieselmotor jedoch nicht ein, so dass hierfür gesonderte Maßnahmen notwendig sind. Den Start der Verbrennung leitet das Motorstreuergerät durch eine Spätverstellung der Einspritzung ein, so dass ein Teil des eingespritzten Kraftstoffs noch im Auspuffrohr nachverbrennt mit entsprechend hohen Temperaturen. Ist die Rußverbrennung angesprungen, sorgt die entstehende Wärme im Filter dafür, dass auch der Rest der Partikelbeladung erfasst wird. Daraufhin kann dann der Einspritzzeitpunkt wieder die normalen Kennfeldwerte annehmen.

Betriebstemperaturen von Katalysatoren

Die Effektivität eines Katalysators, die Umwandlungs- oder Kovertierungsrate, hängt neben anderen Faktoren entscheidend von der Betriebstemperatur ab. Unterhalb von ca. 250 °C finden praktisch keine Reaktionen statt. Das ist der Grund dafür, dass sich innerhalb der ersten Sekunden eines zum Zwecke der Typprüfung von Kfz durchgeführten Fahrzyklus entscheidet, ob der Test bestanden wird oder nicht. Denn innerhalb dieser ersten Sekunden ist der Motor noch nicht betriebswarm, emittiert viel CO und HC. Der Katalysator ist aber ebenfalls noch nicht betriebswarm, wandelt die emittierten Schadstoffe nur unzureichend um.

Es gibt einige Strategien, die Abgastemperatur schnell anzuheben: Man arbeitet mit Sekundärluft, oder man legt die Position des Katalysators in die Nähe des Motors. Bei der letzteren Maßnahme ist aber -zumindest bei Ottomotoren- die Gefahr gegeben, dass in anderen Betriebsbereichen, beispielsweise in der Nähe der Nennleistung, die Temperaturen zu hoch werden. Denn Temperaturen oberhalb 1000 °C zerstören den Katalysator. Gute Umsetzungsraten und lange Lebensdauer sind bei 400 °C bis 800 °C gegeben.

Literatur

  • Richard van Basshuysen, Fred Schäfer: Handbuch Verbrennungsmotor Grundlagen, Komponenten, Systeme, Perspektiven. 3. Auflage, Friedrich Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2005, ISBN 3-528-23933-6
  • Hans-Hermann Braess, Ulrich Seiffert (Hrsg): Handbuch Kraftfahrzeugtechnik 3. Auflage, Friedr. Vieweg & Sohn Verlag/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden, 2003, ISBN 3-528-23114-9
  • F. Schäfer, R. van Baashuysen: Schadstoffreduzierung und Kraftstoffverbrauch von PKW-Verbrennungsmotoren, Springer-Verlag, Wien, New York, 1993, ISBN 3-211-82485-5

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.de/umweltdaten/public/theme.do?nodeIdent=2363
  2. Bosch, Kraftfahrtechnisches Taschenbuch, Auflage 24, S. 566
  3. Braess, Seiffert: Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik, 3. Auflage, S. 199