Wahrscheinlichkeitsstromdichte

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Die quantenmechanische Wahrscheinlichkeitsstromdichte (genauer: Aufenthaltswahrscheinlichkeitsstromdichte) ist eine Stromdichte, die im Rahmen der quantenmechanischen Kontinuitätsgleichung mit der quantenmechanischen Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte assoziiert ist. Sie wird durch die Wellenfunktion $ \psi (\mathbf {x} ,t) $ im Ortsraum bestimmt und hat bei Abwesenheit magnetischer Felder die Form (zur Präzisierung siehe den Abschnitt über Eichinvarianz) :

$ \mathbf {j} ={\frac {i\hbar }{2m}}[\psi \nabla \psi ^{*}-\psi ^{*}\nabla \psi ]. $

Erläuterung

Kontinuitätsgleichungen

(Siehe auch den Hauptartikel zur Kontinuitätsgleichung)

In physikalischen Feldtheorien treten Erhaltungsgrößen als Integrale über bestimmte Dichten auf. Solche Dichten, die zu den Erhaltungsgrößen gehören, genügen dann Kontinuitätsgleichungen, die eine spezielle Form einer Bilanzgleichung sind. Einfachstes Beispiel einer solchen Kontinuitätsgleichung ist die Massendichte einer Flüssigkeit, die nirgends im Raum Quellen oder Senken besitzt. Die Gesamtmasse ist dann eine Erhaltungsgröße. Wenn die Flüssigkeit fließt und daher in einem bestimmten festen Volumen sich die Masse verändert, kann dies nur geschehen, indem Masse über den Rand des Volumens zu- oder abströmt. Dieser Massenstrom über den Rand kann als Oberflächenintegral der Massenstromdichte, die eine vektorielle Größe ist und Stärke und Richtung des Massenstroms an einer Stelle beschreibt, dargestellt werden:

$ {\frac {d}{dt}}\underbrace {\int _{V}\rho dV} _{\textrm {Masse}}+\underbrace {\oint _{\partial V}\mathbf {j} \cdot \mathbf {n} dA} _{\textrm {Strom}}=0, $

wobei $ dV $ das Volumenelement und $ dA $ der Flächeninhalt des Oberflächenelements ist, $ \partial V $ der Rand des Volumens, $ \rho $ die Massendichte und $ \mathbf {j} $ die Massenstromdichte. Geht man im Grenzwert zu einem infinitesimal kleinen Volumen über, so erhält man die differenzielle Form der Kontinuitätsgleichung:

$ {\frac {\partial }{\partial t}}\rho +\operatorname {div} \,\mathbf {j} =0. $

Die Stromdichte ist im Falle einer Flüssigkeit durch das Produkt aus der Massendichte am jeweiligen Ort und der Geschwindigkeit der Flüssigkeit dort, das heißt durch $ \mathbf {j} =\rho \mathbf {v} $, gegeben.

Anwendung in der Quantenmechanik

Analog zum obigen Beispiel in der Feldtheorie ist in der Quantenmechanik, wie auch in der statistischen Mechanik, die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eine Erhaltungsgröße, d.h. es ist die Wahrscheinlichkeit, das beschriebene System (Teilchen) irgendwo im Raum vorzufinden. Natürlicherweise ist diese Wahrscheinlichkeit, wenn man den gesamten Raum betrachtet, gleich Eins: das einzelne Teilchen muss irgendwo im Raum anzutreffen sein. In der Quantenmechanik ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte durch das Quadrat der Amplitude der Wellenfunktion $ \psi $ gegeben:

$ \rho =\vert \psi \vert ^{2}. $

Da die Wellenfunktion der Quantenmechanik eine vollständige Beschreibung des physikalischen Zustandes des Systems darstellt, ist zunächst aber unklar, wie die zugehörige Stromdichte der Wahrscheinlichkeitsdichte aussehen könnte, da man anders als in der Kontinuumsmechanik a priori kein zusätzliches Geschwindigkeitsfeld gegeben hat. Die Stromdichte muss vielmehr eine Funktion der Wellenfunktion sein.

Um die Form der Wahrscheinlichkeitsstromdichte zu bestimmen, betrachtet man nun die differentielle Form der Kontinuitätsgleichung dieser Größe. Man stellt fest, dass man den ersten Term, der die Zeitableitung der Wahrscheinlichkeitsdichte beschreibt, mit Hilfe der Schrödingergleichung umformulieren kann:

$ {\frac {\partial }{\partial t}}\rho =\psi ^{*}{\frac {\partial }{\partial t}}\psi +\psi {\frac {\partial }{\partial t}}\psi ^{*}={\frac {1}{i\hbar }}[\psi ^{*}{\hat {\mathcal {H}}}\psi -\psi {\hat {\mathcal {H}}}\psi ^{*}], $

wobei $ {\hat {\mathcal {H}}}=-{\frac {\hbar ^{2}}{2m}}\Delta +V(\mathbf {x} ) $ der Hamiltonoperator ist. Setzt man die explizite Form des Hamiltonoperators ein, sieht man, dass das Potential $ V $ aus der Gleichung herausfällt. Es bleibt ein Term, den man noch in die Form

$ {\frac {\partial }{\partial t}}\rho ={\frac {i\hbar }{2m}}\operatorname {div} [\psi ^{*}\nabla \psi -\psi \nabla \psi ^{*}] $

bringen kann. Vergleichen wir nun mit der Kontinuitätsgleichung, so ergibt sich die folgende Form der Wahrscheinlichkeitsstromdichte:

$ \mathbf {j} ={\frac {i\hbar }{2m}}[\psi \nabla \psi ^{*}-\psi ^{*}\nabla \psi ], $

wie am Anfang des Artikels beschrieben.

Alternative Formulierungen:

$ \mathbf {j} ={\frac {\hbar }{m}}\operatorname {Im} \left(\psi ^{*}\nabla \psi \right)={\frac {1}{m}}\operatorname {Re} \left(\psi ^{*}{\hat {\mathbf {p} }}\psi \right), $

wobei $ {\hat {\mathbf {p} }}={\frac {\hbar }{i}}\nabla $ der kanonische Impulsoperator ist.

Eichinvarianz

Um die Eichinvarianz[1] der Theorie zu gewährleisten, muss man zu $ \mathbf {j} $ noch einen Term proportional zum Vektorpotential $ \mathbf {A} $ hinzufügen: $ \delta \mathbf {j} =+{\frac {|e|}{m}}|\psi |^{2}\mathbf {A} $. Üblicherweise setzt man $ \mathbf {A} $, und somit auch $ \delta \mathbf {j} ,\,\,\equiv 0 $, wenn kein Magnetfeld auftritt. Dies ist aber auch dann nicht wirklich notwendig.

Bei Berücksichtigung des Zusatzterms mit dem Vektorpotential, z. B. bei Magnetfeldern, $ \mathbf {B} =\operatorname {rot} \,\mathbf {A} $, erhält man die leicht zu merkende Formel

$ \mathbf {j} ={\frac {1}{m}}\operatorname {Re} \left\{\psi ^{*}({\hat {\mathbf {p} }}-e\mathbf {A} )\psi \right\}. $

Der Ausdruck in den runden Klammern ist der sog. kinetische  Impuls: er ist eichinvariant, im Gegensatz zum kanonischen Impuls. Er entspricht in der Mechanik der Formel $ m\mathbf {v} =\mathbf {p} -e\mathbf {A} $ für die Geschwindigkeit $ \mathbf {v} $. Der kinetische Impuls ist messbar, und damit auf jeden Fall eichinvariant.

Dabei ist $ \operatorname {Re} \,z $ der Realteil der komplexen Zahl $ z $. Der Operator $ {\hat {\mathbf {p} }} $ sowie die (negative!) Elektronladung $ e $ haben die übliche Bedeutung.

Natürlich muss man auch im Hamilton-Operator $ {\hat {\mathcal {H}}} $ den kanonischen Impuls durch den kinetischen ersetzen und unter Umständen, wenn die Eichung explizit von der Zeit abhängt, auch zusätzliche Potentialterme ergänzen.[1]

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. 1,0 1,1 Die Eichtransformationen in der Quantenmechanik bestehen bekanntlich in dem Substitutions-Tripel   $ \psi \to \psi \cdot \exp({ie{\frac {f(\mathbf {r} ,t)}{\hbar }}}),\quad \mathbf {A} \to \mathbf {A} +\nabla f(\mathbf {r} ,t),\quad \Phi \to \Phi -{\frac {\partial f}{\partial t}} $ , mit beliebigem $ f(\mathbf {r} ,t) $. Sie lassen alle physikalischen Messgrößen ungeändert.

Weblinks

  • Elektroniummodell Beschreibung von Atomen mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsstromdichte

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