Molasse

Molasse

Molassefelsen „Les Pénitents“ (Die Büßer), Plateau de Valensole, Alpes-de-Haute-Provence

Molasse ist das Abtragungsmaterial eines Gebirges in der Spätphase seiner Entstehung.

Wortherkunft und Begriffsentwicklung

Der Begriff Molasse wurde 1779 von Horace-Bénédict de Saussure in die wissenschaftliche Literatur eingeführt; er leitet sich womöglich von dem gleich lautenden französisch-schweizerischen Wort für sehr weich ab (dieses wurde bereits im 14. Jahrhundert verwendet und geht seinerseits auf das lateinische mollis zurück).[1] Der Begriff wurde dann 1789 von Gregor de Razumowski auf feinkörnige weiche Sandsteine im Vorland der Alpen angewandt, die an der freien Luft bei der Trocknung rasch aushärten.[2] In der Westschweiz wurden auch Sandsteine als Molasse bezeichnet, aus denen man Mühlsteine (lateinisch: mola) herstellen konnte.

Später wurde der Name auf gleichartige Gesteine im gesamten Vorland der Alpen ausgedehnt. Heute wird der Begriff weltweit für Sedimente im Vorland eines sich im Rahmen der Gebirgsbildung (Orogenese) hebenden Gebirges (Orogen) verwendet.

Entstehung und Gesteine

Tertiäre Nagelfluh vom Speer in den Schweizer Voralpen
Molasseaufschluss im Tobel der Linzer Aach nördlich von Überlingen

Molassesedimente sind im Gegensatz zum überwiegend marinen Flysch Sedimente einer vorwiegend terrestrischen oder flachmarinen Ablagerungsumgebung und lagern sich in geeigneten Ablagerungsräumen im Vorland eines Gebirges ab (Außenmolasse) oder in seinem Innern (Innenmolasse). Geröll, Sand, Schluff und Tone werden von den Flüssen aus dem sich über den Meeresspiegel erhebenden Gebirge ins Vor- und Rückland transportiert und dort abgelagert. Nahe dem Gebirgsrand herrschen Sandstein und Konglomerate vor (in den Alpen Nagelfluh genannt), in größerer Entfernung vom Gebirge dagegen feinere Ablagerungen wie Feinsand oder Schluff. Falls die Ausgangsgesteine Kalk enthalten, bilden sich Ablagerungen von Mergelgesteinen.

Im Bereich einer Außenmolasse wechseln sich durch zeitweilige Meeresvorstöße vielfach Meeres- und Landsedimente ab. So bildeten sich im Vorland der Alpen die Süßwassermolasse mit fluvialen und limnischen Sedimenten und die Meeresmolasse mit mehr mariner Fazies, die aufgrund von großräumigen Meeresvorstößen und -rückzügen in eine Untere und Obere Meeresmolasse aufgeteilt sind, welche jeweils von der Unteren und Oberen Süßwassermolasse abgelöst werden. Die Ablagerungen der Meeresmolasse zeichnen sich zum Teil durch Fossilienreichtum aus, wie es beispielsweise bei der Erminger Turritellenplatte bei Ulm der Fall ist.

Gesteine einer Innenmolasse sind vorwiegend rötlich gefärbt und mit vulkanischen Ablagerungen vergesellschaftet. Molassesedimente enthalten oft Reste von Pflanzen und anderen Fossilien. Vor allem in Sedimenten einer Außenmolasse kam es deshalb zur Bildung von Kohle (Ruhrgebiet) und biogenem Erdgas (etwa im Alpenvorland Oberbayerns und Oberösterreichs). Die tiefer liegenden Erdöl- und Erdgasvorkommen Südbayerns und Oberösterreichs entstammen dagegen aus dem unter den Alpen liegenden Fischschiefer des Oligozäns und gelangten erst durch Migration in die untersten, aus dem Obereozän stammenden Sandsteinschichten des Molassebeckens.

Ablagerungsräume der Außenmolasse entstehen oft durch das Absinken der Erdkruste vor dem darauf liegenden Deckenstapel eines Akkretionskeils. Infolge stetiger Senkung entstehen Schichtmächtigkeiten von mehreren tausend Metern. Innenmolassen bilden sich meist auf dem Deckenstapel selbst durch Veränderung der Geometrie des Orogens, etwa durch Dehnungsvorgänge.

Vorkommen

Karbonisches Molasse-Konglomerat aus dem Aachener Revier

Bekannt ist das tertiäre Molassebecken im Vorland der Alpen, eine Außenmolasse. Die Molassesedimente der Alpen sind verbreitet in den französischen Voralpen, im Schweizer Mittelland sowie im deutschen und österreichischen Alpenvorland, sie setzen sich in der karpatischen Vortiefe nach Osten fort und begleiten die Karpaten in einem großen Bogen. Auch im Inneren der Alpen sind zahlreiche Sedimentvorkommen von Innenmolasse erhalten, so etwa im Plateau de Valensole, im Plateau de Chambaran oder im Klagenfurter Becken. Ein Beispiel für eine ausgedehnte Innenmolasse ist die Pannonische Tiefebene, in dem sich auch vulkanische Gesteine finden, so etwa Bakonywald und Mátragebirge in Ungarn. Die Poebene ist die Innenmolasse der Alpen, gleichzeitig ist sie die Außenmolasse des Apennin.[3]

Im weiteren Verlauf des Balkans und Griechenlands[4] sowie in der griechischen Ägäis kommen Molassesedimente vor.[5]

In den Pyrenäen bildet das Aquitanische Becken die Außenmolasse, sie entstand ebenfalls im Tertiär.

Ein Beispiel für ein Molassebecken außerhalb von Europa sind die Muree and Siwaliks Formationen des Subhimalayas, die als Außenmolasse bereits vom Himalaya überfahren und auf die quartären Sedimente überschoben werden, welche Ganges, Indus und Brahmaputra zur bisher jüngsten Molasse des Himalayas ablagern.[6].

Beispiele für Molassesedimente höheren Alters sind die Abtragungsreste der variszischen Orogenese aus dem Karbon und dem Rotliegend (Perm) in Frankreich, Belgien und Deutschland, so etwa im Saar-Nahe-Becken (Innenmolasse) und dem sich über das Becken von Namur, das Aachener Revier und das Ruhrgebiet erstreckende Kohlebecken (Außenmolasse). Ähnliche Sedimente finden sich auch in den Appalachen in den USA.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Murawski, Hans: Geologisches Wörterbuch. Ferd. Emke Verlag Stuttgart, 11. Auflage 2004, 262 S., ISBN 978-3-827-41445-8, S. 146
  2. Molasse, Lexique de géologie sédimentaire, Université de Liège (frz.)
  3. Schönenberg, Reinhard; Neugebauer, Joachim: Einführung in die Geologie Europas. 4. Auflage, 340 S., Verlag Rombach, Freiburg 1981. ISBN 3-7930-0914-9. S. 259f
  4. Desprairies, A. 1979. Étude sedimentologique des formations à caractère flysch et molasse, Macédoine, Épire (Grèce). Angabe gefunden auf sp.lyellcollection.orgAbgerufen am 15. Dezember 2007
  5. The Ophiolitic Molasse Unit of Ikaria Island (en.)Abgerufen am 15. Dezember 2007.
  6. Molnar P., Tapponnier P., (1975): Cenozoic tectonics of Asia; effects of a continental collision.: Science, v. 189, p. 419-426.

Weblinks