Löschschaum
Löschschaum ist spezieller Schaum, der größtenteils aus Füllgas (üblicherweise Luft) sowie Wasser und einem Schaummittel, besteht.[1] Aufgrund seiner Zusammensetzung wird er auch Luftschaum genannt. Löschschaum wird - meist durch eine Feuerwehr - als Löschmittel zur Bekämpfung von Bränden der Brandklassen A (Feststoffe) oder B (Flüssigkeiten) eingesetzt.
Historisches
1877 entwickelte der Engländer John Henry Johnson ein Schaumherstellungsverfahren, das auf einer chemischen Reaktion beruhte. Dafür erhielt er das britische Patent Nr. 560 über einen Feuerlöschapparat. Eine wässrige Lösung wurde mit Saponin versetzt. In dieser Lösung ließ man Aluminiumsulfat auf Natriumhydrogencarbonat einwirken. Das bei der Reaktion entstehende Kohlendioxid brachte die Lösung zum Schäumen. Die Schaumherstellung nach diesem Verfahren war umständlich und es konnten nur sehr begrenzte Mengen an Löschmittel hergestellt werden. Dennoch wurde das Verfahren bis in die 1930er Jahre weiterentwickelt.[2]
Das bis heute nahezu unverändert angewandte Luftschaumverfahren geht auf den Berliner Patentanwalt Clemens Wagner zurück. Dieser erfand 1923 das Luftschaum-Strahlrohr, das damals als Kometrohr bekannt wurde. Er setzte seine Idee um, dass man statt eines Stickgases wie Kohlendioxid normale Luft für die Schaumerzeugung einsetzen könnte. 1932 ließ Wagner seine Erfindung patentieren.[2]
1928 experimentierte Dr. Wilhelm Friedrich in Berlin mit Löschschaum. Er entwickelte ein Schaummittel, das es möglich machte Schaum herzustellen, indem das Schaummittel-Wasser-Gemisch durch ein Strahlrohr verspritzt wurde.[2]
Löschwirkung(en)
Löschschaum hat, abhängig von der Art (siehe nächstes Kapitel), unterschiedliche Löschwirkungen. Bei jeder Schaumart wird dabei zwischen den Haupt- und den Nebenlöschwirkungen unterschieden.
- Als Trenneffekt bezeichnet man die Tatsache, dass eine geschlossene Schaumdecke den Brand von der umgebenden Atmosphäre abtrennt und so den für die Verbrennung notwendigen Sauerstoff entfernt.
- Während des Schaumeinsatzes wird auch Schaum zerstört. Dabei entstehen winzige Wassertropfen, die Wärme aufnehmen und verdampfen. Dieser Kühleffekt entzieht dem Brand Energie (Wärme).
- Als Schaumteppich auf brennbare Flüssigkeiten aufgebracht wird verhindert, dass die Flüssigkeit ausgast. Der Deckeffekt verhindert damit das Entstehen explosiver Dampf/Luft- bzw. Gas/Luft-Gemische.
- Vor allem Leichtschaum (s.u.) wird dazu eingesetzt Räume zu fluten. Mit diesem Verdrängungseffekt können sowohl brennbare Gase als auch Sauerstoff aus Räumen heraus gedrückt werden.
- Als Gas/Wasser-Gemisch leitet Schaum nur in sehr geringem Maße Wärme. Dies nutzt man im Dämmeffekt, bei dem der Schaum eine Ausbreitung des Brandes durch Wärmestrahlung unterbindet.[3]
Schaumarten
Bei der Feuerwehr werden die Löschschäume primär nach ihrer Verschäumungszahl (VZ) in drei Kategorien eingeteilt: Schwerschaum, Mittelschaum und Leichtschaum. Als Verschäumungszahl versteht man das Verhältnis (den Quotienten) zwischen dem Volumen des fertigen Schaums und dem Volumen des ursprünglichen Wasser-Schaummittel-Gemisches. Die Verschäumungszahl hängt vom verwendeten Schaumstrahlrohr ab und kann nicht verändert werden.[4]
Wasser-Schaummittel-Gemisch kann auch unverschäumt eingesetzt werden, um eine bessere Benetzung bei Feststoffbränden zu erreichen. Das Schaummittel wird dafür niedriger dosiert als zur Verwendung als Schaum, man spricht dann von Netzwasser.
Schaumart | Verschäumungszahl | Löschwirkung |
---|---|---|
Schwerschaum | 4 bis 20 | Kühl- und Trenneffekt |
Mittelschaum | über 20 bis 200 | Trenn-, Kühl- und Verdrängungseffekt |
Leichtschaum | über 200 | Verdrängungseffekt |
Schwerschaum
Schwerschaum ist ein relativ nasser Schaum, mit dem man gute Wurfweiten erzielen kann. Er wird bei Bränden von Feststoffen oder Flüssigkeiten (Brandklassen A und B) eingesetzt. Die wichtigsten Effekte, die zur Brandbekämpfung beitragen, sind hier die Kühlwirkung und der Trenneffekt. Schwerschaum kann zudem bedingt an senkrechten Flächen „kleben“ bleiben (abhängig von Schaummittel, Verschäumung und nicht zuletzt der Struktur der Oberfläche).[5]
Schwerschaum wird auch teilweise noch vorbeugend als Schaumteppich bei Notlandungen auf Flughäfen eingesetzt um Brände durch Funkenflug zu verhindern.[6]
Mittelschaum
Durch die höhere Verschäumungszahl ist der Mittelschaum deutlich leichter als Schwerschaum und kann (sofern der Schaum nicht abfließen kann) bis zu 5 Meter hoch aufgeschichtet werden. Seine Haftfähigkeit an Oberflächen ist gering, wodurch er zum Fluten von Objekten eingesetzt werden kann. Neben dem Verdrängungseffekt gehören Trenn- und untergeordnet Kühleffekt zu den Löschwirkungen des Mittelschaums.[5]
Leichtschaum
Diese Schaumart kann nicht geworfen werden, da sie so leicht ist, dass sie bereits vom Wind weg geweht wird. Der Haupteinsatzort ist daher in geschlossenen Räumen. Zudem ist im Gegensatz zu den bisherigen Schaumarten für Leichtschaum ein besonderer Generator zur Herstellung notwendig.
Als Hauptlöschwirkung gilt der Verdrängungseffekt. Daneben zerfällt der Schaum unter Hitzeeinwirkung auch sehr schnell zu feinsten Wassertröpfchen und wirkt damit kühlend.[5]
Netzwasser
Das Netzwasser stellt eine Besonderheit dar, denn es besteht zwar aus Wasser und Schaummittel (hier eingesetzt als Netzmittel), wird jedoch unverschäumt über Mehrzweck- oder Hohlstrahlrohre abgegeben (ist also kein Löschschaum). Durch die Schaummittelzugabe wird die Oberflächenspannung des Wassers herabgesetzt, was es dem Gemisch ermöglicht, besser und tiefer in (brennende) Objekte - wie z.B. Papier- oder Textilballen - einzudringen[5].
Schaummittel
Die Schaummittel werden entweder bereits im Fahrzeug oder später durch einen Zumischer mit dem Löschwasser vermischt.
Bei der Feuerwehr finden verschiedene Schaummittel Verwendung:
- mit Mehrbereichsschaummittel (MBS) lassen sich alle Schaumarten (Schwer-, Mittel- und Leichtschaum) erzeugen.
- wasserfilmbildende Schaummittel (AFFF, auch "A3F" geschrieben, engl. für aquatious film forming foam) bilden zusätzlich zwischen Schaum und brennender Flüssigkeit einen dampfdichten, wässrigen Flüssigkeitsfilm.
- Class-A-Foam-Schaummittel (ClAFSM) sind in den USA weit verbreitet, in Deutschland jedoch erst im Kommen. ClAFSM wurden als Netz- und Schaummittel für die Brandklasse A, insbesondere für Vegetationsbrände, entwickelt. Ein großer Vorteil ist, dass sie je nach Einsatzzweck nur mit 0,1 % bis 1,0 % dem Löschwasser zugesetzt werden müssen, sie also sehr sparsam im Verbrauch sind
- an Bedeutung verloren haben dagegen die Proteinschaummittel. Mit den aus tierischen Ausgangsstoffen hergestellten Proteinschaummitteln lässt sich nur Schwerschaum erzeugen, der jedoch über eine unübertroffene Haftfähigkeit verfügt.
- Fluorproteinschaummittel (FPS) und filmbildende Fluorproteinschaummittel (FFFP) kommen eher bei Werkfeuerwehren zum Einsatz.[7]
Die Anforderungen an Schaummittel für Schwer-, Mittel- und Leichtschaum für den Einsatz auf unpolaren Flüssigkeiten sowie Schwerschaum für den Einsatz auf polaren Flüssigkeiten sind in der DIN EN 1568 festgelegt.
Gelegentlich wird auch die Bezeichnung „Schaummittelkonzentrat“ genutzt. Da Konzentrate vor der Verwendung jedoch verdünnt werden müssen ist dieser Begriff nicht korrekt.
Verschäumungstechniken
Strahlrohrverschäumter Schaum
Als „Strahlrohrverschäumter Schaum“ wird jeder Schaum bezeichnet, dem die Luft erst im Schaumstrahlrohr (oder Leichtschaumgenerator zugemischt wird. Im Schlauch wird also nur ein Gemisch aus Wasser und Schaummittel gefördert.
Druckluftschaum
Beim Druckluftschaum („DLS“ oder „CAFS“ für „Compressed Air Foam System“) wird der Schaum bereits im Fahrzeug aus Wasser, Schaummittel und Luft fertig erzeugt und komprimiert durch die Schläuche gefördert. Das Verfahren an sich stammt bereits aus den 1930er Jahren und war stark in Vergessenheit geraten, erlebt in Deutschland jedoch gerade, aus den USA wiederkommend, eine sehr umstrittene Renaissance.
Herstellungsverfahren für das Wasser/Schaummittelgemisch
Die Schaummittellösung für den Löschschaum kann bei Benutzung der gebräuchlichen Z/ZR-Zumischer (DIN-Injektorzumischer) nach verschiedenen Verfahren hergestellt werden:
klassische Zumischung
Beim klassischen Verfahren befindet sich der Zumischer zwischen dem Verteiler und dem Strahlrohr[8]. Zumischer und Schaumstrahlrohr sind hierbei in ihrer Durchflussmenge direkt aufeinander abgestimmt.
Problematisch ist bei diesem Verfahren zum einen, dass es zu hohen Druckverlusten im Zumischer kommt (nach DIN 14384 sind maximal 38 % Druckverlust zulässig) und zwischen Zumischer und Schaumstrahlrohr ein maximaler Druckunterschied von 2 bar herrschen darf, da sonst der Zumischer nicht mehr zuverlässig arbeitet.[9]
Pumpenvormischung
Der Zumischer wird, wie die Bezeichnung "Pumpenvormischung" sagt, vor der Pumpe installiert. Dadurch können hohe Wurfweiten an der Auswurfarmatur erzielt werden, weil erst in der Pumpe mit dem Wasser-Schaummittel-Gemisch der Druck aufgebaut wird.
Der größte Nachteil ist die Verschmutzung der Pumpe.
1. Geradeaus-Verfahren
Das Geradeausverfahren arbeitet mit zwei hintereinander geschalteten Pumpen, zwischen denen der oder die Zumischer in die Schlauchleitung eingebaut wird /werden. Das Problem des klassischen Verfahrens mit dem maximalen Druckunterschied von 2 bar zwischen Zumischer und Strahlrohr wird so eliminiert. Die gesamte Förderleistung dieses Aufbaues bleibt jedoch vom Zumischer abhängig, durch den je nach Typ (Z2, Z4, Z8) nur eine bestimmte Wassermenge (200 l/min, 400 l/min, 800 l/min) fließt. Dies kann man umgehen, indem zwischen beiden Pumpen mehrere Zumischer parallel geschaltet werden.[10]
2. Nebenschluss-Verfahren
Dieses Verfahren ist eine Weiterentwicklung des Geradeaus-Verfahrens, das mit nur einer Pumpe und einem Zumischer arbeitet. An der Pumpe wird an einem Abgang ein Zumischer angeschlossen, der sein Gemisch im Ringschluss wieder über ein Sammelstück in die Pumpe liefert. Ein anderer Abgang liefert das Gemisch an die Strahlrohre.[10]
Durch das Verwirbeln in der Pumpe erreicht man eine sehr gute Durchmischung von Löschwasser und Schaummittel. Der Maschinist an der Pumpe muss allerdings auf Druckgleichheit der beiden Zuflüsse zur Pumpe achten (als Richtwert sollte der Pumpendruck dafür ungefähr 4 bar über dem Hydrantendruck liegen, was dem Druckverlust im Zumischer entspricht). Anderenfalls lässt sich keine optimale Vermischung erreichen und schlimmstenfalls kein Schaum erzeugen.
Die effektive Zumischung an den Abgabearmaturen lässt sich mit der Formel
berechnen.[10]
Stationäre Schaumlöschanlagen
Stationäre Schaumlöschanlagen sind Feuerlöschanlagen, welche nach dem klassischen Zumischverfahren, bei der nach der Pumpe ein Zumischer eingesetzt ist, arbeiten. Die EN 13565-2:2009-09 regelt in Europa die Planung, den Einbau, die Inbetriebnahme und den Betrieb von Schwer-, Mittel- oder Leichtschaumlöschanlagen.[11]
Bei den ortsfesten Schaumlöschanlagen kann der Schaum beim Austritt aus dem Leitungssystem über spezielle Sprinkler-Düsen, Schaumstrahlrohre oder Leichtschaumgeneratoren abgegeben werden.[12] Bei Sprinkleranlagen mit Löschdüsen sind diese gleichmäßig in dem zu schützenden Raum verteilt. Schaumlöschanlagen werden bevorzugt dort eingesetzt, wo mit brennbaren Flüssigkeiten zu rechnen ist, wie zum Beispiel in Tanklagern oder Umfüllstationen.[13] In Industrieanlagen oder auf Flughäfen zum Beispiel in Hangars werden auch häufig Löschmonitore zum punktuellen Löschen mit Schaum eingesetzt. Bei diesen Anlagen tritt der Schaum unter hohem Druck aus der Kanone des Monitors aus um so große Wurfweiten zu erreichen.
Schaumlöscher
Schaum-Feuerlöscher arbeiten zum Teil mit getrennten Schaum- und Wasservorräten. Nach dem Aktivieren des Löschers drückt CO2 das Schaummittel aus einer Kartusche in den Behälter mit Wasser und anschließend das Wasser-Schaummittel-Gemisch aus dem Feuerlöscher heraus wo es schließlich verschäumt wird.[14]
Daneben gibt es auch Schaumlöscher, die bereits ein vorgefertigtes Schaummittel-Wasser-Gemisch beinhalten.[15]
Schaumlöscher werden für die Brandklassen A (Feststoffe) und B (Flüssigkeiten)[14] sowie als spezielle Fettbrandlöscher zusätzlich für die Brandklasse F (Fettbrände) hergestellt.[15]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Die Roten Hefte (1) - Verbrennen und Löschen; Kohlhammer-Verlag; Klingsohr, Kurt; S. 80
- ↑ 2,0 2,1 2,2 'Löschschaum damals und heute' Feuerwehr-Magazin Sonderheft 2006 "Brandbekämpfung mit Schaum", Seite 9
- ↑ Schaum gegen Feuer, Dr. STHAMER HAMBURG, 2006
- ↑ 'Löschmittel Schaum' Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehren - Ausbildung zum Truppführer, Neckar-Verlag 2004, S. 12
- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 'Die Schaumarten' Feuerwehr-Magazin Sonderheft 2006 "Brandbekämpfung mit Schaum", Seite 16ff
- ↑ Welt online 'Notlandung auf Schaumteppich glimpflich verlaufen', 1. März 2009
- ↑ 'Welche Schaummittel gibt es' Feuerwehr-Magazin Sonderheft 2006 "Brandbekämpfung mit Schaum", Seite 26ff
- ↑ Feuerwehr-Dienstvorschrift 1 Grundtätigkeiten - Lösch- und Hilfeleistungseinsatz (mit redaktionellen Ergänzungen bis 03/2007), Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, 2007
- ↑ Karl Ebert, Handbuch Feuerwehrarmaturen, Max Widenmann KG
- ↑ 10,0 10,1 10,2 'Zumischtechnik' Feuerwehr-Magazin Sonderheft 2010 "Brandbekämpfung mit Schaum (aktualisierte Auflage)", Seite 58ff
- ↑ DIN EN 13565-2:2009-09 - Norm. beuth.de, abgerufen am 15. Mai 2012.
- ↑ Schaumlöschanlagen, Minimax
- ↑ Hans-Joachim Gressmann: Abwehrender und Anlagetechnischer Brandschutz: Für Architekten, Bauingenieure und Feuerwehringenieure. 2 Auflage. Expert-Verlag, Renningen 2007, ISBN 978-3-8169-2778-5, S. 221-238.
- ↑ 14,0 14,1 Produktdatenblatt Schaumlöscher, TOTAL Sicherheit und Brandschutz
- ↑ 15,0 15,1 Fettbrandlöscher. Gloria (Brandschutz), abgerufen am 15. Mai 2012.