Lebensmittelkonservierung
Lebensmittelkonservierung (von lateinisch conservare, „erhalten, bewahren“) bezeichnet den Prozess der Behandlung von Lebensmitteln, so dass sie länger haltbar werden. Verwesungsprozesse werden gestoppt oder stark verlangsamt, Nährwert, Geschmack und Struktur sollten möglichst erhalten bleiben.
Geschichte
Die Haltbarmachung von Lebensmitteln durch Salz (Pökeln), Rauch (Räuchern) oder einfache Trocknung ist der Menschheit seit langem bekannt. Der Beginn der modernen Hitzekonservierung wird zumeist mit den Arbeiten des Franzosen Nicolas Appert verbunden, der 1809 technisch ausgereifte Methoden der Konservierung vorstellte. Doch die theoretische Lösung war von vielen technischen Problemen begleitet, insbesondere beim Verlöten der Konservendosen und der Dauer der Hitzeeinwirkung auf unterschiedliche Lebensmittel. Erste handwerkliche Betriebe entstanden im Deutschen Bund in den 1840er Jahren. Nennenswerte Produktionsmengen wurden jedoch erst seit den 1860er Jahren erreicht. Vorreiterregion war Braunschweig, das bevorzugte Produkt das damalige Luxusgut Spargel. Der Übergang zu industriellen Formen erfolgte erst in den 1870er Jahren. 1873 wurde in Deutschland der Autoklav eingeführt, seit 1889 auch automatische Dosenverschlussmaschinen. Den eigentlichen Durchbruch konservierter Nahrung brachten jedoch die Warenhäuser, die Konserven seit 1892 einem Massenpublikum anboten.
Trotz hoher Wachstumsraten setze sich konservierte Nahrung in Deutschland nicht so stark durch wie etwa in Großbritannien oder den USA. Eine Ursache bildeten relativ hohe Preise, die den Konsum im Kaiserreich nur für die Mittel- und Oberschicht erschwinglich machten. Ein noch wichtigerer Grund aber war, dass Konserven als Gesundheitsrisiko wahrgenommen wurden. Nicht allein Vergiftungsfälle, sondern vor allem die Konservenindustrie, die zu Unrecht auf ihrem Expertentum und der vermeintlichen Ungiftigkeit vieler Konservierungstechniken und -mittel beharrte, führten zu einer kritischen Grundhaltung. Parallel setzte sich in den Haushalten die Konservierung von Obst, Gemüse und Fleisch durch Einkochen zunehmend durch.
Ein grundlegender Wandel erfolgte erst seit den späten 1930er Jahren durch die Durchsetzung der Kältekonservierung. Die Tiefkühlung wurde im Rahmen des nationalsozialistischen Vierjahresplanes vom Staat mit hohen Mitteln unterstützt, setzte sich dann aber erst seit den frühen 1960er Jahren allgemein durch.
Einsatz
Der Zerfall, den die Konservierung verhindern soll, tritt meist durch mikrobielle oder makrobielle Einwirkung auf (Bakterien, Pilze, Würmer, Insekten und ähnliches). Häufigste Anwendung ist der Erhalt von Nahrung in Haushalt und Küche. Die Entstehung einer Lebensmittelindustrie und die Produktion von Fertignahrung in großem Stil wurde erst durch moderne Konservierungsverfahren möglich.
Verfahren
Um den biologischen Zerfall zu verhindern, gibt es vier grundlegende Techniken, die auch kombiniert auftreten:
- Ein Kontakt mit dem Schadorganismus wird beseitigt und erneuter Kontakt verhindert (Räuchern, Abkochen, Einkochen ("Einwecken"), Pasteurisieren, Erhitzen mit Mikrowellen, Bestrahlen mit ionisierender Strahlung, Begasen, Lackieren)
- Dem Schadorganismus wird eine der für ihn notwendigen Grundlagen entzogen (Trocknung, Einsalzen, Kühlen, Einfrieren, Schutzgasatmosphäre, Vakuumieren)
- Einer der Inhaltsstoffe wird so hoch konzentriert, dass er selbst die Entwicklung von Schadorganismen verhindert (Destillation, Raffinierung)
- Lebensmittelzusatzstoffe, wie Konservierungsmittel hemmen die Entwicklung von Schadorganismen (Pökeln mit Salz und Nitritsalz, Einlegen in Öl, Essig, Alkohol oder Zuckersirup) - siehe auch Kandieren.
Die Veränderung eiweißreicher oder kohlenhydratreicher Ausgangsstoffe mit Hilfe von Mikroorganismen führt zu neuen Produkten, die in der Regel eine bessere Haltbarkeit aufweisen als das Original. Es handelt sich damit aber nicht um eine Konservierung, sondern um eine Veredelung (ein "gewünschter Verderb") - siehe auch Milchprodukte, Fermentation und Gärung.
Die bei fast allen Lebensmitteln vorkommenden chemischen Reaktionen, vor allem enzymatische Reaktionen, werden durch Trocknen und Kühlen bzw. Tiefkühlen verlangsamt, können dadurch jedoch nicht gestoppt werden. Durch Erhitzen werden nur bestimmte Enzyme zerstört, wodurch die Haltbarkeit zwar verlängert wird, bestimmte enzymatische und chemische Reaktionen dennoch weiter stattfinden.
Bei der Konservierung von Lebens- oder Genussmitteln werden unterschieden:
- Vollkonserven mit sehr langer, mindestens zweijähriger Haltbarkeit,
- Dreiviertelkonserven, die bis zu 12 Monate haltbar sind (bei max. 20 °C),
- Halbkonserven (Präserven), die durch chemische Zusätze beschränkt haltbar gemacht wurden.
Museum
In Stavanger (Norwegen) gibt es ein Norsk Hermetikkmuseet (Konservenmuseum).
Siehe auch
Weblinks
Literatur
- Christel Rademacher u. Heike Rapp: Haltbarmachen von Lebensmitteln. Bonn 1994 (aid-Broschüre Nr. 1270)
- Uwe Spiekermann: Zeitensprünge: Lebensmittelkonservierung zwischen Haushalt und Industrie 1880-1940. In: Ernährungskultur im Wandel der Zeiten. Hrsg. v. KATALYSE e.V. und BUNTSTIFT e.V., Köln 1997, S. 30-42
- A. Hausner: Die Fabrikation der Konserven und Kanditen. In: Hartlebens Chemisch-technische Bibliothek. Band 23. 5. Auflage. A. Hartleben’s Verlag, Wien 1921