Kernkraftwerk Brokdorf
Kernkraftwerk Brokdorf | ||
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Kernkraftwerk Brokdorf | ||
Lage | ||
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Koordinaten |
53.8508333333339.3447222222222Koordinaten:
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Land: | Deutschland | |
Daten | ||
Eigentümer: | 80 % E.ON 20 % Vattenfall | |
Betreiber: | E.ON | |
Projektbeginn: | 1975 | |
Kommerzieller Betrieb: | 22. Dez. 1986 | |
Aktive Reaktoren (Brutto): |
1 (1480 MW) | |
Eingespeiste Energie im Jahre 2010: | 11.360 GWh | |
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme: | 254.299 GWh | |
Website: | Seite bei E.ON | |
Stand: | 15. März 2011 | |
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. |
Das Kernkraftwerk Brokdorf (KBR) befindet sich nahe der Gemeinde Brokdorf im Kreis Steinburg, Schleswig-Holstein und wurde im Oktober 1986 erstmals durch die damaligen Eigentümer PreussenElektra und HEW in Betrieb genommen. 2010 gehört das Kernkraftwerk den Unternehmen E.ON (80 %) und Vattenfall (20 %). Während der Bauphase in den 1970er und 1980er Jahren gab es heftige Proteste von Atomkraftgegnern.[1]
Die als KBR bezeichnete Kernkraftwerksanlage besitzt einen Druckwasserreaktor mit Urandioxid-Brennelementen, die in Anreicherungsgraden von 1,9, 2,5 und 3,5 Prozent eingesetzt werden. Auch Mischoxid-Brennelemente (MOX-Brennelemente), die Plutonium aus der Wiederaufarbeitung enthalten, werden verwendet. Im Reaktor des Kernkraftwerks befinden sich 193 Brennelemente mit einem Schwermetallgewicht von insgesamt 103 Tonnen. Das Kernkraftwerk Brokdorf hat eine thermische Leistung von 3.900 Megawatt und eine elektrische Bruttoleistung von 1.480 MW. Es gehört zur 3. Druckwasserreaktor-Generation in Deutschland, den Vor-Konvoi-Anlagen. Mit einer Bruttostromerzeugung von knapp unter zwölf Milliarden Kilowattstunden war es 2005 weltweit führend.
Die endgültige Abschaltung des Kernkraftwerks Brokdorf ist bis spätestens 2021 vorgesehen (siehe Atomausstieg).
Geschichte
Im Jahre 1976 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Gegen Planung und Bau fanden seit November 1976 Demonstrationen der Anti-AKW-Bewegung statt, die teilweise gewaltsam verliefen. Nach wenigen Monaten wurde per Gerichtsbeschluss ein Baustopp verhängt. Nach einem vierjährigen Baustopp wurde Ende 1980 bekannt, dass es wahrscheinlich zu einer Fortsetzung des Baus kommen werde. Daraufhin nahmen am 28. Februar 1981 in der Wilstermarsch rund 100.000 Menschen an der bis dahin größten Demonstration gegen Kernkraft in der Bundesrepublik teil. Rund 10.000 Polizisten versuchten vergeblich, einen Teil der Demonstration, die vom Landrat verboten worden war, zu verhindern. 128 Polizisten und etwa gleich viele Demonstranten wurden bei heftigen Krawallen verletzt, die Polizei stellte Waffen verschiedener Art sicher. Die juristische Auseinandersetzung um die Demonstration wurde später Gegenstand des Brokdorf-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht stellte fest, dass das Verbot der Demonstration verfassungswidrig gewesen war. Den Widerstand der Bevölkerung sowie das Vorgehen der Staatsmacht gegen den Protest portraitiert der im Jahr 2012 veröffentlichte Film "Das Ding am Deich".[2]
Ab Frühjahr 1981 wurde weitergebaut. Am 25. Mai 1981 trat Hamburgs Bürgermeister Hans-Ulrich Klose (SPD) auch deshalb von seinem Amt zurück, weil er den von ihm gewünschten Ausstieg aus dem Kraftwerksprojekt Brokdorf nicht gegen Teile der Hamburger SPD-Führung durchsetzen konnte.
Nach der Katastrophe von Tschernobyl gab es in Deutschland am 7. Juni 1986 zwei bundesweite Großdemonstrationen: eine gegen die in Bau befindliche Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf und eine gegen das in Bau befindliche Kernkraftwerk Brokdorf. Beide wurden verboten. Trotzdem demonstrierten an beiden Orten hunderttausende Menschen gegen Kernenergie. Es kam zu massiven Auseinandersetzungen. Aus Protest über die polizeilichen Maßnahmen kam es am nächsten Tag in Hamburg zu einer Protestdemonstration, die im später gerichtlich als verfassungswidrig eingestuften Hamburger Kessel endete. Der Hamburger Kessel war Auslöser zur Gründung des „Hamburger Signals“, einer Vereinigung Hamburger Polizisten, die sich öffentlich gegen diesen Polizeieinsatz aussprachen. Aus dem Hamburger Signal ging die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten hervor.
Am 8. Oktober 1986 ging das Kernkraftwerk als weltweit erste Anlage nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl in Betrieb.
Am 5. März 2007 ging ein Zwischenlager für abgebrannte Kernelemente mit einem Schwermetallgewicht von 1.000 Tonnen in Betrieb. Es hat 100 Lagerplätze für Castor-Behälter und eine genehmigte Laufzeit von maximal 40 Jahren.[3] [4]
Am 24. April 2010 demonstrierte eine Kette von über 100.000 Menschen zwischen den Kernkraftwerken Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel gegen Kernkraft.[5]
Im Herbst 2010 beschloss der Bundestag eine Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke durch Erhöhung der Reststrommengen (dadurch hätte Brokdorf rechnerisch bis 2036 laufen können); diese Laufzeitverlängerung wurde nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima im März 2011 revidiert (siehe Atomausstieg).
Daten der Reaktorblöcke
Das Kernkraftwerk Brokdorf hat einen Kraftwerksblock:
Reaktorblock[6] | Reaktortyp | Netto- leistung |
Brutto- leistung |
Baubeginn | Netzsyn- chronisation |
Kommer- zieller Betrieb |
Abschal- tung |
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Brokdorf (KBR) | Druckwasserreaktor | 1410 MW | 1480 MW | 01.01.1976 | 14.10.1986 | 22.12.1986 | (bis 2021) [7] |
Technische Daten[8] [9] | Reaktor Brokdorf |
---|---|
UO2/MOX | |
bis zu 4 % | |
103 t | |
193 | |
236 | |
20 | |
4,83 m | |
10,75 mm | |
61 | |
In, AG, Cd | |
H2O (Leichtes Wasser) | |
3900 MW | |
36,4 % | |
93,2 kW/dm³ | |
ca. 53000 MWd/t U | |
6036 m² | |
3 × 20781 m² | |
16×16 |
Eine Übersicht mit aktuellen Emissionswerten für das KBR findet sich auf den Seiten der Landesregierung Schleswig-Holstein.[10]
Der Netzanschluss erfolgt auf der 380-kV-Höchstspannungsebene in das Netz des Übertragungsnetzbetreibers Tennet TSO.[11]
Einzelnachweise
- ↑ Kai von Appen, Fritz Storim, Uwe Zabel: Das Symbol Brokdorf. In: taz, 28. Oktober 2006
- ↑ Webseite des Films "Das Ding am Deich"
- ↑ Deutsches Atomforum e. V.: Kernenergie – Aktuell 2007, Kapitel Zwischenlager/Transporte. Berlin, September 2007.
- ↑ Informationen zum Standort Brokdorf (Schleswig-Holstein). Bundesamt für Strahlenschutz. Abgerufen am 23. Februar 2009.
- ↑ Die hohen Ziele weit übertroffen. In: taz, 24. April 2010
- ↑ Power Reactor Information System der IAEO: „Germany, Federal Republic of: Nuclear Power Reactors“ (englisch)
- ↑ tagesschau.de: Regierung beschließt Atomausstieg
- ↑ Martin Volkmer: Kernenergie Basiswissen. Informationskreis KernEnergie, Berlin Juni 2007, ISBN 3-926956-44-5. Seite 46
- ↑ E.ON Kernkraft – Daten
- ↑ Kernkraftwerksfernüberwachung Schleswig-Holstein: Messwerte
- ↑ Kraftwerksliste Bundesnetzagentur (bundesweit; alle Netz- und Umspannebenen) Stand 02.07.2012. Abgerufen am 21. Juli 2012 (Microsoft-Excel-Datei, 1,6 MiB).
Siehe auch
- Liste der Kernkraftwerke
- Liste der Kernreaktoren in Deutschland
- Liste der leistungsstärksten Kernreaktoren
- Liste der Kernreaktoren mit der höchsten Jahresproduktion
- Sicherheit von Kernkraftwerken
Weblinks
- Homepage des Betreibers: Kernkraftwerk Brokdorf
- Chronik AKW Brokdorf
- AKW Brokdorf – Materialien zur Analyse von Opposition, vor allem über die ersten Großaktionen
In Betrieb:
Brokdorf |
Neckarwestheim 2 |
Emsland |
Grafenrheinfeld |
Grohnde |
Gundremmingen |
Isar 2 |
Philippsburg 2
Außer Betrieb:
Unterweser |
Brunsbüttel |
Krümmel |
Biblis |
Neckarwestheim 1 |
Isar 1 |
Philippsburg 1 |
Greifswald |
AVR Jülich |
THTR-300 Hamm-Uentrop |
KNK Karlsruhe |
MZFR Karlsruhe |
Lingen |
Mülheim-Kärlich |
Obrigheim |
Rheinsberg |
Stade |
Würgassen
Abgebaut:
Großwelzheim |
Kahl |
Niederaichbach
Nie in Betrieb genommen:
BASF |
Borken |
Emden |
Hamm |
Kalkar |
Neupotz |
Pfaffenhofen |
Stendal |
Vahnum |
Wyhl