Kernkraftwerk Würgassen
Kernkraftwerk Würgassen | ||
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Das Kernkraftwerk Würgassen 2001/2002 | ||
Lage | ||
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Koordinaten |
51.6391666666679.3913888888889Koordinaten:
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Land: | Deutschland | |
Daten | ||
Eigentümer: | E.ON | |
Betreiber: | E.ON Kernkraft | |
Projektbeginn: | 1967 | |
Kommerzieller Betrieb: | 11. Nov. 1975 | |
Stilllegung: | 26. Aug. 1994 | |
Stillgelegte Reaktoren (Brutto): |
1 (670 MW) | |
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme: | 72.922[1] GWh | |
Website: | E.ON Kernkraft, Standort Würgassen | |
Stand: | Januar 2007 | |
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. |
Das Kernkraftwerk Würgassen (KWW) war ein Siedewasserreaktor der ersten Generation mit einem Kraftwerksblock[2]. Es liegt im Stadtteil Würgassen der Stadt Beverungen im ostwestfälischen Kreis Höxter.
Betrieben wurde es von 1975 bis zum 26. August 1994, dann wurden Haarrisse im Stahlmantel des Reaktorkerns entdeckt und der Reaktor heruntergefahren. Das Kernkraftwerk wurde am 14. April 1997 endgültig stillgelegt und befindet sich bis 2014 im geplanten Rückbau. Es hatte eine elektrische Bruttoleistung von 670 MW und eine elektrische Nettoleistung von 640 MW.
Standort
Das Kernkraftwerk Würgassen lag in ostwestfälischen Weserbergland nur wenige Kilometer entfernt vom Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen mit Niedersachsen und Hessen. Großstädte in der Nähe sind Kassel (Hessen, etwa 35 km südlich), Göttingen (Niedersachsen, etwa 40 km östlich) sowie Paderborn (Nordrhein-Westfalen, etwa 45 km westlich; jeweils Luftlinie). Verwaltungsmäßig gehört das Kernkraftwerk zur Stadt Beverungen im Kreis Höxter. Dabei liegt das Kernkraftwerk am rechten Weserufer in dem namensgebenden Dorf Würgassen. Vom Norden bis zum Osten erhebt sich dort der Solling, ein waldreiches Mittelgebirge.
Einrichtung und Inbetriebnahme
Der zunehmende Energiebedarf in der Region Ostwestfalen, Südniedersachsen und Nordhessen sowie das durch die Weser zur Verfügung stehende Kühlwasser waren Gründe für die Wahl des Kernkraftwerksstandorts.
Der Bau des Reaktors begann am 26. Januar 1968 durch die Kraftwerk Union, die hier eine Vorläufergeneration zu dem Kraftwerktyp Baulinie 69 (KWU) realisierte. Die Dampfturbinen wurden von AEG Telefunken geliefert. Der Bau kostete 400 Millionen DM. Bereits die Planungsphase war begleitet von erheblichen Protesten örtlicher Bürgerinitiativen. Zunächst mit nichtnuklearen Brennelementen zugelassen, erhielt das 1968 erbaute Kraftwerk im September 1971 die Genehmigung zur nuklearen Inbetriebnahme.[3] Am 20. Oktober 1971 wurde der Reaktor zum ersten Mal kritisch[2] und ging damit als erstes in Deutschland vollständig kommerziell genutztes KKW in Betrieb; die Netzsynchronisation erfolgte am 18. Dezember 1971. Am 11. November 1975 begann der reguläre Betrieb mit der Übergabe an den Betreiber PreussenElektra.[2] Nachfolgegesellschaft war ab 2000 die E.ON Kernkraft.
In der Betriebszeit seit der Übergabe am 11. November 1975 bis zum 31. Dezember 1994 wurde das Kernkraftwerk Würgassen mehrmals abgeschaltet:
- an 1.309 Tagen für 16 Revisionen,
- an 180,9 Tagen für 42 geplante Stillstände,
- an 61,8 Tagen wegen 63 Betriebsstörungen,
- an 64,6 Tagen wegen 17 außerplanmäßigen Reparaturen,
- an 386 Tagen wegen 2 sonstigen Anlässen (1989/90 Realisierung von Brandschutzmaßnahmen und 1994 Befunden am Kernmantel)
Bis Ende 1994 sind vom Kernkraftwerk Würgassen etwa 270 Tonnen bestrahlter Brennelemente an die französische Wiederaufarbeitungsgesellschaft Cogema geliefert worden.
Zwischenfälle
Flugzeugabsturz
1978 stürzte nahe Drenke und damit acht Kilometer von Kernkraftwerk Würgassen entfernt ein britisches Kampfflugzeug vom Typ McDonnell F-4 im Tiefflug ab und zerschellte. Das löste eine intensive Diskussion darüber aus, inwieweit Kernkraftwerke gegen Flugzeugabsturz genügend abgesichert sind. Der Betreiber Preußen Elektra musste anschließend einräumen, dass das KKW Würgassen nur gegen eine "Aufprallgeschwindigkeit von 350 bis 450 km/h gesichert sei". [4]
Radioaktivitätsfreisetzung 1982
Am 20. August 1982 trat beim Auswechseln eines Sandfilters radioaktiver Staub aus, der nach Angaben des nordrhein-westfälischen Arbeitsministeriums unter der zulässigen Strahlendosis lag und bei der keine Personen durch den Austritt betroffen waren.
Fund von Uran im Nachbarort
Ein Fall, der oft mit dem KKW Würgassen in Verbindung gebracht wurde, der nach Erkenntnis der Ermittlungsbehörden aber tatsächlich nichts mit dem Kraftwerk zu tun hat, ist das nicht vollständig geklärte Auftauchen von radioaktivem Material in Lauenförde, einem Nachbarort von Würgassen, im Jahre 2007. Hier wurden nach Hinweisen eines Mannes im Vorgarten seines Hauses 110 Gramm schwach angereichertes Uran gefunden, die der Besitzer nach eigenen Angaben 1992 selbst dort vergraben hatte.[5]
Stilllegung
Geplant war ursprünglich ein Betrieb des Kraftwerkes bis ins Jahr 2010. Im Oktober 1994 entdeckte der TÜV in Zusammenarbeit mit der Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart bei einer Routineinspektion Haarrisse in einem Stahlzylinder (Kernmantel) am Reaktorkern, die eine Länge bis zu 60 mm hatten.[6] Es konnte nicht festgestellt werden, ob diese Risse schon beim Bau entstanden sind oder erst während des Betriebs. Der Stahlmantel hat die Aufgabe der Wärmeleitung und soll keinen Druck abhalten.[7]Als Mechanismus für die Risse am Kernmantel sowie an den Kerngitterplatten wurde aufgrund von zwei untersuchten Materialproben interkristalline Spannungsrisskorrosion festgestellt. Die Ursache wird in der Zusammensetzung des Werkstoffs sowie in der Glühbehandlung bei der Fertigung gesehen, durch die eine Sensibilisierung erfolgte.
Von den deutschen Behörden wurde ein Austausch des Zylinders verlangt und ein neues Genehmigungsverfahren angekündigt. Dies war PreussenElektra zu kostenaufwändig. Sie ging von einer Grundsanierung der Kerneinbauten aus, die mindestens 200 Millionen Mark gekostet und einen zweijährigen Stillstand verursacht hätte.[8] Gegenüber dem Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen als atomrechtliche Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde erklärte Preussen Elektra am 2. Juni 1995 die Absicht das abgeschaltete Kernkraftwerk Würgassen aus wirtschaftlichen Gründen stillzulegen.
Für die Stadt Beverungen war dies finanziell ein erheblicher Verlust, weil sie während des Betriebs des Kraftwerkes Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe erhielt.
Brennelementezwischenlager und Abfälle
Bis zum 31. Dezember 1994 waren im Brennelementezwischenlager des abgeschalteten Kernkraftwerks 632 Brennelement-Positionen belegt, davon 117 (20 tSM) mit abgebrannten, 340 (59 tSM) mit teilabgebrannten Brennelementen, 175 mit sonstigen, z. B. frischen Brennelementen.
Am 31. Dezember 1994 lagerten im Kernkraftwerk Würgassen ca. 1 600 m³ endlagerfähige radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung und ca. 270 m³ nichtwärmeentwickelnde Rohabfälle bzw. Reststoffe. Es befanden sich ca. 185 m³ wärmeentwickelnder Core-Schrott im Brennelement-Lagerbecken, der dort abklingt und noch weiter verarbeitet wurde. Die radioaktiven Reststoffe wurden zur Dekontamination in die Forschungszentren Karlsruhe oder Jülich, zum Hochdruckverpressen und zum Betonieren zur Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), zum Einschmelzen zur Siempelkamp Nukleartechnik GmbH und zum Verbrennen nach Studsvik (Södermanlands län, Schweden) gebracht.
Rückbau
Das Kernkraftwerk soll bis 2014 komplett rückgebaut werden. Von der gesamten Rückbaumasse von 26.000 Tonnen wurden seit Beginn 1997 bis Juli 2008 rund 16.380 Tonnen (63 Prozent) abgebaut. Abgeschlossen sind zu diesem Zeitpunkt unter anderem die Demontage des Reaktordruckgefäßes und des Flutkompensators, die Zerlegung der Brennelemente sowie der Abbau der Kondensationskammer des Sicherheitsbehälters. Bis 2013 werden die Teile in Würgassen zwischengelagert, danach soll der radioaktive Abfall im Schacht Konrad endgelagert werden. Derzeit sind fast 50 Unternehmen mit insgesamt 474 Mitarbeitern mit dem Rückbau beschäftigt, davon 128 Mitarbeiter der E.ON-Gruppe und Personal des Kernkraftwerkes. Für den Rückbau wurden bisher 700 Millionen Euro zurückgestellt.
Kritik
Krebs in der Umgebung
1980 gelangten Studien, an denen u.a. auch die Universität Bremen mitarbeitete, zum Schluss, dass in einem Bereich von 15 bis 20 km (jedoch nicht näher als das) um das Kraftwerk eine signifikant erhöhte Fallzahl von Kinderkrebs auftrat. Diese spezielle Konstellation wurde potenziell auf Kamin-Abgaben zurückgeführt. Die Studie wurde dann von der Universität Göttingen für den Zeitraum 1980 bis 88 fortgeführt, wobei zwar eine Erhöhung gefunden wurde, die aber diesmal nicht signifikant war.[9]
Greenpeace-Protest gegen Abtransport der Brennelemente
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte im April 1996 gegen den Abtransport der Brennelemente aus dem stillgelegten Kernkraftwerk in die französische Wiederaufarbeitungsanlage La Hague protestiert und eine Stahlkiste an den Werksgleisen der Eisenbahn befestigt. Ihrer Meinung nach war dieser Transport unnötig und gefährdete die Bevölkerung, die Brennelemente sollten im Kernkraftwerk bleiben, bis es ein fertiges Endlager gäbe. Der Abtransport der Castorbehälter wurde so 11 Tage verzögert. [10]
Daten des Reaktorblocks
Während der Laufzeit wurden 72.922 GWh Strom erzeugt.[11]
Das Kernkraftwerk Würgassen besaß einen Kraftwerksblock:
Reaktorblock[2] | Reaktortyp | Netto- leistung |
Brutto- leistung |
Baubeginn | Netzsyn- chronisation |
Kommer- zieller Betrieb |
Abschal- tung |
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Würgassen (KWW) | Siedewasserreaktor | 640 MW | 670 MW | 26.01.1968 | 18.12.1971 | 11.11.1975 | 26.08.1994 |
Anhang
Belege
- ↑ Kernenergie in Deutschland: Jahresbericht 2006. Berlin : Deutsches Atomforum e.V., 2006. ISSN 1611-9592, S. 58
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Power Reactor Information System der IAEO: „Germany, Federal Republic of: Nuclear Power Reactors“ (englisch)
- ↑ Chronik zum Kernkraftwerk Würgassen auf den Seiten des Betreibers E.ON Kernkraft
- ↑ Der Spiegel 38/1978 abgerufen Mai 2010
- ↑ Spiegel Online vom 2. März 2007: Uran im Garten - Herr der Pellets
- ↑ Udo Leuschner - Oktober 1994 - Risse im Reaktor-Kernmantel des KKW Würgassen entdeckt
- ↑ Berliner Zeitung, Wissenschaften, vom 1. Juli 2003 abgerufen Mai 2010
- ↑ Energie Chronik Udo Leuschner abgerufen Mai 2010
- ↑ IPPNW-Artikel
- ↑ Homepage der Antiatomkraftbewegung abgerufen Mai 2010
- ↑ Kernenergie in Deutschland : Jahresbericht 2006. Berlin : Deutsches Atomforum e.V., 2006. ISSN 1611-9592, S. 58
Weblinks
- Daten zum KKW Würgassen
- Infos zum Kernkraftwerk Würgassen und dessen Rückbau auf den Seiten des Betreibers E.ON Kernkraft
Siehe auch
In Betrieb:
Brokdorf |
Neckarwestheim 2 |
Emsland |
Grafenrheinfeld |
Grohnde |
Gundremmingen |
Isar 2 |
Philippsburg 2
Außer Betrieb:
Unterweser |
Brunsbüttel |
Krümmel |
Biblis |
Neckarwestheim 1 |
Isar 1 |
Philippsburg 1 |
Greifswald |
AVR Jülich |
THTR-300 Hamm-Uentrop |
KNK Karlsruhe |
MZFR Karlsruhe |
Lingen |
Mülheim-Kärlich |
Obrigheim |
Rheinsberg |
Stade |
Würgassen
Abgebaut:
Großwelzheim |
Kahl |
Niederaichbach
Nie in Betrieb genommen:
BASF |
Borken |
Emden |
Hamm |
Kalkar |
Neupotz |
Pfaffenhofen |
Stendal |
Vahnum |
Wyhl