Adolf von Baeyer

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Adolf von Baeyer, 1905, offizielles Nobelpreisfoto

Johann Friedrich Wilhelm Adolf (seit 1885 Ritter von) Baeyer [ˈbaiɐ] (* 31. Oktober 1835 in Berlin; † 20. August 1917 in Starnberg) war ein deutscher Chemiker. Von Baeyer entwickelte die erste Indigosynthese; er synthetisierte das Phenolphthalein, das Fluorescein und war Wegbereiter für die Alizarin-Synthese.

Leben

Adolf von Baeyer wurde am 31. Oktober 1835 als Sohn des Offiziers und Geodäten Johann Jacob Baeyer und der Eugenie Hitzig, Tochter von Julius Eduard Hitzig, in Berlin geboren. Die historische Schreibweise seines Vornamens lautet Adolph.[1] Er studierte zunächst in Berlin Mathematik und Physik, dann Chemie bei Robert Bunsen in Heidelberg. Nach Abschluss seines Studiums 1858 mit einer mit „cum laude“ benoteten Dissertation (Titel: De arsenici cum methylo conjunctionibus) arbeitete er im Labor von Friedrich Kekulé in Heidelberg. 1860 habilitierte sich von Baeyer in Berlin als Privatdozent und nahm einen Lehrstuhl für Organische Chemie am Gewerbeinstitut in Berlin (Klosterstr.) an. 1866 wurde er außerordentlicher Professor an der Universität Berlin. Ab 1872 war er Professor für Chemie an der Universität Straßburg, ab 1875 in München als Nachfolger von Justus von Liebig, wo nach seinen Angaben ein neues Laboratorium gebaut wurde. 1881 verleiht ihm die Royal Society in London die Davy-Medaille, 1885 wird er in den erblichen Adelsstand des Königreichs Bayern erhoben. Im Jahre 1903 erhält er die erstmals von der Deutschen Chemischen Gesellschaft verliehene Liebig-Denkmünze.

Zwischen 1870 und 1900 kam es in der Gesellschaft Deutscher Chemiker zu Diskussionen über Art und Inhalte des Chemiestudiums. Die chemische Industrie wünschte vereinheitlichte Lern-, Prüfungsordnungen in Deutschland. Die Inhalte des Chemiestudiums sollten stärker die Bedürfnisse der chemischen Industrie berücksichtigen. Adolf von Baeyer trat neben Wilhelm Ostwald für eine hochschulinterne Prüfung und eine zweckfreie Forschung ein. Von Baeyer glaubte, dass Wissenschaft nur in Unabhängigkeit von äußeren, wirtschaftlichen Einflüssen gedeihen könnte.[2]

Von Baeyer erhielt 1905 den Nobelpreis für Chemie als Anerkennung des Verdienstes, das er sich um die Entwicklung der organischen Chemie und der chemischen Industrie durch seine Arbeiten über die organischen Farbstoffe und die hydroaromatischen Verbindungen erworben hat.

Emil Fischer war ein Schüler von Baeyer, Fischer erforschte die Synthese von Fluorescein. Mit seinem Mitarbeiter Victor Villiger untersuchte von Baeyer die Konstitution der Terpene.

Seit 1911 wird die Adolf-von-Baeyer-Denkmünze in unregelmäßigen Abständen verliehen.

2009 wurde der Mondkrater von Baeyer nach ihm benannt.

Wissenschaftliches Werk

Um 1860 erhielt Baeyer von Adolf Schlieper (1825-1887) Präparate der Pseudoharnsäure, Harnsäure und Alloxan. Baeyer synthetisierte eine Reihe von verschiedenen Alloxanderivaten und konnte deren Konstitution bestimmen.[3] 1864 hatte Baeyer die Barbitursäure entdeckt und chemisch bestimmt. Strecker hatte basierend auf Baeyers Ausarbeitungen in seinem Lehrbuch (5. Auflage) im Jahr 1868 die Strukturen von Alloxan, Barbitursäure, Hydantoin angegeben. Bisher waren die Stoffe nur durch Abbau analysiert worden, Baeyer synthetisierte das Hydantoin aus Harnstoff. Eduard Grimaux entwickelte dann weitere Synthesen von Allantoin und Barbitursäure.

Als Baeyer mit seinen Synthesen zum Indigo begann, erkannte er die Ähnlichkeit des Isatin zu Alloxan. Baeyer erkannte, dass mit Zinkstaub der Sauerstoff in einem Aromaten reduziert werden konnte. Er konnte aus Oxyindol das Indol erhalten. Mit Emmerling entwickelte Baeyer nun eine Synthese des Indols (aus Nitrozimtsäure mit Kaliumhydroxid, Eisenspäne).[4]

Dann versuchte Baeyer eine Formel von Isatin (dem Oxidationsprodukt von Indigo) zu entwickeln. Diese Formeln wurden von Kekulé verbessert.[5]

Im Jahr 1878 erhielten Baeyer und Emmerling aus der o-Nitrophenylessigsäure durch Reduktion das Oxyindol und aus diesem das Isatin. [6] Noch war dieses Verfahren aufgrund der Nebenreaktionen nicht günstig. Eine verbesserte Synthese von Indigo wurde etwas später von Baeyer mit der o-Nitropropiolsäure durchgeführt. [7] Dieses Verfahren wurde patentiert und von Heinrich Caro in der Anilin und Sodafabrik zur Herstellung von Indigo genutzt. Das Herstellungskosten waren aber im Vergleich zum Naturprodukt zu hoch, so dass die Herstellung wieder aufgegeben werden musste. Später entwickelten Baeyer und Drewsen noch eine Indigosynthese aus Nitrobenzaldehyd.[8] Im Jahr 1883 entwickelte Baeyer die Strukturformel für das Indigo.[9] Im Jahr 1900 entwickelte Karl Heumann eine wirtschaftliche Indigosynthese.

Ein wirtschaftlich wichtiger Naturfarbstoff war damals das Alizarin. Zur Stoffanalyse riet Baeyer seinen Assistenten Carl Graebe und Liebermann, diesen Stoff mit Zinkstaub zu reduzieren. Sie erhielten das Anthracen. Graebe und Liebermann entwickelten nun eine neue Anthrachinonsynthese mit Kaliumdichromat und Schwefelsäure. Durch Behandlung des Anthrachinons mit Brom bei 100 °C und anschließender Behandlung mit Kaliumhydroxid konnte das Alizarin auch synthetisch dargestellt werden. Die Stellung der Hydroxylgruppen im Alizarin wurde durch eine Arbeit von Baeyer und Caro ermittelt.[10]

Baeyer entdeckte noch eine weitere Farbstoffgruppe, durch das Erhitzen von Phthalsäureanhydrid mit Phenol entstand das Phenolphthalein, mit Resorcin das Fluorescein. [11] Unter dem Namen Eosin brachte Heinrich Caro den letzteren Farbstoff (als Tetrabromverbindung) bei der Anilin und Sodafabrik in den Handel. Baeyer konnte auch die Struktur des Phenolphthaleins aufklären.[12]

1872 beschrieb er die Polykondensation von Phenol und Formaldehyd (Bakelit). Sein Name findet sich in der Baeyer-Villiger-Oxidation, der Baeyer-Probe, der Von-Baeyer-Nomenklatur und der Baeyer-Spannung von alicyclischen Verbindungen.

Adolf von Baeyer stellte das Reagenzglas als das wichtigste Werkzeug für Chemiker heraus.

Literatur

  • Günther Bugge: Das Buch Der Grossen Chemiker, Verlag Chemie GmbH, Weinheim 1974, S. 321 ff.
  • Carl Graebe: Geschichte der organischen Chemie, Verlag Julius Springer, Berlin 1920
  • Friedrich Klemm: Baeyer, Adolf Johann Friedrich Wilhelm Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S. 534–536 (Digitalisat).

Literaturquellen

  1.  Adolph Baeyer: Vorläufige Notiz über das Hydantoïn. In: Ann. d. Chem. u. Pharma. Band CXVII, 1861, S. 178–180, doi:10.1002/jlac.18611170204.
  2.  Hans-Werner Schütt: Zum Berufsbild des Chemikers im Wilhelminischen Zeitalter. In: Eberhard Schmauderer (Hrsg.): Der Chemiker im Wandel der Zeiten. Verlag Chemie, 1973, S. 292 ff.
  3. Lieb. Ann. d. Ch. 121, 1, 199 (1863).
  4. Ber. Deut. Chem. Ges. 2, 679 (1869).
  5. Ber. Deut. Chem. Ges. 2, 748 (1869).
  6. Ber. Deut. Chem. Ges. 11, 582, 1228, 1296 (1878).
  7. Ber. Deut. Chem. Ges. 13, 2254 (1880).
  8. Ber. Deut. Chem. Ges. 15, 2856 (1882).
  9. Ber. deut. Chem. Ges. 16, 2204 (1883).
  10. Ber. deut. Chem. Ges. 7, 968 (1874).
  11. Ber. deut. Chem. Ges. 4, 555 (1871).
  12. Ber. deut. Chem. Ges. 12, 642 (1879).

Weblinks

 Commons: Adolf von Baeyer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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