Gap Junction
Gap Junctions, Zell-Zell-Kanäle, (lat. Nexus) (manchmal auch Konnexone genannt) sind kanalbildende Proteinkomplexe, welche die zytoplasmatischen Kompartimente benachbarter Zellen direkt miteinander verbinden und die Membranen der Zellen in einem bestimmten Abstand fixieren. Eine Gap Junction wird dabei aus zwei Halbkanälen (Hemichannels, Connexone) gebildet, wobei jede Zelle einen Halbkanal beisteuert. Die jeweiligen Halbkanäle durchqueren die Zellmembran der Zellen und verbinden sich im Interzellularraum mit den Halbkanälen der benachbarten Zelle.
Die Gap Junctions ermöglichen den Austausch sowohl von geladenen als auch von ungeladenen Substanzen wie organischen und anorganischen Ionen, Nukleotiden (z. B. cAMP, ATP), Aminosäuren, Wasser, Glucose, etc. durch Diffusion durch die Kanalporen. Je nach Zusammensetzung der Gap Junctions aus den unterschiedlichen Connexinen wird ein gerichteter oder ungerichteter Transport der Moleküle erreicht. Bei Invertebraten tragen die Innexine zur Zellkommunikation bei (Entstehung möglicherweise durch konvergente Evolution). Diese sind ähnlich in Funktion und Aufbau zu Connexinen. Bei Pflanzen erfüllen die Plasmodesmata ähnliche Aufgaben, unterscheiden sich vom Aufbau jedoch von den Connexinen.
Ein relativ neues Forschungsfeld sind die Pannexine, die in Vertebraten und Invertebraten vorkommen und funktionell ähnlich, genetisch jedoch verschieden von den Connexinen sind. Auch sie formen Halbkanäle (Pannexone), die sich zu Gap Junctions zwischen benachbarten Zellen zusammenlagern können, aber auch als Verbindung zum extrazellulären Raum Bedeutung haben (Cellular and molecular Life Science, 2007, Shestopalov and Panchin).
Die ersten Hinweise auf die Zellkopplung stammten von elektrophysiologischen Untersuchungen an spezifischen Paaren interagierender Nervenzellen im Rückenmark des Flusskrebses. Die Messung der elektrischen Kopplung dieser benachbarten Riesenneuronen wurde zuerst von Fursphan und Potter 1959 durchgeführt (Fursphan und Potter 1959).
Geprägt wurde der Begriff der Gap Junctions durch Jean-Paul Revel und Morris Karnovsky 1967, die als erste zeigten, dass sich im elektronenmikroskopischen Bild der Abstand zwischen zwei benachbarten Plasmamembranen im Bereich der Gap Junctions von 20–30 nm auf 2–4 nm verengt, wodurch der optische Eindruck einer Lücke (engl.: gap) in der Kontinuität benachbarter Plasmamembranen entsteht.
Ein solcher Spalt kann dabei aus einer Ansammlung von bis zu mehreren tausend Zell-Zell-Kanälen bestehen. Bisher wurden Gap Junctions bei vielen Säugern in fast allen Geweben nachgewiesen mit Ausnahme von Spermien, Erythro- und Thrombozyten und endgültig differenzierten Skelettmuskeln (Gilula, 1987).
Aufbau
Sechs Connexine (mit je vier Transmembran-Regionen) lagern sich zum sogenannten Connexon (oder Halbkanal) zusammen. Ein Connexon kann homomer (Zusammensetzung aus einer Art von Connexinen) oder heteromer (aus verschiedenen Connexinen) aufgebaut werden. Je nach Zusammensetzung der Connexone kann die Permeabilität des Kanals variieren.
Je ein Halbkanal verbindet sich mit einem ihm gegenüberliegenden Halbkanal der Nachbarzelle zu einer durchgehenden Pore (interzellulärer Kanal, Gap Junction). Der interzelluläre Kanal kann homotypisch (aus zwei gleichen Connexonen) oder heterotypisch (aus unterschiedlichen Connexonen) aufgebaut werden, wobei nicht alle Connexone gleich gut zusammenlagern. Die Pore hat einen Durchmesser von 1,5 bis 2 nm und lässt deshalb Moleküle oder Ionen von maximal ≈1000 Dalton relativer Molekülmasse passieren. Der Aufbau einer Gap Junction (früher: Nexus) kann innerhalb weniger Sekunden erfolgen, wenn zwei Zellen miteinander in Kontakt treten.
Eine Connexon-Untereinheit hat einen Durchmesser von 2,5 nm und ist 7,5 nm lang. Sie ragt 0,7 nm in das Zytosol und 1,7 nm in den Extrazellularraum.
Die Connexone sind in der Biomembran in Feldern in einem regelmäßigen hexagonalen Muster (Abstand der Kanal-Mittelpunkte 8,5 nm) mit einer Dichte von einigen wenigen bis zu 28.000 Kanälen pro Quadratmikrometer angeordnet, sie bilden sogenannte Plaques.
Gap Junctions unterscheiden sich von anderen Kanalsystemen der Zelle:
- Sie durchziehen zwei benachbarte Membranen (statt nur einer).
- Sie verbinden Zytosol mit Zytosol (statt Zytosol mit Extrazellulärraum oder Organellinnenraum).
- Die Connexine werden von zwei verschiedenen Zellen synthetisiert (statt nur von einer).
- In der Regel sind sie im Ruhezustand geöffnet und schließen nur, wenn bestimmte Bedingungen eintreten (siehe weiter unten)
Vorkommen und Funktion
Gap Junctions treten erst bei den Eumetazoa auf. Während im Embryonalstadium Gap Junctions weit verbreitet sind, kommen sie beim Adulten v. a. im Herzmuskel, in Epithel- und Gliazellen sowie in der Retina vor.
Die allgemeinen Funktionen der GJs sind
- direkte elektrische Kommunikation zwischen Zellen (wobei verschiedene Connexine verschiedene Leitfähigkeiten bedingen)
- direkte chemische Kommunikation zwischen Zellen über second messenger (z. Bsp. IP3, Ca2+) (wobei verschiedene Connexine unterschiedliche Selektivität für kleine Moleküle aufweisen)
- Austausch von Molekülen bis ≈1 kDa zwischen Zellen (wobei verschiedene Connexine GJs mit unterschiedlichen Durchmessern bilden können und unterschiedliche Präferenzen für geladene Teilchen besitzen)
- verhindern, dass Moleküle oder Ladungen beim Austausch in den extrazellular Raum verloren gehen.
Beispiele für die Funktion der GJs:
- In schwach durchbluteten Geweben (zum Beispiel Augenlinse und Knochen) dienen sie dem Nahtransport von Nährstoffen: Rand-Zellen nehmen die Nährstoffe auf und geben sie über die Gap Junctions an ihre Nachbarzellen bis ins unterversorgte Zentrum weiter.
- In Drüsen wie Leber und Bauchspeicheldrüse helfen sie bei der Sekretion.
- Im Herzmuskel und im Nervensystem sind sie an der schnellen Weiterleitung von Aktionspotentialen beteiligt.
- Gap Junctions scheinen auch an der Kontrolle des Zellwachstums beteiligt zu sein (zum Beispiel während der Embryonalentwicklung).
- Eines der Connexin-Gene wurde als Tumorsuppressor-Gen identifiziert.
Die Poren durch eine Gap Junction können sehr schnell geschlossen werden wenn bestimmte Faktoren eintreten, die auf eine Schädigung der benachbarten Zelle hindeuten. Dadurch wird die geschädigte Zelle von ihren Nachbarn abgekoppelt, sodass die gesunden Nachbarzellen in ihrer Zellchemie unbeeinflusst bleiben. Das Schließen wird durch eine hohe cytosolische Kalziumionenkonzentration oder einen niedrigen cytosolischen pH-Wert (also bei hoher Protonenkonzentration) ausgelöst. Beides sind Zeichen für baldigen Zelltod der Nachbarzelle.
Gap Junctions als elektrische Synapsen
Gap Junctions fungieren in Neuronen, in der Retina und im Herzen, aber auch bei Invertebraten als spannungsgesteuerte, transmitterfreie Synapsen. Sie werden auch als Elektrische Synapsen bezeichnet. Sie ermöglichen eine schnelle und synchrone Ausbreitung von Aktionspotentialen. In den Glanzstreifen zwischen den Herzmuskelzellen können sie eine Fläche bis zu einem Quadratmikrometer bedecken. Die Leitfähigkeit der Gap Junctions variiert mit der Zusammensetzung aus verschiedenen Connexinen. An Neuronen treten sie nicht so zahlreich auf wie chemische Synapsen, sie wurden aber auch bei Gliazellen gefunden, deren Beteiligung am neuronalen Geschehen über die Versorgung der Nervenzellen hinaus gerade erforscht wird. Die Hauptaufgabe der elektrischen Synapsen scheint die Synchronisierung von Nervenzellgruppen zu sein, die als Oszillatoren und Rhythmusgeber dienen. Möglicherweise spielen Sie auch bei epileptischen Anfällen eine Rolle.
Funktionsweise der elektrischen Synapse
Die Depolarisation der präsynaptischen Zelle führt zu einem Potentialgefälle zwischen beiden durch Gap Junctions verbundenen Zellen, so dass Kationen von der präsynaptischen Zelle in Richtung postsynaptische Zelle fließen und Anionen von der post- zur präsynaptischen Zelle.
Wird der Schwellenwert an der postsynaptischen Membran überschritten, folgt hier ein Aktionspotential, und das Signal kann praktisch ohne Zeitverzögerung (10−5 s) weitergeleitet werden (macht Synchronisation vieler Zellen z. B. im Herzmuskel aufgrund geringer Zeitverzögerung möglich!).
Vergleich zwischen elektrischer und chemischer Synapse
Neben der viel geringeren Zeitverzögerung unterscheiden sich elektrische Synapsen von chemischen Synapsen auch darin, dass bei diesen die Erregungsübertragung i. d. R. in beide Richtungen erfolgen kann.
Allerdings können auch Gap Junctions einiger Zellen in ihrer Stromrichtung reguliert werden, entweder von Ca2+ abhängig oder Membranpotential-abhängig. Allerdings hat die Anwendung von Gap Junctions im Körper auch einige Nachteile: Keine direkte Erregungsübertragung auf weit entfernte Zellen und v. a. kann eine Erregung nicht zur Hemmung einer anderen Zelle genutzt werden. Elektrische Synapsen haben im ZNS der Säugetieren geringere Bedeutung im Vergleich zu chemischen Synapsen.
elektrische Synapse | chemische Synapse mit direkter Signalübertragung | chemische Synapse mit indirekter Signalübertragung | |
---|---|---|---|
Spaltbreite | 3,5 nm | 30 bis 50 nm | 30 bis 50 nm |
Kanalproteine | Gap Junction-Kanäle in prä- und postsynaptischer Membran | postsynaptische, transmittergesteuerte Ionenkanäle | Rezeptoren des Second-Messenger-Systems (G-Proteine) |
Synaptische Verzögerung | keine | 0,1 bis 0,5 ms | mehr als 10 ms |
Transmitter | Acetylcholin, Gamma-Aminobuttersäure (GABA), Glycin, Glutamat, Aspartat | Noradrenalin, Dopamin, Serotonin, Acetylcholin, Neuropeptide | |
Vorkommen | Herzmuskel, ZNS, auch bei Invertebraten | Motorische Endplatten, zentrales und peripheres Nervensystem | zentrales und peripheres Nervensystem |
Beispiel Uterus
Mit Beginn der Geburt werden die Muskelzellen des Uterus mit Gap Junctions ausgestattet, die die Zellen zu einem Synzytium verbinden, die sich synchron kontrahieren können.