Erionit

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Erionit
Erionite-161794.jpg
Aufgebrochenes, radialstrahliges Erionitaggregat (Größe: 3,5 mm) vom Berg Nero, San Pietro, Montecchio Maggiore, Italien
Chemische Formel

siehe Einzelminerale

Mineralklasse Silikate und Germanate
9.GD.20 (8. Auflage: VIII/J.26) nach Strunz
77.01.02.05 (Erionit-Na), 77.01.02.05a (-K) und 77.01.02.05b (-Ca) nach Dana
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin dihexagonal-dipyramidal $ 6/m\,2/m\,2/m $
Farbe weiß, grün, grau, orange
Strichfarbe weiß
Mohshärte 3,5 bis 4
Dichte (g/cm3) gemessen: 2.,08 ; berechnet: 2,13
Glanz Seidenglanz
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch splitterig, spröde
Spaltbarkeit
Habitus prismatische Kristalle; radialstrahlige, faserige Aggregate
Kristalloptik
Brechungsindex nω = 1,471 ; nε = 1,474 [1]
Doppelbrechung
(optischer Charakter)
δ = 0,003 [1] ; einachsig positiv

Erionit ist eine Sammelbezeichnung für die von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannten Minerale und Endglieder einer lückenlosen Mischreihe, bestehend aus Erionit-Na, Erionit-K und Erionit-Ca. Diese selten vorkommenden Minerale gehören zur Familie der Zeolithe innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und kristallisieren im hexagonalen Kristallsystem mit folgender chemischer Zusammensetzung:

  • Erionit-Na: Na10[Al10Si26O72] • 24,6H2O[2]
  • Erionit-K: K10[Al10Si26O72] • 32H2O[2]
  • Erionit-Ca: Ca5[Al10Si26O72] • 31H2O[2]

Besondere Eigenschaften

Farblose, prismatische Erionitkristalle vom Ajo Mountain, Pima County, Arizona, USA

Erionit entwickelt vorwiegend radialstrahlige oder faserige, wollähnliche Mineral-Aggregate, selten aber auch prismatische Kristalle bis etwa 15 mm Länge mit hexagonalem Habitus. Bekannt sind auch Verwachsungen mit Offretit und Lévyn. In feinnadeliger, faseriger Aggregatform ist Erionit weiß und durchscheinend, gelegentlich auch durch Fremdbeimengungen gelblich verfärbt mit seidigem Glanz. Die Kristalle selbst sind farblos, durchsichtig und zeigen auf ihren Flächen Glasglanz.

Auch wenn die feinen Kristallnadeln und -fasern wie Wolle aussehen und sich auch so anfühlen, sind sie dennoch aufgrund ihrer Sprödigkeit sehr empfindlich gegenüber mechanischer Belastung. Schon durch eine leichte Berührung können sie schnell zerstört werden.[3]

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Erionit im Rhyolith-Tuff bei Durkee im Baker County im US-Bundesstaat Oregon und beschrieben 1898 von Arthur Starr Eakle, der das Mineral aufgrund seines meist wollähnlichen Aussehens nach dem griechischen Wort griechisch ἔριον /ěrion/ für „Wolle“ benannte.[4]

1997 beschloss die „Kommission für neue Minerale, Mineralnamen und Klassifikation“ (englisch: Commission on new Minerals, Nomenclature and Classification) eine Neudefinition und Neubenennung vieler Minerale der Zeolithfamilie, zu der auch Erionit gehört. Nach Douglas S. Coombs et al. ist nicht mehr das als Mischreihe erkannte Erionit sondern ihre Endglieder Erionit-Na (beschrieben 1969 von Sheppard und Gude), Erionit-K (beschrieben 1998 von Passaglia et al.) und Erionit-Ca (beschrieben 1967 von Harada et al.). als eigenständige Minerale anerkannt.[5]

Bekannt wurde Erionit als Karzinogen (krebsfördernde Substanz), das vor allem in der Umgebung des türkischen Dorfes Tuzköy, aber auch in anderen Regionen Kappadokiens größere, oberflächennahe Vorkommen bildet und dort in den als Baumaterial verwendeten Tuffgesteinen zu finden ist.[6] Die Krebsrate ist in diesen Gegenden aufgrund der Luftbelastung mit den feinen Mineralfasern überdurchschnittlich hoch (teilweise bis zu 100fach höher), weshalb die Dörfer aufgegeben und ihre Bewohner umgesiedelt werden sollen.[7][8]

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörten die Erionite zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur allgemeinen Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate)“, wo sie zusammen mit Bellbergit, Chabasit-(Ca), Chabasit-(K), Chabasit-(Na), Chabasit-(Sr), Gmelinit-(Ca), Gmelinit-(K), Gmelinit-(Na), Levyn-(Ca), Levyn-(Na), Mazzit, Mazzit-(Na), Offretit, Perlialith, Tschernichit und Willhendersonit die „Zeolithgruppe (Untergruppe Würfelzeolithe)“ bildeten.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet die Erionite ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate) mit zeolithischem H2O; Familie der Zeolithe“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass die Erionite entsprechend ihres Aufbaus in der Unterabteilung „Zeolithe mit Ketten von Fünfer-Ringen“ zu finden ist, wo sie nur noch zusammen mit Bellbergit die unbenannte Gruppe 9.GD.20 bilden.

Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet die Erionite in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die Abteilung der „Gerüstsilikate: Zeolith-Gruppe“. Hier sind sie zusammen mit Chabasit-Ca, Chabasit-Na, Chabasit-K, Chabasit-Sr, Herschelit, Willhendersonit, Offretit, Gmelinit-Na, Gmelinit-Ca, Gmelinit-K, Faujasit-Na, Faujasit-Ca, Faujasit-Mg, Levyn-Ca, Levyn-Na und Tschortnerit in der Gruppe der „Chabasite und verwandte Arten“ mit der System-Nr. 77.01.02 innerhalb der Unterabteilung der „Echten Zeolithe“ zu finden.


Bildung und Fundorte

Erionit, verwachsen mit Offretit (Höhlenfüllung besteht aus Seladonit und Montmorillonit)

Erionite bilden sich in vulkanischen wie Basalt oder umgewandelten Ryolith-Tuffen, aber auch durch Sedimentation von in Salzseen gefallener, vulkanischer Asche. Begleitminerale sind unter anderem Calcit, Dolomit, Montmorillonit, Opal, Quarz, Seladonit und verschiedene Zeolithe.

Weltweit konnten Erionite allgemein bisher (Stand: 2011) an rund 160 Fundorten nachgewiesen werden, so unter anderem in der östlichen Antarktis, Australien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Japan, Kanada, Neuseeland, Österreich, Polen, Russland, Spanien, Tschechien, der Türkei, im Vereinigten Königreich (UK, Großbritannien) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[1]

Konkret als Erionit-Na identifizierte Minerale konnten erstmals (Typlokalität) am Cady Mountain im US-amerikanischen San Bernardino County nachgewiesen werden, fand sich aber auch am Berg Nero bei Montecchio Maggiore (San Pietro) in Italien, auf der japanischen Insel Iki, bei Dunseverick im äußersten Norden des nordirischen Countys Antrim sowie ebenfalls in den USA liegend am Berg Killdeer im Dunn County (North Dakota) und in der „Durkee Fire Opal Mine“ im Baker County (Oregon).[9]

Als Erionit-K identifizierte Minerale wurden vor allem bei Kamloops in Kanada, Otago auf Neuseeland sowie in mehreren Regionen der US-Bundesstaaten Arizona, Oregon und Washington gefunden, wobei Rome im Marion County (Oregon) als Typlokalität registriert ist.[10]

Als Erionit-Ca identifizierte Minerale konnten unter anderem am Ettringer Bellerberg, einem Vulkan bei Ettringen (Eifel) in Deutschland; bei Yssingeaux in Frankreich; bei Oristano auf Sardinien sowie am Monte Fasolo (Euganeische Hügel) und am Berg Nero bei Montecchio Maggiore in Italien; bei Maze in der japanischen Präfektur Niigata; Ústí nad Labem in Tschechien; bei Tuzköy in der Türkei sowie in den US-Counties Dunn, Slope und Stark in North Dakota und im Tillamook County in Oregon.[11]

Kristallstruktur

Kristallographische Daten[2]
Mineral Gitterparameter
Erionit-Na a = 13,21 Å und c = 15,05 Å
Erionit-K a = 13,23 Å und c = 15,07 Å
Erionit-Ca a = 13,33 Å und c = 15,09 Å

Alle Minerale kristallisieren hexagonal in der Raumgruppe $ \ P6_{3}/mmc $ (Raumgruppen-Nr. 194) mit den nebenstehenden, sich nur geringfügig unterscheidenden Gitterparametern sowie jeweils einer Formeleinheit pro Elementarzelle.

Einzelnachweise

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Erionite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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  • Mineralienatlas:Erionit bzw. Mineralienatlas:Erionit-Na, Mineralienatlas:Erionit-K und Mineralienatlas:Erionit-Ca (Wiki)
  • Handbook of Mineralogy - Erionite (englisch, PDF 79,2 kB)

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